Ein Fall für den Psychiater?: Praxis Dr. Norden 8 – Arztroman
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Die neue Serie Praxis Dr. Norden ist prädestiniert, neben den Stammlesern der Erfolgsserie Dr. Norden auch viele jüngere Leserinnen und Leser hinzuzugewinnen.
Praxis Dr. Norden Nr. Ein Fall für den Psychiater? Dr. »Ach, nur der Regen!« Marla Lüders ließ sich in die Kissen zurückfallen und lauschte auf das Prasseln, das sie aufgeweckt hatte. Wie Perlen, die auf einem Marmorboden ausgeschüttet wurden. »Gemütlich!« Marla schloss die Augen und räkelte sich im Bett. Das Fauchen des Windes zerstörte diese schöne Illusion. Marla verzog das Gesicht. Im nächsten Moment schoss sie erneut hoch. »Es regnet?« In Windeseile sprang sie aus dem Bett. Ihre bloßen Füße klatschten auf dem Parkettboden. Sie stolperte über den Läufer im Flur, fing sich in letzter Sekunde und stürzte hinaus auf den Balkon, um das zu retten, was zu retten war. Wie so oft hatte sie einen der letzten lauen Sommerabenden draußen verbracht. Es sich mit einem Berg Decken und Kissen auf ihrer Bank gemütlich gemacht, um im Internet zu stöbern und Zeitung zu lesen. »Ich bin so dumm!«, schimpfte sie vor sich hin und erschrak, als sie in etwas Glitschiges trat.
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Buchvorschau
Ein Fall für den Psychiater? - Patricia Vandenberg
Praxis Dr. Norden
– 8 –
Ein Fall für den Psychiater?
Dr. Danny Norden will es nicht hinnehmen
Patricia Vandenberg
»Ach, nur der Regen!« Marla Lüders ließ sich in die Kissen zurückfallen und lauschte auf das Prasseln, das sie aufgeweckt hatte. Wie Perlen, die auf einem Marmorboden ausgeschüttet wurden. »Gemütlich!« Marla schloss die Augen und räkelte sich im Bett.
Das Fauchen des Windes zerstörte diese schöne Illusion. Marla verzog das Gesicht. Im nächsten Moment schoss sie erneut hoch.
»Es regnet?« In Windeseile sprang sie aus dem Bett. Ihre bloßen Füße klatschten auf dem Parkettboden. Sie stolperte über den Läufer im Flur, fing sich in letzter Sekunde und stürzte hinaus auf den Balkon, um das zu retten, was zu retten war.
Wie so oft hatte sie einen der letzten lauen Sommerabenden draußen verbracht. Es sich mit einem Berg Decken und Kissen auf ihrer Bank gemütlich gemacht, um im Internet zu stöbern und Zeitung zu lesen.
»Ich bin so dumm!«, schimpfte sie vor sich hin und erschrak, als sie in etwas Glitschiges trat. Sie bückte sich nach der klitschnassen Tischdecke und hängte sie über die Brüstung. Überall war Wasser. Von oben und unten. Als stünde sie unter einer Eiswasserdusche im Wellnessparadies. »Warum habe ich die Sachen nicht gestern noch reingeräumt?« In Windeseile schnappte sie sich den Computer und packte so viele Kissen darauf, wie sie tragen konnte. Schwer bepackt streckte sie den Fuß aus. »Aua!« Vor Schmerz und Schreck hätte sie um ein Haar Kissen und Computer fallen gelassen. »Warum geht die verdammten Tür nicht auf?«
Ein gedämpftes Glucksen war die Antwort. Marla ahnte Böses. Sie reckte den Hals, um einen Blick über den Kissenberg zu werfen.
»Fynn, du Satansbraten. Mach sofort den Hebel wieder herunter!«
Der Zweijährige drückte sich die Nase an der Scheibe platt, strahlte übers ganze Gesicht und rührte sich nicht vom Fleck.
»Mama nass is! Mama Dusche!«, brabbelte er quietschvergnügt vor sich hin.
Früher hätte Marla über so einen Streich gelacht. Doch mit ihrem Nervenkostüm stand es im Augenblick nicht zum Besten. Die Trennung von ihrem chronisch kranken Mann und die Sorge um ihr eigene Gesundheit hatten nicht nur in ihrem Gesicht Spuren hinterlassen. Marla zwang sich zur Ruhe.
»Fynni-Schatz, bitte drück den Hebel wieder runter, ja?« Mit Engelszungen redete sie auf ihn ein. »Du bekommst auch Cornflakes zum Frühstück. Mit ganz viel Zucker.«
Doch selbst die Aussicht auf sein Lieblingsfrühstück beeindruckte Fynn nicht. Er kasperte noch ein wenig vor der Scheibe herum, ehe er seiner Mutter den dicken Windelpopo zuwandte und aus dem Zimmer watschelte, bereit für neue Schandtaten.
