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Samir: Auf der Flucht
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eBook210 Seiten3 Stunden

Samir: Auf der Flucht

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Über dieses E-Book

Samir hat seine Flucht nicht geplant. Sein Vater schickt ihn weg. Auf seiner Flucht lernt er die unterschiedlichsten Menschen kennen und findet vorübergehend einen Freund. Ohne eigene Mittel erreicht Samir schließlich Westeuropa. Unterwegs erlebt er, was es heißt zu fliehen. Oft weiß er nicht, wie es weitergehen soll. Er hat kein bestimmtes Ziel für seine unvorbereitete Flucht. Endlich erreicht er ein Ziel. Das will er zu seinem eigenen machen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum8. Nov. 2015
ISBN9783738046588
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    Buchvorschau

    Samir - Jakob Arnold

    1

    Sami Jack

    Ich hatte das Gefühl, ich muss mal pinkeln. Meine Blase war so voll, dass ich aufgewacht war und nicht wieder einschlafen konnte. Draußen war es dunkel, es konnte noch nicht der Morgen sein. Die Nacht war noch gar nicht rum. Unsere Uhr konnte ich in der Dunkelheit trotz intensiver Suche nicht finden. Jede Ecke, jede Nische, in der unsere einzige Uhr sein könnte, tastete ich ab. Wir haben nur die eine Uhr und alle achten darauf, dass sie immer aufgezogen ist, damit sie nur nicht mal stehen bleibt. Jeden Abend vor dem Schlafengehen wurde die Uhr voll aufgezogen, nicht, dass sie in der Nacht mal stehen bleibt. Nach was sollten wir uns dann wohl richten? Ich wollte kein Licht anmachen, um die anderen Mitglieder der Familie, die im selben Raum auf dem Boden auf Matten liegen und schlafen, nicht zu wecken.

    Unsere Hütte hatte eigentlich nur einen Raum, nur das Plumpsklo war ein wenig abgetrennt. Man muss nicht immer gleich sehen, wer auf dem Klo sitzt. Ansonsten gibt es nur noch eine Feuerstelle, auf der Mutter immer das Essen zubereitet, zumindest wenn es was Warmes zum Essen gibt. Meistens brauchten wir die Feuerstelle nur, um abends vor dem Schlafengehen ein wenig zu heizen, denn die Nächte wurden schon ganz schön kalt. Man konnte dann nicht richtig schlafen, wenn es in der Hütte so kalt wird. Die dünnen selbstgewebten Decken hielten kaum warm. Manchmal versuchten wir uns zu zweit unter zwei Decken zu legen damit wir wenigstens ein wenig Schlaf bekamen.

    Jetzt aber war es mir nicht mehr möglich einzuschlafen. Meine Blase drückte. Ich musste endlich mal pinkeln. In der Hütte, in dem abgetrennten Klo, wollte ich das nicht machen. Ich hätte wahrscheinlich einige Familienmitglieder aufgeweckt oder die, die bereits wach waren, hätten gefragt, wo ich denn hinwolle. Sollte ich denen dann sagen, dass ich nur mal pinkeln musste. Das wäre mir peinlich gewesen. Die anschließende Diskussion ob ich denn wohl krank sei und ob es mir auch gut gehe, wollte ich vermeiden. Also bin ich hinter unsere Hütte, die etwas außerhalb unseres Dorfes lag, gegangen. Zu keinem Busch, denn es gibt keine richtigen Büsche mehr in der Nähe des Dorfes. Alles, was brennbar war hatten wir verbrannt. Wir wollten ja nicht erfrieren. Ich habe einfach in den Sand gepinkelt. Es war eh dunkel, wer sollte mich wohl sehen?

    Einen Moment lang musste ich beim Pinkeln Pause machen, mein Strahl brach ab. Da hörte ich ein schlurfendes Geräusch. Ich kann es gar nicht beschreiben. Es klingt so, wie wenn sich jemand im Sand heranschleicht. Leise zog ich meine Hose hoch, duckte mich und schaute angestrengt in die Richtung aus der ich das Geräusch gehört hatte. Doch in dem kaum durchzudringenden Dunkel der Nacht – Wolken waren am Himmel aufgezogen und dahinter verbarg sich der Mond – konnte ich nichts Besonderes entdecken.

