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Shoel - endlich frei!: eine ungewöhnliche Reise
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eBook339 Seiten4 Stunden

Shoel - endlich frei!: eine ungewöhnliche Reise

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Über dieses E-Book

Start in Barcelona, erstes Ziel die Camarqué, hier zwei Monate unter Zigeuner im Wohnmobil leben. Weiterreise die Küsten der Rivera genießen. In Kalabrien eine Zisterne bauen, Aufenthalt 4 Monate. Dann Griechenland, alte Erinnerungen ausgraben. Euböa besuchen der Ort meiner ersten großen Liebe. Zurück nach Italien an der Adria alte Erinnerungen auffrischen. Ravenna einen Malkurs besuchen, Venedig und Jesolo die Orte meiner Jugend besuchen. Weiter über den Gardasee nach Österreich, Schweiz und schlussendlich das Ziel München. Reisedauer 28 Monate u. ca. 50.000 Kilometer.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum3. Mai 2015
ISBN9783738026412
Shoel - endlich frei!: eine ungewöhnliche Reise

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    Buchvorschau

    Shoel - endlich frei! - Michael Geigenberger

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    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

    Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

    http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    2015 Michael Geigenberger

    ISBN:

    Vorwort

    Eigentlich ahnte es Shoel schon seit seiner frühen Jugend, in seinem Blut fließt ein wenig Zigeunerblut, nicht viel, aber genug um seit einiger Zeit die Oberhand über ihn zu gewinnen. Seine Großmutter war eine Roma. Am deutlichsten erkannte Shoel es an seiner Tante. Sie war das Abbild einer echten Zigeunerin. Auch das Leben was sie führte, vor allem, wie sie es führte, glich dem einer rassigen Zigeunerin. Ein chaotisch geführter Haushalt und eine begnadete Künstlerin.

    Ziemlich exakt vor einem Jahr, es war für Shoel ein runder Geburtstag, da beschloss er sein Leben nochmals komplett umzukrempeln. Nicht dass diese Idee neugeboren wurde, oft schon hat Shoel in seinem Freundeskreis darüber geredet eine lange Reise mit einem Wohnmobil unternehmen zu wollen. Eine Bedingung stellte er sich, es wird keine Reise, wie sie in so etlichen Reisebüchern beschrieben wird. Er stellt an sich selbst Bedingungen.

    Wie: Wann immer es sich ergibt, wird er Geld hinzu verdienen, egal, ob es ein Gelegenheitsjob ist oder ob er durch ein gutes Geschäft zu mehr Geld kommt. Des Weiteren möchte er einen Roman schreiben, nicht immer nah an der Wahrheit, aber immer noch real genug um seiner tatsächlichen Reise folgen zu können. Viel weitere Vorsätze gibt es eigentlich nicht, außer vielleicht, dass er auf seiner Reise auf keinen Fall verschlampen will. Immer Gentleman, mit ein bisschen abenteuerlichen Touch, das soll die Devise sein.

    Shoel ist in seinem realen Leben ein seriöser Geschäftsmann, immer gut gekleidet und sein bisheriger Lebensstil hatte auch nichts mit einem Zigeunerleben zu tun, auch wenn seine Devise lautet: „Leben und leben lassen! und „Lieber mal ein Auge zudrücken, als mit dem Finger auf einen Anderen zeigen!

    Shoel war immer selbstständig und seine Kunden, schätzten ihn immer sehr.

    Shoel war in der Welt zuhause. Egal ob Fernost oder Südamerika er wusste immer einen Rat und hatte die notwenigen Kontakte zur Hand. Seine Netzwerke waren gut mit einander verknüpft.

    So beschloss er nun tatsächlich und unumstößlich, für mindestens ein Jahr auf eine Selbstfindungsreise zu gehen. Ein Jahr so zu leben, wie es ihm vorbestimmt, oder wie es die tägliche Situation herausfordert und wenn ein Jahr nicht ausreichend ist, dann können es gut und gerne auch zwei werden.

