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AUSNAHMEZUSTAND IM SCHLARAFFENLAND: 24 wirrtuose Geschichten über ALLES und MEHR oder WENIGER
AUSNAHMEZUSTAND IM SCHLARAFFENLAND: 24 wirrtuose Geschichten über ALLES und MEHR oder WENIGER
AUSNAHMEZUSTAND IM SCHLARAFFENLAND: 24 wirrtuose Geschichten über ALLES und MEHR oder WENIGER
eBook205 Seiten2 Stunden

AUSNAHMEZUSTAND IM SCHLARAFFENLAND: 24 wirrtuose Geschichten über ALLES und MEHR oder WENIGER

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Über dieses E-Book

Unter dem Motto "Die menschliche Natur ist in jedem Beruf die gleiche" (Lawrence Sterne), versammelt Erhard Schümmelfeder in diesem Band 24 wirrtuose Geschichten über ALLES und MEHR oder WENIGER. "Am meisten interessieren mich menschliche Charaktere", kommentiert der Autor seine in jungen Jahren entstandenen Erlebnisgeschichten vom Rande der Zumutbarkeit. Die Protagonisten der satirisch geprägten Erzählungen stehen zumeist vor unüberwindbar erscheinenden Lebensproblemen, die es zu lösen gilt. Zugleich veranstaltet der Autor eine Art Maskenfest, indem er sich dem Leser in 24 Verkleidungen präsentiert: Als intriganter Sultanssohn in "Der Fliegenfänger von Salima", als Forscher auf der Flucht in "Der Gouverneur von Allasar", als bedrängter Arzt in "Figuren eines Spiels", als leidender Trotzneurotiker, als hungriger Besucher des Schlaraffenlandes, als Schüler, Kritiker, Wohnungssuchender, Angestellter, Eigenbrötler ... doch auch als stiller Beobachter und Schilderer skurriler und bisweilen grotesker Ereignisse des Alltags. Den Schluss dieses bunt schillernden Werkes bildet die dem "schwarzen Humor" zuzurechnende Kriminalgeschichte "Die goldene Münze", in der sich der Autor in die Rolle eines Mörders hineinversetzt. - Allerbeste Unterhaltung für Leser anspruchsvoller Satiren.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum23. Juli 2014
ISBN9783847698869
AUSNAHMEZUSTAND IM SCHLARAFFENLAND: 24 wirrtuose Geschichten über ALLES und MEHR oder WENIGER

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    Buchvorschau

    AUSNAHMEZUSTAND IM SCHLARAFFENLAND - Erhard Schümmelfeder

    DIE INSEL DES FRIEDENS

    Eine Rucksack-Geschichte

    ACROLLAM ist der Name jener einstmals unbewohn­ten Insel, die der Privatgelehrte und Weltverbesserer Samuel Fielding für lumpige einhundertfünfzigtausend Pfund in einem seriö­sen Londoner Maklerbüro erwarb. Ausgerüstet mit Proviant für zwei Monate, Gewehr, Busch­messer, Kompass und einem noch unbeschriebe­nen Wachstuchheft machte er sich auf den Weg, fuhr mit der Bahn durch Deutschland, Frank­reich und er­reichte bald Spaniens Küste, von wo aus er den Rest der Strecke auf einem Fracht­schiff zurücklegte.

