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Profan: Giselle
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eBook257 Seiten3 Stunden

Profan: Giselle

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Über dieses E-Book

Fast alle sind sie verschossen sind die schöne Pathologin. Doch übersehen sie vor lauter Begierde das Wesentliche?
Können die Polizisten der Kleinstadt noch ordentlich ihre Jobs erledigen? Noch nie gab es in so kurzer Zeit so viele Morde, und was hat der russische Mafiosi damit zu tun?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum13. Jan. 2021
ISBN9783752930160
Profan: Giselle

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    Buchvorschau

    Profan - Dennis Herzog

    1- Eins -

    graphics1

    "In den Gesichtern von Toten erkennen wir eine Art Tor. Es ist uns verschlossen ... aber wir wissen, dass es nicht immer so bleiben wird. Eines Tages öffnet es sich für jeden, und jeder muss es passieren."

    >>Stephen King, Sunset<<

    Profan

    Erst als er hinter ihr die kleine Küche betrat, wurde ihm allmählich bewusst, dass sich der Tag bereits seinem Ende näherte. Es war draußen schon deutlich dunkler geworden, die Sonne nur noch eine Handbreit über den Hügeln, aber er hatte wenig darauf geachtet. Auch den leichten, eben erst einsetzenden Regen nahm er kaum wahr, bemerkte erst jetzt, dass ihm seine Haare feucht ins Gesicht hingen. Dabei war es sicher kein Wunder, dass er kaum mehr Augen für seine Umgebung hatte.

    Übertrieben vorsichtig und mittlerweile auch leicht angespannt, drückte er die hölzerne Hintertür, durch die sie die Küche betreten hatten, zurück ins Schloss. Das wenige Dämmerlicht, dass sich nur noch mühsam durch ein einziges kleines Fenster zu seiner Linken zwängte, reichte nicht aus, ihm über Möbel und Gegenstände mehr als grobe Umrisse zu verraten.

    Recht gut erkennbar, allerdings nur weil er wusste wen er dort sah, war hingegen die Frau, etwa einen Meter vor ihm. Er war ihr schließlich die letzte halbe Stunde gefolgt.

    Erst saß er artig auf dem Beifahrersitz ihres Wagens. Ein ramponierter, altersschwacher Punto, mit schrecklich kitschiger Petrol-farbener Lackierung. Stetig den Drang unterdrückend sie anzustarren oder gar zu berühren, anschließend auf dem langen Fußmarsch vom Parkplatz auf dieses Haus zu.

    Das leicht violette Zwielicht im Innern schmeichelte ihrer Silhouette, die ihm bereits bei Tageslicht atemberaubend erschien, hier aber noch dank einer Aura des Geheimnisvollen für einen Bonus an prickelnder Spannung sorgte. Der hell geflieste Boden warf ein wenig Restlicht zurück, so dass ihre Beine unterhalb der Knie aussahen, als würde sie durch feinen Nebel laufen, ja eher schweben.

    Auffällig langsam, mit geschmeidigen Schritten, der Begriff lasziv schoss ihm kurz durch den Kopf, ging sie weiter auf einen türlosen Rahmen zu, hinter dem er das Wohnzimmer vermutete. Jener Raum lag in noch tieferen Schatten als die Küche. Sie musste dort zuvor die Vorhänge zugezogen haben, insofern es welche gab, denn das wenige Dämmerlicht, dass noch die Küche erreichte, schien gänzlich ausgesperrt.

    Ohne einen klaren Grund machte keiner von beiden das Licht an. Er hatte sich nicht einmal nach einem Schalter umgesehen. Leise folgte er ihr vorbei an Spülmaschine, Herd und den leise summendem Kühlschrank zu seiner Rechten. Die Schatten links von ihm formten einen kleinen Tisch mit zwei Stühlen.

    Das Gefühl ein Einbrecher würde sich ganz ähnlich verhalten, kam in ihm auf. Auch an Teenager, die sich daheim einschlichen, weil sie zu spät und alkoholisiert von einer Party kamen, erinnerte ihn die jetzige Situation. So heimlich und verstohlen hatte er sich zuletzt als Halbstarker bewegt, wenn er unbemerkt in sein Zimmer huschte, um einer Standpauke seiner Eltern entfliehen zu wollen, nachdem er unerlaubt fort gewesen war.

