Was nach dem Smartphone kommt: Eine Reise in unsere digitale Zukunft
Von Andreas Dripke
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Über dieses E-Book
In einer atemberaubenden Zukunftsreise stellt der Autor unseren digitalen Alltag von morgen und übermorgen vor. Vieles, was wir heute noch für Science Fiction halten, wird schon bald unser Leben bestimmen. Kaum jemand konnte sich ein Smartphone vorstellen, bevor es erfunden wurde. Genauso ist es mit unserer digitalen Zukunft in zehn Jahren.
Andreas Dripke
Andreas Dripke is Chairman of the UN think tank Diplomatic Council and author of numerous non-fiction books.
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Buchvorschau
Was nach dem Smartphone kommt - Andreas Dripke
Unser Leben im Smartphone
Rund vier Milliarden Menschen, also etwa die Hälfte der Menschheit, besitzen ein Smartphone.¹ Wir wachen damit auf, denn der erste Blick nach dem Wachwerden gilt dem kleinen Gerät. Abends blicken wir auf das Display, ob es noch eine letzte wichtige Nachricht gibt, bevor wir die Augen schließen und entschlummern. Die Zeit dazwischen, den ganzen Tag über, tragen wir unseren digitalen Kasten mit uns herum.
„Nimm meine Niere, aber lass mir mein Handy"
Eine Umfrage aus dem Jahr 2021 unter 9.000 Smartphone- Nutzern im Alter von 18 bis 35 Jahren in Europa hat zutage gefördert, welche Bedeutung für die meisten Menschen ihr Smartphone hat.² So stimmten 44 Prozent der deutschen Befragten dem Satz „Nimm meine Niere, aber lass mir bitte mein Handy" zu. Die Niere, von denen man zwei im Körper hat und eine ausreichend zum Weiterleben ist, ist also weniger wichtig als das Smartphone. 95 Prozent der Europäer legen ihr Gerät nachts im Schlafzimmer ab, 90 Prozent sogar direkt neben dem Bett, um es jederzeit in greifbarer Nähe zu haben. Nach dem Aufwachen am Morgen schauen laut Umfrage 77 Prozent binnen weniger Minuten auf das Display, um nichts zu verpassen. Fünf Prozent würden lieber auf ihren Lebenspartner als auf ihren elektronischen Alltagshelfer verzichten.
Smartphone wichtiger als Fernsehen und Lebenspartner
Eine Studie aus dem Jahr 2021 mit insgesamt 1.000 in Deutschland lebenden Personen über 18 Jahren förderte sogar noch erschreckende Zahlen zutage. Auf die Frage, worauf sie im Leben nicht verzichten möchten, gaben 52 Prozent der Frauen an, ohne ihr Smartphone nicht leben zu können, während bei den Männern der Computer mit 53 Prozent ganz vorne rangierte. Auf dem zweiten Platz landete bei beiden Geschlechtern der Fernseher (Männer: 50 Prozent, Frauen: 51 Prozent). Der Partner bzw. die Partnerin befanden sich –bei Männern und Frauen gleichermaßen – mit 49 Prozent erst auf dem dritten Platz der Prioritätenliste. Eine Vergleichsstudie aus dem Jahr 2017 zeigte, dass das nicht immer so war: Mit 51 Prozent gab damals der Großteil beider Geschlechter an, nicht auf den Partner oder die Partnerin verzichten zu wollen. Der Computer und das Smartphone folgten erst später in der Liste.³
Corona verstärkt digitale Beziehungen
In der Corona-Pandemie hat sich die „Beziehung zum eigenen Computer und vor allem zum Smartphone noch verstärkt: Im Lockdown, wenn man kaum jemanden treffen kann, stellt das elektronische Gerät die digitale Nabelschnur zur Außenwelt dar. Experten kennen längst die „Nomophobie
, nämlich die Angst, kein Smartphone verwenden zu können. Wer das für schwer nachvollziehbar hält, sollte sich einmal nach der eigenen Reaktion fragen, wenn über längere Zeit kein Netz verfügbar ist – die meisten von uns werden ärgerlich, viele nervös, manche ängstlich, aber kaum jemanden lässt es kalt, ohne Verbindung zu sein.
Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft Deloitte schauen die Deutschen im Schnitt 30-mal am Tag aufs Smartphone, die 18- bis 24-Jährigen sogar 56-mal. Rentner werfen dagegen lediglich neun Blicke pro Tag auf ihr Display.⁴
Die Smartphone-Abhängigkeit fängt früh an. So versorgen Eltern in Deutschland ihre Kinder am häufigsten zwischen dem sechsten und dem elften Lebensjahr mit dem ersten eigenen Smartphone. Die Altersgruppe, in der das erste eigene Smartphone am zweithäufigsten in Betrieb genommen wird, sind die 12- bis 15-jährigen.⁵
Es ist angesichts dieser Zahlen schwer vorstellbar, dass das Smartphone in Zukunft nur noch Makulatur sein soll. Und doch deutet alles darauf hin, nicht etwa, weil unser Informations- und Kommunikationshunger abnimmt, sondern weil sich andere Gerätschaften und Funktionsweisen durchsetzen werden, die uns mit noch mehr Digitalität in unserem Alltag versorgen.
Eines dieser Geräte ist die Smartwatch. Längst ist für viele Menschen nicht mehr das Smartphone allein der tägliche Le-bensbegleiter. Für Millionen nimmt die Smartwatch einen beinahe ebenso wichtigen Platz im Alltag ein.