    Noch während der stürmi­schen Überfahrt begann Samuel Fielding die er­sten Seiten jenes braunen Wachstuchhef­tes mit schwarzer Tinte zu beschriften. Von den neu­gie­rigen Matrosen ahnte nie­mand, was der weißhaarige Sonderling abends in seiner Ka­jü­te, im trüben Schein einer Öl­lampe, auf die Sei­ten des Heftes kritzelte. Samu­el Fielding schrieb we­der Briefe noch Tagebuchaufzeichnungen. Er be­gann stattdessen mit der sorgsam durchdachten Nieder­schrift zu einer neuen Staatsverfassung für das vom ihm gegründete Erdenparadies ACROLLAM, als dessen Eigentümer er sich durch den nota­riell beglaubigten Kaufvertrag mit einem spanischen Kaufmann fortan bezeichnen durfte. Es war seine Ab­sicht, der Welt den Rücken zu kehren, um ein neues und schöneres Leben in der beschauli­chen Abgeschie­denheit seiner Insel zu beginnen. Von den ihm verbliebenen fünfzehntausend Pfund seines ererbten Vermögens gab er vierzehntau­send Pfund aus für großformatige Zeitungs-Annoncen, die in allen bedeu­tenden Städten Eu­ropas erschienen und interes­sierte Zeitgenossen, die der sogenannten zivili­sierten Lebensweise überdrüssig waren, auffor­der­ten, ihre Zelte abzubrechen, um auf ACROLLAM unter südlicher Sonne wahre Le­benser­fül­lung und irdi­sches Glück zu finden. Einzige Vorbe­dingung für die einrei­sewilligen Bürger sollte ein kompliziertes und undurchsichtiges Aufnahmeverfah­ren sein, das Samuel Fielding persönlich durchzu­führen gedachte. Die auf­merksamen Leser der An­zeigen begrif­fen, dass vor al­lem keine Nörgler, Besserwisser, Ignoranten, Schwätzer, Geschäftemacher, Nar­ren oder gar Dummköpfe auf der Insel er­wünscht seien. - Die übriggebliebene Summe von eintausend Pfund schenkte Samuel Fiel­ding den Matrosen, die ihn mitsamt seinem Gepäck in einem schaukelnden Boot vom Schiff zum Strand von ACROLLAM ruderten; mit dieser großzügigen Tat hatte er die letzte Brücke zur alten Welt endgültig hin­ter sich abgebrochen.

    Samuel Fielding kniete nieder, küsste den Bo­den der neuen Heimat und warf eine Handvoll Sand in die Lüfte. Der Wind blies den Sand von Westen nach Osten. - Dies war also der Weg, den er ein­schlagen würde. In einer Felsenhöhle verstaute er seine schwere Seekiste, versorgte sich mit Proviant für drei Tage, schulterte das Gewehr, ergriff die Ma­chete und begann mit der Erkundung der Insel.

    Seine Erwartungen und Träume wurden noch über­troffen von der Schönheit, die die greifbare Wirklich­keit ihm offenbarte: Palmen, blaue Lagunen, riesige Fischbestände, Wald, so weit das Auge reichte, exoti­sche Vögel, Wild, frisches, sauberes Quellwasser ... Kokosnüsse, Bananen, Zitronen, Ananasfrüchte, Ge­müse! - Das war der Beginn einer neuen Zivilisation! Holz- und Lederverarbeitung! Fi­scherei! Tauschwirt­schaft! Zufriedene Menschen, Handwerker, Fischer, glückliche Kinder, die unter Palmen spielen ... Samuel Fieldings Visionen für die Zukunft von ACROLLAM sollten nun in die Tat umgesetzt werden – daran dachte er, als er sich hac­kend, reißend, stechend mit dem Buschmes­ser durch das wi­derspenstige Grün des Dschun­gels kämpfte. Für ihn stand fest: kein Fern­sehen, kein Radio und erst recht keine schwätzer­haften Zeitungen in der neuen Heimat! Kein Alko­hol! Keine Nörgler, Besserwisser, Querulan­ten, Cho­leriker und so weiter dürften auf die Insel! Nur aus­gesuchte Leute. In diesem Punkte würde er sich von niemandem dreinreden lassen ...

