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Auferstanden aus Ruinen
Auferstanden aus Ruinen
Auferstanden aus Ruinen
eBook306 Seiten3 Stunden

Auferstanden aus Ruinen

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Über dieses E-Book

Er kommt in die Hauptstadt an die Universität und beginnt sein Studium. Die Literatur wird sein Leben. Und dieses Mädchen. Wird sie bei ihm bleiben? Er ist sich sicher. Aber kann er sich sicher sein? Und dann steht er das erste Mal vor seinen Schülern. Er will ihnen das geben, was er lernen musste. Sich mühsam erarbeiten musste. Sie sollen es mitnehmen in ihr Leben. Und dann wird alles zerschlagen. Nichts bleibt ihm.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum26. Okt. 2017
ISBN9783742771698
Auferstanden aus Ruinen

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    Buchvorschau

    Auferstanden aus Ruinen - Florian Lettre

    Florian Lettre

    Auferstanden aus Ruinen

    1.

    Wunderbar war diese Nacht gewesen. In dieser riesigen Halle. Er war noch nie dort gewesen. Er war mit der S-Bahn hingefahren. Die Straße war dunkel und schmal. Und dann in einiger Entfernung dieses große Gebäude. Hell erleuchtet. Mehrere große Türen. Eine geöffnet. Eine Schlange von Menschen. Junge Menschen. Junge Männer und Mädchen. Er stellte sich in die Reihe. Er war unruhig. Er fühlte sch nicht wohl Er hatte keine Karte. Langsam kam er voran. Dann links ein junger Mann mit dunkelblauem Hemd und gelbem Strahlenkranz am Oberarm. Alle hatten eine Karte. Florian stand vor ihm. Er drehte sich zur Seite und rief etwas zu einem anderen jungen Mann mit dunkelblauem Hemd. Florian war vorbei. Er war drinnen. Er verschwand hinter den jungen Menschen. Nur nicht auffallen. Zur Garderobe. Wo war die? Drüben an der Seite. Er gab seinen Mantel ab. Ein dünner Mantel. Es war Frühling. War es April, war es Mai gewesen? Er wusste es nicht mehr. Er ging im Strom der jungen Leute. Die jungen Männer im Anzug oder mit Jeans und Pullover, die Mädchen in bunten Kleidern oder mit Rock und Bluse. Die Augen leuchteten. Nicht bei allen, aber bei den meisten. Eine große Tür. Musik klang heraus. Ein riesiger Saal. In der Mitte Parkett. Leeres Parkett. Am Rand Tische. Viele junge Leute. Am anderen Ende ein Podium. Das Orchester. Trompeten, Saxophone, Klarinetten, ein Schlagzeug. Ein Dirigent.

    Florian ging nach rechts. Die Stühle besetzt. Alle. Die Musik flutete durch den Raum. Es gefiel ihm, wenn Musik begann und von einem Raum Besitz ergriff. Junge Männer standen auf und liefen zu den Mädchen. Pärchen standen auf. Alle gingen zur Mitte zum Parkett. Die Ersten begannen zu tanzen. Immer mehr tanzten. Die Mitte war jetzt voller Menschen. Von dem Parkett war nichts mehr zu sehen. Die Tische am Rande waren jetzt leer. Die Stühle auch. Florian setzte sich. Er sah sich um. Er war fast allein. Ein Mädchen? Eine Frau? Würde es gelingen? Das Ende der Einsamkeit. Ein anderes Leben. Freude im Leben. Ein Schein von Glück. Er sah sich um. Viele leere Stühle. Dort drüben zwei Mädchen. Freundinnen. Gerade erst gekommen. Normale Mädchen. Nicht hübsch, nicht hässlich, normal. Wie Mädchen so aussehen in dem Alter. Siebzehn oder achtzehn. Oder jünger oder älter. Er stand auf und ging näher. Er forderte das eine Mädchen auf. Ohne ihn anzusehen stand das Mädchen auf und ging mit ihm zur Tanzfläche. Es legte seine linke Hand auf seine Schulter und seine rechte Hand fasste seine linke Hand. Florians rechter Arm fasste um die Taille des Mädchens. Sie machten ein paar vorsichtige Schritte.

    „Foxtrott?" fragte Florian unsicher. Das Mädchen sah ihn an. Zum ersten Mal. Es hatte einen klaren offenen Blick. Es lachte.

