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Rachezeit
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eBook166 Seiten2 Stunden

Rachezeit

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Über dieses E-Book

Der angesehene Anwalt Lukas Kröger wird in seinem eigenen Haus ermordet. Nackt und an einen Stuhl gefesselt wird er von seiner Schwester aufgefunden.
Gibt das Lied "Die Blumen blühen nicht mehr" von Brunner und Brunner, das immer wieder laut zu hören ist, Hinweise auf die Täterin?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum7. Jan. 2014
ISBN9783847667926
Rachezeit

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    Buchvorschau

    Rachezeit - Geneviére Paris

    Prolog

    Das junge Mädchen sah sich noch ein letztes Mal in dem winzigen Zimmer um. Es befand sich nicht einmal mehr das kleinste Teil darin, das von ihrem bisherigen Leben zeugte. Es war fast so, als hätte sie nie hier gelebt. Sie wischte sich die Tränen der Verzweiflung von dem schmalen Gesicht. Ihre langen hellbraunen Haare hatte sie zu einem ordentlichen Zopf geflochten. Dann schulterte sie die schwarze Reisetasche, deren Inhalt ihr gesamter Besitz war. Einen letzten Blick ließ sie über das schmale Bett huschen. Auf dem dünnen Kopfkissen lag ein Umschlag. Darin war ein Brief, der ihre Abschiedsworte enthielt. Viel hatte sie ihrer Pflegefamilie jedoch nicht mitzuteilen. Sie öffnete nun die Tür ihres ehemaligen Zimmers und horchte in die Stille, die sich über die restliche Wohnung gelegt hatte. Schnell lief sie durch den Flur und die Treppen hinunter. So verließ sie den Ort, an dem sie vierzehn ihrer fünfzehn Lebensjahre verbracht hatte, ohne sich auch nur ein einziges Mal umzudrehen.

    An der Straßenecke wartete ein grauer Fiat auf sie.

    „Hi Süße!" Der Fahrer, ein Mann von Mitte dreißig, öffnete ihr die Beifahrertür und nahm ihr die Tasche ab, um sie auf den Rücksitz zu werfen. Das Mädchen rutschte auf den Sitz und ließ sich von ihm küssen, bevor sie sich anschnallte.

    „Lass uns bloß von hier verschwinden!" flüsterte sie dann. Der Mann lachte und startete den Wagen. Während der Fahrt sprachen die Beiden kein Wort. Erst, als er vor einem hübschen Einfamilienhaus parkte, wisperte sie ein fast tonloses

    „Danke, dass ich bei dir wohnen darf. Sonst hätte ich gar nicht gewusst, wohin ich gehen könnte!" Leise lachte er und nahm ihre schwere Reisetasche. Beim Betreten des Hauses legte er ihr seinen muskulösen Arm besitzergreifend um die schmalen Schultern. Dann fiel die Tür hinter ihnen in das Schloss.

    1 Jahr später

    Zitternd stand sie in der Mitte des Raumes. Der letzte Kunde war eben erst gegangen. Ihr Körper schmerzte noch von seinen Schlägen. Ihre Haare hingen ihr strähnig in das Gesicht, das von den Tränen, die sie so häufig vergoss, ganz verquollen war. Dunkle Schatten lagen unter den Augen. Nun öffnete sich die Tür erneut.

    „Komm her!" Die einst so zärtliche Stimme hatte einen herrischen Klang angenommen. Wieder einmal fragte sie sich, wie ihr Leben verlaufen wäre, wenn sie bei ihren Pflegeeltern geblieben wäre. Sie vermisste sogar deren leiblichen Sohn, der sie oft mit Streichen gequält hatte. Und obwohl sie es eigentlich nicht wollte, befolgte sie den Befehl, denn er würde sie sonst holen. Was das bedeutete hatte die erst sechzehnjährige auf schmerzhafte Weise lernen müssen. Viele Narben an ihrem schmächtigen Körper zeugten davon, was dieser Mann, und viele weitere, ihr täglich an tat. Er legte eine Hand in ihren Nacken und küsste sie.

    „Oh meine Süße! Es war eine sehr gute Idee von dir, zu mir zu ziehen. Du bist halt meine Beste!" Sie schluckte ihre Tränen hinunter und ließ zu, dass er sie auf das Bett drückte. Wie erstarrt lag sie unter ihm und wünschte sich den Mut, sich endlich gegen diesen Mann wehren zu können.