    Plötzlich hörte ich Geräusche von Schritten. Es waren viele Geräusche. Da mussten mehr als nur ein Mann sein. Wenn es demnach mehrere waren, was wollten die denn wohl von uns armen Schluckern. Meine Familie besaß doch nichts. Leise und langsam hob und reckte ich meinen Kopf etwas, um vielleicht genauer erkennen zu können, was, besser wer, da auf mich und meine Familie zukam. Doch da war so gut wie nichts zu erkennen. Nur einige etwas dunklere Flecken bewegten sich in der schwarzen Nacht. Es schienen Personen zu sein, Tiere bewegten sich selten gebückt.

    Eigentlich war ich mit dem Pinkeln noch gar nicht fertig. Der Druck in meiner Blase nahm wieder zu. Ich müsste weiterpinkeln, nicht nur tröpfeln, doch dann würden die dunkelgrauen Wesen, wer immer das war, bestimmt auf mich aufmerksam. Was sollte ich in solcher Situation nur machen? Bevor ich mich noch entscheiden konnte lief es mir warm am Bein hinunter. Zum Glück hatte ich keine Unterhose an, die hätte nass werden können. Nur meine Schlafanzughose, falls man meinen Lendenschurz so nennen wollte, war durchtränkt von meinem Urin.

    Da stand ich ganz allein in der Dunkelheit, sah merkwürdige Schatten, so es denn nur Schatten waren, auf mich oder besser auf unsere Behausung zukommen und ich hatte keine Ahnung, was ich überhaupt machen sollte. Ich duckte mich hinter einen der Büsche direkt neben mir. Ich weiß gar nicht mehr wie ich den Busch überhaupt hatte finden können. Es war so dunkel, dass ich kaum meine Hand vor meinen Augen sehen konnte, obwohl ich sie versuchsweise ganz nah davor hielt. Den Busch konnte ich nur erkennen weil er mir noch dunkler erschien als die Dunkelheit der Nacht um mich herum. Hunger machte sich in meinen Eingeweiden breit, jetzt wo ich die Blase leer hatte. Es war ein merkwürdiges Gefühl der Leere, der Schwerelosigkeit.

    Seit Tagen hatte ich kaum feste Nahrung zu mir genommen. Meine Mutter hatte kaum Essbares für uns. Sie war froh, uns wenigstens das Überleben ermöglichen zu können indem sie uns ein wenig Milch gemischt mit Wasser, - damit es mehr wurde -, zum Essen gab. Jetzt war wohl die Milch in meinen Därmen verdaut, die Flüssigkeit durch meine Blase weggelaufen und ich verspürte ein irrsinniges Verlangen nach etwas Essbaren, nach etwas, das man kauen konnte.

    Irgendwie fühlte ich den Busch vor mir. Die Äste mit ihren Blättern bewegten sich sanft und leise im Wüstenwind, - ein kaum hörbares Geräusch -, ein Zeichen, dass die Nacht zu Ende ging. Bald würde es wieder hell werden und ein neuer Tag beginnen.

    Meine Eingeweide, mein Magen, meine Därme fingen an weh zu tun von dem Hunger, der langsam aber unaufhaltsam durch meine Eingeweide kroch. Ich musste etwas Essbares, Kaubares, finden sonst würde ich wieder in diesen merkwürdigen Dämmerzustand rüber gleiten, der einem das Hungergefühl vergessen lässt. Da war doch in der Nähe immer noch dieses dunkle Etwas, von dem ich meinte, es sei ein mögliches Versteck, dieser Busch. Wenn es an diesem Busch etwas Essbares gab, dann musste ich, dann würde ich das probieren. Der gefährlich immer näher kommende Dämmerzustand in Kopf und Körper musste verhindert werden, zumindest solange, wie die möglichen, in Umrissen nur als Schatten erkennbaren Angreifer um unsere Behausung schlichen.

    Also betastete ich mit geschlossenen Augen den vor mir stehenden Strauch. Ich konnte die Äste fühlen, aber da waren auch Blätter an den Ästen. Ob die wohl essbar sind, ging es mir durch den Kopf. Doch der Hunger war stärker als der Verstand. Die Frage erübrigte sich.

