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Zweimal sieben Leben
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eBook176 Seiten2 Stunden

Zweimal sieben Leben

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Über dieses E-Book

Die Portugiesin Dina Lobas beschreibt ihre Kindheit in Angola, ihre Jugend in Portugal und ihr Leben als Erwachsene in Deutschland. Nach einer glücklichen Kinderzeit, die abrupt endet, fällt sie in eine tiefe Depression. Erst im Erwachsenenalter findet sie ihr Gleichgewicht wieder. Dann tritt eine Katze in ihr Leben und begleitet sie zweiundzwanzig Jahre lang.
Der Leser folgt Dina Lobas und ihrer Katze Belushi durch sieben Leben, wobei die stolze Siamkatze auch selbst zu Wort kommt.
Dieses Buch zeigt das bewegte Leben einer Frau, die in unterschiedlichen Welten zu Hause war, und es gewährt dem Leser Einblicke in das Leben einer besonderen Katze.
Nicht nur Katzenliebhabern eröffnen sich damit interessante Perspektiven auf kätzisches und menschliches Dasein.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum10. Juli 2013
ISBN9783732214198
Zweimal sieben Leben
Autor

Dina Lobas

Dina Lobas wurde 1962 in Porto geboren. Ihre Kindheit verbrachte sie in Angola. Seit 1988 lebt sie in Deutschland. Ausgebildet als Grundschullehrerin, hat sie verschiedene Theaterstücke für Kinder geschrieben und mit ihnen aufgeführt. "Teatrinho da Marioneta" wurde im Jahr 2004 in Portugal als illustriertes Kinderbuch veröffentlicht. "Im Wald geht's voll ab!" erschien 2011 in Deutschland in der Anthologie "Vorhang auf, die Kinder kommen". Ebenfalls in Deutschland wurde 2012 "Grillo und Zippi" in der Anthologie "Sprechende Tierwelt" veröffentlicht.

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    Buchvorschau

    Zweimal sieben Leben - Dina Lobas

    Danksagung

    I

    ANGOLA

    DIE KINDHEIT

    Die Herkunftsfamilie

    Meine Mutter war eine schöne Frau, etwa einen Meter siebzig groß, mit runden weiblichen Formen, lockigen dunklen Haaren, grünbraunen, kleinen, ausdrucksvollen Augen und gut geformten, aber eher schmalen Lippen. In der Öffentlichkeit gab sie sich immer fröhlich. Kaum aber drehte sie anderen Leuten den Rücken zu, setzte sie eine ernsthafte Miene auf und kehrte in das unterwürfige Leben einer Hausfrau zurück. Wenn sie in Gesellschaft war, lachte und tanzte sie ausgelassen. Ihr Mann war kein guter Tänzer. Sie tanzte daher meist mit uns Kindern oder mit Frauen aus der Nachbarschaft, wenn es in der Nähe eine Tanzparty bei den Bombeiros, der Feuerwehr, gab.

    Auf den ersten Blick hatte meine Mutter immer ein offenes Ohr und freundliche Worte für die Nachbarschaft, doch hinterher sagte sie zu uns Kindern:

    „Das sind aber komische Leute! Denen können wir nicht trauen. Die sind nicht gut für uns. Haltet euch fern von ihnen!"

    Ihren linken Mittelfinger hatte sie als junge Frau bei der Arbeit an einer Webmaschine verloren. Mit vierzehn begann sie zu arbeiten, mit achtzehn verlor sie ihren Finger, ging aber trotzdem weiter arbeiten.

    Sie kam aus einer Familie mit sieben Kindern, sechs Mädchen und einem Jungen, in der nur der Vater einer Arbeit nachging. Ihre Mutter, Emília, kümmerte sich um die Kinder und den Haushalt. Meine Mutter war die jüngste Tochter. Ihre Mutter war bereits dreiundfünfzig, als sie das letzte Kind zur Welt brachte.