    „Foxtrott ist nie ganz falsch." Es hatte einen bestimmenden Ton. Sie kamen jetzt ganz gut zurecht. Florian drückte das Mädchen enger an sich. Sie probierten einige Drehungen. Das Mädchen tanzte leicht und locker.

    „Eine riesige Halle. Ich war noch nie hier."

    „Ich auch nicht."

    „Gehen sie oft tanzen?"

    „Bei uns zu Hause ist am Wochenende Tanz. Im Kulturhaus."

    „Wo ist das?"

    „In Grünau."

    „Das ist weit draußen."

    „Mit der S-Bahn ist das nicht so weit."

    Es war jetzt eng auf der Tanzfläche. Es war kaum Platz für eine Drehung. Sie machten nur kurze Schritte. Florian entschuldigte sich, als sie andere Tanzende anstießen. Oder angestoßen wurden.

    „Das war nicht unsere Schuld", sagte das Mädchen.

    „Es ist eben eng."

    2.

    Der Tanz war zu Ende. Sie gingen zusammen zu dem Stuhl, auf dem das Mädchen gesessen hatte. Florian bedankte sich. Das Mädchen lächelte. Nicht sehr, aber etwas. Auf dem anderen Stuhl saß das andere Mädchen. Es hatte nicht getanzt. Florian ging mehrere Schritte weg. Das Orchester machte eine Pause. Er sah zu den beiden Mädchen. Das Mädchen mit dem er getanzt hatte gefiel ihm jetzt besser. Es hatte ein regelmäßigeres Gesicht. Sein Haar war dunkelblonder. Dadurch waren auch die Augenbrauen dunkler. Es war etwas in den Augen, das Florian gefiel. Die Musik begann wieder. Florian ging auf die beiden Mädchen zu. Er forderte das andere Mädchen auf. Die beiden waren Freundinnen. Es war besser mit beiden gut zu stehen.

    „Hat meine Freundin sie gebeten mit mir zu tanzen?"

    „Nein. Wie kommen sie darauf? Sie sehen sehr gut aus. So wie ihre Freundin. Jeder tanzt gern mit ihnen." Sie schwiegen eine Weile. Dann sagte Florian:

    „Was machen sie beide? Arbeiten sie zusammen?"

    „Wir sind Krankenschwestern. Wir arbeiten in Grünau im Krankenhaus. Auf verschiedenen

    Stationen."

    „Kennen sie sich schon lange?"

    „Wir sind zusammen zur Schule gegangen."

    „Zanken sie sich nie?"

    „Manchmal fliegen die Fetzen. Aber nicht oft. Was machen sie?"

    „Ich studiere."

    „Was studieren sie?"

    „Germanistik."

    „Dann wollen sie Deutschlehrer werden."

    „Vielleicht. Ich würde auch gern in einem Verlag arbeiten. Aber das dauert noch."

    „Sie lesen viele Bücher."

    „Ja. Sie auch?"

    „Wir haben jeden Tag Dienst. Da hat man nicht viel Lust zum Lesen." Das Mädchen hatte nicht den bestimmenden Ton ihrer Freundin. Es hatte aschblondes Haar. Das Gesicht war nicht so regelmäßig. Die Musik war zu Ende. Sie gingen zu den beiden Stühlen. Beide waren leer. Florian sah das andere Mädchen, das ihm besser gefiel, mit einem jungen Mann zusammen stehen. Sie unterhielten sich. Das Mädchen strahlte den jungen Mann an. Er sah gut aus. Florian sah für sich keine Chance. Er war nicht gutaussehend. Er war blass und rotblond. Er konnte sich nicht leiden. Mädchen mochten gutaussehende junge Männer. Das war sein Schicksal. Seine Mutter war auch rotblond und blass.

    Florian wartete darauf, dass die Musik wieder begann. Er tanzte wieder mit dem Mädchen, das ihm nicht so gefiel. Er drückte das Mädchen enger an sich. Das Mädchen legte seinen Kopf auf seine Schulter. Sie tanzten gut zusammen. Sie gingen zu einer Bar am Rande der Halle. Florian kaufte etwas zu trinken.

    „Hallo", sagte das Mädchen und winkte zu ihrer Freundin, die mit dem gutaussehenden jungen Mann in der Nähe stand.

    „Hallo, geht es dir gut?" rief die Freundin.

