Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Mord im Museum: Charlotte Bienert ermittelt
Mord im Museum: Charlotte Bienert ermittelt
Mord im Museum: Charlotte Bienert ermittelt
eBook234 Seiten3 Stunden

Mord im Museum: Charlotte Bienert ermittelt

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

"Charlotte atmete tief durch und merkte, wie ihr Herzschlag etwas langsamer wurde. Auch ihre Übelkeit war schwächer geworden, und sie versuchte vorsichtig, sich aufzusetzen. Plötzlich hielt sie mitten in der Bewegung inne. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie sich etwas bei der Leiche bewegte."

Eigentlich wollte die Journalistin Charlotte Bienert an diesem Abend das Laienschauspiel Mord im Museum besuchen, um einen Artikel darüber zu schreiben. Doch plötzlich gibt es tatsächlich eine Leiche – und Charlotte sieht mehr, als sie zunächst erkennt. Auf Geheiß ihres Chefs beginnt sie, zu recherchieren. Dumm nur, dass das Kriminalkommissar Paul Jankovich gar nicht passt.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum26. März 2017
ISBN9783742793140
Mord im Museum: Charlotte Bienert ermittelt
Autor

Christine Zilinski

Christine Zilinski ist Verlagsredakteurin und Stuttgarterin aus Überzeugung. In ihrer Cosy-Mystery-Reihe kann ihre fiktive Kollegin Charlotte Bienert ihr kriminalistisches Gespür zeigen: Zilinski lässt die junge Redakteurin ermitteln - und das mitten in Stuttgart. Ihre Krimis sind Streifzüge durch die schwäbische Metropole, die sich an Ortsansässige und "Neigschmeckte" gleichermaßen wenden.

Mehr von Christine Zilinski lesen

Ähnliche Autoren

Ähnlich wie Mord im Museum

Titel in dieser Serie (100)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Cosy-Krimi für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Mord im Museum

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Mord im Museum - Christine Zilinski

    Kapitel 1

    ‚Herzlich Willkommen bei Mord im Museum!‘ Dicke Lettern standen auf dem Banner, das im lauen Maiwind über dem Eingangsbereich des Landesmuseums Stuttgart flatterte. In der untergehenden Sonne erschien die steinerne Mauer in einem warmen, rötlich-braunen Licht. In dekorativen Windlichtern brannten weiße Stumpenkerzen entlang des gepflasterten Innenhofes. Als Charlotte Bienert durch das Eingangstor trat und die leichte Steigung zum Besuchereingang hinauflief, hielt sie kurz inne. Nicht, um zu verschnaufen, sondern, um sich innerlich zu rüsten: „Also schön", sagte sie halblaut und setzte sich wieder in Bewegung.

    Das Museum hatte bereits vor zwei Stunden für den regulären Besucherbetrieb geschlossen. Jetzt warteten die Besucher der Veranstaltung ‚Mord im Museum‘ im kerzenbeschienenen Vorhof. Sie sprachen Bier oder Sekt zu, rauchten und unterhielten sich angeregt. Ihnen war die Vorfreude auf das Krimi-Event deutlich anzumerken. Anders als Charlotte. ‚Oh Mann, ich hab echt gar keine Lust‘, dachte sie, während sie reflexartig eine Rauchschwade vor ihrer Nase weg wedelte. Sie war nicht zum Privatvergnügen hier. Eine Arbeit, die sie bequem und kontaktlos von ihrem Bildschirm aus hätte erledigen können, wäre ihr 100mal lieber gewesen.

