Auf der anderen Seite der Sterne
Von Liv Modes
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Über dieses E-Book
Etwas hat sich verändert in diesem Sommer. Plötzlich schlägt Alex' Herz bei Yaniks Anblick schneller und in seinem Bauch tanzen Schmetterlinge Tango. Doch obwohl er seinem besten Freund sonst alles erzählt, muss Alex dieses Geheimnis für sich behalten. Denn seine Gefühle könnten ihm den Menschen nehmen, der ihm am meisten bedeutet.
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Buchvorschau
Auf der anderen Seite der Sterne - Liv Modes
1
»Bald geht es wieder los«, seufzte Alex wenig begeistert.
»Ein Grund mehr, den letzten Rest Freiheit zu genießen«, antwortete die Stimme seines besten Freundes aus dem Handy. Alex suchte sich eine bequeme Position auf der breiten Fensterbank, auf der er saß, und erhöhte die Lautstärke seines Smartphones. Um keinen Preis wollte er etwas verpassen. Unbekümmert erzählte Yanik in allen Einzelheiten, wie er sich diese letzte Woche in Freiheit vorstellte. Eine Bekannte von der letzten Party kam darin vor. Die Erwähnung ihres Namens versetzte Alex einen Stich. Trotzdem überlief ihn bei der Vorstellung von Yaniks abenteuerlustigem Grinsen ein angenehmer Schauer.
»Das sind die letzten Sommerferien unseres Lebens! Was hast du vor, um das zu feiern?«
»Ach, dies und jenes«, erwiderte Alex verlegen und rieb die feuchten Hände an der Hose ab. In Yaniks Stimme lag etwas Verheißungsvolles, von dem Alex ganz kribbelig wurde und das dafür sorgte, dass er nur mit größter Konzentration anständige Sätze zustande brachte. Etwas, das er nicht verstand.
»Ich muss jetzt auflegen«, sagte Alex schnell, bevor ihm etwas herausrutschte, das ihn verraten würde. »Wir sehen uns bald!«
»Oh, okay.« Yanik klang irritiert ob der abrupten Verabschiedung, sagte jedoch nichts. »Mach es gut!«
Alex legte auf und atmete erleichtert aus. Yanik schien nicht bemerkt zu haben, wie heftig sein Herz allein vom Klang seiner Stimme schlug. Vor seinem inneren Auge sah Alex, wie Yanik sein Telefon weglegte und sich gedankenlos ins nächste Abenteuer stürzte, wie es seine Art war. Am liebsten hätte Alex es ihm gleichgetan. Aber Yaniks Frage nach seiner Ferienbeschäftigung ließ ihn nicht los. In Wahrheit wusste er genau, dass er diese letzte Woche damit verbringen würde, sich mit den wildesten Träumen herumzuschlagen, in denen Yanik die Hauptrolle spielte. Den ganzen Sommer ging das schon so. Bei jeder von Yaniks Nachrichten raste sein Herz, er verfolgte jedes seiner Instagrambilder und nachts träumte Alex von ihm. Dass sie mehrere Stunden mit dem Zug voneinander trennten, wo sonst gerade mal ein paar Meter Abstand zwischen ihren Betten waren, machte es nicht besser.
Mit einem tiefen Seufzen rutschte Alex vom Fensterbrett und widmete sich dem Objektiv seines Teleskops, das auf dem Schreibtisch lag. Er wollte es noch einmal reinigen, bevor er es bis zu den nächsten Ferien zurücklassen musste. Wie gern hätte er es mit zur Schule genommen, um mit Yanik die Sterne zu beobachten. Eine verführerische Vorstellung. Doch Alex wollte nicht riskieren, dass die empfindlichen Einzelteile des Teleskops beim Transport Schaden nahmen.
Während er vorsichtig die Linse vom Staub befreite, blieben seine Gedanken an Yanik hängen. Wie sollte er erst mit seinen Gefühlen umgehen, wenn sie wieder in einem Zimmer wohnten und den gesamten Tag miteinander verbrachten?