    Nach einem erschöpfenden Gewaltmarsch, der ihn bis an die Grenzen seiner Kräfte führte, erreichte Sa­muel Fielding die östliche Seite der Insel, wo er einen geeigneten Platz für sein eigenes Wohn­haus fand. Ein gerechter Monarch in einer schmucklosen Hütte! So und nicht anders hatte er es sich in Gedanken immer vorgestellt. Hinter dem dichten und dornigen Busch­werk fand er abermals weißen Strand unter blauem Sommer­himmel, dahinter das tosende Meer. Betrüb­lich war für ihn, die Spuren der zurückgelasse­nen Zivilisation so­gar an diesem entlegenen Ort in der Wildnis zu finden. Geröstete Erd­nüsse stand in roter Schrift auf einer Dose, deren silbernes Blech das Sonnenlicht spiegelte. Samu­el Fielding nahm die Dose auf, kniff die Augen zusammen und wandte sich dem Meer zu. Das erste, was seine verwunder­ten Augen wahr­nahmen, war der Abfallkorb aus Draht an der geteerten Straße, die auf eine Anhöhe zulief. Keuchend schleppte Samuel Fielding sich bis zu jenem erhöhten Punkt im Gelände, von wo aus er die ganze Landschaft überblicken konnte -----: Strandkörbe, Sonnenschirme, gebräunte Rücken, prallvolle Bäuche, ölig glänzende Beine, Köpfe - Menschengewühl, Radiogedudel, Ho­tels, Bars ... Er erkannte, auf welchen simplen bösen Schwindel er hereingefallen war, als er das am Strand stehende Schild sah, auf dem in schwar­zen Buchstaben auf weißem Grund MALLOR­CA zu lesen stand ...

    Von all jenen hoffnungsfrohen Menschen, die sich auf den weiten Weg machten, um Samuel Fielding nach dem segensreichen ACROLLAM zu fol­gen, traf ihn niemand unter den dort Lebenden. In den behördlichen Proto­kollen der Polizei wurde wiederholt von einem ewig be­trunkenen Querulanten berichtet, der harmlose Touristen beschimpfte, belästigte oder gar mit einer rostigen Schrotflinte bedrohte, ei­nem nörgelnden Besserwisser und Schwätzer, den man bald als öf­fentliches Ärgernis betrach­tete. Touristen erzählten ebenfalls von einem be­trunkenen weißhaarigen Greis am Strand von Mallorca, dessen verdrosse­ner Gesang im­mer wieder den Zorn der zuständigen Ordnungshüter erregte:

    My money is over the ocean!

    My money is over the see!

    O bring back my money to me!

    Findige Strandräuber, die die kompositorische Sub­stanz des Liedes erkannten, machten daraus eine Schnulze, die heute die ganze Welt erobert hat und in­zwischen den Rang eines unsterbli­chen Volksliedes besitzt.

    Alle weiteren Nachforschungen über das Schicksal Samuel Fieldings verliefen im Sande. Sein Lied ist das letzte Lebenszeichen, das der bewunderte Ge­lehrte uns hinterlassen hat. - Wir, die Zurückgeblie­benen, deren Träume von ei­nem glücklichen Leben auf ACROLL­AM sich zerschlagen haben, erinnern uns mit Wehmut an Samuel Fielding, den genialen Weltverbesserer und an seinen schmerzvollen Ge­sang, in dessen Melodie die Sehnsucht nach einer schöneren und besseren Welt für alle Zeiten leben­dig bleibt.

    DER FLIEGENFÄNGER VON SALIMA

    Eine Lagerfeuer-Geschichte

    In der Schule der Besten spielte ich seit meinem Eintritt eine außerordentliche Rolle, denn ich, Ali Abbas III., Sohn des Sultans von Salima, genoss die angenehmen Vorrechte eines ehren­werten Mitglieds der Königlichen Fami­lie.

    Ich muss zugeben: Meine Leistungen als Schü­ler des Internats waren eher mäßig, oft sogar kümmerlich, doch erhielt ich stets die höchstmöglichen Noten, ern­tete viel Lob und war der Liebling aller Lehrer. Von Geburt an hatte man mich zum Herren erzogen und in dem Bewusstsein bestärkt, naturge­mäß zum geistigen und körperlichen Adel unseres schönen Landes zu ge­hören. Meine Lehrer verstummten ehrfürchtig, wenn sie mich zu lang­weilen begannen; oft kuschten sie vor mir und waren eifrig be­müht, mein Wohlwollen zu erlangen. Auch meine Mitschüler kannten das Ge­bot der Schulord­nung, mir, einem Mitglied des Kö­nigs­hauses, mit Hochachtung zu begegnen und es nie­mals an ge­bührendem Respekt fehlen zu las­sen. So wurde ich erwartungsgemäß in jedem Jahr Klassenbe­ster mit Auszeichnung, siegte in allen sportlichen Wettkämpfen und durfte unter anhaltendem Beifall mei­ner Schulkameraden re­gelmäßig das Siegerpodest besteigen, um die Ehrenurkunde vom Direktor des In­ternats in Empfang zu nehmen.

