Wer hilft André?: Kinderärztin Dr. Martens 96 – Arztroman
Von Britta Frey
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Über dieses E-Book
Kinderärztin Dr. Martens ist eine weibliche Identifikationsfigur von Format. Sie ist ein einzigartiger, ein unbestechlicher Charakter – und sie verfügt über einen extrem liebenswerten Charme. Alle Leserinnen von Arztromanen und Familienromanen sind begeistert!
Spätes Sonnenlicht fiel durch das hohe Klinikfenster und strich besänftigend über Hanna Martens' ärgerliches Gesicht, als sie an der Seite ihres Bruders sein Arbeitszimmer betrat. »Glaubst du nicht, du solltest einmal mit dem Vater des kleinen André Wallenstein sprechen?« fragte sie jetzt und schloß mit Nachdruck die Tür. »Immerhin war das heute der dritte Sturz des Kindes in diesem Jahr und der ich weiß nicht wievielte in den letzten zwei Jahren!« Dr. Kay Martens trat an seinen Schreibtisch und seufzte, während er die Patientenkarte des Jungen vor sich auf die Tischplatte legte. Stürze über Stürze waren auf ihr vermerkt, wenn auch mit geringfügigen Verletzungen. Ganz offensichtlich war der Sohn des Gestütsbesitzers Karl Wallenstein vom Reiten besessen und wagte zuviel für sein Alter. »Du meinst also, ich sollte ihm unsere Bedenken mitteilen, obwohl nun mal das Reiten diese Dinge mit sich bringt – und ja auch Gott sei Dank bis heute nichts wirklich Ernsthaftes passiert ist?« »Aber, Kay, was muß denn deiner Meinung nach erst noch geschehen, bis wir als Ärzte den Mund aufmachen sollten?« Hannas feines helles Gesicht war gerötet und ohne jedes Verständnis. Der Blick ihres Bruders traf sie mit dem Ernst, der ihm zu eigen war, als er sagte: »Sieh mal, Hanna, der Junge ist als Sohn des berühmten Springreiters und Gestütsinhabers Karl Wallenstein mit Pferden groß geworden. Liegt es da nicht nahe, daß er seinem berühmten Vater nacheifern möchte?« »Das ist nicht die Beantwortung meiner Frage!« Kay Martens seufzte gespielt, kannte er doch die Hartnäckigkeit seiner hübschen Schwester. Zögernd gestand er aber dann: »Du weißt, daß ich mich nicht gern in Dinge einmische, von denen ich weiß, daß vernünftige Erwachsene dahinterstehen.« »Vernünftige Erwachsene!« protestierte Dr. Hanna Martens und strich sich mit einer heftigen Bewegung das blonde Haar zurück. »Das ist doch wieder einmal typisch männlich gedacht!
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Kinderärztin Dr. Martens Classic
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Buchvorschau
Wer hilft André? - Britta Frey
Kinderärztin Dr. Martens
– 96 –
Wer hilft André?
Er ist doch heillos überfordert!
Britta Frey
Spätes Sonnenlicht fiel durch das hohe Klinikfenster und strich besänftigend über Hanna Martens’ ärgerliches Gesicht, als sie an der Seite ihres Bruders sein Arbeitszimmer betrat.
»Glaubst du nicht, du solltest einmal mit dem Vater des kleinen André Wallenstein sprechen?« fragte sie jetzt und schloß mit Nachdruck die Tür. »Immerhin war das heute der dritte Sturz des Kindes in diesem Jahr und der ich weiß nicht wievielte in den letzten zwei Jahren!«
Dr. Kay Martens trat an seinen Schreibtisch und seufzte, während er die Patientenkarte des Jungen vor sich auf die Tischplatte legte. Stürze über Stürze waren auf ihr vermerkt, wenn auch mit geringfügigen Verletzungen. Ganz offensichtlich war der Sohn des Gestütsbesitzers Karl Wallenstein vom Reiten besessen und wagte zuviel für sein Alter.
»Du meinst also, ich sollte ihm unsere Bedenken mitteilen, obwohl nun mal das Reiten diese Dinge mit sich bringt – und ja auch Gott sei Dank bis heute nichts wirklich Ernsthaftes passiert ist?«
»Aber, Kay, was muß denn deiner Meinung nach erst noch geschehen, bis wir als Ärzte den Mund aufmachen sollten?« Hannas feines helles Gesicht war gerötet und ohne jedes Verständnis.