    „Gut", sagte das Mädchen. Die beiden Mädchen gingen aufeinander zu und sprachen zusammen. Florian konnte nicht verstehen, was sie sprachen. Dann war das Mädchen wieder bei ihm.

    „Wir wollen zusammen mit einem Taxi nach Hause fahren."

    „Jetzt gleich?"

    „Nein. In der Nacht."

    „Ich wollte sie nach Hause bringen." Das Mädchen sah ihn an.

    „Das müssen sie nicht."

    „Ich würde sie gern nach Hause bringen."

    „Grünau ist weit."

    „Für sie ist nichts zu weit." Das Mädchen näherte sich Florians Mund und berührte ihn mit ihrem Mund. Es war ein kurzer flüchtiger Kuss. Florian war gerührt. Er drückte das Mädchen an sich und küsste es. Seine Lippen waren geöffnet und bald öffneten sich auch die Lippen des Mädchens.

    „Jetzt müssen wir du sagen."

    „Ich heiße Angelika."

    „Florian."

    „Florian, der Hühnerdieb."

    „Genau der."

    Sie tanzten die ganze Nacht. Sie ließen kaum einen Tanz aus. Sie tanzten immer enger zusammen. Das Mädchen wohnte mit ihrer Freundin im Schwesternwohnheim. Sie hatten in dem Krankenhaus ihre Ausbildung gemacht. Sie kamen beide aus einem kleinen Ort im Harz.

    Nach Mitternacht endete die Musik. Die Musiker packten ihre Instrumente ein. Die Tanzfläche war jetzt nicht mehr so voll gewesen. Das Tanzen war leichter gewesen. Sie gingen zur Garderobe und das Mädchen gab Florian ihre Marke. Er sah zum ersten Mal ihren Mantel, den er noch oft sehen sollte. Und das bunte Tuch, das er auch noch oft sehen sollte. Sie waren jetzt vier junge Leute. Die beiden Mädchen und der gutaussehende junge Mann und Florian. Sie fanden vor der Halle ein Taxi. Sie saßen zu dritt hinten und der gutaussehende junge Mann saß neben dem Taxifahrer. Sie fuhren durch die schlafende Stadt. Es dauerte einige Zeit bis sie in Grünau vor dem Schwesternwohnheim angekommen waren. Das Taxi fuhr davon. Die beiden Paare küssten sich und gingen auseinander. Florian ging mit dem jungen Mann zur nächsten S-Bahn. Es dämmerte schon etwas als er vor dem Haus stand, in dem er ein Zimmer hatte. Nur ab und zu ging jemand an ihm vorbei. Florian ging die Treppen hinauf. Er ging leise. Er wollte niemand stören um diese Zeit. Vorsichtig öffnete er die Wohnungstür und ging in sein Zimmer. Heute hatte er keine Vorlesungen. Er zog sich aus und legte sich auf sein Bett. Das Betttuch war angenehm. Er wurde müde. Bevor er einschlief dachte er an den vergangenen Abend. Es war ein schöner Abend gewesen. Er hatte dieses Mädchen kennen gelernt. Es hieß Angelika. Sie hatten sich geküsst. Sie konnten sich leiden. Er war sich sicher. Sie hatten sich verabredet für das nächste Wochenende. Sie würden zusammen bleiben. Er würde nicht mehr allein sein. Die Einsamkeit hatte ein Ende.

    3.

    Florian erwachte erst gegen Mittag. Er war noch müde, aber er fühlte sich gut. Immer wieder waren die Bilder des vergangenen Abends da. Die riesige Halle, die Trompeten und Saxophone mit ihrer Musik, das Mädchen, das Taxi, die S-Bahn. Es klopfte. Die Wirtin brachte ihm einen kleinen Teller mit einem Brötchen mit Käse und etwas Kaffee. Die Wirtin war immer freundlich. Er wusste nicht, warum sie ihn mochte. Er sprach gern mit der Frau, die allein in der Wohnung war.