    Von dem mir am nächsten wachsenden Ast zupfte ich ein Blatt ab. Doch nicht nur das Blatt löste sich. Ein Stück Ast löste sich gleich mit und brach ab. Ich steckte ein Stück des Blattes in den Mund und begann zu kauen. Das Blatt war saftig und der Saft löschte meinen Durst. Nur mein Hungergefühl wollte nicht verschwinden. Je länger ich kaute desto weniger angenehm empfand ich den Geschmack des Blattes. Portionsweise, - in kleinen Portionen -, würgte ich den zerkauten Blattbrei durch die Speiseröhre runter in den Magen. Dort angekommen verursachte er ein Stechen, Zerren und Ziehen in meinen Eingeweiden wie ich es vorher noch nie gekannt hatte. Was könnte ich wohl tun, wenn das Blatt giftig für mich war? Wenn ich meinen Zeigefinger in den Hals steckte, würde ich anfangen zu würgen und es würde mich zum Brechen heben. Dann würde ich wohl meinen gesamten Mageninhalt auskotzen. Ich hatte keine Sicherheit ob mir das helfen würde. Als ich noch darüber nachdachte, arbeitete der Blattbrei weiter in meinem Magen. Ich hatte ein Gefühl als habe er sich bereits in meinem gesamten Inneren ausgebreitet. Es zog und zerrte, ich hatte ein Gefühl, als zöge sich alles in meinem Körper zusammen.

    Trotz der Schmerzen versuchte ich mit weit aufgerissenen Augen die mich umgebende Dunkelheit zu durchdringen. Die Schatten, beweglich oder nicht, wurden immer größer. Da geschah etwas mit mir, mit meinem Körper, das ich mir nicht erklären konnte. Die Größenverhältnisse um mich herum veränderten sich. Noch war mir nicht klar ob ich kleiner oder ob alles um mich herum größer wurde. Ein Stück des Astes hielt ich fest in meiner Hand. Ich konnte mir gar nicht erklären warum ich es nicht einfach fortgeschmissen hatte.

    Da kam plötzlich ein Windhauch aus der Wüste, blies mich an und ich konnte kaum das Gleichgewicht halten. Ganz langsam schwand die nahezu undurchdringliche Dunkelheit. Langsam, ganz langsam, konnte ich die Dinge um mich herum immer deutlicher erkennen. Da war die Hütte, die ich gerade noch verlassen hatte, um pinkeln zu gehen. Neben mir konnte ich den Busch erkennen, seine grauen Äste mit den merkwürdigen, fleischigen, saftigen Blättern, die mir so wohltuend den Durst gelöscht hatten und deren Verzehr zu diesen unerklärlichen Schmerzen geführt hatten. Neben der Hütte konnte ich noch einige Männer, ich glaube zumindest, dass es Männer waren und keine Frauen, erkennen. So wie sie in der Dunkelheit versucht hatten, der Hütte immer näher zu kommen, so traten sie jetzt den Rückzug an und entfernten sich leise und langsam von unserer Hütte. Ich konnte mir nicht erklären, was diese Männer an der Hütte oder besser von den Bewohnern der Hütte, meiner Familie, wollten.

    Der Busch neben mir schien immer größer zu werden. Zumindest hatte ich diesen Eindruck. Genauso unsere Hütte, die doch so unscheinbar und schäbig war. Jetzt kam sie mir auf einmal riesengroß vor. Da geschah etwas mit mir, das ich mir nicht erklären konnte. Jetzt spürte ich es auch wieder wie es zog und zerrte, wie sich alles in meinem Inneren zusammenzuziehen schien. Ich konnte mich weder auf die sich verändernden Größenverhältnisse noch auf meine schmerzenden Eingeweide konzentrieren.

