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Kannst Du mal auf Safya aufpassen?
Kannst Du mal auf Safya aufpassen?
Kannst Du mal auf Safya aufpassen?
eBook157 Seiten2 Stunden

Kannst Du mal auf Safya aufpassen?

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Über dieses E-Book

Safya, Tochter einer Jessidin und eines Deutschen, kommt nach dem Tod ihrer Eltern aus Mossul zu Verwandten nach Berlin.

Sie ist zwar erst zwölf, aber unheimlich klug. Denn sie will ja Professor werden, wie ihr Vater!

Man muss sie einfach gernhaben, auch wenn sie etwas altklug ist und schon so viel über Gott und die Welt weiß. Leider sehen das nicht alle so!

Und so wird sie Opfer eines gemeinen Streiches ihrer Klassenkameraden. Deshalb gerät sie in die Mühlen von Politik und Presse...
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum4. Juli 2017
ISBN9783745095814
Kannst Du mal auf Safya aufpassen?
Autor

Kiara Borini

Kiara Borini lebt an Rande von Berlin, Speckgürtel genannt, kurz bevor die "Pampa" beginnt und arbeitet in Berlins neuer Mitte, da wo der allgemeine Wahnsinn Alltag feiert. Dort ist sie eine geschätzte Paar-Therapeutin, die mit Gesprächen, Mediation und durch das Drücken der richtigen Trigger-Tastenkombinationn, die Beziehung zwischen Mensch und PC wieder ausbalanciert. Sie liebt ihre fünf Katzen und das Schreiben. Auch ernsten Themen ringt sie augenzwinkernd ein Schmunzeln ab. Foto: Urbschat, Berlin

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    Buchvorschau

    Kannst Du mal auf Safya aufpassen? - Kiara Borini

    DAS TELEFONAT

    Erinnerst du dich an mich, hier ist Gundula, aus deiner Abi-Klasse von damals?

    Ich hatte das Gespräch mit der mir unbekannten Berliner Nummer ganz gegen meine Gewohnheit angenommen, obwohl ich um diese Zeit davon hätte ausgehen müssen, dass es sich nur um ein Call-Center handeln könne.

    Aber mal ehrlich, wer kann jemanden wie Gundula vergessen? Raspel-kurze, feuerrote Haare, Latzhose, üppige Oberweite ohne BH und das Gespräch fortwährend auf das Thema lenkend, dass seit der Einführung des Patriarchats die Unterdrückung der Frau, trotz minimaler Fortschritte, diese eben immer noch traurige Realität wäre.

    Nein, Gundula, natürlich habe ich dich nicht vergessen. Und mal ehrlich, das Abi ist gerade mal zehn Jahre her.

    Das mit der Unterdrückung der Frauen war damals nicht mein wirkliches Hauptproblem gewesen! Meines war die freiwillig gewählte Unterdrückung meiner Gefühle. Wenn man wie ich Melanie heißt, und ständig aufs Neue von seien Lateinlehrern darauf hingewiesen wird, dass blond nun mal für den Namen, humanistisch gesehen, die falsche Haarfarbe sei, dann kam ich halt recht schnell zu dem Schluss, dass ich, so wie ich mich unsterblich in Maren verguckt hatte, neben der falschen Haarfarbe eben auch das falsche Geschlecht für diese Liebe hatte.

    Maren war völlig anders als ich. Drahtig, sportlich, mit ihren kurzen, dunklen Haaren; und seit ich ihr in der Oberstufe im Kunstkurs begegnet war, einfach von Anfang an mein Traum.

    Früher war sie mir nicht wirklich aufgefallen. Sie war im französischen Zweig, ich schlug mich mit den alten Römern rum. Pa fand das sinnvoll, denn ich sollte doch irgendwann die Apotheke übernehmen.

