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Showboot-Welt
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eBook270 Seiten3 Stunden

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Über dieses E-Book

Apollon Zamp ist Eigner des Showboots Miraldras Verzauberung und befährt damit den unteren Vissel auf der Welt namens Großplanet. Die Truppe legt unterwegs auf dem Fluss und seinen zahlreichen Nebenarmen an Orten wie Chist, Gotpang, Port Optimo oder Lanteen an der Glasbläserspitze an, um Vorstellungen zu geben.
Bevor er weniger bekannte Ortschaften anläuft, ist Zamp gut beraten, einen Blick in das Flussverzeichnis zu werfen, denn es gilt, während der Vorstellungen Anstößigkeiten gegenüber dem Publikum zu vermeiden. Es ist leicht möglich, kulturelle Tabus zu brechen und die Quittung dafür zu bekommen. Deshalb schreibt er mit kundiger Hand die geplanten Stücke so um, dass sämtliche Sittenwidrigkeiten gemieden werden.
Doch Sitten und Gebräuche der Einwohner sind nicht die einzigen Herausforderungen, denen sich die Miraldras Verzauberung stellen muss. Denn sie ist nicht das einzige Showboot der Region. Zamps härteste Konkurrenz sind die Fironzelles Goldene Eingebung und deren Kapitän Garth Ashgale. Keiner der beiden Schiffsmeister schreckt vor Halunkenstreichen zurück, wenn es darum geht, dem jeweils anderen eins auszuwischen.
Als König Waldemar eines Tages einen großen Wettstreit der Showboote in Mornune ausruft, fängt für Apollon Zamp und seine Truppe ein ganz neues Abenteuer an. Das Reich Soyvanesse liegt am Obervissel, nahe dem Bodenlosen See – der Weg ist weit und die Ortschaften am Ufer sind unbekannt. In dem Fall ist es beruhigend zu wissen, dass man mit einer Vorrichtung unter den Rängen ein allzu aufmüpfiges Publikum kurzerhand von Bord ins Wasser befördern kann.
Aber dann kommt es doch anders, als Zamp es sich vorgestellt hat, und er muss mit ganz anderen Gegebenheiten fertig werden. Doch Zamp wäre nicht er selbst, wenn er sich davon unterkriegen lassen würde …

Jack Vances Originaltitel des Buches würde übersetzt wie folgt lauten: Die prächtigen Showboote des unteren Vissels, LuneXXIII, Süd, Großplanet.
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum19. Feb. 2019
ISBN9781619473645
Showboot-Welt
Autor

Jack Vance

Jack Vance (richtiger Name: John Holbrook Vance) wurde am 28. August 1916 in San Francisco geboren. Er war eines der fünf Kinder von Charles Albert und Edith (Hoefler) Vance. Vance wuchs in Kalifornien auf und besuchte dort die University of California in Berkeley, wo er Bergbau, Physik und Journalismus studierte. Während des 2. Weltkriegs befuhr er die See als Matrose der US-Handelsmarine. 1946 heiratete er Norma Ingold; 1961 wurde ihr Sohn John geboren. Er arbeitete in vielen Berufen und Aushilfsjobs, bevor er Ende der 1960er Jahre hauptberuflich Schriftsteller wurde. Seine erste Kurzgeschichte, »The World-Thinker« (»Der Welten-Denker«) erschien 1945. Sein erstes Buch, »The Dying Earth« (»Die sterbende Erde«), wurde 1950 veröffentlicht. Zu Vances Hobbys gehörten Reisen, Musik und Töpferei – Themen, die sich mehr oder weniger ausgeprägt in seinen Geschichten finden. Seine Autobiografie, »This Is Me, Jack Vance! (»Gestatten, Jack Vance!«), von 2009 war das letzte von ihm geschriebene Buch. Jack Vance starb am 26. Mai 2013 in Oakland.