    Die Frau deren Namen er bislang nicht kannte, über die er im Grunde genommen nicht das Geringste wusste, hatte sich, seit beide im Inneren des Hauses waren, noch kein einziges Mal zu ihm umgedreht.

    Auch zuvor, auf dem rustikalen Sandsteinplattenweg, der ums Gebäude herum zu besagter Hintertür führte, hielt sie es nicht für nötig sich seiner steten Gegenwart durch Blicke zu vergewissern. Sie vertraute zurecht darauf, dass er hinter ihr her trottete, wie ein braver Köter, dem zur Belohnung für Gehorsam ein Leckerli versprochen wurde.

    Sofort erschien ihm dieser Vergleich gar nicht so abwegig. Äußerst zutreffend sogar. Musste er sich eingestehen, wenn er bedachte, was sie; - hoffentlich; - im Folgenden tun würden. Seine Begierde auf Das woran er dachte, bzw. die körperlichen Auswirkungen dieses Denkens wären in besserem Licht sicherlich für jedermann deutlich sichtbar gewesen. Er konnte es tatsächlich kaum erwarten die Beule in seiner Hose auf die einzig richtige Art loszuwerden, die ihm dafür einfiel. Ob das Grinsen in seinem Gesicht wohl so dämlich aussah, wie es sich anfühlte?

    Sie waren allein in diesem Haus. Er wusste nicht ob dieses Gebäude das ihre war, oder sie hier zur Miete wohnte. Es hätte auch das Haus eines Freundes sein können.

    Hatte sie an der Hintertür einen Schlüssel verwendet? Er erinnerte sich nicht. Einen Atemzug später war es ihm auch scheißegal.

    Getroffen hatten sie sich vier Tage zuvor, am Freitag, auf einer Ausstellung. Eine ungewöhnliche Ausstellung sollte man sagen. Körperwelten nennt sich diese Mixtur aus wissenschaftlichen und, mit Verlaub gesagt, bizarren, wenn nicht gar perversen Ansammlungen von echten menschlichen Körpern, Gliedmaßen, Organen, Knochen und vielem Mehr.

    Der Schöpfer dieser Kunst, vielen aus der Presse unter dem treffenden Pseudonym Dr. Tod bekannt, plastifiziert tote Körper. Mit nihilistischer Hingabe und einer teils humorvollen, teils warnenden Herrichte von beispielsweise krebskranken Lungen, Plastizitäten von Muskelgruppen in sportlicher Tätigkeit, oder Myokardinfarkt-Herzen bringt Dr. Tod so Manchen zum wortlosen Staunen. Alles natürlich mit der angeblichen Zustimmung, der Personen zu deren Lebzeiten, für die spätere Verwendung als Anschauungsobjekt, oder wie auch immer man so Etwas nun betiteln sollte.

    Als er diese umwerfende Frau in der großen Lagerhalle, die für die Ausstellung hergerichtet worden war, erspähte, wie sie aus einigen Metern Entfernung auf ihn zugekommen war.

    Zunächst hatte er aufmerksam in die Runde geschaut, um ausmachen zu können, wo sich wohl ihr Begleiter aufhielt.

    Es war ihm schlicht und einfach unwahrscheinlich vorgekommen eine solche Schönheit dort, oder irgendwo anders, ohne einen entweder sehr gut aussehenden, oder wenigstens reichen Typen zu sehen. Seiner Meinung nach gab es derart Männer mit beiden Eigenschaften eher selten.

    Einige Minuten später hatte er sie bereits wieder aus den Augen verloren.

    Seine Gedanken hingen dennoch nicht vollständig an den Ausstellungsstücken, obgleich diese durchaus mühelos den jeweiligen Betrachter in ihren Bann zogen. Es gab wirklich interessante Dinge zu sehen, doch der Anblick dieser Frau hatte sich in sein Gedächtnis gebrannt. Es lenkte ihn sogar zusehends mehr ab, je intensiver er anschließend versuchte seine Konzentration von ihr fort zu bewegen.

    Als sie plötzlich direkt neben ihm auftauchte erschrak er nicht.

    Als hätte Irgendetwas in seinem Unterbewusstsein fest damit gerechnet sie wiederzusehen.

    Ein Wunsch, der sich zur Gewissheit gewandelt hatte. Mindestens zwei Minuten war er mehr oder minder blind für seine Umgebung gewesen, hatte diesen Moment herbeigesehnt. Und war schlussendlich belohnt worden.