    Kein wirklich festes Ziel vor Augen, von Tag zu Tag neu zu entscheiden, Aber nun folgen Sie Shoel auf seiner Reise…

    1. Die Abreise

    Es war im Frühjahr als Shoel begann sein Hab und Gut nach nützlichem und unwichtigen zu sortieren. Denn nur was unbedingt zum Überleben notwendig ist, sollte ihn auf seiner Reise begleiten.

    Ein Wohnmobil hat einfach nur einen sehr begrenzten Raum auch wenn man der Versuchung unterliegt, es sich schön zu reden, es hilft nichts, wenn der Schrank im Fahrzeug einfach zu klein ist, dann ist das eben so.

    Selbstverständlich nahm er auch zwei ordentliche Anzüge mit. Gepflegte Hemden, ordentliche Schuhe, sogar sein Golfset kam mit auf die Liste. In der Garage wurden die Dinge zusammen getragen und nach Wichtigkeit sortiert. Natürlich gibt es Dinge, die Vorrang haben, wie zum Beispiel eine Kaffeemaschine oder die Wanderstiefel.

    Immer wieder rief sich Shoel seine Reisen aus seiner Jugendzeit in Erinnerung. Mit einer Vespa nach Venedig und Jesolo, die Adria auf und ab getuckert.

    Auch damals schon galt es, nur wichtige Dinge mit sich zu nehmen. Ein Zelt, Regenhaube und festes Schuhwerk. Mehr war es nicht, was Shoel auf diese Reisen begleitete.

    Er wiederholte dies Touren einige Male. Oft begleiteten ihn Freunde, die sich alleine so eine Reise nicht so zutrauten und lustiger fanden.

    Einen Hauch von Luxus bekamen seine Reisen, als Shoel die Vespa gegen eine Isetta tauschte. Von dem Punkt an, konnte er das Regencape in eine Nische verbannen. Shoel erinnert sich noch gut, als er seine erste Nacht in diesem Fahrzeug verbrachte.

    Zuerst begann es nur leicht zu tröpfeln. Der Scheibenwischer tat seine Aufgabe zuverlässig, aber kurz darauf stieß er an seine Grenzen. So entschloss er sich einen kleinen Parkplatz anzusteuern und eine Pause einzulegen. Immer in der Hoffnung, dass es nur ein kurzer Schauer sein wird. Nur die Wolken am Himmel deuteten anderes an. So suchte er sich seine warme Decke und begann sich gemütlich in seiner Knutschkugel, wie sie in Schwabing genannt wurde, einzurichten und sich hinein zu falten. Bei einer Größe von einsachtzig, kein leichtes Unterfangen. Wirklich gemütlich ist natürlich etwas anderes.

    Es regnete Bindfäden aber er war einfach zu müde um weiterzufahren. Damals im Gegensatz zu heute, hatte Shoel konstant Untergewicht, so war das Falten noch möglich.

    Wäre da nicht die Müdigkeit gewesen die ihn übermannte, ein wirklich fast aussichtsloses Unterfangen. Immer wenn er glaubte, eine erträgliche Haltung gefunden zu haben, spürte er einen kühlen Luftzug.

    Die mitgenommene Decke, war einfach etwas zu kurz, da gab es keinen Zweifel. Nach weiteren zehn Minuten begannen die Fensterscheiben anzulaufen, dann überzogen sich die Fenster mit einem Hauch von Nebel. Die Nacht brach herein und der Sandmann kam Gott sei Dank vorbei. Shoel schlief trotz aller Unbequemlichkeiten tief und fest bis zum nächsten Morgengrauen.

    Es war so gegen halb fünf, als Shoel von einem neugierigen Sonnenstrahl geweckt wurde, der ihn an der Nase kitzelte. Ein starkes Niesen folgte als logische Konsequenz aber dieses Niesen erschütterte das kleine Fahrzeug so sehr, dass Shoel von einer Sekunde zur anderen hellwach war. Fast glaubte er, dass ihn ein Lastwagen gerammt hätte. Die kleine Isetta benötigte Stunden um sich von dieser Erschütterung zu erholen. Sie verweigerte zum ersten Mal das Starten des Motors. Wie sich später herausstellen sollte, war es die Zündkerze, die gereinigt werden wollte.