    Einen schwindend kurzen Augenblick durchfuhr mich der Gedanke an meine Familie in der Hütte. Die hatten wohl hoffentlich von alledem was hier draußen passiert war und immer noch passierte nichts mitgekriegt. Sie hatten hoffentlich tief und fest geschlafen. Alles was hier draußen um die Hütte vor sich gegangen war, war ja äußerst leise und in Dunkelheit vor sich gegangen. Außerdem musste wohl keines der anderen Familienmitglieder - außer mir – pinkeln. Wieder durchzog ein ziehender Schmerz meine Eingeweide. Der Busch schien immer größere Ausmaße anzunehmen. Die schattenhaften Gestalten waren bereits wieder hinter einer Sanddüne verschwunden und ich konnte sie nicht mehr sehen. Sollte alles das, was hier draußen gerade mit mir vorgegangen war, nur ein Traum gewesen sein? Der Schmerz war aber immer noch fühlbar. Ich musste mich nicht zwicken, das war kein Traum. Je intensiver ich meine Umgebung betrachtete desto mehr wurde mir klar: Ich schrumpfte und mit mir alles, was auch nur meinen Körper berührte, meine Kleidung, Blätter und Äste, die ich in Händen hielt. Alles um mich herum schien größer zu werden. Doch das schien nur so weil ich selber immer kleiner wurde. Alles an mir und in mir veränderte seine Größe, wurde langsam aber stetig immer kleiner. Ich beschäftigte mich nur noch mit mir.

    Da war kein Platz mehr für irgendwelche anderen Gedanken. Ich versuchte mich selber zu betrachten, schaute an mir runter, einen Spiegel hätte ich gut gebrauchen können, hatte aber keinen. Als ich an mir runter sah, sah ich wie meine Füße immer kleiner, meine Beine immer kürzer wurden. Die Größe meines Kopfes versuchte ich zu fühlen im wahrsten Sinne des Wortes mit meinen Händen zu begreifen. Meine kleiner werdenden Hände konnten nach wie vor den Kopf fassen. Für sie fühlte er sich nicht größer an als vorher. Wenn ich mich doch nur mal selber als Ganzes sehen könnte?

    Die Dinge um mich herum schienen zu wachsen - oder? Zumindest schien es mir so. Allmählich begriff ich, dass ich es selber war, der seine Größe veränderte. Ich wurde immer kleiner, immer kleiner. Zuerst hatte ich dabei das Gefühl als würde ich im Sand einsinken. - Nein, ich war jetzt so groß wie ein Sandkorn! Alles um mich herum sah jetzt riesengroß für mich aus. Ich musste endlich innerlich zur Ruhe kommen, mich einen Moment lang besinnen. Ich dachte darüber nach, was da gerade passiert war. Ich lehnte mich erst mal an ein Sandkorn und versuchte tief durchzuatmen. Doch was war das? Das Sandkorn begann zu rollen, von mir weg. Wie das? Seit wann konnte ich eine solch große Sandkugel bewegen? Als ich versuchte die Kugel anzuheben gelang mir auch das. Die Kugel war überhaupt nicht schwer. Woher kam wohl meine Kraft? Ob die sich nicht veränderte?

    Ich dachte darüber nach und gedankenverloren begann ich an dem Stück Holz, dem Stück Ast, das ich beiläufig in die Tasche gesteckt hatte, zu kauen. Wieder schien sich die Größe des Sandkorns zu verändern. Doch diesmal passte ich genau auf und ließ mich nicht mehr täuschen. Ich selbst, mein Körper, wurde wieder größer und zwar so lange bis ich meine ursprüngliche Größe wiedererlangt hatte. Ich versuchte einen in der Nähe liegenden Felsblock zu bewegen, doch der rührte sich nicht vom Fleck.

    Ein Blatt kauen machte demnach zwar kleiner aber stärker – am Holz kauen macht andersherum wieder größer aber man verlor seine Kraft. Ob das für alle Pflanzen in der Umgebung unserer Behausung galt? Ich musste es ausprobieren.

    Neben unserer Hütte war ein Gebüsch, das uns ein wenig schützen sollte. Jetzt riss ich ein Blatt von diesem nächstgelegenen Busch, brach einen Ast ab, schlich zur Seite und hockte mich ein wenig abseits. Niemand sollte etwas von meinem Versuch bemerken. Nachdem ich ein Stück von dem Blatt zerkaut und runtergeschluckt hatte, wartete ich eine ganze Weile. Nichts geschah, Größen veränderten sich nicht. Ich blieb so wie ich war. Da brauchte ich kein Stück mehr vom Ast probieren. Was sollte denn auch rückgängig gemacht werden?