    Aber: Ihr Chefredakteur hatte sie hergeschickt. Andreas Richling war für die Wochenzeitung Weinstadt Woche verantwortlich und hatte Charlotte nach ihrem Volontariat beim Blatt als Redakteurin angestellt. Hauptsächlich betreute sie seitdem die Kunst&Kultur-Rubrik. Dies zwang die introvertierte junge Frau in regelmäßigen Abständen dazu, aus ihrer Komfortzone zu treten und zu neuen Veranstaltungen – und damit unter fremde Menschen – zu gehen. Als sie sich damals entschieden hatte, im Zeitungswesen zu arbeiten, hatte sie vor allem das Schreiben im Fokus gehabt, weniger das Vor-Ort-Sein. Aber Charlotte hatte die Rechnung ohne ihren Chef gemacht. Der hatte sich für die kommende Wochenendausgabe eben jene Veranstaltung ‚Mord im Museum‘ ausgesucht, von der Charlotte berichten sollte. Ihr einziges Trostpflaster bis vor kurzem war, dass sie eine Kollegin aus der Lokalredaktion hätte begleiten sollen.

    Doch Gabi lag seit gestern mit einer Erkältung flach. Vor wenigen Stunden hatte sie sich bei Charlotte abgemeldet. Und das ziemlich detailreich: ‚Nase komplett zu, Schleim durchsichtig. Durchfall von Gelomyrtol-Tabletten. Kann leider nicht kommen.‘ Mit zusammengezogenen Augenbrauen hatte Charlotte zähneknirschend ein knappes ‚Gute Besserung‘ zurückgetippt.

    Als Charlotte nun über den gepflasterten Vorhof auf die gläserne Eingangstür des Museums zulief, fiel ihr sofort der Plakat-Aufsteller neben der Tür auf: Auf dem Papier prangte eine schwarze Hand, die ein ebenso schwarzes Messer umklammert hielt, von dessen Klinge knallrotes Blut troff. Darüber stand in weißen Lettern: ‚Mord im Museum‘. Ebenfalls vor der Tür war ein Tresen aufgebaut, an dem zwei Museumsmitarbeiterinnen standen. Mit freundlichen Gesichtern begrüßten sie die Neuankömmlinge.

    Charlotte zeigte ihre Eintrittskarte vor und erhielt von einer der Frauen einen roten Klebepunkt. Sie heftete sich den Sticker mit leicht zitternden Fingern an ihren Blazer, bedankte sich und trat auf das Gebäude zu. Sie drückte die schweren Glastüren auf und betrat einen großen, hallenartigen Raum. Auch hier hatten sich bereits viele Besucher mit Getränken versorgt und knabberten an Grissini oder Käsespießen. Charlotte reckte den Kopf, um sich einen Überblick zu verschaffen, und entdeckte am Kopfende des Raumes eine kleine, erhöhte Bühne. Auf Stehtischen verteilt standen große Pappschilder mit den unterschiedlichen Farbpunkten für die Gruppen.

    Charlotte steuerte auf den Tisch mit dem roten Punkt zu und stellte ihre orangene Schultertasche zwischen ihren Füßen ab. Ihr Mund fühlte sich trocken an. Dankbar griff sie nach einer der Wasserflaschen, die zusammen mit Gläsern auf dem Tisch bereitgestellt waren. Während sie sich eingoss, angelte sie mit der freien Hand eines der ebenfalls bereitliegenden Infoblättchen. Darin stand die Story von ‚Mord im Museum‘. Charlotte setzte die Flasche ab und las: ‚Der Kelch von Gustav dem Großen ist weg! Eben noch haben der Archäologe Dr. Himmelreiter und sein Assistent Rochert ihren Ausgrabungsfund stolz bei der Eröffnungsfeier der neuen Ausstellung präsentiert – da ist der Kelch auch schon verschwunden! Die Museumsangestellten machen sich sofort auf die Suche nach dem antiken Stück. Doch was ist das? Ein Mann liegt plötzlich tot neben dem leeren Ausstellungskasten. Warum wurde er ermordet? Und wo ist der Kelch? Helfen Sie mit bei der spannenden Mördersuche!‘