Der Blick ihres Bruders traf sie mit dem Ernst, der ihm zu eigen war, als er sagte: »Sieh mal, Hanna, der Junge ist als Sohn des berühmten Springreiters und Gestütsinhabers Karl Wallenstein mit Pferden groß geworden. Liegt es da nicht nahe, daß er seinem berühmten Vater nacheifern möchte?«
»Das ist nicht die Beantwortung meiner Frage!«
Kay Martens seufzte gespielt, kannte er doch die Hartnäckigkeit seiner hübschen Schwester. Zögernd gestand er aber dann: »Du weißt, daß ich mich nicht gern in Dinge einmische, von denen ich weiß, daß vernünftige Erwachsene dahinterstehen.«
»Vernünftige Erwachsene!« protestierte Dr. Hanna Martens und strich sich mit einer heftigen Bewegung das blonde Haar zurück. »Das ist doch wieder einmal typisch männlich gedacht! Zuerst wird immer alles unter dem Aspekt der Vernunft betrachtet, weil doch alles so logisch erscheint! Aber hast du dich zum Beispiel einmal gefragt, ob der Junge wirklich so gern reitet, wie jeder erst einmal aufgrund seiner Herkunft annimmt?«
Kay Martens sah sie erstaunt an, und Hanna holte tief Luft.
»Stell dir einmal vor, das Gegenteil wäre der Fall – und der Junge haßt das Reiten, verweigert sich ihm aber nicht, da jeder es von ihm erwartet?«
»Aber, Hanna, dramatisierst du das Ganze jetzt nicht etwas?« Kay Martens lächelte seiner aufgebrachten Schwester besänftigend zu. »Sicherlich ist der Kleine rein körperlich nicht das, was man einen Haudegen nennt, aber ganz gewiß ist er auch kein Angsthase. Auf jeden Fall möchte ich deiner Annahme widersprechen, daß er unter Zwang ein Pferd besteigt.«
»Und wenn sich der kluge Herr Doktor hier einmal gewaltig irrt?« Hanna nahm das hübsche Gesicht hoch, und ihre blauen Augen blitzten den großen Bruder an, mit dem zusammen sie die Kinderklinik Birkenhain leitete. »Immerhin ist der kleine André das einzige Kind des verwitweten Gestütsbesitzers Karl Wallenstein. Und was liegt da näher als die Annahme, daß dieser erfolgreiche Mann aus seinem Sohn und Erben einen tüchtigen Reiter machen möchte, welcher einmal mit dem nötigen Sachverstand das väterliche Gut übernehmen kann.«
»Immerhin ein verständlicher Wunsch.« Kay Martens, hochgewachsen und von dominierender Erscheinung, blickte seine hübsche Schwester an, während er sich über das dunkle Haar strich. »Welcher Vater wünschte sich da nicht einen tatkräftigen Sohn!«
»Aber das dürfte noch nicht alles sein, fürchte ich«, fuhr Hanna fort. »Ich könnte mir vorstellen, daß die Träume des Vaters da vielleicht noch weitergehen, indem der ehrgeizige Mann aus seinem Sohn einen ebenso berühmten Springreiter formen möchte, wie er selber es ist.«
Kay Martens wurde nun zusehends nachdenklicher.
»Du meinst, der Kleine übt sich schon jetzt im Hindernisreiten?« fragte er erstaunt und hatte den schmächtigen Jungen vor Augen. »Das wäre allerdings eine einleuchtende Erklärung für die Vielzahl der Stürze…«
Dr. Hanna Martens nickte. Endlich hatte sie ihren Bruder soweit, daß er ernsthaft über die Kette der Unfälle nachzudenken begann. Und während sie ihn nun still und abwartend beobachtete, ging sein Blick noch einmal über die Krankenkarte. Dann aber nahm er in einer raschen Bewegung den Kopf hoch.
»Weißt du, in welcher Beziehung die junge Dame zum Hause Wallenstein steht, welche den Jungen in die Klinik gebracht hat?«
»Soviel ich weiß, ist sie die Freundin des Gestütsbesitzers. Warum fragst du?«
»Hält sie sich noch bei dem Kind auf?«
»Ja – ich denke schon…«
»Dann geh doch bitte noch einmal auf die Station zurück und versuch, auf möglichst diplomatische Weise zu erforschen, ob das stimmt, was du hier als Vermutung in den Raum gestellt hast.«
»Und warum gerade ich?« Hanna Martens legte lächelnd den Kopf schief.