    Er zog sich an und sah aus dem Fenster. Unten auf der Straße gingen Leute. Es war Sonntagnachmittag. Auf der Straße fuhren nur wenige Autos. Es war keine wichtige Straße. Er dachte an den nächsten Tag. Er hatte ein Referat zu halten. Es war noch nicht ganz fertig. Er musste es fertig machen. Er hatte noch Zeit bis zum Abend. Er legte sich wieder auf sein Bett und schlief ein. Als er erwachte fing es schon an zu dämmern. Er suchte sich das Referat und die Bücher und kam gut voran. Als er das Referat beendet hatte, ging er es nochmals durch ohne den Text vor sich zu haben. Er wollte sein Referat frei halten. Das machte er immer so. Er fand das besser als einen Text abzulesen. Er konnte das. Nicht alle Studenten konnten das. Er hatte das schon in der Schule so gemacht.

    Am Abend verließ er die Wohnung, in der er jetzt allein gewesen war. Er ging die Straße entlang und bog dann um die Ecke in eine andere Straße. In beiden Straßen standen Kastanien am Rand der Fahrbahn. Er öffnete die Tür der Gaststätte und ging hinein. Die meisten Tische waren besetzt. Viele Stimmen. Männliche und weibliche. Er ging durch den ersten Raum in den zweiten Raum, der sich dahinter befand. Hier waren einige Tische frei. An einem Tisch saß ein junger Mann. Florian begrüßte ihn und setzte sich.

    „Hast du schon bestellt?"

    „Ich habe auf dich gewartet."

    „Ein großes Bier wie immer?"

    „Wie immer." Nach einiger Zeit kam der Kellner und sie bestellten ihr Bier. Sie saßen sich gegenüber. Ein Lächeln war in ihren Gesichtern. Es dauerte nur kurz.

    „Wie war die Woche?"

    „Nichts Besonderes. Es geht um den Plan. Wir müssen ihn erfüllen."

    „Werdet ihr ihn erfüllen?"

    „Wir brauchen die Prämie."

    „Machen alle mit?"

    „Alle brauchen die Prämie. Dieter und Fritz haben Probleme. Ihre Maschine ist oft kaputt."

    „Dafür können sie nichts."

    „Ich weiß nicht. Sie könnten vorsichtiger sein."

    „Was sagen die anderen dazu?"

    „Sie lassen sie schon merken, was sie erwarten."

    „Und der Leiter?"

    „Der auch."

    „Wie ist das Klima in eurer Brigade?"

    „Wir verstehen uns gut. Freitags gehen wir zusammen ein Bier trinken."

    „Hast du das Ersatzteil bekommen von dem du mir erzählt hast?"

    „Es dauerte etwas. Aber dann ist es gekommen. Es war auch das Richtige."

    „Vor einer Woche hast du dir Sorgen gemacht."

    „Das habe ich. Wie läuft es bei dir?"

    „Ich habe morgen ein Referat."

    „Bist du aufgeregt?"

    „Ich rege mich nicht mehr auf."

    „Worüber sprichst du?"

    „Über die Minnesänger und ihr Verhältnis zu den Bauern."

    „Sehr interessant." Florian wusste, dass sein Freund das nicht interessant fand.

    Sie sprachen noch über andere Sachen. Nach dem dritten Bier verabschiedeten sie sich und gingen auseinander. Der Freund ging zur U-Bahn und Florian in die Wohnung. Die Wirtin war jetzt da. Er erzählte ihr von dem Mädchen, das er kennen gelernt hatte. Die Wirtin meinte, er solle sein Studium nicht vernachlässigen.

    5.

    Florian dachte immer wieder an den kommenden Sonnabend. Schließlich war es soweit. Er machte sich fertig und ging zur S-Bahn-Station. Es war ein sonniger Nachmittag, der zu Ende ging. Er fuhr gern mit der S-Bahn. Er beobachtete die anderen Menschen und dachte über sie nach. Die Fahrt nach Grünau dauerte einige Zeit. Er musste zweimal umsteigen. Dann stand er wieder auf der Straße, auf der er eine Woche zuvor gestanden hatte. Damals war es dunkel und nur von den Straßenlaternen etwas erhellt. Jetzt war alles in helles Licht getaucht. Er war sich etwas unsicher, in welche Richtung er gehen musste. Sie hatten sich vor dem Schwesternheim verabredet. Ein Schild zeigte in Richtung Krankenhaus. Das musste richtig sein. Er ging los. Es war eine Straße mit alten Linden. Er konnte sich nicht genau an die Bäume erinnern. Das Krankenhaus war dann auf der rechten Seite. Es war ein roter Klinkerbau. Florian stand vor einer eisernen Tür und wusste nicht, was er tun sollte. Dann ging er durch die Tür und folgte einem Pfeil zum Pförtner. Der gab ihm einen Wink. Er stand jetzt hinter dem Haus inmitten von alten Bäumen auf einem Weg, der sich verzweigte. Das Schwesternheim sollte ein Neubau sein. Er sah am Ende des einen Weges einen Neubau und ging in diese Richtung. Es war das Schwesternheim. Wieder stand er da und wusste nicht, was er tun sollte. Er kannte den Namen des Mädchens nicht. Er fand ein Schild mit Namen und Klingelknöpfen. Angelika kam zweimal vor. Er stand da und war unschlüssig. Er drückte einen Knopf. Er hörte eine Stimme. „Ich komme". Die Tür öffnete sich. Das Mädchen stand vor ihm. Es sah jetzt anders aus. Es hatte kein Kleid an wie in der Nacht in der großen Halle, als sie zusammen getanzt hatten. Es hatte Rock und Bluse an. Die aschblonden Haare bildeten einen Pferdeschwanz.