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    Buchvorschau

    Showboot-Welt - Jack Vance

    Jack Vance

    Showboot-Welt

    Edition

    Andreas Irle

    Hunschlade 27

    51702 Bergneustadt

    2019

    Originaltitel: The Magnificent Showboats of the Lower Vissel River, Lune XXIII South, Big Planet

    Copyright © 1975 by Jack Vance

    Originalausgabe: Showboat-World – Pyramid: New York, 1975

    Deutsche Erstausgabe: Showboot-Welt – Heyne: München, 1980

    Copyright © dieser Ausgabe 2019 by Spatterlight Press

    Titelbild: Marcel Laverdet

    Satz: Andreas Irle

    Übersetzung: Andreas Irle, 2006, 2018

    Lektorat: Thorsten Grube, Gunther Barnewald

    ISBN 978-1-61947-364-5

    V01 2019-02-15

    spatterlight.de

    Management: John Vance, Koen Vyverman

    E-Book Distribution: XinXii

    www.xinxii.com

    Das Buch

    Apollon Zamp ist Eigner des Showboots Miraldras Verzauberung und befährt damit den unteren Vissel auf der Welt namens Großplanet. Die Truppe legt unterwegs auf dem Fluss und seinen zahlreichen Nebenarmen an Orten wie Chist, Gotpang, Port Optimo oder Lanteen an der Glasbläserspitze an, um Vorstellungen zu geben.

    Bevor er weniger bekannte Ortschaften anläuft, ist Zamp gut beraten, einen Blick in das Flussverzeichnis zu werfen, denn es gilt, während der Vorstellungen Anstößigkeiten gegenüber dem Publikum zu vermeiden. Es ist leicht möglich, kulturelle Tabus zu brechen und die Quittung dafür zu bekommen. Deshalb schreibt er mit kundiger Hand die geplanten Stücke so um, dass sämtliche Sittenwidrigkeiten gemieden werden.

    Doch Sitten und Gebräuche der Einwohner sind nicht die einzigen Herausforderungen, denen sich die Miraldras Verzauberung stellen muss. Denn sie ist nicht das einzige Showboot der Region. Zamps härteste Konkurrenz sind die Fironzelles Goldene Eingebung und deren Kapitän Garth Ashgale. Keiner der beiden Schiffsmeister schreckt vor Halunkenstreichen zurück, wenn es darum geht, dem jeweils anderen eins auszuwischen.

    Als König Waldemar eines Tages einen großen Wettstreit der Showboote in Mornune ausruft, fängt für Apollon Zamp und seine Truppe ein ganz neues Abenteuer an. Das Reich Soyvanesse liegt am Obervissel, nahe dem Bodenlosen See – der Weg ist weit und die Ortschaften am Ufer sind unbekannt. In dem Fall ist es beruhigend zu wissen, dass man mit einer Vorrichtung unter den Rängen ein allzu aufmüpfiges Publikum kurzerhand von Bord ins Wasser befördern kann.

    Aber dann kommt es doch anders, als Zamp es sich vorgestellt hat, und er muss mit ganz anderen Gegebenheiten fertig werden. Doch Zamp wäre nicht er selbst, wenn er sich davon unterkriegen lassen würde …

    Jack Vances Originaltitel des Buches würde übersetzt wie folgt lauten: Die prächtigen Showboote des unteren Vissels, LuneXXIII, Süd, Großplanet.

    Der Autor

    Jack Vance (richtiger Name: John Holbrook Vance) wurde am 28. August 1916 in San Francisco geboren. Er war eines der fünf Kinder von Charles Albert und Edith (Hoefler) Vance. Vance wuchs in Kalifornien auf und besuchte dort die University of California in Berkeley, wo er Bergbau, Physik und Journalismus studierte. Während des 2. Weltkriegs befuhr er die See als Matrose der US-Handelsmarine. 1946 heiratete er Norma Ingold; 1961 wurde ihr Sohn John geboren.

    Er arbeitete in vielen Berufen und Aushilfsjobs, bevor er Ende der 1960er Jahre hauptberuflich Schriftsteller wurde. Seine erste Kurzgeschichte, »The World-Thinker« (»Der Welten-Denker«) erschien 1945. Sein erstes Buch, »The Dying Earth« (»Die sterbende Erde«), wurde 1950 veröffentlicht.