»Nun, eine Frau kann so etwas besser, sozusagen mit Gefühl«, lachte er. »Hast du es nicht selber gerade eben angedeutet? Nun beweis einmal, daß dir deine Intuition recht gibt.«
Hanna Martens aber tat nichts lieber als das, war sie doch der Meinung, daß von Seiten der Klinik endlich etwas getan werden mußte. Und während sie nun raschen Schritts über den Klinikflur zur Station eilte, überdachte sie noch einmal die erneute Einlieferung des kleinen André Wallenstein vor einer knappen Stunde.
Mit raschem Griff öffnete sie die Zimmertür und fand den Jungen ebenso blaß und angespannt in seinem Klinikbett vor, wie sie ihn in ihren sorgenvollen Gedanken gehabt hatte. Sein blonder Kopf ruhte still auf dem Kissen und trug um die Stirn den hellen Verband, während seine ernsten blauen Augen unverändert jenen ratlos hilflosen Ausdruck enthielten, der sie so wenig an Kinderaugen erinnerte.
»Frau Doktor! Wie gut, daß Sie kommen!« rief bei ihrem Eintritt das blonde langhaarige Mädchen, welches ihn in die Klinik begleitet hatte – und nun erleichtert aufgesprungen war. »André will mich nicht fortlassen!« Ihr hübsches Gesicht verriet neben der Ungeduld auch eine gewisse Lästigkeit, zumindest schien es so, als sie mit einer gereizten Bewegung die Pracht ihres blonden Haares über die Schultern zurückwarf.
»Sie können gern noch bleiben«, versicherte Hanna Martens freundlich und betrachtete das hinreißend hübsche Geschöpf, welches kaum älter als zwanzig Jahre sein mochte und in seinen schmalen Reithosen und dem hellen weiten Herrenhemd verführerisch sexy wirkte.
Ein Männertyp! dachte Hanna Martens automatisch, hübsch und ein wenig oberflächlich, eben das, was den meisten Herren auf Anhieb gefiel. Dann aber wandte sie sich dem kleinen Jungen zu, und ihr warmes Lächeln galt nun ihm, aufmerksam und ausschließlich.
»Tut’s noch weh?« fragte sie in kindgerechter Sprache und setzte sich zu ihm auf die Bettkante. Dabei griff sie nach seiner Hand, welche etwas verloren auf der Decke lag.
»Nein«, sagte er, und seine Stimme klang rauh. »Muß ich in der Klinik bleiben?«
Die junge Ärztin nickte lächelnd.
»Du bist bei deinem Sturz mit dem Kopf aufgeschlagen, das beweist deine Wunde. Und ganz sicher hast du dabei eine leichte Gehirnerschütterung davongetragen.«
André Walleinstein bewegte ein wenig den Kopf. »Ich habe keine Gehirnerschütterung davongetragen«, wiederholte er ihre Worte, »ich weiß, wie das ist.« Seine Stimme klang unverändert rauh, als er versuchte, ihr weiterhin einen tapferen Klang zu geben.
Hanna Martens lachte, und ihre Hand berührte einen Augenblick lang leicht und zärtlich sein Gesicht. »Ich sagte ja auch, daß es eine leichte Gehirnerschütterung sei.«
»Und wie lange muß ich hier bleiben?« Seine blauen Augen betrachteten die freundliche Ärztin unverändert ernst und angespannt.
»Ein paar Tage – nicht lange.«
»Warum darf ich nicht gleich mit Diana nach Hause zurückfahren?« Seine freie Hand berührte tastend den Verband, als müsse er prüfen, wie schlimm er sich anfühle.
»Aber, André!« mischte sich jetzt das schlanke hübsche Mädchen ein, welches ziemlich ungeduldig am Fuße des Bettes gestanden hatte. »Deinem Vater dürfte es kaum recht sein, wenn du so auf dem Gut auftauchst.« Ihre Augen streiften mit raschem Blick seine verbundene Stirn. »Außerdem gehen wir heute auf den Reiterball und können uns nicht um dich kümmern.« Nervös sah sie bei diesen Worten auf die Uhr. »Ich muß jetzt aber wirklich gehen…«
»Warum geht Papa nicht mit Frau von Römer zum Reiterball?« hielt Andrés Stimme sie in dem letzten verzweifelten Versuch auf, einen Menschen an sich zu binden. »Er geht doch sonst auch immer mit Frau von Römer.«
Diana Helm verlor vorübergehend ihre hübsche glatte Fassade und bezwang in Anwesenheit der Ärztin nur mit Mühe den Ärger,