    1. Kapitel

    Das erste, was Tanja Braun auffiel, als sie das Einfamilienhaus betrat, war die laute Musik. Erst dann nahm die junge Kommissarin alle anderen Eindrücke in sich auf: Porzellanscherben, die von einer hinuntergefallenen Vase stammten, Wasser, das sich durch diese Scherben schlängelte, zertrampelte Blumen, die in der Vase gewesen sein mussten. Langsam ging sie durch den Flur in das Wohnzimmer. Dort sah es kaum besser aus. Einige Möbelstücke waren umgeworfen. Bücher von den Regalen gerissen und zu Boden geworfen worden und dann war da noch der metallische Geruch von Blut, der das alles zu dominieren schien. Sie starrte auf die nackte Leiche eines Mannes, der an einen Stuhl gefesselt war. Ihm war die Kehle durchgeschnitten worden und ein blutiges Messer lag in der Nähe auf dem Boden. Tanja schluckte.

    „Die erste Leiche?" Eine nicht unfreundliche Stimme riss sie aus der Betrachtung des Mannes. Erschrocken drehte sie sich um. Der Arzt, der nun näher trat, reichte ihr die Hand, bevor er Handschuhe überstreifte. Die junge Frau nickte.

    „Ja! Ich bin Tanja Braun und seit genau dreieinhalb Minuten Mitglied der Mordkommission."

    „Und dann direkt solch ein unschöner Anblick. Tut mir echt leid!"

    „Ich wollte doch unbedingt zur Mordkommission, also ist es schon okay. Was ist denn das für ein Lied?"

    „Brunner und Brunner, Das Lied heißt: Die Blumen blühen nicht mehr. Es geht darin um Kindesmissbrauch. Eigentlich um Kinderprostitution." Ein Mann, der fast doppelt so alt war, wie die gerade erst sechsundzwanzig jährige trat auf sie zu.

    „Hallo Tanja, es tut mir leid, dass ich dich an deinem ersten Tag direkt zu einem Tatort gerufen habe, doch es ging leider nicht anders."

    „Ich wollte es doch nicht anders. Meinst du wirklich, dass das hier etwas mit Kindesmissbrauch zu tun hat? Wer war denn das Opfer?"

    „Lukas Kröger. Er war siebenunddreißig Jahre alt und Anwalt. Seine Schwester hat ihn gefunden." Er wies auf eine junge Frau, die an dem Panoramafenster saß, das fast die gesamte Wand, der Tür gegenüber, in Anspruch nahm. Tanja ging auf sie zu.

    „Guten Morgen! Mein Name ist Tanja Braun. Ich würde Ihnen gerne ein paar Fragen stellen, wenn Sie sich dazu in der Lage fühlen." Die Frau nickte. Sie war blass und hatte dunkle Schatten unter den Augen, so dass ihre Haut fast grau wirkte.

    „Maike Kröger. Lukas ist, war mein großer Bruder. Er war zwölf Jahre älter als ich. Aber könnten wir bitte von hier weggehen? Ich fühle mich nicht sehr wohl, über Lukas zu sprechen, während seine Leiche dort liegt." Jan Hoppe, der Kommissariatsleiter nickte.

    „Wir können ins Präsidium fahren, wenn es Ihnen lieber ist."

    „Ja bitte! Dürfte ich aber mit meinem eigenen Wagen fahren?"

    „Wenn Sie sich dazu in der Lage fühlen, natürlich. Tanja, bist du mit deinem eigenen Wagen hier, oder willst du mit mir mitfahren?"

    „Ich fahre mit dir mit!" Sie gingen hinter Maike Kröger her, die in einen grünen Passat stieg, der auf der anderen Straßenseite geparkt war. Dahinter stand ein verbeulter VW-Bus, der aussah, als wäre er älter, als die Kommissarin. Und genau zu diesem Wagen ging Hoppe.

    „Na komm! Das ist mein Wagen. Ich bin nicht dazu gekommen, mir einen Wagen aus dem Fuhrpark zu holen. Aber du brauchst keine Angst zu haben, der fällt schon nicht auseinander." Seine neue Kollegin warf einen letzten skeptischen Blick auf das Fahrzeug, stieg jedoch kommentarlos ein.

    „Erzählst du mir mal bitte die Fakten des Falles?" Tanja betrachtete ihren neuen Chef, der ihr bereits am Tag zuvor, als sie sich bei ihm vorgestellt hatte, das 'du' angeboten hatte, von der Seite.

    „Das würde ich ja tun, doch ich habe dir bereits alles gesagt, was ich weiß. Kröger ist seit fast fünf Stunden tot. Meinte jedenfalls unser Gerichtsmediziner, Doktor Hansson. Und der irrt sich selten. Genaueres kann er jedoch erst nach der Obduktion sagen. Und die Todesursache war ja relativ offensichtlich."

    „Aber was sollen wir von der ganzen Sache halten? Die Musik, dass Kröger sich hat fesseln lassen, auf den ersten Blick wies er keine Abwehrverletzungen auf, was bedeuten würde, dass es um ein einvernehmliches Fesseln ging. Doch da sprechen die Kampfspuren doch gegen."