    Dann murmelte sie etwas:

    Schaut aus wie bei Alien versus Predator, oder wie das hieß.

    Beide standen zu diesem Zeitpunkt über ein Exponat gebeugt, das in einem geschlossenen Glaskasten, der wage an den Sarg aus dem Märchen Dornröschen erinnerte, ausgestellt war.

    Er stand bereits einige Zeit dort und war durchaus versucht gewesen fasziniert vom Inhalt des Sarges zu sein, bevor seine Gedanken abgedriftet waren.

    Er studierte das kleine Stück Papier, das erklärte was man hier sah. Las es mehrmals, ohne den Text tatsächlich zu begreifen. Im Innern lag eine einzelne menschliche Wirbelsäule. Am oberen Ende war, statt des Schädels, nur das freigelegte Gehirn nebst der damit verknüpften Sehnerven und Augäpfel erhalten worden. Die Augen starrten, seltsam lebendig erscheinend, ins Leere, gehalten von künstlich versteiften Sehnen. Vom rückwärtigen Teil des Gehirns ausgehend waren sämtliche Nervenstränge zu sehen, die wie superdünne, blass-rot eingefärbte Bindfäden wirkten und sich an der Wirbelsäule herab und um sie herum wanden.

    So eine Arbeit musste Monate oder gar Jahre in Anspruch nehmen.

    Er hatte nicht den blassesten Schimmer, wie jemand ein solches Maß an Geduld aufbieten konnte. Dr. Tod musste über den, mit Geld kaum aufzuwiegenden, Luxus von viel Zeit und einer unfassbaren Gelassenheit verfügen. Würde er jemals diesen Mann treffen, so ginge er jede Wette ein, dass dieser keine Uhr am Arm trug.

    Ihre gemurmelten Worte, obgleich ihm nicht einfallen wollte, worin sie den Zusammenhang zwischen dem was sie sahen und dem genannten Sciencefiction Film herstellte, hatten eine gewisse Wirkung auf ihn.

    Es war möglicherweise einfach nur der Klang ihrer Stimme. Es war wie Viagra für seine Ohren. Sie stand ihm kurz so nahe, dass sie mit ihrem rechten Ellenbogen seinen linken Unterarm streifte.

    Er wünschte sich augenblicklich, dies sei nicht unabsichtlich geschehen. Ob sie ihn ansah oder nur das Ausstellungsstück betrachtete, konnte er nicht feststellen. Aufgrund der eigenen Unfähigkeit sie seinerseits direkt anzusehen.

    Wie ein Teenager vor seinem ersten Date mit dem schönsten Mädchen der Schule fühlte er sich plötzlich. Wurde sogar richtig nervös. Er wähnte sich meist nicht als schüchterner Typ. Im Gegenteil. Aber hier passierte etwas „Anderes". Als hätte ihre bloße Anwesenheit die Luft in der Umgebung mit gewissen Pheromonen versetzt.

    Etwas ratlos, nicht wissend, was eine passende Erwiderung hätte sein können, ob er nun weitergehen oder abwarten sollte was passieren würde, wagte er weiterhin nicht die Initiative zu übernehmen. Er stand nur da, wedelte versonnen mit einem Zeigefinger durch die Luft, ganz so als würde er besagte Nervenstränge zählen.

    Außerstande irgendeine einigermaßen sinnvolle Antwort zu formulieren murmelte er unartikulierte Worte und nickte unentwegt.

    Plötzlich waren ihre Lippen ganz nah bei seinem Ohr, und sie hauchte:

    Na, du bist mir ja einer.

    Überrumpelt und beim besten Willen nicht begreifend worauf sie damit anspielen wollte, drehte er sich schlussendlich doch zu ihr herum und blickte in schöne grüne Augen, die am Außenrand ins Blaue wechselten. Ihre Lippen zeigten ein schmales, sanftes Lächeln.

    Hatte sie lediglich bemerkt, dass sie ihm aufgefallen war? Hatte er sie vorhin zu offensiv beobachtet? Dieser kurze Augenblick? - Oder spielte ihm seine zeitliche Erinnerung einen Streich, und er hatte sie lange genug angestarrt, dass es ihr nicht entgangen sein konnte?

    Aber hatten das nicht alle?