    ‚Alles klar‘, dachte Charlotte, als sie im Geiste bereits an ihrer Kolumne schrieb. Als sie den Blick wieder hob, fiel er auf eine Frau in den Vierzigern, die schief grinsend auf sie zukam. Wie als Zeichen des Wiedererkennens deutete sie auf die Tafel mit dem roten Punkt und sagte: „Ah, hier ist die rote Gruppe. Hallo! Ich bin die Tatjana, und wer bist du? „Charlotte, erwiderte Gleichnamige und lächelte ebenfalls freundlich. Als ein paar Sekunden peinlichen Schweigens verstrichen waren, fuhr die Frau fort: „Na, dann bin ich mal gespannt, wie der Abend so wird. Hast du bei sowas schon mal mitgemacht? „Nein, ist mein erstes Mal, sagte Charlotte und hoffte, dass bald weitere Mitglieder am Tisch auftauchten, damit sie nicht mehr die einzige Ansprechpartnerin war. Small-Talk mit Fremden war nicht gerade ihre Stärke.

    Kapitel 2

    Mit der Zeit wurde es im Raum immer voller. Charlottes stille Gebete wurden erhört, und ein paar weitere Veranstaltungsbesucher gesellten sich zu ihrem Tisch. Alle begrüßten sich gegenseitig und fielen schnell in eine ausgelassene Small-Talk-Runde. Auch an den anderen Tischen teilten die Besucher ihre Vorfreude in aufgekratzter Stimmung.

    Ein Blick auf ihre Armbanduhr verriet Charlotte, dass es in 10 Minuten losgehen würde. Aus ihrer Gruppe griff eine Enddreißigerin mit roter Kurzhaarfrisur und schwarz gerahmter Brille nach einer Infobroschüre auf dem Tisch und sagte: „Oh, ich sehe wir brauchen noch einen Gruppennamen. Sie sah die anderen Teilnehmer an. „Wie wäre es mit ‚The Benedicts‘? Ihr wisst schon, wegen Benedict Cumberbatch, fuhr die Frau daraufhin euphorisch fort.

    Charlotte rief sich den Hauptdarsteller der Sherlock-Fernseh-Serie in Erinnerung. ‚Ach der‘, dachte sie wenig begeistert. Nach kurzer Diskussion einigte sich ihre Gruppe dann tatsächlich auf ‚The Benedicts‘. Die Ideengeberin freute sich und kicherte, weil „Benedict Cumberbatch ja so ein heißer Typ ist." Noch während sie ihre Gruppe mit klirrenden Wassergläsern tauften, begannen sich einige Personen im Raum auffällig zur Bühne vorzuarbeiten.

    Sie rempelten absichtlich einige der Besucher an, um sich anschließend zu entschuldigen. ‚Das müssen die Schauspieler des heutigen Abends sein‘, dachte Charlotte und hoffte, dass keiner sie touchierte. Jetzt fiel ihr auch auf, dass diese Personen verkleidet wirkten. Die Klamotten waren etwas zu over-the-top. Und tatsächlich: Vorne angekommen betraten die Schauspieler die Bühne und stellten sich als Museumsmitarbeiter vor.

    Eine junge blonde Frau stellte sich als Direktorin vor. Sie trug ein etwas zu groß geratenes Kostüm und machte beim Sprechen übertrieben ausschweifende Gesten. Insgesamt vermittelte sie den Eindruck, dass sie etwas durchgedreht war. Aus ihrer Erzählung ging hervor, dass sie seit Jahren nur für das Museum zu leben schien. Dann stellte sich ein etwa 50-jähriger, gepflegt wirkender Mann mit graumelierten Schläfen vor. Er spielte den dandyhaften Archäologen Dr. Himmelreiter, der einen eleganten Dreiteiler trug.

    Es folgte ein schüchtern und kriecherisch wirkender Mittdreißiger mit mausgrauem Haar. Dieser Schauspieler verkörperte den Assistenten des Archäologen, Rochert. Er trug ein verwaschenes Sakko mit Flicken an den Ellenbogen. Anschließend kam ein Mann mit kantigen Gesichtszügen und funkelnden Augen zu Wort. Er war ebenfalls um die dreißig und zweifellos attraktiv, wie Charlotte zugeben musste. Der Mann stellte sich als Buchhalter Rudolf Steiner vor. Dank farblich aufeinander abgestimmten Hals- und Einstecktüchern sowie polierter Lederschuhe machte er einen sehr gepflegten Eindruck. Als Vorletzte stellten sich zwei Wärter in Uniform vor.