    Nun aber folgte die eigentliche Schwierigkeit. Ganz langsam musste Shoel sich sortieren. Wo waren seine Beine geblieben? Wo seine Arme?

    Er war sich sicher, dass er in dieser Nacht die Basis für sein späteres Rückenleiden gelegte hatte. Irgendein Wirbel nahm ihm diese Nacht ziemlich übel und dachte sich: „Das werde ich dir noch heimzahlen, du wirst noch an mich denken!"

    Jetzt aber zurück zu seiner Garage und der Gegenwart, der sogenannten „Jetztzeit". Es ist der 26. April. Nun musste er erkennen, dass die wichtigen Dinge in seinem Leben nochmals einer Nachkontrolle unterzogen werden mussten. Denn der Platz in seinem Fahrzeug war trotz der Größe, stark begrenzt.

    Je näher der Abreisetag kam, umso mehr begann er zu überlegen, ob er wirklich das Richtige machen will. Muss er es sich wirklich beweisen, dass er wie ein Zigeuner leben kann, mit einem Minimum an Geld, finanziell stark eingeschränkt?

    Leben in einem Wohnmobil? Zugegeben, im Vergleich zu einer Isetta, ist ein Wohnmobil ein komfortables und geräumiges Apartment.

    Er war sich sicher! Er wollte und will es wissen. Es sollte ein ganz neuer Abschnitt in seinem Leben werden.

    Er durfte nicht lange überlegen oder gar zweifeln, sein Vorhaben würde scheitern. Die Vernunft würde siegen und er würde das Wohnmobil zurückgeben. Aus und vorbei, nichts mit Zigeunerleben!

    Die Abreise hatte aber auch damit zu tun, dass Shoel seinen Spanienaufenthalt beenden oder wenigstens für längere Zeit unterbrechen wollte. Zu sehr hatte er mit der Korruption zu kämpfen.

    Die Willkür treibt dort farbige Blüten und die Farbe hat immer etwas mit Geld zu tun. Wie sagte ein langjähriger Freund: „Wie machst du ein kleines Vermögen in Spanien? Antwort: In dem du mit einem großen Vermögen nach Spanien kommst!"

    Das trifft tatsächlich den Nagel auf den Kopf. In den langen Jahren die Shoel in Spanien lebte, musste er immer wieder erfahren, dass gute Freunde ihr Handtuch warfen.

    Aber zurück auf die bevorstehende Reise. Der in meinem Kalender angekreuzte Tag, der dritte Mai, war ein festgelegtes Datum.

    Die Fähre für die Überfahrt von den Balearen nach Barcelona war gebucht und an diesem Datum sollte auch nicht mehr gerüttelt werden.

    Am ersten Mai begann er sein Fahrzeug zu beladen. Zuerst mal testweise, dann kam die Realität. Einige notwendige Umbauten waren längst abgeschlossen. Nur ein bequemes Bett stand zur Verfügung, dass zweite wurde umgelegt und als Staufläche verwendet.

    Plastik-Container und Koffer wurden verstaut. Die notwendige Essenration und die Getränke fehlten noch. Diese Dinge sollten am letzten Tag an Bord gebracht werden.

    Er vertiefte sich in endloses Kartenmaterial. Barcelona war die Ausgangsbasis, von hier sollte die abenteuerliche Reise beginnen. Zuerst mal nach Norden, immerhin stand ja der Sommer vor der Türe. Eine festgelegte Route gab es aber nicht.

    Es war ein Samstag, als er sich von seinen Freunden verabschiedete. Jetzt gibt es kein Zurück mehr, sagte er zu sich, so als würde er noch etwas Mut brauchen um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen.

    Als Shoel sein Wohnmobil durch die schmale Zufahrt der kleinen Finca lenkte, musste er darauf achten, dass er den breiten Betonpfeiler nicht touchierte.

