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Kahlensee I: Blutige Ouvertüre
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Kahlensee I: Blutige Ouvertüre
eBook166 Seiten2 Stunden

Kahlensee I: Blutige Ouvertüre

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Über dieses E-Book

Ein brutaler Ritualmord erschüttert die kleine Gemeinde Kahlensee. Auf dem verfallenen Gelände einer ehemaligen Nervenheilanstalt wird eine grausam verstümmelte Männerleiche gefunden. Kriminalhauptkommissar Ingo Steeger, gerade mit seiner schwangeren Frau nach Kahlensee gezogen, wird mit den Ermittlungen betraut. Als eine weitere Leiche auf dem Klinikgelände auftaucht, ahnt Steeger, dass er und sein Team Teil eines perfiden Katz-und-Maus-Spiels sind – denn die Geister der Vergangenheit fordern ihren blutigen Tribut.

Auftakt zur Serie um den etwas anderen Ermittler Ingo Steeger und dessen Team.
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum19. März 2022
ISBN9783962824204
Kahlensee I: Blutige Ouvertüre

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    Buchvorschau

    Kahlensee I - Sven Morscheck

    Kapitel 1

    Persönliche Notizen:  Mutter ist die Beste

    „Ich hasse das Schreiben.

    Aber mein Therapeut meint, es würde mir helfen, mich meinen Dämonen zu stellen. Als ob ich nicht ganz genau wüsste, was mich zu dem gemacht hat, was ich heute bin. Warum ich das tu, was ich tue, tun muss.

    Also schreibe ich. Denn eines ist sicher, solange ich das Spiel mitspiele, bekomme ich meine gelben Rezepte. Ich weiß nicht, zu was ich noch fähig wäre, gäbe es nicht diese kleinen chemischen Helfer aus der Apotheke.

    Morphin.

    Ich liebe das Gefühl, wenn die Substanz in meinem Blut an flutet; meine geschundene Seele mit einem seligen Schleier benetzt. Natürlich habe ich mir einen Therapeuten außerhalb von Kahlensee gesucht. Das würde doch sofort die Runde machen. Mein Ruf wäre schneller ruiniert, als ich bis drei zählen könnte. Er sagt, er kennt unsere Stadt, habe sogar irgendeine familiäre Bindung dorthin. Ich höre ihm kaum zu, warte nur auf seine unleserliche Unterschrift auf diesem gelben Stück Papier. Bei jeder Sitzung fragt er mich, wann ich ihm meine Notizen zeige. Er wird sie sehen. Aber dann habe ich die Geister der Vergangenheit längst besiegt. Eine Vergangenheit, von der ich heute weiß, dass sie an Grausamkeit nicht zu überbieten war. 

    An manches kann ich mich erinnern. An vieles will ich mich nicht erinnern.

    Aber an Johanna.

    Meine Johanna.

    Sie war die einzige, die mir in diesem Meer aus Angst, Hass und Schmerz die Hand gereicht hat; sie war mein Rettungsring. Vielleicht hätte es damals tatsächlich Rettung für mich geben können. Doch man kann seinem Schicksal nicht entgehen. Schon gar nicht als Tochter von Frau Professor Gertrud Mehrkant.

    Nicht wieder in den Keller Mami, bitte...

    Ich zittere am ganzen Körper. Ängstlich sehe ich nach oben und blicke in zwei liebevolle Augen. Johanna. Seit gut einem Jahr kümmerte sie sich um mich, wenn meine Mutter keine Zeit hat. Wie sehr ich mich doch nach der Aufmerksamkeit meiner Mutter sehne. Aber da ist nichts. Keine Zuneigung, keine gemeinsam verbrachte Zeit, keine Liebe.

    Gertrud Mehrkant leitet als hoch dekorierte Psychologin eine der renommiertesten Nervenheilanstalten für Männer. Die Klinik genießt einen exzellenten Ruf. Aus ganz Deutschland kommen die Patienten. Manisch Depressive, verurteilte Triebtäter, Selbstmordgefährdete. Sie alle suchen Hilfe im Haus der Hoffnung.

    Doch das einzige, was sie finden werden, ist der Tod. Er wird qualvoll sein und erniedrigend. Die Anzahl der Todesfälle in der Klinik übersteigt den Durchschnitt um ein Vielfaches. Dem gegenüber stehen allerdings auch die beachtlichen Therapieerfolge, die im Haus der Hoffnung erzielt werden.

    Das Haus der Hoffnung.

    Das Gebäude selbst entstand Mitte der vierziger Jahre. Um seine Geschichte ranken sich zahllose Legenden, die die Bewohner des rund 20.000 Seelen Ortes Kahlensee von Generation zu Generation weitergeben.