    Zu Vances Hobbys gehörten Reisen, Musik und Töpferei – Themen, die sich mehr oder weniger ausgeprägt in seinen Geschichten finden. Seine Autobiografie, »This Is Me, Jack Vance! (»Gestatten, Jack Vance!«), von 2009 war das letzte von ihm geschriebene Buch. Jack Vance starb am 26. Mai 2013 in Oakland.

    Informationen über ihn und sein Werk finden Sie hier:

    www.editionandreasirle.de

    Einführung

    Aus dem Handbuch der bewohnten Welten:

    Großplanet: der innerste Planet des gelben Sterns Phaedra, eine Welt mit einem Durchmesser von 40.000 Kilometern, einer mittleren Dichte von etwas weniger als 2 und einer Oberflächenschwerkraft, die ein wenig über dem Erd-Standard liegt.

    Der Kern von Großplanet, eine glasige Verbindung von Kalzium, Silizium, Aluminium, Karbon, Bor und verschiedenen Oxiden, scheint sich abgekühlt zu haben, um eine Kruste zu bilden, die in der Folge Ablagerungen aus dem Weltraum angesammelt hat, welche die gegenwärtigen Oberflächenschichten darstellen, die, wie auch der Kern selbst, einen bemerkenswerten Mangel an schweren Elementen aufweisen. Es sollte angeführt werden, dass die drei äußeren Planeten des Systems alle extrem dicht sind.

    Die Oberfläche von Großplanet besteht ungefähr zur Hälfte aus Land, zur Hälfte aus Wasser; das Klima ist im Allgemeinen dem der Erde ähnlich … Metallablagerungen gibt es kaum; Metall jeglicher Art ist rar und wertvoll.

    Großplanet liegt jenseits der Grenze irdischer Gesetze und ist von Gruppierungen besiedelt worden, die darauf aus waren, den Beschränkungen zu entgehen oder die sich entschlossen haben, nach unorthodoxen Verhaltensgrundsätzen zu leben: Nonkonformisten, Anarchisten, Flüchtlinge, religiöse Dissidenten, Misanthropen, Abweichler, Anormale. Die gewaltigen Weiten von Großplanet haben sie alle gleichermaßen absorbiert.

    In einigen wenigen entlegenen Bezirken gibt es so etwas wie Zivilisation, obwohl stets in mehr oder weniger ungewöhnlicher Abart. Andernorts, jenseits der Umgebungen der kleinen Gemeinden, ist das Gesetz nur so stark wie die örtlichen Sitten, oder, genauso häufig, gar nicht existent … Die Lebensgewohnheiten sind von unendlicher Vielfalt, da die ungleichen Gruppierungen jahrhundertelang isoliert waren und sich untereinander fortgepflanzt haben, was zu blühenden Extremen geführt hat.

    Die Gelehrten der Erde haben lange über die Lebensumstände auf Großplanet nachgedacht, sie analysiert und diskutiert. Hundert Eiferer haben darauf gedrängt, irdische Disziplin durchzusetzen, damit Gesetz und Ordnung auf Großplanet einkehre, doch jene, die den Status quo verteidigten, hatten stets das letzte Wort: »Für uns repräsentiert Großplanet die verlockende Vision eines Landes jenseits der Grenze, wo Tapferkeit, Findigkeit und Kühnheit wichtiger sind, als das Meistern urbaner Abstraktionen. Die ursprünglichen Siedler haben große Opfer auf sich genommen, um ihre Freiheit zu gewinnen. Während dieser Zeit legten sie das Schicksal ihrer Nachkommen zum Wohl oder Übel fest, denn nun teilen die neuen Generationen die Eigenarten der alten oder übertreffen diese sogar noch. Wer kann beurteilen, ob dies gut oder schlecht ist? Wer kann bestimmen, was recht, richtig oder wahr ist? Würde das Gesetz nach Großplanet gebracht, würde diese wunderbare Vielfalt erstickt werden, verlören die Dissidenten wieder ihre Rechte; sie müssten erneut weiterziehen, zu Orten, die noch weiter entfernt sind. Großplanet ist eine wilde Welt, und es werden viele dunkle Taten begangen, aber erzwungene Uniformität verlagert das Problem nur an einen anderen Ort. Im Grunde genommen stellt Großplanet ein Problem dar, für welches es keine allgemeine Lösung gibt.«