    Also musste ich es mit einem anderen Busch probieren. Ich schlich zu dem Busch, hinter den ich gegangen war um zu pinkeln und von dem aus ich die Schatten gesehen hatte. Wieder riss ich ein Blatt ab, brach ein Stück von einem Ast ab und hockte mich hinter den Busch damit mich niemand sehen konnte. Ein ganzes Blatt zu zerkauen traute ich mich nicht. So biss ich ein fingernagelgroßes Stück aus dem Blatt, zerkaute es und schluckte den Brei hinunter in meinen Magen. Wieder zog und zerrte es in meinem Inneren, alles schien sich zusammenzuziehen. Die gleichen Schmerzen, das gleiche Unwohlsein wie eben. Was jetzt wohl mit mir passieren würde?

    Die Größenverhältnisse um mich herum veränderten sich zuerst langsam dann immer schneller aber stetig und nicht sprunghaft. Schließlich war ich so groß wie das Sandkorn neben mir. Ich konnte es ohne Mühe heben. Ich wollte sehen was ich noch konnte also schlug ich gegen das Sandkorn. Das sauste weg wie von einem Gewehr abgeschossen, durchschlug einen Ast des nahegelegenen Busches und ward nicht mehr gesehen. Es hatte keinen Knall gegeben wie bei einem Schuss, nur ein hoher Pfeifton war zu hören als das Sandkorn absauste. Ich war zwar verdammt viel kleiner geworden hatte aber dafür kaum vorstellbare Kräfte, die ich noch weiter ausprobieren musste, damit ich sie sinnvoll einsetzen konnte. Jetzt aber erst mal schnell ein Stück vom Ast kauen um meine normale Größe wiederzuerlangen. Etliche weitere Versuche mit Blättern und Ästen anderer Büsche der Umgebung blieben folgenlos für mich. Es veränderte sich nichts, nicht das geringste. Die Größenverhältnisse veränderten sich wohl nur nach dem Genuss der Blätter und der Äste bei dem einen Busch.

    Den schaute ich mir genauer an. Ich suchte nach einem besonderen Merkmal, an dem ich ihn jederzeit wiedererkennen konnte. Nichts konnte ich finden. Der Busch sah eigentlich genauso aus wie die anderen Büsche, die in der Nähe unserer Behausung standen. Auch die Blätter unterschieden sich eigentlich nicht. Wie sollte ich unter solchen Umständen mein Experiment wiederholen können? Ich wollte doch nur wissen ob die Veränderung meiner Körpergröße allein durch das Kauen eines Blattes von dem einen besonderen Busch hervorgerufen wurde.

    Also blieb mir nichts anderes übrig als mir meine Taschen mit den Blättern von diesem einen Busch vollzustopfen. Die Aststücke, die ich vom Busch abbrach verstaute ich vorsichtig in meiner Hose im Hosenbund. Um nicht überrascht zu werden ging ich etliche Schritte von unserer Behausung weg suchte mir eine schlecht einsehbare Stelle und versuchte wieder meine Größe zu verändern. Das ging ganz leicht nur das Ziehen und Zerren in meinen Eingeweiden war jedes Mal dabei. Nicht einmal ein ganzes Blatt war nötig. Zur Veränderung genügte das Kauen und Schlucken eines ganz kleinen Stückes. Zur Rückverwandlung reichte ein kleiner Splitter eines Astes. Ich fragte mich wofür oder für wen das Ganze wohl von Nutzen sei, oder sein könnte.

    2

    Die Luft im Bus war heiß und stickig. Als mein Vater mich in den gerade bei uns im Dorf haltenden Bus schob, sah ich zum ersten Mal ein solches Fahrzeug von innen. Ein solches Fahrzeug, heute weiß ich, dass man es Bus nennt, kam sonst höchstens einmal im Monat bei uns durch. Er hielt nicht immer. Nur wenn Leute ein- oder aussteigen wollten. Wir im Dorf kannten den „Bus" nur als ein laut dröhnendes

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