    Der Vater meiner Mutter hieß Manuel und war in einer Schlosserei tätig.

    Eines heißen Sommertages fiel sein Arbeitgeber in ein Brunnenloch hinter der Werkstatt, als er Wasser trinken wollte. Nicht jeder Haushalt oder jeder Betrieb hatte zu dieser Zeit bereits Leitungswasser. Es war üblich, sich das Wasser aus einem Brunnen zu holen. Das Brunnenloch dieses Betriebs war sehr moderig.

    Die rundherum gemauerten Steine waren verwittert, am Granit haftete das Moos und zwischen den Spalten hausten Eidechsen. Ein verrosteter Eimer mit einem dicken Seil am Henkel lag umgekippt an der Seite.

    Der Chef von Manuel nahm den Eimer und warf ihn in das tiefe Loch. Als er den Eimer voller Wasser hochzog, rutschte er aus, verlor das Gleichgewicht und fiel in das Brunnenloch. Manuel war in der Nähe und hörte seine Hilferufe. Als er angerannt kam und feststellte, was geschehen war, hielt er Ausschau nach einem langen Gegenstand, um den Verunglückten herauszuholen. Unweit des Brunnens lag ein dickes Seil. In Windeseile warf er das Seil hinunter. Sein Chef klammerte sich daran fest. Andere Mitarbeiter kamen und halfen bei der Rettung. Ein Krankenwagen wurde gerufen.

    Überanstrengt, nach Luft schnappend und vor Schreck zitternd, kam der Chef aus dem Brunnenloch heraus und wurde rasch ins Krankenhaus gebracht. Er hat es überlebt.

    Durch die Anstrengung bei der Rettung seines Chefs zog sich Manuel einen Leistenbruch zu. Immerhin überstieg sein Alter zu diesem Zeitpunkt bereits das fünfzigste Lebensjahr. Er konnte danach nicht wieder arbeiten, sodass ihm von dem Mann, den er gerettet hatte, gekündigt wurde. Von da an musste er betteln gehen, um überleben zu können.

    Von diesem Zeitpunkt an geriet sein Leben aus den Fugen. Nach dem täglichen Betteln betrank er sich in den Kneipen auf dem Weg nach Hause.

    Aus Enttäuschung beschimpfte ihn seine Frau immer wieder:

    „Du Versager! Was habe ich Gott angetan, um so einen Mann zu bekommen? Du stinkst erbärmlich!

    Bist du etwa schon wieder besoffen?

    Dann kannst du alleine schlafen. Du bist nicht mehr der Mann, den ich geheiratet habe." Dabei zog sie eine verbitterte, verschlossene Miene, die ihrem Mann keine Chance zur Rechtfertigung ließ.

    Seine Kinder hingegen erlebten mit ihm viele glücklicher Momente.

    In angetrunkenem Zustand holte er gerne seine Gitarre heraus, sang und spielte portugiesische Volkslieder, bis er schließlich auf dem Stuhl einnickte. Die Kinder sangen mit ihm, tanzten und klatschten dazu in die Hände.

    Eines Abends kam Manuel nicht nach Hause. Alle suchten nach ihm.

    Die Aufregung war groß. Spät in der Nacht gaben sie die Suche auf. Am Morgen danach, wie an jedem anderen Morgen, kam die Milchfrau vorbei und erzählte beiläufig:

    „Ich habe den Senhor Manuel gesehen.

    Er schlief am Straßenrand, gegenüber der Kneipe vom Magalhães."

    Die zwei ältesten Kinder rannten dort hin und schleppten ihn nach Hause. Er befand sich in einem geistig abwesenden Zustand und konnte kaum ein Wort sprechen.

    Der Arzt wurde bestellt. Seine ranzige Ledertasche in der Hand, den fetten Bauch vor sich herschiebend, trat er zur Tür herein. Nachdem er Manuel untersucht und ihm eine Spritze gegeben hatte, erklärte er:

    „Der alte Mann hat einen Herzinfarkt erlitten, schon mitten in der Nacht.