Am letzten Schultag der elften Klasse war Yanik sein bester Freund gewesen, sein Zimmergenosse und treuer Begleiter bei jeder noch so irren Idee. Das zumindest hatte Alex sich immer und immer wieder eingeredet, bis er im Familienurlaub an einen netten Volleyballspieler geraten war, der ihn nach ihrem ersten Kuss geradeheraus gefragt hatte: »Du hast gerade nicht an mich gedacht. Wer ist es?«
In diesem Moment hatte Alex sich eingestehen müssen, dass er sich in Yanik verliebt hatte. Und er wusste nicht, wer Yanik zum Anfang der zwölften Klasse für ihn sein würde.
Eins stand allerdings fest: Mit Yanik darüber reden konnte Alex nicht. Yanik liebte Mädchen und er kehrte nie ins Internat zurück, ohne von einem neuen Ferienflirt zu erzählen. Er war beliebt und dass er sich nie auf feste Bindungen einließ, tat dem keinen Abbruch. Alex konnte es den Mädchen nicht verübeln. Er war Yaniks dunkelblonden Locken, seinen tiefblauen Augen und dem herausfordernden Grinsen selbst hoffnungslos verfallen. Trotzdem führten ihm Yaniks Bekanntschaften immer wieder schmerzhaft vor Augen, wie hoffnungslos es für ihn stand. Dabei war es keineswegs so, dass Alex Mädchen nicht mochte. Er konnte nur die allgemeine männliche Faszination für den weiblichen Körper nicht nachvollziehen.
Doch Alex traute sich nicht, mit seinen Eltern oder seiner Schwester darüber zu sprechen, von Yanik ganz zu schweigen. Dafür träumte er viel zu oft davon, wie er seiner Familie von seiner Neigung erzählte und immer ging der Traum furchtbar aus.
»ALEEEEX!«
Alex fuhr zusammen. Die durchdringende Stimme seiner älteren Schwester Anita kam aus dem Erdgeschoss und ließ keinen Zweifel daran, dass Alex lieber sofort seinen Hintern nach unten bewegte. Er schlitterte durch den Flur und sprang die Treppe hinunter. Anita kam ihm aus der Küche entgegen. In der Hand hielt sie einen Brief mit einem elitär wirkenden Logo, das Alex nicht genau erkennen konnte. Ihre großen, rehbraunen Augen, die sie beide von ihrer Mutter geerbt hatten, funkelten aufgeregt.
»Die Uni hat geschrieben, dabei war letzte Woche erst Bewerbungsschluss für das Wintersemester«, plapperte sie los. »Ich habe noch gar nicht damit gerechnet, wir haben doch erst Mitte Juli. Bedeutet das etwas Gutes oder etwas Schlechtes? Ich traue mich nicht, den Brief aufzumachen! Was ist, wenn sie mich wieder abgelehnt haben?«
»Ach, gib her!«
Alex schnappte sich kurzerhand den Brief. Anita protestierte schwach und hüpfte nervös von einem Bein aufs andere. Aufreizend langsam öffnete Alex den Umschlag.
»Jetzt mach schon!«, forderte Anita und versuchte vergeblich, ihren Brief zurückzuerobern. Aber Alex brachte ihn außer Reichweite, entfaltete endlich das Papier und überflog die Zeilen. Plötzlich runzelte er die Stirn. Anita hörte auf zu hüpfen und sah ihn entsetzt an.
»Oh nein, bitte nicht«, flehte sie, als könnte Alex noch etwas an dem Geschriebenen ändern. »Bitte lass drei Zusatztests und zwei Jahre Wartezeit nicht umsonst gewesen sein.«
»Sehr geehrte Frau Anita Nikolajew«, begann Alex mit Grabesstimme vorzulesen. »Wir freuen uns, Sie ab dem ersten Oktober als Studentin an unserer medizinischen Fakultät begrüßen zu dürfen!«
»Jaaa!« Anita brach in Freudengeschrei aus und versetzte ihrem Bruder einen Hieb gegen die Schulter. »Du mieser Mistkerl!«, schimpfte sie lachend und fiel ihm um den Hals. Alex tat so, als würde er unter ihrer Umarmung ersticken, doch insgeheim war er