    Immer noch etwas verunsichert, fährt er auf die nahegelegene Autobahn in Richtung „Port". Zwanzig Minuten, länger war es nicht, als er sich mit seinem Fahrzeug in die Schlange der wartenden Fahrzeuge am Fährhafen einreihte. Noch könnte er umdrehen, seine innere Stimme war sich wirklich nicht sicher, ob sein Vorhaben überhaupt Sinn macht. Es wäre also noch Zeit alle Dinge die wichtig sind durchzugehen. Der Reisepass – im Safe. Das Reservegeld – im Safe. Die zweite Kreditkarte – im Safe. Die Kamera, das Werkzeug, das Handy – in der Fahrzeugsteckdose. Alles da, na dann kann es endgültig losgehen!

    Zwei Stunden später fährt er mit seinem Wohnmobil über eine Rampe, die ihn in den Bauch der Fähre führt eine Einfahrt wie ein großes Walfischmaul. Es verschlingt etliche Lastwagen und als Kleinvieh hunderte von Personenwagen. Leider darf man nicht im Fahrzeug übernachten, aus Sicherheitsgründen, wie der Lademeister erklärt. Nach dem alle Passagiere an Bord sind, genießt Shoel bei einem Rundgang noch den Blick auf seine Insel. Wunderschön…Doch dann bleibt ihm nur der Aufenthaltsraum, in dem ein Sessel an den anderen gereiht ist. In eine flache Position gestellt und schon wird Shoel durch das monotone Motorengeräusch des Fährdiesels ganz von alleine in den Schlaf gebrummt.

    Die Morgensonne und der Blick auf Barcelona, ließen ihn hellwach werden. Barcelona ist übrigens eine gigantische Stadt. Obwohl es erst halb sieben ist, tobt hier schon heftig der Verkehr. Polizeisirenen, Krankenfahrzeuge in Eile um Leben zu retten und etliche Lastwagen mit Kennzeichen aus allen Herren Länder. Das ist Barcelona. Die Stadt des Fluchs, der Liebe und der Kriminalität, ach ja, die Korruption darf man auch hier nicht vergessen. Die gehört zu Barcelona wie der Pfarrer in die Kirche.

    In früheren Jahren versuchte Shoel immer möglichst schnell aus diesem Moloch von Großstadt zu entfliehen. Diesmal folgte er dem Hinweisschild: Carretera Girona. Ganz in Ruhe wollte er sein Vorhaben starten. Eine Pause einlegen, wann immer es sein Gefühl verlangte. Seine Zweifel für diese Reise sind zu diesem Zeitpunkt bereits in weite Ferne gerückt.

    Die Landstraße nach Girona hat Shoel in den Achtzigern schon mal unter seine Räder genommen, es sollte eine Erinnerungstour sein. Das erste Mal, als Shoel schon mal diese Strecke befuhr, war es mit einem schwarzen 54er Export-Käfer, dem Nachfolger seiner heiß geliebten Isetta. Es war das Jahr 1966. Das Schiebedach weit geöffnet und die offenen Seitenfenster sorgten für starken Luftdurchzug. Das Kofferradio auf voller Lautstärke.

    Was es trällerte, daran kann sich Shoel nicht mehr erinnern. Eine kleine Familienpension in Lloret de Mar, das war damals sein Reiseziel.

    Wie Perlen an einer endlosen Schnur reihen sich hier touristische Urlaubsorte wie

    Badalona, Mataro, Pineda de Mar, Lloret de Mar, Sant Feliu, Palafrugell, Roses und viele andere an einander. Es sind alles Orte, die besonders in den Fünfzigern und Sechzigern gerne von deutschen Touristen mit dem eigenen Wagen besucht wurden.

    Es war schon spanisch und trotzdem nicht allzu weit von Deutschland entfernt. Nach Spanien zu fahren, galt seiner Zeit als etwas Besonderes. Es ließ sich in einem Rutsch erreichen. Es klang wie ein Abendteuer, wenn man zum Nachbarn sagte: „Diesmal geht es nach Spanien mit dem eigenen Wagen!"