    Kapitel I

    Dort, wo der Vissel in die Vermutungsbucht mündete, befand sich Coble, ein Hafen für Seekoggen und Flussbarken und Endstation für die berühmten Showboote der Region, wie Fironzelles Goldene Eingebung, die Pamellissa, die Melodiöse Stunde, Miraldras Verzauberung, die Feuerglasprisma, die Zwei Varminien und weitere von ähnlichem Ruf.

    Die Showboote fuhren den Vissel hinauf und hinunter, bis hin zur Glasbläserspitze oder noch weiter: nach Skivaree oder sogar Garken. Die Showbooteigner waren, aufgrund der ureigenen Natur ihres Geschäfts, ein besonderer Schlag, der durch Eitelkeit, Habsucht und eine spezielle Art gerissener Findigkeit gekennzeichnet war, die sich, außer in Begriffen von Taten, schwer definieren ließ. Wenn man diese Eigenschaften außer Acht ließ, unterschieden sich die Männer sehr. Lemuriel Boke trug schwarz, rot und braun gestreifte Kleidung und schmückte sein Haupt mit einem dreistufigen Bonnett eines Ultimativen Pantologisten; er bleichte seine Haut völlig weiß und sprach mit kellertiefer Stimme. Umber Stroon war so überschwänglich wie Boke melancholisch. Er verwandte Worte hochtrabender Prahlerei im Zusammenhang mit seiner Person und treffliche Ausdrücke der Verunglimpfung in Bezug auf seine Konkurrenten. Darik Dakzy trug ein Rapier und ein Paar Schnappser in der Schärpe und war schnell bei der Hand damit, Unhöflichkeiten zurückzuweisen; im Gegensatz dazu pflegte Garth Ashgale eine elegante Trägheit. Eleusis Munt trug Westen und Pluderhosen aus parfümierter Seide; seine Sprache war reich an Gefühlen und die Inbrunst seiner Natur setzte sich in seiner Liebe zu Männern, Frauen und Kindern gleichermaßen fort, zuweilen in peinlichem Maße. Fring der Phantast war scharfsinnig, geduldig und genügsam; Apollon Zamp stolzierte über sein Deck wie ein legendärer Held und gab sein Geld so schnell aus wie er es verdiente; so waren die Dinge entlang des Vissels.

    Was die Showboote selbst anging, so hielt man Fironzelles Goldene Eingebung und Miraldras Verzauberung für die schönsten, und die Rivalität zwischen den Schiffsmeistern, Garth Ashgale beziehungsweise Apollon Zamp, war von langer Dauer. Zamps Darbietungen waren gekennzeichnet von flottem Tempo, Flair, unvermittelten Schockelementen und plötzlichen Wendungen; er legte Wert auf Farce, Hokuspokus, Taschenspielertricks, exzentrische Tänze und Nachspiele von berüchtigter Grausamkeit. Garth Ashgale zog es vor, eher geruhsame und kunstvolle Ausstattungsstücke zu geben. Im Gegensatz zu seinem legeren und forschen Aussehen, war Zamp ein anspruchsvoller Arbeitgeber, der von seiner Truppe Virtuosität und Vielseitigkeit verlangte, wohingegen Ashgale seine Spektakel auf die Talente gestandener Spezialisten gründete. Zamps Inszenierungen waren subtil und lebhaft; Ashgale hatte sich auf tragische Dramen spezialisiert: Emphyrio, Lukas und Portmena, Der blaue Granatapfel, Die Regentschaft des Eisernen Königs. Ashgales Kostüme waren aufwendig, die Bühnenbilder faszinierten das Auge, seine Hingabe an die Wahrhaftigkeit, insbesondere in Szenen der erotischen Leidenschaft und der Durchsetzung der Gerechtigkeit, überstieg bei Weitem die Bemühungen jener, die ihre Kunden mit Simulationen und Aufschreien von hinter den Kulissen zufriedenzustellen suchten.