Marla stand im Regen und sah ihm nach. Am liebsten hätte sie aufgeheult vor Wut und Verzweiflung. Was sollte sie jetzt tun? Ihr Handy lag auf dem Nachtkästchen. So blieb ihr nichts anderes übrig, als laut um Hilfe zu rufen. Auch wenn ihre Freunde Danny und Tatjana dann noch mehr an ihrem Verstand zweifelten, als sie es ohnehin schon taten. Durch die Pfützen tappte Marla über den Balkon und lehnte sich über die Brüstung. Ihr langes Haar triefte vor Nässe, Wasser tropfte von ihrer Nasenspitze. Das Schlafshirt klebte an ihrem Körper, der bibberte und zitterte.
»Hilfeeeee!« Marlas Stimme echote von den Hauswänden wider, wurde schwächer und verlor sich schließlich irgendwo im Herbstlaub der Bäume. Um diese Uhrzeit – das erste Licht des grauen Tages kroch über den Himmel – war weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Verwaist lagen die Straßen da. Hier und da fuhr ein Auto vorbei. Wasser spritzte zu allen Seiten. Ein Zeitungsbote radelte an Schaufenstern und geschlossenen Rollläden vorbei. Aus dem Wackeln seines Kopfes schloss Marla, dass er Musik hörte. »Hilfeee! Hört mich denn keiner?«, rief sie noch einmal, ehe sie in haltloses Schluchzen ausbrach.
*
»Hast du das gehört?« Tatjana Bohde saß kerzengerade im Bett und starrte in die Dunkelheit.
»Falls du den Regen meinst, ja!« Danny warf einen Blick auf den Wecker, zog die Bettdecke über den Kopf und drehte sich auf die andere Seite.
»Das meine ich nicht!«, beharrte seine Verlobte. »Da ruft jemand um Hilfe.«
»Kann es sein, dass du Gespenster hörst? Leg dich lieber hin und schlaf noch ein bisschen. Du musst heute erst um sieben in der Bäckerei sein«, brummte es dumpf unter der Bettdecke.
»Kann es sein, dass du taub bist? Wie soll ich bei dem Krach schlafen?«
Seufzend gab sich Danny geschlagen. Er tauchte unter der Decke auf und gähnte, als wollte er seine Freundin auffressen.
»Ich suche mir nie wieder eine Frau mit einem Gehör wie ein Luchs.«
»Musst du auch nicht. Die hast du ja schon.« Tatjana schwang die Beine aus dem Bett.
Durch einen Spalt in den Vorhängen fiel ein schmaler Streifen graues Tageslicht. Ansonsten war es vollkommen dunkel. In schlafwandlerischer Sicherheit ging sie am Hocker in der Ecke vorbei, ohne ihn zu berühren. Sie streifte auch nicht die Topfpflanzen, die ihre Zweige wir Arme ins Zimmer streckten. Als sie das Fenster öffnete, raschelten die Blätter leise im Zug. Kühle Luft strömte herein. Ein würziger Duft nach goldgelbem Laub und feuchter Erde.
»Hilfeeeee!« Tatjana hatte sich nicht getäuscht. Laut und deutlich hallte eine Frauenstimme zwischen den Häuserwänden.
»Wusste ich es doch«, murmelte Tatjana. Und laut rief sie: »Marlaaaa! Alles gut. Ich bin gleich bei dir.«
»Was ist denn jetzt schon wieder?« Wie um sich vor dem Tag und den neuen Katastrophen zu verstecken, ließ Danny sich zurückfallen und drückte das Kopfkissen aufs Gesicht. Vergeblich.
»Komm schon!« Eisige Kälte – zumindest schien es ihm so – traf ihn wie ein Peitschenhieb. Tatjana hatte ihm die Bettdecke weggezogen. »Wie kannst du nur in aller Seelenruhe liegen bleiben, während oben wahrscheinlich mal wieder die Hölle los ist?«
»In aller Seelenruhe? Dass ich nicht lache«, murrte Danny und fügte sich in sein Schicksal.
Draußen klimperten schon die Schlüssel am Schlüsselbrett. Tatjana suchte nach dem Ersatzschlüssel für die Wohnung im oberen Stockwerk.
»Hast du Marlas Schlüssel gesehen? Ich kann ihn nirgendwo finden.«
Danny trat hinter sie und angelte den altmodischen, großen Schlüssel von einem der Haken.
»Bist du blind, oder was?«
»Ich sehe nicht halb so schlecht, wie du hörst«, scherzte Tatjana.
Im Normalfall folgte solchen Scherzen eine gutmütige Rangelei, die mit Lachtränen und Bauchschmerzen endete. An diesem Morgen gab es allerdings Wichtigeres zu tun. Marlas Hilferuf hatte absolute Priorität.
Zwei Stufen auf einmal nehmend jagten die beiden die Stufen hinauf. Keuchend steckte Danny den Schlüssel ins Schloss. Die Tür hatte sich kaum geöffnet, als sich Tatjana schon an ihm vorbei