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Bibi Leben eines kleinen Mädchens: Band 2: Bibis große Reise
Bibi Leben eines kleinen Mädchens: Band 2: Bibis große Reise
Bibi Leben eines kleinen Mädchens: Band 2: Bibis große Reise
eBook192 Seiten2 Stunden

Bibi Leben eines kleinen Mädchens: Band 2: Bibis große Reise

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Über dieses E-Book

Band 2: Bibis große Reise
Herzlich willkommen in Bibis Welt. Bibi ist ein kleines Mädchen mit blauen Augen, blonden Zöpfen und langen, dünnen Beinen. Sie lebt in Dänemark bei ihrem Vater, der ein angesehener Bahnhofsvorsteher ist und den Bibi über alles liebt. Bibi folgt nicht immer, aber wenn sie nicht folgt, dann hat sie einen guten Grund dafür. Sie will alles selber lernen und nicht nur in den langweiligen Büchern lesen. "Eine ganze Stunde lang still sitzen…, da musst du weglaufen, sonst stirbst du.” Im ersten Band hat Bibi ihre Großeltern kennengelernt, im zweiten Band schließt sie nun auch Freundschaft mit ihnen und begleitet die Großeltern auf einer Reise durch Berlin, Waldenburg, Heidelberg, in den Schwarzwald, Kreuznach, Dornburg sieht wir man Glas macht und Edelsteine schleift und besucht eine deutsche Schule, die ihr sogar gefällt.

Für Eltern:
In Skandinavien wird die Figur der Bibi als eine der Inspirationen zu Astrid Lindgrens (1907 - 2002) Pipi Langstrumpf gesehen. Während Pippi eine Welt erfindet, in der alle anderen sich mit ihr zurechtfinden müssen, erleben wir Bibis Abenteuer in der realen Welt, und wie sie damit zurechtkommt, ohne dabei ihr Ziel aus den Augen zu verlieren. Trotzdem sind beide unglaublich mutige Mädchen, die die Fähigkeit haben, alles in ihrer Umgebung auf den Kopf zu stellen. Ein Wunsch von vielen, der derzeit wohl nur im Roman zu verwirklichen ist.

Kritik aus dem Hamburger Fremdenblatt (ca. 1930)
„Der fast beispiellose und sehr verdiente Erfolg des ersten Ban-des wird durch die Fortsetzung, „Bibis große Reise“, vielleicht noch übertroffen. Denn diese Reise führt Bibi nach Deutschland: Berlin, Heidelberg, München, Hamburg, der Schwarzwald, Weimar und das Riesengebirge folgen einander in bunter Kette.“

Karin Michaëlis (1872 - 1950) war eine der großen, weltberühmten Schriftstellerinnen ihrer Zeit. Leider ist sie in der zweiten Hälfte des 20 Jh. mehr und mehr in Vergessenheit geraten. Karin Michaëlis hatte eine enge Verbindung zu Österreich und war eine Freundin der Wiener Reformpädagogin Eugenie Schwarzwald. Einige von Schwarzwalds Ideen, wie die freie Entfaltung des Kindes, die Förderung der Fantasie und gewaltfreie Konfliktlösungen finden sich in den Bibibüchern, und anderen Büchern von Karin Michaëlis wieder. Sie hielt Reden gegen Hitler und half später Flüchtlingen aus Nazi-Deutschland. Sie war eine große kosmopolitische Humanistin und Frauenrechtsaktivistin und mit vielen „Prominenten“ (Adolf Loos, Peter Altenberg, Oskar Kokoschka, Rainer Maria Rilke, Karl Kraus u. a.) ihrer Zeit befreundet. Eine Leseempfehlung auch für große Mädchen.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum19. Apr. 2021
ISBN9783903037427
Bibi Leben eines kleinen Mädchens: Band 2: Bibis große Reise