    Ashgales Aktionsradius reichte weit: den Vissel hinauf bis Lanteen und noch darüber hinaus, bis in die Nebenflüsse wie den Suanol, die Wergenz, die Murne. Zamp zog es vor, in den Städten am Niedervissel zu spielen, mit nur gelegentlichen Abstechern die Murne hinauf, wo die Vorurteile der Menschen und ihre Handelswaren* bekannt waren.

    * Der grundlegende Wertestandard überall auf Großplanet ist Eisen, das am wenigsten knappe aller Metalle. Eine Eisenmünze von etwa einem halben Gramm repräsentiert den üblichen Lohn für einen Tag gewöhnlicher Arbeit.

    Bei einer Gelegenheit, als das Boot vor der Stadt Ratwick vor Anker lag, hatte ihn eine rothaarige Mimin aufgezogen: »Pff!«, waren ihre Worte gewesen, wobei sie ihm am adretten blonden Spitzbart gezogen hatte. »Müssen wir denn ewig die gleichen Ufer befahren? Auf, ab, auf, ab, von Thamet nach Wigheim nach Badburg, mit nur einem Halt in Coble, um Geld zu eisen*.

    * Umgangssprachlich für den Umtausch verschiedenster Gegenstände, Edelsteine und Erzeugnisse in Eisen.

    Zamp hatte ohne Verbitterung gelacht und sein Kelchglas Wein geleert; die beiden hatten gerade ein Mahl in Zamps Achterkabine eingenommen. »Und weshalb sollte ich daran etwas ändern, insbesondere, falls es bedeutet, dass ich die besten Speisen nicht mehr in Gesellschaft einer charmanten Gefährtin zu mir nehmen kann?«

    Das Mädchen, welches sich selbst Lael-Rosza nannte, zuckte mit den Schultern und verzog das Gesicht. »Du möchtest wirklich Gründe hören?«

    »Natürlich! Sofern es welche gibt!«

    »Es gibt keine Gründe, außer einmal andere Gesichter zu sehen und andere Landschaften. Aber ist es nicht seltsam geheimnisvoll, dass Apollon Zamp, der schwungvollste Wagehals aller Showboote, die sichersten Routen befährt?«

    »Da gibt es nichts Geheimnisvolles! Ich bin galant und schwungvoll, weil mir die Umstände diese Eigenschaften zugestehen; ansonsten wäre ich so stumpf wie ein Venusmuschel-Messer aus Ratwick. Ich werde dir mein Geheimnis verraten.« Zamp vollführte eine bedeutungsschwere Gebärde und beugte sich vor. »Ich stelle keine Ansprüche an meinen guten Freund, das Schicksal. Ich stelle meinen Freund niemals auf die Probe, und deshalb schreiten wir in glücklichem Einvernehmen durch das Leben.«

    »Vielleicht ist dein guter Freund, das Schicksal, lediglich zu bescheiden und höflich, um anderer Meinung mit dir zu sein«, deutete Lael-Rosza an. »Lass uns seine wahre Meinung herausfinden. Vor uns liegt Badburg, diese armselige Ansammlung von Hütten, wo die Leute mit Pökelfisch bezahlen. Achte auf meinen Talisman: Eine Seite trägt mein Geburtszeichen, die andere stellt die Nymphe Korakis dar. Ich werde den Talisman werfen. Fällt Korakis, segeln wir weiter, an Badburg vorüber, hinauf nach Fudurth oder Euvis oder sogar bis nach Lanteen an der Glasbläserspitze. Falls nicht: Badburg. Bist du einverstanden?«

    Zamp schüttelte den Kopf. »Das Schicksal hat zugegebenermaßen seine Launen; zum Beispiel macht es sich niemals die Mühe, das Werfen eines Talismans zu kontrollieren.«

    »Dennoch werfe ich ihn.« Lael-Rosza wirbelte die Eisenscheibe in die Luft. Sie fiel auf den Tisch, rollte über das gewachste Holz, um an der Weinflasche gelehnt auf dem Rand stehen zu bleiben.