    Etliche Deutsche erwarben in Spanien Eigentum. So dass sich ihre zukünftigen Reisen ohne großes Reisegepäck bewältigen ließen. Ähnlich sind auch die Urlaubsorte geprägt. Überall erkennt man deutsche Vergangenheit. Sei es eine Würstelbude, sei es eine Strandkneipe. Liest man ein Schild mit dem Hinweis „Pizza" muss es sich nicht unbedingt um einen Italiener handeln. In den Siebzigern fuhr man dann gerne schon etwas weiter in das spanische Land hinein. Man wagte sich nach Süden bis an die Costa del Sol vor. Sonderflüge wurden angeboten und man ließ auch schon mal ein Fahrzeug am Urlaubsort zurück, so dass man sich schon als Insider fühlten durfte.

    Die Kennzeichen der Fahrzeuge deuten ebenfalls auf eine deutsche Invasion hin. Nur die Franzosen, treten hier in noch größeren Mengen auf. Für sie ist es ein Katzensprung. Billiger wie die Coté Azur, aber doch die gleiche wärmende Sonne.

    Nach einer guten Stunde des Fahrens, entschließt sich Shoel einem Wegweiser zu folgen, der auf einen großen Touristenstrand hinweist, nämlich Pineda de Mar.

    Er erinnert sich noch gut, dass er hier mit seinem Fahrzeug fast bis an den Strand heranfahren kann. So ist es dann damals auch tatsächlich passiert.

    Unzählige fliegende Händler haben sich hier auf Touristen eingerichtet.

    Über dem Strand weht ein Duft von gegrilltem Fisch, Fleisch und natürlich auch deutschem Bier, angebranntes Sonnenöl lässt sich ebenfalls deutlich wahrnehmen.

    Es ist der Geruch des Südens, wie es die Urlauber aus allen Herrenländern nennen.

    Shoel sucht sich einen Stellplatz der etwas im Abseits liegt. Vielleicht will er sich ja auch gleich für die kommende Nacht häuslich einrichten. Noch sieht er sich um, hält Ausschau nach einem Verbotsschild, aber er beruhigt sich, nichts deutet auf etwas Verbotenes hin. Das Fahrzeug noch etwas ausgerichtet, so dass er am nächsten Morgen von südlicher Sonne geweckt wird.

    Auf einen Campingplatz will Shoel eigentlich nur im Notfall. Seine Vorgabe ist, dass er sich so oft wie möglich auf öffentliche Stellplätze begibt. Ein Zigeuner kann sich ja einen Campingplatz gar nicht leisten. Shoel hat sich ausgerechnet, dass er sich nur zweimal pro Woche auf einen Campingplatz begibt. Hier kann er Wasser bunkern und das WC und den Abwassertank entleeren. Wäsche muss gewaschen werden und das Fahrzeug sollte jede Woche einer Reinigung unterzogen werden. Shoel hat für dieses Vorgehen extra einen kleinen Staubsauger im Gepäck. Mal sehen, ob er das wirklich so durchziehen kann. Improvisation ist alles, das weiß jeder Freund vom Camping.

    An diesem Abend gesellt sich noch ein weiteres Fahrzeug an seine Seite. Ganz nach dem Motto, „Wenn da schon einer steht, kann es nicht verboten sein!"

    Ein Holländer, wie er unschwer an seinem Kennzeichen zu erkennen ist. Ein betagtes Fahrzeug und die vielen fremdländischen Aufkleber erzählen von einem aufregenden Camperleben. Auch die beiden Personen, sind deutlich gezeichnet. Braungebrannt und faltig sind ihre Gesichter. Die Haare etwas verwegen gen Himmel stehend. Kaum haben sie sich häuslich auf ihrer schmalen Stellfläche eingerichtet, klopft es auch schon an Shoels Fahrzeugtüre.

    Mit einem freundlichen Lächeln, steht der neue Nachbar mit einem Bier in der Hand an Shoels Fahrzeugtüre. Was folgt ist eine herzliche Begrüßung und heftiges Händeschütteln.

    Keine Frage, Shoel kann sich diesem freundlichen Gesicht nicht verschließen. Gerne folgt er der Einladung und steuert einen Teil seines Kühlschrankinhalts zum abendlichen Festschmaus bei. Bis spät in die Nacht wird gelacht, erzählt und ein Bier folgt dem nächsten. Erst als der neue Freund mit seiner Frau eine Schnapsflasche auf den Tisch stellt, meint Shoel, dass er nun in seine Koje muss.