Von der Smartwatch zum digitalen Gesundheitswesen
Immer mehr Menschen – über 100 Millionen weltweit – tragen eine Smartwatch, also eine Computeruhr am Handgelenk. Die Smartwatch hat sich längst zum Kompagnon des Smartphones entwickelt, zum ständigen Begleiter – und in vielen Fällen zum Ersatz. Eine moderne Computeruhr, wie beispielsweise die Apple Watch oder ein vergleichbares Gerät, ist nämlich viel mehr als ein Chronograph, sie ist zugleich Telefon, Musikplayer, Wetterstation, Zahlungsmittel, Nachrichtenzentrale und im Grunde beinahe alles, was ein Smartphone ausmacht (bis auf die Kamera, die bei Smartwatches, von wenigen Ausnahmen abgesehen, in der Regel fehlt).
Wer also die Frage stellt, was nach dem Smartphone kommt, hat mit der Smartwatch eine erste Antwort. Im Grunde unterscheidet sich eine hochgerüstete Smartwatch nur noch in drei Aspekten vom Phone:
die Watch hat ein viel kleineres Display,
es fehlt die Kamera,
sie misst die Vitalwerte des Nutzers.
Die ersten beiden Aspekte stellen sicherlich Einschränkungen gegenüber dem Smartphone dar, aber der dritte ist eindeutig ein Addendum, eine zusätzliche Funktion, die die Smartwatch deutlich über das Smartphone hinaushebt.
Die Smartwatch überwacht uns
Viele tragen ihre Smartwatch rund um die Uhr, sogar nachts, um ihren Schlaf zu überwachen. Wir wissen nämlich, dass Smartwatches nicht primär dazu dienen, die Uhrzeit anzuzeigen, sondern vor allem dazu, unsere körperlichen Vitalwerte, unsere Lebenswerte, zu erfassen, zu speichern und auszuwerten. Mit zahlreichen Sensoren ausgestattet erkennen die „Uhren anhand unserer Bewegungen, ob wir gerade laufen, rennen, tanzen oder Rad fahren. Smartwatch und Smartphone erstellen zusammengenommen eine Art „minutiöses Lebensprotokoll
von uns , nichts bleibt im Verborgenen – weder tagsüber noch nachts, sofern wir die Uhr auch in der Nacht am Handgelenk lassen.
Apple Watch und Co überwachen mühelos Blutdruck, Herzfrequenz, Atemrhythmus und weitere Vitalwerte. Das kann in vielen Fällen durchaus nützlich sein, denn eine Uhr, die bei Herzrhythmusstörungen in der Nacht Alarm schlägt und automatisch die medizinische Notfallnummer anruft, kann Leben retten. Weniger dramatisch, aber immer noch sehr nützlich ist die Armbanduhr, die bei lauten Schnarchgeräuschen einen kleinen Vibrationsmotor in Gang setzt, was zur Veränderung der Schlafposition führt, durch die sich die Atmung wieder normalisiert.⁶ Der Lebenspartner nebenan dankt es.
Wenn es gelegentlich und auch an anderer Stelle in diesem Buch um die Frage nach der Überwachung durch Digitaltechnik geht, so sollte man bedenken, dass wir diese bei Computeruhren nicht nur freiwillig hinnehmen, sondern sogar viel Geld dafür ausgeben, um die neuesten Modelle zu besitzen. Niemand zwingt uns dazu, wir fürchten uns nicht vor der dadurch entstehenden Überwachung. Wir empfinden es als Lebensstil, nicht als Zwang, es ist keine „Horrorvision, sondern spiegelt unsere moderne und vor allem digitale Welt wider. Wie gut die „Massenüberwachung
funktioniert, zeigt exemplarisch die medizinische Forschung auf: Durch die (freiwillige) Teilnahme von Probanden, die sich per Smartwatch an medizinischen Testreihen beteiligen, lassen sich Massenstudien unvorstellbaren Ausmaßes durchführen.
Medizinische Massenstudien mit wenig Aufwand
Zur Klarstellung: Dabei handelt es sich um keine weit entfernten Zukunftsszenarien, sondern um bereits heute verfügbare Anwendungen in der Erprobungsphase. So arbeitet Apple eng mit der Stanford University zusammen, um die automatische Erkennung von Herzrhythmusstörungen zu verbessern. Hierzu findet eine breit angelegte Studie mit ungewöhnlich vielen Probanden, nämlich 54.000 Teilnehmern statt.⁷ Die auffallend hohe Zahl ist schnell erklärt: Das Programm zur Studie wird über Apples Appstore verbreitet. Wer es also auf seine Watch herunterlädt (und aktiviert), nimmt automatisch an dieser medizinischen Studie teil.
„Uns hat das die Augen geöffnet", gibt Stanfords Medizindekan Lloyd Minor unverhohlen zu. Mit Millionen von Apple Watches und natürlich auch mit den Computeruhren anderer Hersteller, die über immer bessere Sensoren bei der Erfassung von Vitalwerten, Bewegungsabläufen und Standortdaten verfügen, wird es künftig möglich sein, mit minimalem Aufwand medizinische Massenstudien durchzuführen, die bis dato undenkbar waren.
Trügerische Freiwilligkeit
Natürlich wird keiner gezwungen, nachts eine Computeruhr zu tragen, genauso wenig wie wir einen Computerwecker oder ein Smartphone nutzen müssen. Doch diese Freiwilligkeit ist trügerisch. Wir verwenden alle diese und noch mehr Geräte, weil sie auf dem Markt erhältlich sind, weil sie nützlich sind, weil sie unsere Bequemlichkeit unterstützen und weil sie uns Sicherheit geben – es gibt viele und durchaus gute Gründe.
Je kleiner und leichter die Computeruhren werden, je länger die Batterie hält und je mehr sie sich um unsere Gesundheit