    Es ist zu viel Zeit vergangen. Ich kann nichts mehr für ihn tun. Guten Tag noch."

    Der schmierige Arzt schob sich hinaus und ließ die erschrockene Emília mit ihren sieben Kindern ohne jede weitere Bemerkung zurück.

    Vierundzwanzig Stunden später starb Manuel, ohne noch ein Wort gesprochen zu haben. Meine Mutter war zu diesem Zeitpunkt sechs Jahre alt.

    Noch zu seinen Lebzeiten hatte Emília ihrem Mann verkündet:

    „Wenn du mal stirbst, möchte ich noch zehn Jahre weiterleben. Nach so vielen bitteren Jahren mit dir will ich noch ein wenig Zeit haben, das Leben zu genießen."

    Und so ist es auch geschehen.

    Einen Tag bevor sich der Tod ihres Mannes zum zehnten Mal jährte, überquerte sie die Straße, um die Wäsche von der Leine auf der anderen Seite zu holen. Der Frühling lag in der Luft, die Sonne bemühte sich kräftiger zu strahlen als in den Wintertagen zuvor. Aufgrund ihres Alters konnte Emília kaum noch hören und nur sehr wenig sehen. Ein Laster näherte sich. Der Fahrer hupte erschrocken und mit weit aufgerissenen Augen, als er die alte Frau im letzten Moment sah. Doch er konnte nicht mehr rechtzeitig anhalten.

    Emília starb sofort. Alles ging schnell. Da lag sie auf dem Boden, kein Blutstropfen war zu sehen.

    Daneben stand der geschockte Fahrer, die Hände vors Gesicht geschlagen, konnte er sich nicht erklären, was geschehen war. Als der Rettungsdienst kam, konnte nur noch der Tod von Emília festgestellt werden. Sie war an der Schläfe getroffen worden.

    Die Tage vergingen. Doch Emílias Kinder, meine Tanten und Onkel, konnten sich nicht beruhigen. Sie waren empört und erhoben Klage gegen den Fahrer des Lasters. Sie konnten nicht verstehen, warum ihre Mutter sterben musste.

    Kurz darauf fing es besonders bei Regen an, in der Küche zu poltern.

    Nachts, wenn alle im Bett waren, fielen Töpfe herunter und das Feuer im Herd loderte von alleine auf.

    Meine Mutter und ihre Geschwister bekamen es mit der Angst zu tun.

    Eine Nachbarin empfahl ihnen, einen Hellseher in der Nähe aufzusuchen.

    Nach einigem Zögern gingen sie dorthin.

    Der Hellseher war ein kleinwüchsiger Mann in fortgeschrittenem Alter. Er bat meine Mutter und ihre Schwester Julia herein. Nachdem er sich den Grund ihres Besuches angehört hatte, versuchte er, Kontakt mit der Verstorbenen aufzunehmen. Meine Mutter und Julia verfolgten ängstlich und gespannt das weitere Geschehen. Nach ein paar Minuten des Murmelns und Betens mit geschlossenen Augen ging ein Ruck durch den Körper des Hellsehers. Er klappte die Augen auf, sein Gesicht nahm die Mimik der verstorbenen Emília an und er sprach mit ihrer rauen Stimme:

    „Lasst den Blödsinn mit der Klage!

    Spart das Geld lieber für das Essen auf. Der Lasterfahrer kann nichts dafür, ich wollte sterben!"

    Die Geschwister gingen tief beeindruckt nach Hause und erzählten es den anderen. Die Klage wurde zurückgezogen. Danach hörte das Poltern in der Küche auf und Emília ließ nie wieder von sich hören.

    Meine Mutter war damals erst sechzehn Jahre alt. Sie war 1935 geboren worden. In ihrer Kindheit, die in die Kriegszeit fiel, hatte sie sehr viel Not erlebt.