    Einen Blick auf die Uhr, verrät ihm, dass es zwischenzeitlich schon halb zwei ist. Die warme Luft hat sämtliches Zeitgefühl verdrängt. Es ist nun wirklich Zeit, um an der Matratze zu horchen. Auch wenn man an so einem angenehmen Ort, die Nacht zum Tag machen möchte.

    Am nächsten Morgen glaubt Shoel seinen Augen nicht, halb zehn, so lange hat er schon lange nicht mehr geschlafen. Ein Blick aus dem Fahrzeug, verrät ihm, dass seine Nachbarn bereits das Strandleben genießen.

    Anfangs erkennt er nur zwei dicke von Öl triefende nackte Oberkörper. Es kommt ihm fast automatisch ein Bild in den Sinn, das ihn an die Schaufenster seines Metzgers mit der Wurstauslage erinnert. In seinem Kopf folgen Bilder wie, Weißwurst und Schinken. Schnell schließt er seinen Vorhang, will er doch eigentlich an das Frühstück mit frischen Croissants denken.

    In seinem Blickfeld zur Linken erkennt er Campingliegen, ein Grillgerät samt einem passenden Sonnenschirm in hellem Beige, damit ist wohl tatsächlich der diesjährige Sommer eingeläutet.

    Auf diesen Anblick hätte Shoel gerne verzichtet, dachte er doch eigentlich an einen weiten Sandstrand, mit Strandcafé und frischen Baguette, belegt mit Serrano Schinken und einem von weitem heranziehenden Duft eines „Café con leche".

    Seine Enttäuschung über die zwei aufgequollenen Wursthälften in seinem Blickfeld gibt ihm den klaren Hinweis, an diesem Platz nicht ewig zu verweilen.

    Shoel hat den Eindruck, dass seine neu gewonnen Freunde hier für die nächsten Wochen einen festen Standplatz gefunden haben.

    Shoel öffnet seine breite Schiebetüre um die morgendliche Sonne hereinzulassen. Seinen Klapptisch stellt er vor sein Fahrzeug und den Regiestuhl klappt er ebenfalls aus. Beginnt den Tisch zu richten und so sieht er einem traumhaften Tag entgegen.

    Wolkenlos ist der Himmel. Seit einigen Minuten finden sich weitere Camper ein. Es scheint ein beliebter Platz zu sein. Nur mit einem Zigeunerleben hat das alles nichts zu tun, darüber ist sich Shoel im Klaren. Trotzdem wird er noch zwei Tage bleiben, nur so, um sich an sein Schneckenhaus zu gewöhnen.

    Es ist ja doch ein völlig anderes Leben, wie sein bisheriges. Ein wenig improvisiert, oft fehlt das Gewohnte das den Alltag auch erleichtert. Aber es war Shoels Wunsch so zu leben und er wird sich daran gewöhnen, dass man mit dem Wasservorrat sparen muss oder dass man mit dem eingeschalteten Licht im Fahrzeug Innenraum sparsam umgeht um die Batterie zu schonen. Da ist sich Shoel ganz sicher. Für den morgigen Tag wird die Wäsche sortiert und die kurze Sommerhose wird aus dem Koffer gekramt. Ein wenig verknittert ist sie noch, aber das macht nichts.

    Schnell ist die erste Woche vorüber und es hat sich vieles in Shoels Leben verändert. Er hat viel zu viel ausgegeben, er muss ein Haushalsbuch führen, sonst ist er bereits zur Monatshälfte pleite.

    Pro Woche hat er sich vorgenommen, mit hundert Euro auszukommen. Dazu kommt zweimal im Monat ein voller Tank. Mehr ist nicht drin, das ist die Vorgabe für sein Zigeunerleben.

    Mit einem vollen Tank kommt Shoel fast neunhundert Kilometer, das muss doch reichen.

    Morgen wird Shoel seinen Standplatz an der Costa Brava verlassen. Aus drei, sind inzwischen sechs Tage geworden.