    Am Ortsrand, in einem kleinen Wald gelegen, stand die Klinik über Jahrzehnte leer. Bis Mutter das Grundstück günstig von der Gemeinde erwerben konnte. Die Aussicht auf eine Irrenanstalt machte den Bürgern Angst. Doch der Verkauf erwies sich als echter Glücksgriff. Viele Menschen fanden Arbeit in der Klinik. In der Küche, als Wachpersonal, als Betreuer für die Patienten. Die Sicherheitsvorkehrungen waren vorbildlich und Frau Professor Mehrkant zeigte sich als große Gönnerin der Gemeinde.

    So fand auch Johanna Schwitalla eine Anstellung als Kindermädchen in der Klinik. Sofort hatte sie mich ins Herz geschlossen. Mir ging es mit ihr nicht anders. Endlich war da jemand, mit dem ich spielen konnte, der mich in den Arm nahm und tröstete, der mich lieb hatte. Johanna.

    Wenn ich mit Johanna zusammen war, vergaß ich die Kälte meiner Mutter. Einer Mutter, der ich nichts recht machen konnte. Ganz gleich, wie viel Mühe ich mir mit dem selbst gemalten Bild gegeben hatte. Egal, wie still ich bei Tisch saß, obwohl ich Mutter so gerne berichtet hätte, was ich den Tag über erlebt hatte. Oder ihr morgens von den Träumen der vergangenen Nacht erzählt hätte. Von den Alpträumen. Doch jetzt war da Johanna. Wir beide genossen die gemeinsame Zeit, während sich Mutter immer mehr zurückzog. Immer öfter verbrachte sie die Nächte in den weitläufigen Kellerräumen der Klinik. Johanna traute sich nicht, sie nach dem Warum zu fragen. Wichtiger war ihr, für ihre Kleine da zu sein. Für mich. Mir vor dem Schlafengehen eine Geschichte vorzulesen. Mich mit Liebe zuzudecken, bis ich eingeschlafen war.

    All das erscheint mir in diesem Moment so unendlich weit entfernt.

    „Komm mein Mäuschen, wir wollen doch die Mami nicht verärgern", höre ich Johanna sagen. Langsam löse ich mich aus ihrer Umarmung, streichele zärtlich den runden Bauch der Schwangeren.

    „Aber du bleibst bei mir?"

    Johanna lächelt. „Natürlich, Liebes."

    Mutter hat inzwischen die schwere Kellertür erreicht. Johanna unternimmt einen letzten Versuch. „Vielleicht wäre es wirklich besser, die Kleine heute nicht mitzunehmen? Sie war den ganzen Tag schon so unruhig."

    Mutter drehte sich um, fixiert Johanna mit ihren kalten, alles durchdringenden Augen.

    „Sie muss begreifen, wie wichtig meine Arbeit ist. Und nun tue bitte nicht so, als wäre es das erste Mal, dass Sie uns begleitet. Muss ich dich daran erinnern, zu was diese Bestien fähig sind?"

    Johanna schweigt, nimmt mich bei der Hand. So folgen wir Mutter in den Schlund der Hölle.

    Kapitel 2

    „Wie schön, dass Sie bald Mutter werden. Wann ist es denn soweit?"

    Astrid Masterson schlug gekonnt die Beine übereinander, um die Laufmasche in ihrer sündhaft teuren Strumpfhose zu verbergen. Als Bürgermeisterin von Kahlensee hatte sie es sich nicht nehmen lassen, dem neuen Dienststellenleiter der kleinen Polizeistation einen Antrittsbesuch abzustatten.

    Wie viele junge Familien hatten sich auch Ingo und Nele Steeger im Neubaugebiet von Kahlensee niedergelassen. Die moderne Doppelhaushälfte lag am Ende einer Siedlung, so dass Astrid die letzten Meter vom Parkplatz über einen unausgebauten Sandweg zu Fuß zurück legen musste. Dass ihre Designer Pumps dabei keine große Hilfe waren und sie kurz vor dem Ziel doch noch zu Fall brachten, versuchte sie nun durch eine verkrampfte Sitzhaltung zu kaschieren. Nele Steeger freute sich sichtlich über den Besuch der attraktiven Mittvierzigerin. Bei Kaffee und Kuchen plauderten die beiden Frauen über die Vor- und Nachteile des Landlebens.

    Kriminalhauptkommissar Ingo Steeger hatte als einer der jüngsten Dezernatsleiter eine beachtliche Karriere bei der Hamburger Kripo gemacht. Steeger war ein sympathischer Typ. Optisch eher unauffällig. Ruhig, besonnen. Und genau das war seine große Stärke. Man neigte dazu, den Dreiundvierzigjährigen zu unterschätzen. Und er konnte Menschen für sich einnehmen. Schon nach kürzester Zeit erzählten ihm Wildfremde intimste Details aus ihrem Leben. Und Steeger hörte zu. Geduldig, abwartend. Lauernd. Unter seinen Kollegen galt er als Schreibtischtäter. Aber eben auch als brillanter Fallanalytiker. Er besaß die Gabe, sich in die dunkelsten Ecken der menschlichen Seele hineinzuversetzen.   