    Allerdings hatte sie auch keineswegs beleidigt, oder gar negativ geklungen. Sie würde sich doch sicherlich anders verhalten, oder andere Worte wählen, um ihm ihre Missbilligung mitzuteilen. Würde es sie stören, dass er ein so offensichtliches Interesse an ihr zur Schau stellte, hätte sie ihn doch wohl eher gemieden.

    Seiner Vermutung nach konnte er unmöglich der einzige Mann in der Halle sein, dem ihr – untertrieben gesagt - gutes Aussehen nicht entgangen war.

    Verstohlen ließ er den Blick schweifen, um festzustellen, ob die vor ihm stehende Frau nicht gar in diesem Moment weitere Blicke auf sich zog.

    Er brauchte keine zehn Sekunden um mit einiger Sicherheit behaupten zu können, mit seiner Vermutung absolut recht behalten zu haben. Selbst die Männer in Begleitung ihrer jeweiligen Partnerinnen, wagten mehr als nur flüchtige Blicke. Schlimmer noch: Jeder Einzelne verriet sich mit gierigem Blick auf seine momentane Gesprächspartnerin.

    Scheinbar, weil seinerseits noch immer keine Antwort auf ihre Anrede erfolgt war, erschöpfte sich wohl mittlerweile doch ihre Geduld. Denn als er sie jetzt wieder anblickte hatte sie eine leicht säuerliche Miene aufgesetzt.

    Er schätzte sie auf Ende zwanzig. Sie war so gut wie gar nicht geschminkt. Ein leichter schwarzer Lid-strich, der die schmalen Brauen betonte. Ihr Gesicht war lediglich leicht mit Puder überzogen und es war kein Fältchen, keine Unreinheit zu entdecken. Die Augen wiesen ein sattes Grün auf, das aus der Nähe betrachtet allerdings von Kontaktlinsen her stammen konnte, denn die Ränder der Iris waren etwas zu scharf sichtbar. Und auf den zweiten Blick wirkte das Blau, das sich um sie herum schmiegte „natürlicher". Das linke hatte zudem einen leichten Schimmer von Gold, hinter dem Grün. Es war schlichtweg verwirrend ihr länger in die Augen zu sehen.

    Ihre Gesichtsfarbe schwankte irgendwo zwischen zu blass und leicht olivbraun, was ihn umso mehr zwang sie anzustarren.

    Ihre kurzen, blonden Haare fielen fein frisiert in ihre Stirn, einige bedeckten den Nasenrücken und er spürte, wie sich der Drang in ihm regte, ihr eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen, wie man es nur bei sehr vertrauten Personen wagte.

    Er überragte sie um etwa zehn bis fünfzehn Zentimeter, was ihm bei seiner Größe von knapp über einen Meter neunzig, bei so ziemlich allen Frauen so erging. Aber sie erschien ein wenig größer als die Norm.

    Er versuchte instinktiv heraus zu finden warum diese Frau so attraktiv erschien, warum er sich nicht sattsehen konnte. Es fiel ihm eigentlich nichts Außergewöhnliches, nichts Hervorstechendes auf. Keine außergewöhnlich tolle Figur, keine knallroten gefärbten Haare. Etwas das für viele Menschen den Signalton für Sex beschrieb.

    Es gab allerdings eine recht auffällige Eigenart, die Sie von den meisten anderen Frauen Unterschied. Er wusste nicht, ob er mit dieser Beobachtung eines kleinen Details allein auf weiter Flur war, vermutete aber sein Beruf käme ihm hier zugute. Fast jede andere Frau im Raum trug die eine oder andere Handtasche mit sich herum, er sah Ledertaschen, Stofftaschen, Designermodelle, billige Wühltischfabrikate, alle erdenklichen Formen, Größen und Farben. Nur diese eine Frau bewegte sich ohne ein solch typisches Accessoire durch die bizarre Ausstellung. Dennoch war das sicherlich kein hinreichendes Kriterium, dieser Dame nachzusagen, sie sei attraktiver als andere.

    Eine Tasche war schließlich nur eine Tasche, kein Attribut.

    Sie war nicht einmal besonders auffällig gekleidet: Jeans, ein helles, unbedrucktes T-Shirt, ohne nennenswerten Ausschnitt. Ihre Brüste aber, er würde sie als „niedlich" bezeichnen, waren auffallend schön geformt. Sie zeichneten sich deutlich, ohne dass es aufdringlich wirkte, unter dem Stoff ab.