    Seit gestern ist ein weiterer Holländer hinzugekommen. Mit dem freundlichen Österreicher, der vorgestern kam, sind wir nun vier Fahrzeuge, die sich die Abende gemeinsam verschönern.

    Es wird viel Bier getrunken, unser österreichischer Neuankömmling bevorzugt Bier mit Korn, was zu späterer Stunde unweigerlich zu Missverständnissen führt.

    Sein Humor ist etwas anstrengend, so dass meine Holländer zur Rechten sich beleidigt fühlen. Martin wollte aber gar nicht beleidigen, wie er meint, er wollte bloß einen unpassenden Witz über die Holländer mit ihren Wohnwagen loswerden. Was natürlich schwer daneben ging.

    Schnell hat Shoel erkannt, dass es Zeit wird das Weite zu suchen. Am letzten Abend erhalten wir dann Besuch von einer Polizeistreife. Die Herren meinen, dass dies hier kein öffentlicher Campingplatz sei. Der befinde sich einen Kilometer weiter, sei übrigens gut ausgeschildert.

    Sie blieben freundlich und mein Holländer zur Linken lud sie auch sofort auf ein kühles Bier ein. Die Beamten ließen sich nieder und es sollte eine gute Stunde dauern, bis sie sich wieder auf den Weg machten.

    Gleich am nächsten Morgen brachte Shoel seine Campingartikel in den Wagen und kündigte seine Weiterreise an.

    „Wohin denn?" wollten natürlich alle neu gewonnen Freunde wissen. Shoel konnte darüber leider keine Auskunft geben, da er es zu diesem Zeitpunkt selbst noch nicht wusste. Neue Freunde sind ja okay, aber dass sie sich seiner Reise anschließen, nein, das wollte er auf keinem Fall riskieren. Sicher findet er neue Freunde an einem anderen Platz.

    2. Reise in die Camarqué

    Die Spanisch Französische Grenze, ist nach einer guten Stunde erreicht. Shoel wollte in die Provence, mit einem Kurzbesuch in der Camarqué.

    Ein Grenzhaus gibt es inzwischen nicht mehr. Der Übergang zwischen den Ländern ist fließend. Nur eine Tafel weist noch darauf hin, dass man sich nun in Frankreich befindet.

    Shoel wirft noch einen kurzen Blick auf die Straßenkarte, aber im Grunde weiß er genau wohin er will.

    Wie gut, dass er noch in Spanien getankt hat, Shoel ist geschockt von den Benzinpreisen die an einer Tankstelle in Frankreich angezeigt werden.

    Montpellier ist bereits die nächste Ausfahrt, hier will Shoel von der Autobahn abfahren. Er befindet sich nun im Gebiet Languedoc-Roussillon. Das Meer ist zum riechen nah. Ohne lange nachzudenken steuert er sein Fahrzeug an einen nahe gelegenen Strand. Die Luft ist deutlich durchsetzt von einem Salzgeruch, kommend von den groß angelegten Salzseen. Salz zu riechen soll ja sehr gesund sein, denkt Shoel. Da gibt es doch in Deutschland Kurorte mit teuer installierten Salinen?

    Ein großer Parkplatz ist angezeigt und so gibt es kein Halten mehr. Wolkenloser Himmel erinnert an den Satz, dass Gott ein Franzose gewesen sein muss. „Wie Gott in Frankreich!" So fühlt sich Shoel, als er sich sein kleines Klapptischchen richtet. Eine Brotzeit ist angesagt. Wie gut, dass sich Shoel an der Grenze noch ein frisches Baguette mitgenommen hat.

    Die Sonne ist so stark, dass er sogar die Markise herausdrehen muss um sich keinen Sonnenstich einzufangen. Vom Baguette bricht er ein breites Stück herunter, tunkt es in sein Kaffeehaferl. Eigentlich ist es ja eher ein Milchhaferl mit einem Schuss Kaffee darin. Genüsslich schlürft er an seinem Gebräu und beißt dann wieder von seinem Brot ab. Nebenbei betrachtet er den Strand an dem sich im Moment nur wenige Menschen tummeln. Noch ist es zu früh, in einer Stunde sieht das hier ganz anders aus. Der Mistral ist heute mild gestimmt, so gibt es sogar Touristen, die sich mit dem noch feuchten Sand des Strandes zu Architekten empor schwingen.