    Zamp blickte verärgert nach unten. »Nun denn – was soll ich dem entnehmen?«

    »Da musst du jemand anderen fragen; ich bin nicht geschickt darin, Omen zu deuten.«

    Zamp hob die Augenbrauen. »Omen?«

    »Du müsstest es besser wissen als ich: Du, der doch Arm in Arm mit dem Schicksal einhergeht wie mit einem Bruder.«

    »Wir gehen zusammen«, erwiderte Apollon Zamp, »aber wir vertrauen einander nicht unbedingt.«

    ***

    Die Nacht war schon fortgeschritten. Lael-Rosza war still zurück in ihre Kabine auf dem Unterdeck geschlüpft, und Apollon Zamp, der vielleicht ein oder zwei Schlucke mehr genommen hatte als notwendig, saß zurückgelehnt in seinem massiven Sessel aus geschnitztem Pfalaxholz. Es war eine warme Nacht, die Fensterflügel waren geöffnet, eine Brise ließ die Flammen in den Lampen flackern, und Schatten tanzten über die Wände. Zamp erhob sich und musterte die Kajüte: ein Gemach, um welches ihn jeder Mann beneiden konnte, mit einer Einrichtung aus massivem Pfalax, einer Vitrine mit Glasflaschen, die im Lampenlicht funkelten, einem guten Bett mit grüner Bettdecke im Alkoven. Die Tamarack-Kniestücke, welche die Deckenbalken stützten, waren zu Schnörkeln geschnitzt; das Eichendeck unter seinen Füßen schimmerte dunkel und glänzte vor Wachs, eine große Lampe hing über dem Tisch, eine weitere über dem Schreibtisch. Zu dieser späten Stunde waren die einzelnen Ebenen von Zamps Geist offen füreinander. Bilder tauchten auf und wirbelten umher; Zeichen und Bedeutungen waren überall, wenn er nur klug genug wäre, sie zu erfassen. Die Fensterflügel spiegelten ein verzerrtes Abbild seiner selbst wider; Zamp schaute genauer hin, um die erkennbare Person auszumachen, eine, die ihm teuer und vertraut war und doch auf eine unbeschreibliche Art fremd und unzugänglich. Die Gestalt war gedrungen, hatte pralle Hinterbacken und Kleidung an, die schief an ihr herabhing. Die hellen Locken waren geckenhaft lang, blaue Augen blickten ausdruckslos an einer langen, bleichen Nase entlang. Zamp richtete sich unwillig auf; die Kreatur im Fensterflügel blinzelte und wogte und starrte mit einem eigenen, unwilligen Leben zurück, als fände sie Zamps Erscheinung genauso widerlich wie Zamp selbst … Er wandte sich ab. Falls dies Vorzeichen oder Botschaften waren oder Einsichten, wollte er nicht noch mehr davon haben.

    Er trat hinaus in die Nacht und stieg auf das Achterdeck. Der dunkle Strom glitt im Bewusstsein der Unaufhaltsamkeit seines Laufs ohne Hast vorüber. Einige wenige späte Lichter aus Ratwick schimmerten gelb auf dem Wasser.

    Mit automatischer Wachsamkeit blickte Zamp sich an Bord des Schiffes um. Alles schien in Ordnung zu sein. Er trat vor und lehnte sich an die Heckreling. Im Licht der Achterlaterne bemerkte er auf der Wölbung des Ruders einen kleinen gedrungenen Bulwig, das Lampenlicht reflektierte die Sterne in seinen drei Augen. Zamp und der Bulwig starrten einander an. Zamp wünschte, das Wesen spränge ins Wasser. Es kauerte sich noch verstockter hin als vorher. Zamp projizierte die volle Kraft seiner Persönlichkeit. »Geh!«, murmelte er. »Weg vom Ruder, Modder-Flodder! Zurück mit dir in den Schlamm!«