    Ich ertappte mich dann dabei, dass ich tatsächlich freiwillig Volleyball belegte, nur weil sie es auch tat. Dennoch, meine Leidenschaft schwelte heimlich, und wurde von mir immer sofort im Keim erstickt, sobald ich mir ihrer bewusst wurde. Ich hätte wahrscheinlich auch bei einem Jungen nicht den ersten Schritt unternommen. Dabei hätte ich wohl recht gute Chancen gehabt. Nur war mein Herz ja bereits vergeben. Aber bei Maren aktiv werden, niemals!

    Bis - ja bis zur Abi-Feier, bei der wir beide genügend Bowle im Blut hatten und überraschend feststellten, dass sie gar nicht so anders empfand als ich.

    Was dann folgte, waren zehn turbulente Jahre, in denen die Beziehung sich erst vorsichtig entwickelte, dann hin und her ging, auch, weil wir an unterschiedlichen Orten studierten, wobei wir aber immer wussten, was die andere tat und, dass wir nicht voneinander lassen konnten, bis wir schließlich, am Rande von Berlin, im brandenburgischen, einen gemeinsamen Hausstand gründeten.

    Hast du noch deine Katze?, hörte ich Gundula fragen.

    Ja, aber es sind inzwischen fünf, entschied ich mich für eine ehrliche Antwort.

    Maren hatte wie ich eine gewisse Sympathie für Fellnasen und als wir zusammenzogen, gab es viele Dinge zu klären, bis uns dämmerte, dass unsere beiden jungen Katzen eben weder platonisch, noch gleichgeschlechtlich miteinander umgingen. Erst als der Nachwuchs bereits da war, sorgte dann der Tierarzt dafür, dass die Katzenpopulation künftig nicht mehr exponentiell wuchs. Und auch wenn das nicht geplant war mit den Katzenbabys, wir hatten sie dennoch alle lieb und irgendwie war es ja auch ein bisschen romantisch, dass unsere beiden Katzen ebenfalls eine Familie gegründet hatten. Maren lachte mich für solche Vorstellungen stets aus.

    Gundula war eher der Hunde-Typ gewesen. Sie hatte eigentlich immer einen Hund gehabt, so wie Maren und ich Katzen. Ich kann mich noch an so einen großen zotteligen Mischling erinnern. Es war natürlich eine Hündin! Wie hieß die doch gleich?

    Du bist nach wie vor tierlieb, das ist gut, vernahm ich von Gundula.

    Dann entstand eine längere Pause, während der ich überlegte, dass der bisherige Gesprächsverlauf ja nicht der Grund sein könne, um mich nach zehn Jahren ausfindig zu machen und anzurufen. Zumal ich damals zu Gundula kaum näheren Kontakt hatte.

    Du bist jetzt mit Maren zusammen, das freut mich. Du weißt, dass mir diese patriarchalen Strukturen in den Beziehungen nach wie vor ein Graus sind?!

    Jetzt war ich dann doch etwas irritiert.

    Du, Melanie, ich habe eine große Bitte an dich. Würdest du bitte auf Safya aufpassen, während ich im Krankenhaus bin?

    Du musst ins Krankenhaus?, fragte ich irritiert zurück.

    "Ja, leider. Zur Beobachtung. Ich hoffe aber, dass ich nur vierzehn Tage dort bleiben muss.

    Safya ist im Moment bei meiner Nachbarin von gegenüber. Aber die ist eine alte Dame und nicht mehr gut zu Fuß. Da kann ich ihr die Belastung nicht so lange zumuten. Und bei dir weiß ich Safya in wirklich guten Händen. Sie ist schon zwölf, also aus dem Gröbsten raus. Außerdem ist sie blitzgescheit. Sie wird sich also schnell an dich gewöhnen und wahrscheinlich wenig Probleme bereiten in dem Alter."