    „Hallo", sagte das Mädchen.

    „Hallo, sagte Florian. „Es war nicht einfach, dich zu finden. In der Nacht sah alles anders aus. Das Mädchen lachte.

    „Komm herein. Ich zeige dir mein Zimmer." Sie gingen mehrere Treppen hinauf und durch einen Gang. An den Türen Schilder mit Namen. Das Mädchen blieb vor einer Tür stehen. Auf dem Schild stand Angelika N.

    „Du heißt N."

    „Ja. so heiße ich. Und du?"

    „L."

    „Florian L."

    „Ja."

    „So lernt man sich kennen."

    Florian sah jetzt einen Tisch und ein Bett und einen Schrank. An der Wand mehrere Bilder. Vor dem Fenster ein Topf mit Blumen. Auf dem Tisch eine bunte Decke. Hier wohnte ein Mädchen. In seinem Zimmer sah es anders aus. Keine Blumen, keine Bilder. Florian sah jetzt auch ein Regal an der Wand mit Büchern. Fachbücher für Schwestern.

    „Schön hast du es hier."

    „Mir gefällt es. Wir müssen nicht viel bezahlen."

    „Wohnt deine Freundin nebenan?"

    „Sie wohnt drei Zimmer weiter. Gefällt sie dir besser als ich?" Das Mädchen sah ihn spöttisch an.

    „Du bist die Schönste." Florian wusste, dass das nicht stimmte. Er sagte gern Sachen, die übertrieben waren. Es machte ihm nichts aus. Das Mädchen kam auf ihn zu und küsste ihn auf den Mund wie in der Nacht als er gesagt hatte, er würde sie gern nach Hause bringen. Florian zog das Mädchen an sich und strich über die Bluse. Das Mädchen drehte sich zur Seite.

    „Komm mit." Sie gingen auf den Gang und zu einer anderen Tür. Das Mädchen klopfte. Ihre Freundin stand in der Tür.

    „Kommt herein."

    Das Zimmer war dem anderen, in dem sie gerade gewesen waren, sehr ähnlich. Die Bilder waren anders. Auf dem Fensterbrett stand eine Vase mit Blumen. Auf dem Tisch war gedeckt. Vier Gedecke und in der Mitte ein Gefäß mit rotem Wein und eine Schale mit Salat und ein Korb mit Brot.

    „Setzt euch", sagte das Mädchen, das Angelikas Freundin war. Sie setzten sich. Das Mädchen brachte eine Schale mit Wurst und Käse.

    „Lasst es euch schmecken." Florian wunderte sich, dass ein viertes Gedeck da war. Es dauerte einige Zeit bis es klingelte. Die Freundin ging zur Tür.

    „Der Freund kommt noch", sagte Angelika.

    „Der vom letzten Sonnabend?"

    „Ja, der."

    „Der Gutaussehende." Das Mädchen sah Florian an und lächelte.

    „Findest du?"

    „Ja, sehr gutaussehend."

    Die Tür ging auf und der junge Mann, den Florian schon kannte, stand im Zimmer. Sie begrüßten sich und setzten sich an den Tisch und setzten das Abendbrot zu viert fort. Florian hatte Angst, weniger Eindruck zu machen als der junge Mann. Es zeigte sich, dass der junge Mann ein ruhiger junger Mann war, der von seinem guten Aussehen kein großes Aufheben machte. Er arbeitete in einem technischen Beruf. Florian verstand nicht genau, was er machte.

