Redewendungen: Episoden 2007: Redewendungen – Oft verwendet, Ursprung unbekannt?! – EPISODE 63 bis 67 (dünner Wein und feuriges Wasser)
Von Carsten Both
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Über dieses E-Book
– sich dünne machen
– spindeldürr
– dünn wie eine Spindel
– dumm wie Bohnenstroh
– (lang/groß/dünn wie eine) Bohnenstange
– grob wie Bohnenstroh
– verdünnisieren
– dünn gesät
– das Brett/Holz bohren, wo es am dünnsten ist
– dünne bohren
– nicht gern dicke Bretter/hartes Holz bohren
– Dünnbrettbohrer
– Wasser ins Meer/in den Brunnen/Bach/Fluss schütten/tragen
– wässriger Mund
– das Wasser läuft im Mund(e) zusammen
– Wasser auf jemandes Mühle sein/gießen/leiten
– Das ist Wasser auf seine Mühle!
– alle Wasser auf seine Mühle leiten/richten
– Wasser in ein Sieb/mit einem Sieb schöpfen/tragen
– Schlag ins Wasser
– Bis dahin fließt noch viel Wasser den Berg/Bach hinunter/hinab
– dem Wasser seinen Lauf lassen
– Das Wasser muss seinen Lauf haben!
– Alle Wasser fließen ins Meer
– in vino veritas
– Wasser in den Wein gießen
– reinen/klaren Wein einschenken
– heimlich Wein trinken und öffentlich Wasser predigen
– Wasser predigen und Wein trinken
– etwas in/im Alkohol ertränken
– Der Wein erfreut des Menschen Herz
– Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang
– sich in Wichs schmeißen/werfen
– aufgewichst
– (das/es ist) alles eine Wichse
– jemandem eine wichsen
– die Fresse polieren
– einen Schlag kriegen/bekommen
– eine gewichst bekommen/kriegen
– einen Schlag mit der Wichsbürste weghaben
– einen Hau/Hieb mit der Wichsbürste (bekommen) haben
– Geld verwichsen
– Vollwichs
– in vollem Wichs
– das Kriegsbeil ausgraben
– in voller Kriegsbemalung
– das Kriegsbeil begraben
– die Friedenspfeife rauchen
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Buchvorschau
Redewendungen - Carsten Both
Episode 63
Schön dünn
Dies wird keine Anleitung, Adipositas loszuwerden. Wer sich von (der Gottheit) der Verfettung befreien möchte, sich wortwörtlich dünne machen will, der sollte einfach nach dem bekannten Rezept operieren: Weniger fressen, mehr bewegen!, dann klappt’s auch mit dem Strich in der Landschaft [siehe Episode 41]. Dabei muss wirklich niemand spindeldürr sein – außer Kindfrau will Topmodel werden, dann ist unbedingte Karrierevoraussetzung, dünn wie eine Spindel zu sein und dumm wie Bohnenstroh. Zur Belohnung darf das magere Frischfleisch – solange es mager und frisch ist – aufgedonnert [siehe Episode 58] wie eine Kreuzung aus Pfingstochse und Palmesel [vgl. Episode 57] auf dem Steg vor den Beschauern rumstöckelt. Aus dieser Dünn-doof-Kombination scheint die Idee entsprungen zu sein, eine hagere, hochgewachsene Person abwertend als Bohnenstange zu bezeichnen; die nuttigen Stöckelschuhe verstärken dabei noch den Eindruck, dass die knochige Vorführdame lang/groß/dünn wie eine Bohnenstange ist.
Die nützliche Stange stützt in der botanischen Praxis emporrankende Hülsenfrüchtler und Schmetterlingsblütler. Insbesondere die kletternde Varietät der giftigen Gartenbohne (Phaseolus vulgaris) mit ihrem windenden Stängel wird an (Bohnen-)Stangen gezogen und vermutlich deshalb Stangenbohne genannt.
Seit wann genau lange Bohnenstangen sprachlich alternativ verwendet werden, liegt im Dunkeln. Da die Spanier erst im 16. Jahrhundert die Gartenbohne von ihren Raubzügen aus Amerika mitbrachten, kann diese Betitelung für kränkelnde Hagere – zumindest in Europa – erst anschließend entstanden sein. Dass in der gleichberechtigten Neuzeit nicht nur Mädchen eine hässliche Bohnenstange sein können, zeigt der schweizerische Schriftsteller Heinrich Federer (1866-1928) in „Spitzbube über Spitzbube" (1921) eindrucksvoll: „Er war lang und steif wie eine Bohnenstange, an der ein gelbes, müdes, häßliches Gesichtlein mit breiter Nase und verschwollenem Munde wie eine kranke Frucht hing. Das Haar klebte in langen, feuchten Fetzen um Stirne und Ohren."
Dieser unschöne Spross wäre sicherlich obendrein für das Bohnenstroh-Gleichnis brauchbar. Der tatsächlich saudumme Vergleich der Geisteskraft von Bohnenstroh und Mensch ist seit dem 19. Jh. bekannt; das wertlose Stroh stammt von der Saubohne, eine Ackerbohne (Vicia faba), die ferner unter den Namen (Erfurter) Puffbohne, Dicke Bohne, Feldbohne, Große Bohne und Pferdebohne bekannt ist. Die Redewendung hat sich aus der älteren Beanstandung „grob wie Bohnenstroh" entwickelt, die als Komparation „gröber denn das ponstro" in einem Gedicht von Hans Sachs (1494-1576) aus dem Jahr 1558 belegt ist. Die Charakterisierung als „bohnenstrohgrob", die auf einen rohen, ungebildeten Menschen schließen lässt, basiert auf der Schlafstellenunterlage armer Leute, die noch nicht einmal aus richtigem Stroh, sondern nur aus einer Anhäufung getrockneter Saubohnenranken bestand. Materielle Armut wirkte sich schon damals direkt auf die geistigen Fähigkeiten aus: wer herkunftsmäßig arm war, konnte notgedrungen und gottgewollt nicht der Gebildetste sein und wurde bedenkenlos (für) so dumm wie seine Bohnenstroh-Matratze gehalten – ein rustikales Bildungsideal, das in Form von Privat- und Konfessionsschulen, Nachhilfeunterricht und gebührenpflichtigen (Elite-)Universitäten im 21. Jh. wieder auflebt. „In dieser Welt voll von Präkordialangst, Grobheit, Ungeschlachtheit und Bohnenstroh" muss man, wie schon Wilhelm Raabe (1831-1910) in „Der Lar" (1889) formulierte, „im Nothfall so grob wie Bohnenstroh sein!" Und schon im Kindergarten wird der Kapitalistenbrut (in Englisch) beigebracht, dass nicht nur am Bildungsmarkt dieser Notfall chronisch ist.
Jedoch sollte die Herkunft der Redewendung sogar Eliteschüler und -studenten nachdenklich machen, solange es noch geht! Beim übertriebenen Befolgen des rechten Bildungsleitbilds kann es nämlich zu einer schlagenden Verbindungen zwischen der Grobheit – die im kapitalistischen Überlebenskampf unabdingbar ist – und der Dummheit – die im kapitalistischen Überlebenskampf interessanterweise nicht schadet – kommen, wie es der deutsche Dampfflug-Ingenieur und Schriftsteller Max Eyth (1836-1906) in „Der Kampf um die Cheopspyramide" (1902) beschreibt: „Hubbe hieß