    ‚Einer der Männer spielt ja nicht mehr lange mit‘, überlegte Charlotte. Sie war schon gespannt darauf, welcher der Schauspieler die Leiche sein würde. Abschließend trat eine junge, aber dank aufgemalter Augenringe müde wirkende Putzfrau in einem geblümten Kittel auf. Sie trug – ganz Klischee – einen Staubwischer in der Hand. Nachdem sich alle vorgestellt hatten, trat die Museumsdirektorin aus dem Hintergrund wieder nach vorne. Dabei gestikulierte sie übertrieben wild mit einem Handy in der Hand. Ganz so, als hätte sie soeben etwas unglaublich Wichtiges erfahren. „Wenn ich um Ruhe bitten dürfte, wir haben hier ein Problem! Ihre Stimme bebte: „Der Kelch von Gustav dem Großen ist verschwunden und wir müssen ihn unbedingt wiederfinden!

    Oh mein Gott, ja, begehrte der Archäologe Dr. Himmelreiter auf und mimte den Erschütterten. „Unbedingt! Wie konnte das nur passieren?!" Es folgte eine kurze Erklärung, wie der Kelch erst tags zuvor unter großem Applaus der Öffentlichkeit präsentiert worden war. Doch nun war das Prunkstück also am helllichten Tag mitten aus dem Schaukasten entwendet worden.

    „Bitte, liebe Anwesende, übernahm die Direktorin wieder, „helfen Sie uns bei der Suche. Am besten, wir teilen uns auf, nicht wahr. Sie blickte fragend zu den betroffen dreinschauenden Wärtern. Diese erwiderten ihren Blick mit einem stummen Nicken. „Bitte folgen Sie mir nach draußen, wo wir Sie in einzelne Suchtrupps einteilen werden", sagte die Direktorin wieder ans Publikum gewandt. Dann lief sie hektisch mit den Armen rudernd von der Bühne und signalisierte allen Teilnehmern an den Tischen, ihr nach draußen zu folgen. Die anderen Schauspieler blieben zunächst auf der Bühne zurück. ‚Vermutlich gehen die jetzt auf ihre Posten‘, dachte Charlotte beim Hinauslaufen.

    Kapitel 3

    Draußen auf dem Vorhof standen echte Museumsangestellte. Sie waren eindeutig keine Schauspieler, wie an ihrer dezenten Kleidung und den Klemmbrettern erkennbar war. Die Angestellten hoben ihre Bretter hoch, auf deren Rückseite die jeweils passenden Farbpunkte der Gruppen aufgeklebt waren. Die knapp 70 Besucher des Schauspiels teilten sich im Hof auf und scharten sich um ihren Gruppen-Guide.

    Der Guide von Charlotte und ihren ‚The Benedicts‘-Mitstreitern war eine junge brünette Frau. Sie trug eine Stoppuhr um den Hals und begrüßte sie freundlich: „Hallo, ich bin Sofia. Wir beginnen im Uhren-Salon. Bitte folgen Sie mir gesammelt, ich führe Sie von einer Location zur nächsten. Ich gebe Ihnen den jeweiligen Zeitrahmen vor, in dem Sie Hinweise finden müssen, sagte sie und wackelte demonstrativ mit der Stoppuhr. Nach einem Blick auf ihr Klemmbrett sagte sie: „Einen Tipp habe ich noch vorneweg: Denken Sie nicht zu kompliziert. Sie lächelte gönnerhaft, und alle in der Gruppe lächelten höflich zurück.