    Der Blick des Bulwigs schien intensiver zu werden, und Zamp kam der Gedanke, dass der Bulwig seinerseits ihn von der Reling fortwünschen mochte. »Bah!«, murmelte Zamp. »Was für ein Unsinn! Ich wende mich nur ab, weil ich anderweitig Geschäfte zu erledigen habe!«

    Auf seinem Weg nach unten hielt er inne, um noch einmal Ratwick zu betrachten. Heute hatte er die Farce Der trunkene Fischhändler und der sprechende Aal aufgeführt, dazu ein Blumenballett seiner acht Miminnen in rüschenbesetzten Umhängen, einen Ringkampf zwischen dem Schiffsringer und einem örtlichen Meister und ein Finale mit den acht Mädchen, dem Orchester, zwei Jongleuren, drei Schwerttänzern und sechs Gauklern. Das Programm war sorgfältig auf die Vorurteile der Stadt abgestimmt gewesen, die sich, wie die meisten Gemeinwesen von Großplanet, für die einzige Oase der Vernunft auf der gesamten gewaltigen Oberfläche des Planeten hielt. Er hatte vor dreihundertzwölf Männern, Frauen und Kindern gespielt; als Bezahlung hatte er über viertausend Unzen Treibholzharz eingenommen, einzutauschen in Coble – so hatte Zamp dem Transaktions-Bulletin entnommen – gegen fünfundneunzig Eisenmünzen. Eine passable Tageseinnahme, weder gut noch schlecht. Er hatte vor, morgen Anker zu lichten und sich flussabwärts treiben zu lassen, und weshalb auch nicht? Was lag flussaufwärts, außer einigen schmuddeligen kleinen Dörfern, die zu arm waren, um Räuber aus der Tinsitalasteppe zu locken? Lanteen, an der Glasbläserspitze, war zwar wohlhabend genug und seine wenigen Besuche dort hatten Entsprechendes abgeworfen. Er wurde nicht jünger … Seltsam! Was hatte diese absolut irrelevante Vorstellung in seinem Verstand hervorgerufen? Er warf einen letzten nachdenklichen Blick über den Fluss, dann stieg er zu seiner Kajüte hinab und ging zu Bett.

    Kapitel II

    Zamp erwachte und sah das Licht von Phaedra schräg über die Eichenplanken auf den Kajütenboden fallen. Wasser gluckerte unter dem Heck, als ein Südwind gegen die Strömung arbeitete, und mit schlaffem Ankerseil legte sich das Schiff unruhig von einer Seite zur anderen. Zamp streckte sich und ächzte, stand aus dem Bett auf, zog die Glockenleine für das Frühstück und hüllte sich in einen Morgenrock.

    Chaunt, der Steward, legte ein weißes Tischtuch auf den großen Pfalaxtisch, schüttete eine Schale Tee ein, arrangierte einen Früchtekorb und servierte dann ein Ragout aus Riedvögeln in knuspriger Haut.

    Zamp nahm ein geruhsames und nachdenkliches Frühstück zu sich, anschließend rief er nach Bonko, dem Bootsmann, einem kräftigen, dickbäuchigen Mann mit langen Armen und kurzen Beinen, einem knochigen Kopf, der, bis auf die borstigen Augenbrauen und einen kurzen Schnurrbart unter einer aufgeworfenen Klumpennase, kahl war. Bonkos Betragen, welches höflich und entgegenkommend war, strafte seine Erscheinung Lügen. Zusätzlich zu den Navigationspflichten diente er als Schiffsringer und Henker in den Schauspielen, die eine solche Rolle vorsahen.

    »Wie stehen die Dinge heute?«, fragte Zamp.

    »Der Südwind ist frisch und weht uns genau ins Gesicht. Wir werden flussabwärts nicht weiterkommen, es sei denn wir nutzen die Tiere; das bedeutet den Treidelpfad.«

    Zamp schüttelte den Kopf missfällig. »Der Treidelpfad südlich von Ratwick ist ein einziger Morast. Ist Quaner mit der Antriebswelle fertig?«

    »Nein, mein Herr, sie ist immer noch in der Glasiererei, und er glaubt, dass die Stopfbüchse

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