    Wenn es einmal zum Streit mit einem Mitschü­ler kam, besaß ich einen deutlichen Vorteil, näm­lich das gesetzlich verbriefte Recht des ersten Schlages, das etwaigen Widersachern bei An­drohung der Todesstrafe strikt untersagte, sich zu wehren. Ich konnte je­den Klassenkameraden zusammenzuschlagen, wenn es mir gefiel, doch war ich eher schwächlich gebaut, sodass ich häufiger Ohrfeigen oder Fußtritte an Al­tersgenossen verteilte, die meinen Unmut erregten. Wollte ein Schüler mich ansprechen, musste er üblicherweise demutsvoll das Haupt beugen und den Blick senken. Noch zu Jugendzeiten meines Vaters war es Sitte ge­wesen, dass Mitschüler sich vor einer Unterredung mit einem Mitglied unserer Fami­lie auf den Boden zu sei­nen Füssen werfen mussten, jedoch war diese Erschei­nungsform der Ehrerbietung im Laufe der Zeit aus der Mode gekommen und wurde nur noch bei Festlichkei­ten am Hofe praktiziert.

    Auch Macuthee, der Sohn eines Fischers aus Me­s­cana, besuchte die Schule der Besten. Er er­regte meinen Zorn wiederholt, denn er sprach mich nicht mit »Hoheit« an, beugte weder sein Haupt, noch senkte er den Blick. Er überholte mich im 100-Meter-Lauf und erreichte fünf Se­kunden vor mir - zum Entset­zen aller Lehrer - die weiße Ziellinie. Ein Jubelschrei aus ein­hun­dert Kehlen hallte über den Sportplatz, doch schon im nächsten Moment verstummten die zuschauenden Mitschüler, als sie die Ungeheu­er­lichkeit dieses Ereig­nisses begriffen.

    Macuthee hielt sich nicht an die Regeln, die die Ob­rigkeit für die Besten aufgestellt hatte. Eine Zeit lang beobachtete ich den sonderbaren Fischersohn, dessen Gebaren weder auf übertriebenen Stolz noch auf eine provozierende Absicht schließen ließ. Ich war in der Tat ein wenig irri­tiert. Man munkelte über ihn, er lese viele Bü­cher, auch ausländische, die offiziell als verbo­ten galten. Nur den Besten war es er­laubt, derlei Literatur aus der Bibliothek auszulei­hen, nachdem ein ent­sprechender Antrag am Ende eines langwierigen Ge­nehmigungsverfahrens abge­segnet worden war. Das Gesetz, welches den Besten das Ausleihen der Bücher ermöglichte, stammte noch aus der Zeit meines Großvaters und war aus Gründen der Traditionspflege bei­behalten worden. Macuthee reichte beinahe wöchent­lich eine Liste mit fünf, zehn, oft sogar fünfzehn Bü­chern beim Bi­bliothekar ein und versorgte sich wis­sensdurstig mit Lesestoff, was meinen Un­willen eben­falls erregte. Ich nahm Einblick in die Zeugnisse Macuthees und erfuhr: Er war ein viel­fältig begabter, jedoch zugleich recht einfältig gearteter Sohn armer Leute von der Küste. Wenn seine Noten auch die be­sten waren und die Empfehlungs­schreiben hin­terwäldlerischer Dorfschullehrer in den höch­sten Tönen von einer »förderungswürdigen Be­ga­bung« sprachen, mangelte es diesem Bur­schen, der so alt war wie ich, erheblich an Re­spekt vor einem bedeutenden Mitglied der Kö­niglichen Familie.