    Dann setzten sie sich in Bewegung und Charlotte gesellte sich neben Tatjana, um ihrem Guide zu folgen. Die übrigen ‚Benedicts‘ schlossen sich der Zweier-Formierung an und tuschelten aufgeregt miteinander. Es ging vom Hof herunter über eine steinerne Wendeltreppe abwärts in eine Art Kellergewölbe. Dort wurde es merklich kühler, wie Charlotte fröstelnd feststellte. Sie zog ihren Blazer enger um sich. Am Ende der Wendeltreppe schloss ihr Guide ein hölzernes Tor auf, hielt die Tür geöffnet und wartete, bis alle Teilnehmer hindurchgetreten waren. Sie befanden sich nun in den offiziellen Besucherräumen, in einem Bereich, in dem antike Teppiche ausgestellt waren.

    Das Licht im Raum war gedimmt. Es herrschte eine unheimliche Atmosphäre, da außer ihnen niemand sonst im Ausstellungsraum war. Zügig führte ihr Guide Sofia die Gruppe weiter, bis sie an ihrer ersten Station angekommen waren: Riesige Standuhren, filigrane Taschenuhren und edle Armbanduhren aus verschiedenen Epochen waren hier in beleuchteten Kästen untergebracht. Sofia bedeutete der Gruppe, an einer Stelle zwischen den Schaukästen anzuhalten.

    Nachdem sich alle dort verteilt hatten, begann die Szene: Der Archäologe Dr. Himmelreiter kam wutbrausend in den Uhren-Salon und blieb etwa zwei Meter vor der Besuchergruppe stehen. Ihm folgte sein Assistent Rochert, der die Hände zu einer bettelnden Geste ineinander verschränkt hatte. „Bitte Chef, das können Sie mir nicht antun, flehte er Himmelreiter an. Dieser drehte sich abrupt zu ihm um. Er war einen Kopf größer als Rochert und sah auf ihn herab. Himmelreiter erwiderte gedehnt: „Mein lieber Rochert ‒ dabei griff er ihm ans Revers und zog ihn ein wenig zu sich heran – „und wie ich das kann. Du bist für den Diebstahl verantwortlich und du musst die Konsequenzen dafür tragen! Rochert versuchte sich loszuwinden. „Nein, nein, aber das stimmt doch gar nicht!, beteuerte er. Himmelreiter ließ ihn höhnisch lächelnd los.

    „Ich weiß, dass du Spielschulden hast. Wie oft hast du dir von mir schon Geld geliehen, hm? Aber jetzt bist du zu weit gegangen! Du hast meine Entdeckung, dabei reckte er den Zeigefinger empor, „verramscht, um wieder Geld für deine verdammten Pferdewetten locker zu machen! Rochert spielte den zu unrecht Beschuldigten: „Aber nein, Chef, nein, das habe ich nicht, ich schwöre! Der Archäologe verschränkte die Arme vor seinem stattlichen Bauch. „Aber natürlich hast du. Und das werde ich unserer lieben Direktorin auch sagen. Genauso wie deine Spielsucht, davon erfährt sie jetzt auch. Damit fliegst du achtkantig raus! Dr. Himmelreiter zeigte sichtlich kein Erbarmen.

    Nach fünf Minuten heftigem Diskurs verschwanden Himmelreiter und Rochert wieder aus dem Salon. Sofia ließ die Stille nach dem Abgang der Schauspieler kurz wirken und wandte sich dann zur Gruppe: „So, hier gibt es jetzt noch keine Hinweise zum Suchen, bitte folgen Sie mir zur nächsten Station. Wir gehen jetzt zum Büro der Direktorin." Gehorsam folgten ihr ‚The Benedicts‘ durch die Räume hindurch die Wendeltreppe wieder nach oben.

    Gemeinsam liefen sie leise murmelnd über den gepflasterten Innenhof zurück zur Eingangstür des Museums. Nacheinander betraten sie den Hauptteil des Gebäudes. Auch hier war das Licht gedimmt, so dass die riesige Eingangshalle beinahe im Dunkeln vor ihnen lag. Ihr Guide deutete auf eine Galerie am Ende der Halle, die über eine stählerne Treppe zu erreichen war. „Dort ist das Büro." Die Hobbydetektive steuerten enthusiastisch darauf zu, bis sie plötzlich mitten in der Bewegung innehielten, als hätte jemand auf einen Stopp-Knopf gedrückt. Ein durchdringender, gellender Schrei hallte durchs Museum und stellte den Besuchern unisono die Nackenhaare auf.