    Da Portugal sich im Zweiten Weltkrieg eher neutral verhielt, bekam die Familie nicht viel vom Krieg zu spüren. Aber es herrschte eine strenge Diktatur im Land und der Unterschied zwischen Arm und Reich wurde immer größer. Die Familie litt mitunter an Hunger, wie so viele andere Familien zu jener Zeit. Alle Geschwister arbeiteten, die Töchter waren meist verheiratet und schon außer Haus. Meine Mutter und ihr Bruder José waren die letzten, die von zu Hause auszogen.

    José ähnelte seinem Vater; er war ein großer, schlanker, fröhlicher Mann. Die Schwester meines Vaters, Tante Julieta, wurde seine Frau und bekam mit ihm vier Kinder, ein Kind brachte sie bereits mit in die Ehe.

    Vor seiner Verheiratung war José ein eher schüchterner junger Mann gewesen, erzählte meine Mutter manchmal, der sich nicht getraut hatte, eine Frau anzusprechen.

    Julieta wurde ihm geradezu aufgedrängt, weil sie mit einem kleinen Kind von einem anderen Mann verlassen worden war.

    Onkel José lebte mit seiner Familie so wie wir in Angola. Oft besuchte er uns, und meistens war er angetrunken. Die Gitarre unter dem Arm, sang er sich bei uns Kindern die Seele aus dem Leib. Es waren eher traurige Lieder, geprägt von der Saudade, der wehmütigen Sehnsucht nach etwas unwiederbringlich Verlorenem.

    Später starb auch er so wie sein Vater an einem Herzinfarkt, als er total betrunken Motorrad fuhr.

    Meine Mutter und mein Vater kannten sich schon lange. Ihre Familien waren Nachbarn und gut befreundet. Meine Mutter wurde von anderen jungen Frauen beneidet, weil sie einen Freund hatte, der so „reich" war, ein Motorrad zu besitzen. Sie hatte auch andere Verehrer, aber mein Vater ließ nicht locker und so wurde sie schließlich seine Frau.

    Mein Vater war ein gut aussehender Mann, zwar nicht sehr groß, etwa einen Meter siebzig, aber schlank und dunkelhaarig, mit vollen, gut geformten Lippen und großen braunen Augen. Er war sehr sportlich und nahm an Fahrrad- und Motorradwettkämpfen teil, bei denen er viele Pokale und Medaillen gewann. Dies war seine goldene Zeit, heute noch erzählt er voller Stolz und mit funkelnden Augen von seinen Erfolgen.

    Er kam aus einer Familie mit vier Kindern, zwei Mädchen und zwei Jungen. Seine zwei Schwestern, Julieta und Cina, sind später auch nach Angola ausgewandert. Der jüngere Bruder, Berto, wanderte in den sechziger Jahren nach Frankreich aus und arbeitete zwanzig Jahre lang in der Autoindustrie. Von allen Geschwistern war er der einzige finanziell erfolgreiche. Er baute sich ein großes Haus in Portugal, in dem er jetzt seinen Ruhestand verbringt. Seine fünf Kinder kehrten mit ihm und seiner Frau zurück und gründeten eine erfolgreiche Firma in Porto.

    Mein Großvater Augusto, der Vater meines Vaters, war ein kleiner, magerer Mann mit lebhaften Augen.

    Eine große Nase prägte sein Gesicht.

    Wenn ich an ihn denke, stellt sich auch heute noch das Bild eines Raben ein.

    Augusto machte sich sehr früh selbstständig und eröffnete ein Fahrradgeschäft mit Werkstatt in der Nähe seiner Wohnung. Hier erlernte mein Vater später seinen Beruf.

    Augusto war aber nicht nur sein Boss, er war auch sein äußerst strenger Trainer und Manager. Denn mein Vater nahm an vielen Fahrradrennen teil, auf die mein Großvater ihn vorbereitete.

    Da mein Vater „la dolce vita" liebte, stieg er frühzeitig

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