    Nun, wer kann da schon nein sagen, oder? Jedenfalls habe ich dann eingewilligt, Safya am nächsten Tag bei Frau Michalke abzuholen. Gundula wiederholte dann noch, dass sie nicht plane, für länger als vierzehn Tage im Krankenhaus zu bleiben. Und dass Safya, bevor sie zu ihr kam, in einem Haushalt mit Katzen groß geworden sei, hier also keine Probleme zu erwarten wären.

    FRAU MICHALKE

    Als ich bei Frau Michalke klingelte, hielt ich ein getrocknetes Schweineohr in der Hand, das ich auf dem Weg von Steglitz, wo unsere Apotheke lag, nach Charlottenburg geistesgegenwärtig besorgt hatte. Ich wollte ja schließlich bei Safya Sympathiepunkte einstreichen. Das würde die zwei gemeinsamen Wochen sicherlich einfacher gestalten.

    Ick weeß nich, ob die det frisst? Aber kiek selba, wa, begrüßte mich die alte Dame in der Tür, als ich mit meinem Leckerli vor ihr stand. Und dann war ich auch schon in de jute Stube bugsiert und sie rief Safya, meene Kleene, komm doch mal zu Oma Michalke.

    Die Tür zum Nebenraum öffnete sich, und ein Mädchen, etwa zwölf Jahre alt, trat zu uns. Sie hatte langes, fast bis zum Po reichendes Haar, dunkelblond bis braun und irgendwie natürlich gesträhnt wirkend. Ihre Augen waren extrem dunkel, ihre Haut mediterran dunkel.

    "Ich reichte ihr völlig verdattert die Hand mit dem getrockneten Ohr, wurde mir in dem Moment der grotesken Situation bewusst, und konnte es dann gar nicht mehr kontrollieren.

    Schweineohr, stammelte ich also zur Begrüßung, worauf mir das Mädchen artig die Hand gab und sich mit Safya vorstellte. Das brachte mich nun völlig aus der Fassung und ich wedelte mit dem getrockneten Schweineohr vor ihr her und stammelte:

    Nein, nicht, ich meine, Melanie, also nicht wirklich.

    Wenn ick son Namen hätte, würd ick mir auch lieba duzen lassen, wa, meinte Frau Michalke. Aba ne jute Idee mit de jetrocknete Visitenkate, det mit dem Knuspaöhrchen würd ick bei dem Namen och machen, glob ick.

    Nein, ich heiße doch ganz anders, versuchte ich den Einstieg zu retten, aber es war wohl zu spät. Denn mein Blick fiel auf das getrocknete Ohr und siedend heiß schoss es mir durch die Adern und leider auch wieder in den Kopf:

    Ich habe doch jetzt mit dem Ohr nicht deinen Gott beleidigt, oder? Das tut mir leid, das wollte ich wirklich nicht. Kannst du mir vergeben?

    Die Antwort machte mich nicht wirklich klüger.

    Ich glaube an den blauen Pfau, Melek Taus. Und ob der Schweineohren mag, weiß ich jetzt auch nicht. Aber er ist sehr großzügig und gar nicht so leicht zu beleidigen.

    Glücklicher Weise hatte Frau Michalke eine große Kanne Kaffee durch ihren alten Melitta-Filter gejagt und der tat nun wirklich gut. Auch wenn das getrocknete Ohr neben der nostalgisch-verschnörkelten Kaffeetasse, dem Marzipanobst und den Keksen irgendwie mit jeder Tasse Kaffee deplatzierter wirkte.

    Ick globe, det entsorge ick ma lieba, wa, stand sie auf und brachte das Ohr in den Bioabfallbehälter. Aba ne knorke Idee für nen bleibenden ersten Eindruck.

    Ich erfuhr noch, dass sie und Gundula nicht nur Nachbarn waren, sondern auch auf dem Amt viele Jahre zusammen gearbeitet hätten, bis Gundula dessen Leitung von ihr übernommen hätte, als sie selbst in den Ruhestand ging.