    Der Wein lockerte die Stimmung, und bald schienen sich alle wohl zu fühlen. Wie immer versuchte Florian, das Gespräch auf ernsthafte Themen zu lenken. Er versuchte das, weil er sich nicht so leichthin unterhalten konnte, wie das manche konnten. Er war als Kind meist allein gewesen und hatte es nicht gelernt, in einer Gruppe seinen Platz zu finden. Er wollte auch mehr erfahren über die beiden Mädchen. Diese waren jedoch nicht bereit über sich zu erzählen.

    Es war schon dunkel als Angelika ihren Arm um Florians Schulter legte.

    „Wir werden die beiden allein lassen. Sie nickte ihrer Freundin zu. „Vielen Dank für das Abendbrot. Du hast das großartig gemacht. Ich könnte das nicht so.

    Sie verabschiedeten sich und standen auf dem Gang. Florian wusste nicht, ob er jetzt gehen sollte. Das Mädchen öffnete die Tür seines Zimmers und stand vor Florian. Es sah ihn ernst an und machte eine Bewegung. Er sollte hereinkommen. Das Mädchen setzte sich auf das Bett, das wohl ein Sofa war. Florian setzte sich daneben. Er legte seinen Arm um das Mädchen und drückte es an sich. Er suchte den Mund des Mädchens und sie begannen sich zu küssen. Ihre Zungen begegneten sich immer mehr. Florian strich über die Bluse des Mädchens. Er suchte die Brüste. Er war sich unsicher, wie weit er gehen konnte. Er versuchte einen Knopf der Bluse zu öffnen. Es war nicht so einfach. Er kannte das.

    Das Mädchen öffnete die Bluse. Der weiße Büstenhalter war zu sehen. Das Mädchen griff nach hinten. Florian liebte diese Geste, wenn ein Mädchen nach hinten griff, um den Büstenhalter zu öffnen. Die Brüste glitten heraus. Florian zog Jacke und Hemd aus. Es gefiel ihm nicht, dass er so dünn war. Er fühlte den Körper des Mädchens an seinem Körper. In diesem Moment war das Glück in ihm. Es war nicht oft in ihm. Jetzt war es da. Er näherte seine Hand dem Rock des Mädchens.

    „Du musst jetzt gehen. Männer dürfen hier nicht über Nacht bleiben." Florian war erleichtert, dass das Mädchen ein Ende gemacht hatte. Er wollte das nicht, aber er war trotzdem erleichtert. Sie zogen sich beide an und gingen nach unten. Sie gingen zusammen unter den Bäumen entlang bis zu dem eisernen Tor.

    „Wann sehen wir uns wieder?" sagte Florian.

    „Diese Woche habe ich Nachtdienst. Bis Sonntagabend."

    „In zwei Wochen?"

    „Ja. Wieder am Sonnabend." Sie winkten beide, bevor Florian an einer Biegung der Straße verschwand. Langsam ging er unter den alten Linden zurück zum S-Bahnhof. Die Bilder des Abends ließen ihn nicht los. So froh war er lange nicht gewesen.

    6.

    Florian traf sich wieder mit seinem Freund. Dieses Mal stand schon ein Bier für ihn bereit.

    „Wie war die Woche?"

    „Alles in Ordnung. Der Sozialismus geht seinen Gang."

    „Arbeitest du gern in diesem Betrieb?"

    „Ich bin jetzt drei Jahre in diesem Betrieb. Ich bin zufrieden."

    „Und deine Kollegen?"

    „Die meisten sind auch zufrieden. Einige sind unzufrieden."

    „Redet ihr darüber?"

    „Nicht mit den Genossen. Wir anderen reden über alles."

    „Wollen welche in den Westen?"

    „Einige sind weggegangen in den letzten Jahren. Ausreiseantrag."

    „Sehen alle Westfernsehen?"

    „Natürlich."

    „Du auch?"

    „Nicht oft. Die haben selten eine interessante Sendung."

    „Gefällt dir unser Fernsehen besser?"

    „Manches."

    „Meinst du, dass der Sozialismus siegt?"

    „Was heißt siegen? Wir müssen froh sein, wenn wir nicht untergehen." Florian sah seinen Freund ungläubig an.

    „Wir können nicht untergehen", sagte er. „Da müsste schon die Sowjetunion untergehen. Und das ist

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