    Kapitel 4

    Charlotte riss reflexartig ihren Kopf in die Richtung, aus welcher der Schrei gekommen war. ‚Das klang aber verdammt echt‘, dachte sie nervös und spürte, wie ihr Puls beschleunigte. Auch die anderen Gruppenmitglieder sahen sich unsicher an und begannen aufs Neue, miteinander zu tuscheln. „Ist das jetzt der Mord? „Das klang ja krass! „Die geben sich ja richtig Mühe!" Mit einem fragenden Ausdruck im Gesicht drehte sich Charlotte zu ihrem Guide. ‚Sie wird ja wissen, ob das zum Spiel gehört‘, dachte sie. Doch als Sofia ebenfalls regungslos in Richtung des Schreis starrte, begann Charlottes Herz heftig gegen den Brustkorb zu pochen.

    Plötzlich drang das unverkennbare Geräusch quietschender Turnschuhe auf Linoleum zu ihnen durch. Jemand rannte aus der entgegengesetzten Richtung zu ihnen. Kurz darauf erschien ein Sicherheitsbeamter im Sichtfeld der ‚Benedicts‘: Er lief jedoch schnurstracks an ihnen vorbei und den Rundgang zur linken Seite hinauf, in Richtung des Schreis. Nun kam auch Bewegung in Charlottes Gruppen-Guide. Die junge Brünette stammelte: „Ähm... bleiben Sie bitte kurz hier. Dann folgte sie dem Mann eilig in den Rundgang. Ihrer Bitte folgend blieben die Mitglieder der ‚Benedicts‘ unsicher dort stehen, wo sie waren und fingen an, lautstark zu spekulieren. Handys wurden gezückt. „Meinst du, das gehört noch zum Spiel?, fragte Tatjana Charlotte. Auch ihre Stimme klang angespannt. „Ich fürchte nicht, erwiderte diese. „Der Wachmann eben war definitiv echt. Nun drangen auch mehrere, hysterisch klingende Stimmfetzen zu der Gruppe durch. Dort, von wo der Schrei erklungen war, waren offenbar noch mehr Menschen. Charlottes Gedanken rasten. ‚Was zur Hölle kann da nur passiert sein?‘, überlegte sie fieberhaft.

    Sie spürte ihren Puls inzwischen rasen. Der übermächtige Wunsch wegzulaufen überkam sie. Die kindische Hoffnung, dass das alles nur ein blöder Scherz sein möge. Oder dass alles doch irgendwie zum Schauspiel gehörte. Doch ihr Bauchgefühl sagte ihr etwas anderes. Und darauf hatte sie sich in ihrem Leben bislang immer verlassen können.

    Widerwillig kam Charlotte ein ganz anderer Gedanke: ‚Wenn da wirklich was passiert ist, muss ich es mir ansehen‘, dachte sie. Vor ihrem geistigen Auge erschien ihr Chefredakteur mit verschränkten Armen, der sie über seinen Brillenrand hinweg streng anfunkelte. Wenn Richling erfuhr, dass sie bei einer wie auch immer gearteten, saftigen Skandalgeschichte anwesend war – und nichts unternommen hatte – würde er sie ohne mit der Wimper zu zucken ins Sport-Ressort verbannen. Dort könnte sie dann bis zum Sankt Nimmerleinstag bei Regenwetter Drittligistenspiele beobachten. Oder Schlimmeres.

    Kurzentschlossen wandte sich Charlotte von der Gruppe ab. „Wo willst du denn hin?, fragte Tatjana sie schrill. „Ich... geh nur mal kurz... also einer sollte doch mal kurz nachsehen..., rief Charlotte halbherzig über die Schulter zurück. Mit hochrotem Kopf und rasendem Puls lief sie in Richtung Rundgang. Sie hörte das „Bleib lieber hier"-Zischen von Tatjana nur noch mit halbem Ohr.

    Als sie

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1