    Shoel hätte richtig Lust auch mal wieder, so wie in seiner Kindheit eine mächtige Sand-Burg zu bauen. Vielleicht morgen früh, wenn noch keine Touristen am Strand sind?

    Ganz in der Nähe muss etwas passiert sein. Shoel beobachtet ein unruhiges Treiben. Zuerst vernahm Shoel nur einen lauten Knall, ähnlich einer Explosion.

    Vielleicht ist eine Gasflasche in die Luft geflogen? Er steht auf, geht um sein Fahrzeug und sieht wie einige Strandbesucher zur nahegelegenen Hauptstraße laufen. Ein Unfall, kein Zweifel! Bevor er nun den anderen folgt, räumt er seine Campingsachen in den Wagen. Einen Blick in das Fach mit dem Verbandskasten, hoffentlich ist er dort wo er hingehört. Shoel verschließt sein Fahrzeug und schließt sich den Neugierigen an. Es sind tatsächlich zwei Fahrzeuge an dem Unfall beteiligt. Eine junge Frau liegt am Straßenrand und Shoel geht zuerst zu ihr, vielleicht kann er ja helfen?

    Tatsächlich kann er helfen. Seine Gedanken kreisen um den Erste-Hilfekurs, den er vor etlichen Jahren besucht hat. Seitenlage, Knie nach vorne ziehen. Arm anwinkeln, alles geschieht wie von Geisterhand. So als würde eine unsichtbare Person ihn leiten.

    Die junge Frau schlägt die Augen auf, blickt ihn an, sie bewegt ihre Lippen, aber ein Ton ist von ihr nicht wahrzunehmen. Sie wird einen Schock haben, denkt Shoel.

    Die Zeit vergeht wie im Sekundentakt. Wann kommt endlich Hilfe, hat überhaupt schon jemand nach einem Krankenwagen und der Polizei gerufen. Shoel überlegt, ob er nicht besser sein Handy holen sollte. Er will aufstehen, aber die verletzte Frau greift nach seiner Hand. Ihr Blick sagt Shoel, dass sie seine Hilfe benötigt. Welche Nationalität wird sie haben, wird er mit ihr sprechen können?

    Dann endlich hört man das Martinshorn eines Polizeifahrzeuges. Es hält dicht bei den verunfallten Fahrzeugen. Ein Beamter tritt an die Seite von Shoel. Er scheint anzunehmen, dass die Frau etwas mit Shoel zu tun hat.

    Er meint, dass ein Krankenwagen gleich eintreffen wird und Shoel solange die Hand der Verletzten halten soll. Das gütige Lächeln eines Beamten beruhigt Shoel. Hat er doch anscheinend alles richtig gemacht.

    Weitere Minuten vergehen, Minuten kommen einem in dieser Situation wie Stunden vor. Aber dann kommt ein Sanitäter an die Seite der verletzten Frau. Shoel will sich zurückziehen, aber die Frau lässt seine Hand nicht los. Krampfhaft versucht sie diese zu halten. Der Sanitäter meint, dass Shoel mit in den Krankenwagen steigen soll. Alle scheinen zu glauben, dass Shoel mit der verletzten Person etwas zu tun hat.

    Wie abwesend geht Shoel neben der Trage her. Hält noch immer die Hand der ihm unbekannten Person. Dann bittet ihn der Sanitäter in den Wagen zu steigen. Shoel überlegt, sollte er nicht besser erklären, dass er die Verletzte gar nicht kennt, dass er nur helfen wollte. Wie wird er zu seinem Fahrzeug zurückkommen?

    Wird es überhaupt noch da sein, wenn er zurück kommt? Die Gegend gilt nicht unbedingt als die Sicherste.

    In dieser einsamen Gegend, könnte es durchaus sein, dass nach Einbruch

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