    Bis auf seinen letzten Fall, als es selbst ihm nicht gelungen war, eine der brutalsten Mordserien Hamburgs aufzuklären. Einen Serienkiller zu fassen, dessen Vorgehensweise so simpel, wie perfide war. Der Täter lauerte alleinstehenden Männern in deren Wohnungen auf. Überwältigte sie. Entfernte seinen Opfern unter großer Präzision die Hoden. Während sich das Blut auf dem Fußboden zu einem See der Zerstörung ausbreitete, steckte er den Männern ihre eigenen Testikel in den Mund. Der Erstickungskampf dauerte nur wenige Minuten. Zu viel Blut galt es zu schlucken. Und zu sperrig waren die Pflaumen großen Fremdkörper im Hals. Als die Polizei die Männer Tage später aufgrund eines anonymen Anrufs fand, bot sich den eintreffenden Beamten ein Fresko der Zerstörung.

    Sieben Männer waren dem Killer bereits zum Opfer gefallen, so dass Steegers Vorgesetzte keine andere Wahl hatten, als ihm den Fall zu entziehen. Man stellte ihm frei in die zweite Reihe zu treten und seinem ehemaligen Ausbilder und Mentor, KHK Ansgar Raabe, zu assistieren.

    Von Raabe hatte er alle Tricks und Kniffe gelernt, die nicht in den Lehrbüchern standen. Raabe hatte sofort Steegers großes Talent erkannt. Ein Rohdiamant, den er nur allzu gerne zu schleifen bereit war. Während seiner Ausbildung kam es Ingo oftmals so vor, als würde es ihm Raabe besonders schwer machen.

    Dabei war genau das die Methode des kantigen Ausbilders, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Steeger biss sich durch und absolvierte die Ausbildung als Jahrgangsbester.

    Aber Steeger entschied sich dagegen an der Seite Raabes weiter nach dem perversen Serienkiller zu jagen. Es waren jedoch keine Kompetenzrangeleien, die ihn davon abhielten. Dafür war er viel zu uneitel. Vielmehr war es Nele, die ihm offenbarte, dass sie nun bald zu dritt sein würden. An einem Donnerstagmorgen kam seine Frau aus dem Badezimmer. Ingo  sah sofort, dass etwas nicht stimmte. Zu vertraut waren sie einander. Zu tief die gegenseitige Liebe. Familie und Freunde wunderten sich, dass sie auch nach Jahren immer noch so wirkten, wie Frischverliebte. Auch die fünfzehn Jahre Altersunterschied störte die beiden nicht.

    Ingo traf Nele, die damals als Erzieherin in einem Hamburger Kindergarten arbeitete, im Rahmen einer Ermittlung. Das Kind eines Juwelierehepaars vom Jungfernstieg war entführt worden. Er befragte Nele und ihre Kolleginnen, während sich sein Team um das Umfeld des Ehepaars kümmerte. Binnen vierundzwanzig Stunden hatte Steeger den kleinen Jungen gefunden. Die Lösegeldübergabe war so stümperhaft geplant, dass er und seine Leute kein Problem mit der Situation hatten. Zudem hatte Steeger im Zuge der Befragungen eine von Neles Kolleginnen als potentielle Mittäterin ausgemacht. Ein vager Verdacht zunächst, der sich aber nach dem Zugriff bestätigen sollte.

    Schon nach ihrem ersten privaten Treffen bestand für beide kein Zweifel mehr. Als sie ihm dann den positiven Schwangerschaftstest unter die Nase hielt, konnte Ingo sein Glück kaum fassen. Sein Entschluss, um Versetzung zu bitten, traf im Präsidium auf absolutes Unverständnis. Es war ihm egal. Jetzt zählte einzig und allein seine kleine Familie.

    Man bot ihm die Position des Dienststellenleiters von Kahlensee an. Der bisherige Revierleiter ging in Pension. Als Kriminalhauptkommissar mehr als überqualifiziert, zögerte Steeger jedoch keine Sekunde und sagte zu. Der neue Job auf dem Land würde ihm mehr Zeit für die Familie lassen. Mehr Zeit, um seinen Sohn aufwachsen zu sehen. Mehr Zeit mit Nele, die er mehr liebte, als sein eigenes Leben. 

    „Achter Monat", strahlte Nele und streichelte ihren Bauch.

    „Und Ihr Mann? Ich hatte gehofft, ihn ebenfalls persönlich willkommen heißen zu können." Astrid Masterson nippte leicht pikiert an ihrem Kaffee.

    „Ingo ist draußen. Er sagte, er wolle noch etwas im Garten machen. Aber ich weiß natürlich, dass er heimlich hinter dem Carport raucht." Nele Steeger zwinkerte und legte einen Zeigefinger auf die Lippen. Die Frauen lachten.

    „Was ist denn hier so lustig?" Wie aufs Stichwort kam Ingo Steeger herein. Er küsste seine Frau zärtlich auf die Stirn, streichelte

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