    Auf dem Rückweg ins brandenburgische war ich einerseits froh, dass ich diese Safya deutlich besser in meinem Zweisitzer transportieren konnte. Denn ich hatte mir schon den Kopf zerbrochen, wie ich einen Hund, von dem ich nicht einmal wusste, welche Größe er hätte, sinnvoll würde anschnallen können. Und ohne Rücksitzbank, blieb ja nur der Beifahrersitz.

    Die Notizen, in welcher Klinik Gundula untergebracht war, hatte ich in meiner Handtasche sorgsam verstaut. Was mich noch etwas beunruhigte, war die Überlegung, ob uns zuhause schon ein vorsorglich gefüllter Fressnapf erwarten würde. Denn Maren hatte zwar auf meine Ankündigung, dass wir für zwei Wochen einen Hund zu Gast hätten, etwas reserviert reagiert. Aber ich wusste, dass ihre Tierliebe mindestens so groß war wie meine, und die Tatsache, dass unser kleines Häuschen nicht zu all unseren Katzen mit zusätzlichen Hunden, Eseln und Papageien bevölkert war, einzig der Tatsache geschuldet war, dass sie als engagierte Architektin über genauso wenig Freizeit verfügte, wie ich, seit ich die Leitung der väterlichen Apotheke übernommen hatte.

    #

    DER BLAUE PFAU

    Sag’, was ist Safya für eine Rasse?, rief Maren aus dem Wohnzimmer, als ich die Tür aufschloss. Mir blieb fast das Herz stehen!

    Safya drückte sich an mir vorbei, ging zielstrebig mit ausgestreckter Hand auf Maren zu und verkündete: Ich bin Jessidin, na, eigentlich nur fast. Mein Name ist Safya.

    Als Maren dann wieder Worte fand, meinte sie nur: Dann magst du bestimmt lieber Kekse als Trockenfutter, oder?

    Ja, Kekse sind völlig in Ordnung, antwortete Safya.

    Als wir uns dann mit Saft und Keksen am Esstisch niedergelassen hatten, wollte Maren dann doch wissen, wo Safya denn herkäme.

    Charlottenburg, Kamminer Straße, dritter Stock, rechter Seitenflügel, antwortete Safya präzise zu Marens Verwunderung. Und ich nickte zur Bestätigung.

    Nein, ich meine ursprünglich, beharrte Maren auf ihrer Frage.

    Also davor habe ich in einem kleinen Dorf in der Nähe von Mossul gelebt, bei meiner Großmutter. Und davor direkt in Mossul in der Innenstadt, als meine Eltern noch gelebt haben, bevor die Granate eingeschlagen ist.

    Deine Eltern sind bei einem Granateneinschlag ums Leben gekommen?, wollte ich wissen.

    Nein, die ist ja ins Schlafzimmer eingeschlagen und wir waren gerade beim Abendessen. Da ist niemandem etwas passiert. Nur die Wohnung war ganz kaputt und alle Betten.

    Aber deine Eltern sind dann doch gestorben?, nahm ich den Faden auf.

    Ja, als sie versucht haben, eine neue Wohnung zu finden. Das ist schwierig, weil so viele Wohnungen nämlich kaputt sind. Da sind sie mit dem Auto auf eine Mine gefahren. Dann bin ich zu meiner Großmutter gezogen, weil ich ja keine richtige Jessidin bin und nicht alle in der Gemeinde mich gemocht haben. Da hat sie mich beschützt vor denen und den Arabern. Die mögen nämlich Jessiden auch nicht, weil sie denken, wir beten den Teufel an. Das stimmt aber gar nicht!

    Warum bist du keine richtige Jessidin?, wollte Maren wissen.

    "Jessidin kann man nicht werden, es sei denn man ist es von Geburt an. Und dann müssen beide Eltern vorher Jessiden sein. Denn das Jessidentum ist eine synkretistische Religion, die weder eine heilige Schrift hat, noch ein

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