    „Bestimmt kann uns die Spurensicherung mehr sagen, sobald sie mit dem Haus fertig sind. Oder seine Schwester weiß mehr."

    „Sie wirkt sehr gefasst."

    „Das ist vielleicht der Schock. Und dann muss ich mich wohl für den Einstieg entschuldigen. Normalerweise bin ich dagegen Frischlinge direkt am ersten Tag zu einem Tatort zu rufen. Aber wir sind derzeit so unterbesetzt. Wir sind derzeit nur fünfzehn Leute für zwölf Fälle. Gleich lernst du auch das Team kennen, was ich für diesen Fall zusammengestellt habe. Dieses Team besteht aus vier Personen. Nein, fünf mit dir."

    „Es ist schon okay, dass ich heute schon an einen Tatort musste. Das musste doch früher oder später sein, da ich mir diese Arbeit ausgesucht habe. Ich wollte doch unbedingt zur Mordkommission. Und Lukas Kröger war halt meine erste Leiche. Das wird bestimmt noch mit der Zeit. Dich scheint es nicht zu belasten."

    „Ich bin ja auch schon seit zwanzig Jahren bei der Mordkommission. Davor war ich drei Jahre bei der Sitte. Das fand ich manchmal schlimmer, als mir die ganzen Leichen anzusehen."

    „Ich weiß. Ich habe es ja auch nur ein halbes Jahr bei der Sitte ausgehalten. Besonders die missbrauchten Kinder gingen mir zu sehr an die Nieren. Oft hatte ich sogar Albträume."

    „Die Mordkommission ist da in vieler Hinsicht besser. Normalerweise haben wir es eher selten mit missbrauchten Kindern zu tun. Es sei denn, dass Kinder durch diesen Missbrauch zu Tode kommen. Das kommt ja leider zurzeit immer häufiger vor. Die Menschen sind so brutal geworden. Und einige so ignorant."

    „Was war das eigentlich für ein Lied? Zwar hast du es mir gesagt, doch ich konnte den Text nicht verstehen."

    „Das ist kein Problem, wenn du dir die CD anhören willst, kannst du das nachher in meinem Büro tun. Ich habe sie dort nämlich liegen." Mit diesen Worten bog er auf den Parkplatz des Polizeipräsidiums ein.

    Maike Kröger parkte direkt neben ihnen. Nun fuhren sie mit dem Fahrstuhl hoch in den dritten Stock. Jan Hoppe führte sie in sein Büro. Zwei voll gestellte Schreibtische standen dort. Er setzte sich an den einen und bot Maike Kröger den Stuhl an, der davor stand. Wie selbstverständlich setzte Tanja Braun sich an den anderen Schreibtisch.

    „Nun Frau Kröger, erzählen Sie uns doch bitte etwas über ihren Bruder. Wer könnte einen Grund gehabt haben, ihn zu ermorden?"

    „Mein Bruder ist, nein, war muss ich ja jetzt sagen, zwölf Jahre älter als ich. Ich war elf, als unsere Eltern starben. Wir erbten das Haus und Lukas hat mich aufgezogen. Mit neunzehn bin ich nach Göttingen gezogen, um dort zu studieren. Seitdem hatten wir nicht mehr viel Kontakt. Wir waren wohl zu unterschiedlich. Erst vor fünf Wochen bin ich zurückgekommen. Ich habe hier einen Job bekommen."

    „Ich habe immer angenommen, dass der Tod der Eltern Geschwister enger zusammenschweißt. Warum war das bei Ihnen und Ihrem Bruder nicht so?"

    „Vielleicht hätte der Tod unserer Eltern uns einander angenähert, doch Lukas war mitten im Jurastudium und da störte ihn seine pubertierende Schwester schon sehr. Außerdem war der Altersunterschied wohl auch zu groß. Er war eher mein Vormund, statt mein Bruder."

    „Hatte Ihr Bruder irgendwelche Feinde?"

    „Ich weiß es wirklich nicht. Wenn er sich nicht sehr geändert hat, war er sehr ehrgeizig. Um seine Ziele zu erreichen, ging er über Leichen. Das habe ich damals gesehen. Und als Anwalt macht man sich doch bestimmt Feinde. Außerdem erwartet er immer zu viel von anderen. Das machte mir die damalige Situation auch nicht leichter."

    „Und wie sah sein Privatleben aus? Hatte er beispielsweise eine Freundin?" Tanja, die bisher still zugehört hatte, beugte sich etwas vor und fixierte Maike Kröger. Diese schüttelte den Kopf.

    „Soweit ich weiß, hatte er keine Freundin."

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