    Eines Nachmittags saß Macuthee im Schatten des Mangobaumes am See und las in einem Band Hein­rich von Kleists. Es ärgerte mich, weil er wieder ei­nen deut­schen Dichter las. Im Unter­richt hatte er einen Lehrer in Erstaunen versetzt, als er den Faust auswendig aufsagen konnte. Ich ging also - während die Augen der anderen Schüler mich furcht­sam ver­folgten - zum Man­gobaum und schnalzte mit den Fingern. Macuthee blickte aus dem Buch auf, lä­chelte mich an, und las ruhig weiter. Ich schnalzte noch einmal mit den Fingern, diesmal etwas ungehaltener, und machte, als er zu mir herübersah, eine läppische Handbewe­gung, der unzweideutig zu entnehmen war, er solle sich gefälligst entfernen - und zwar hurtig. Er reagierte aber nicht auf diesen Wink. Also musste ich deutlicher werden. Auf diesem Platz un­ter dem Mangobaum, so erklärte ich ihm mit schwin­dender Geduld, hätte ich vor einiger Zeit gesessen und einen Pfirsich gegessen; dieser schöne Ort sei mein Ort. Jetzt endlich begriff Macuthee. Er blätterte eine Seite des Buches um und sagte mit ei­nem ironischen Lä­cheln etwas zu mir, das ich wohl nie im Leben verges­sen werde, weil es sich mir un­auslöschlich ins Bewusstsein brannte - er sagte näm­lich »Weggegangen - Platz vergangen!«

    Ich trat näher an ihn heran und ohrfeigte ihn. Er war sichtlich überrascht. Ich ohrfeigte ihn noch­mals. Er rührte sich nicht vom Fleck. Im Augenwinkel sah ich meine Mitschüler, die aus sicherer Entfernung dieses kleine Exempel, das ich zu statu­ieren gedachte, beob­achteten. Lang­sam, sehr lang­sam ließ Macuthee das Buch sin­ken, steckte ein Le­sezeichen hinein und klappte es nachdenklich zu. Er hatte verstanden: Dies war kein Ort für höhere Lite­ratur. Warum lief er nicht sogleich davon? - Ich holte aus, um ihm einen gezielten Fußtritt zu geben, aber er hielt meinen rech­ten Fuß mit der linken Hand fest, hob ihn in die Höhe, wobei ich das Gleich­gewicht verlor und rückwärts in den See stürzte. Tropfnass kroch ich an Land, stellte mich auf die Beine und griff ihn mit den Händen an. Er schlug mir seine geballte Faust aufs linke Auge. Ich stürzte hart zu Boden, richtete mich wieder auf, ver­dutzt über das, was hier vorging. Es war unfassbar. Macuthee schlug mir seine beiden Fäuste in die Fresse, links, rechts, links, rechts, immer wieder, so dass ich für Augenblicke die Besinnung verlor. - »So«, rief er mir hinterher, als ich vor seinen Schlä­gen flüchtete, »das dürfte reichen!« Und er fügte hinzu: »Fürs erste!«

    Als ich mit gebrochenem Nasenbein, geschwolle­nem Gesicht und verweinten Augen über die Schulwiese zum Hauptgebäude schlich, blickte ich in die fassungs­losen Gesichter meiner Mitschüler, die nicht glauben wollten, was sie vor sich sahen: einen verprügelten Sultanssohn. »Wer lacht, wird hingerichtet!«, brüllte ich ihnen entgegen, und kei­ner von ihnen wagte es, die Miene zu verziehen. To­tenstille herrschte, als ich auf mein Zimmer ging. Von meinem Fenster blickte ich hinunter auf den Schulhof und sah sie alle: Sie waren bis zum Zerplat­zen gespannt; mit fest aufeinanderge­pressten Lippen standen sie da und starrten sich an; sie lachten laut­los durch die Augen, aus denen schaden­frohe Trä­nen herauskullerten und über ihre zitternden Nasenflügel und Wangen flossen. Auf eine hinterhäl­tige Weise waren sie

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