    Oh mein Gott! Ich glotze ihr auf die Titten, während sie direkt vor mir steht.

    Dachte er in diesem Moment und konnte regelrecht fühlen, wie sein Gesicht sich augenblicklich rot verfärbte. Anstatt ihm jetzt daraufhin passende Worte der Entrüstung zuzufauchen, hellte sich sogar ihr bis jetzt leicht finsterer Blick wieder auf. Sie schaute eher belustigt und regte ihm forsch das Kinn entgegen. Er schaffte es ihr wieder in die Augen zu sehen.

    Oh, du hast meine Brüste bemerkt, danke!

    Auf einen derart entwaffnenden, schlagfertigen Spruch wusste er nun erst recht Nichts, was er als Antwort hätte anbieten können. Somit war er froh, um nicht zu sagen entzückt, als sie sich einfach grinsend bei ihm einhakte und ihn mit sich weiter durch die Ausstellung zog. Ganz so als wären sie hier verabredet gewesen und hätten sich gerade nicht zufällig, sondern gewollt getroffen.

    ...das hier ist auch toll, findest du nicht? Man hat die Beinmuskulatur einfach aufgeklappt. Und sieh nur welch ausgeprägten, muskulösen Femur dieser da hat."

    Mit humorvollem Charme hatte sie ihm erst die Schamröte aus dem Gesicht geredet. Anschließend wich sie ihm nicht mehr von der Seite und gab beim weiteren Betrachten der Exponate ein erstaunliches Fachwissen über die menschliche Anatomie zum besten.

    Er hatte nur anhand des beigestellten Schildes an der besagten Plastik erkennen können, was Femur bedeutete: Oberschenkelmuskel. Die jeweils lateinische Bezeichnung stand in Klammern mit dabei.

    Hm, hier gefällt mir nicht wie der Hypothalamus ausgestellt ist. Der ganze zerebrale Kortex sieht ja aus wie ein zu kurz gebratenes Steak."

    Derart Aussagen machten ihn neugierig. Las sie schnell die kleinen Erklärungen und saugte sich eine schlaue Bemerkung aus den Fingern, oder wusste sie tatsächlich wovon sie sprach?

    Sie kennen sich gut aus, haben sie so was mal studiert?"

    Waren wir nicht schon beim Du?

    War ihre knappe Gegenfrage. Dass sie ihm die Antwort auf seine Frage schuldig blieb, vergaß er darüber noch in der selben Sekunde.

    Damit war er ihr endgültig verfallen. Er wurde sich bewusst darüber, dass sie sich bisher nicht einmal korrekt vorgestellt hatten und ergriff zum ersten mal seit ihrer Begegnung die Initiative, indem er ihr die Hand entgegen streckte:

    Hallo, mein Name ist Stewart, Stewart Mc. Farren.

    Die Art wie sie anstatt einer Antwort ihre Augenbrauen, nicht synchron, sondern eine nach der anderen, nach oben zog, ließ ihn beinahe leise aufstöhnen.

    Wie konnte eine solch beiläufige Mimik ihn derart erregen?

    Sie stellte sich ihrerseits aber nicht so ausschweifend vor sondern sagte nur knapp:

    Giselle."

    Sie tauschten keine Telefonnummern aus. Die mysteriöse Frau nannte ihm nicht ihren Nachnamen. Und als beide, eine gute halbe Stunde später, die Ausstellung von Dr. Tod verließen, trennten sich ihre Wege so plötzlich wie sie sich gekreuzt hatten.

    Sie hatte ihm zum Abschied einen trockenen, flüchtigen Kuss auf die Wange gehaucht. Stewart hatte sich nur schwer zurückhalten können, nicht wie ein alberner Teenager seinen Kopf zu drehen, um somit ihre Lippen auf die seinen zu lenken.

    Doch als sie einfach davon ging, versuchte er nicht sie aufzuhalten. Er blickte ihr nur nach und bewunderte ihre anregende Kehrseite. Irgendwie kam er sich anschließend vor, als wäre er hypnotisiert worden, und man habe vergessen mit dem Finger zu schnippen, um ihn in einen normalen Zustand zurück zu versetzen.

    Die letzten Tage hatte er unentwegt an diese Frau denken müssen. Seine Arbeit litt unter seiner fehlenden Konzentration. Er verlegte Schraubenschlüssel, ihm misslangen die einfachsten Handgriffe und vorgestern hatte er sich

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