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    Buchvorschau

    Bibi Leben eines kleinen Mädchens - Karin Michaëlis

    Reßler

    Inhaltsverzeichnis

    Inhaltsverzeichnis

    1. Kapitel – Der Herbst kommt

    2. Kapitel – Bibi bekommt einen schlimmen Brief

    3. Kapitel – In Lebensgefahr

    4. Kapitel – Berlin

    5. Kapitel – Das Geheimnis

    6. Kapitel – Katzenstieg

    7. Kapitel – Bibi besucht Gerhart Hauptmann

    8. Kapitel – Weihnachten

    9. Kapitel – Im Riesengebirge

    10. Kapitel – Bibi ist böse

    11. Kapitel – Nur eine Erkältung

    12. Kapitel – Waldenburg

    13. Kapitel – Bibi macht Bekanntschaft mit Goethe

    14. Kapitel  – Bibi sieht, wie man Glas macht

    15. Kapitel – Ein Mann mit einem ganz großen Kunststück

    16. Kapitel – Bibi staunt abermals

    17. Kapitel – Bibi sieht Bilder von anderen Leuten

    18. Kapitel – Auf einer deutschen Schule

    19. Kapitel – Bibi will Chinesisch lernen

    20. Kapitel – Heidelberg

    21. Kapitel – Pfingsten!

    22. Kapitel – Im Schwarzwald

    23. Kapitel – Bibis Stadt

    24. Kapitel – Singende Tage

    25. Kapitel – Salinen und Mandolinen

    26. Kapitel – Zu Edelsteinen eingeladen

    27. Kapitel – Dornburg

    28. Kapitel – Noch einmal in Berlin

    29. Kapitel – Die Begegnung

    30. Kapitel – Bibi geht auf See

    Liebe Bibifreundinnen,

    liebe Bibifreunde und solche, die es noch werden,

    es macht mir großen Spaß, in alten Buchhandlungen nach Büchern mit verborgenen Schätzen zu suchen. Meistens sind diese Bücher in einer so alten Schrift geschrieben, dass diese heute nur noch schwer zu entziffern ist. Mit diesem Buch ist es mir gelungen, einen Schatz zu finden, der schon fast 100 Jahre lang darauf gewartet hat, wiederentdeckt zu werden. Dieser Schatz ist nicht aus Gold und Silber, er besteht aus den Geschichten und Ideen, die in diesem Buch – Bibis große Reise – von Karin Michaëlis aufgeschrieben worden sind. Und es ist schon der zweite Band. Ich denke, dass Karin viel von dem, was sie als Kind erlebt hat oder gerne erlebt hätte, Bibi in ihren Büchern erleben lässt. Beim ersten Lesen hatte ich eine so große Freude, dass es mir ein dringendes Bedürfnis geworden ist, daraus ein modernes Buch – ein E-Book – zu machen, um diesen Schatz nun mit allen Lesern und Leserinnen teilen zu dürfen.

    Wir wissen alle, dass die Rechtschreibung sich hin und wieder ändert und das, was gestern richtig war, ist dann morgen ein Fehler und umgekehrt. Ich habe mich bemüht, die Schreibweise aus der Entstehungszeit des Buches so genau wie möglich zu übernehmen. Vor ca. 100 Jahren hat man ein paar Worte anders geschrieben, die ß/s/ss - Schreibung war beispielsweise ganz anders und im Buch findet ihr noch einige andere Beispiele mehr. Ich will jetzt nicht sagen, dass es falsch ist, denn damals war es ja richtig, ich möchte gerne sagen: Es ist zu einer Buchstaben-Zeitreisemaschine geworden.

    Bibi schreibt in den Büchern viele Briefe an ihren Paps. Nachdem es Bibi mit der Orthografie (Rechtschreibung) nicht ganz so genau nimmt, weil sie viel besser Zeichnen als Rechtschreiben kann, denke ich, es ist in Bibis Sinn, wenn ich sage: „Wer Rechtsschreibveler findet der darff sie auch behalden." Karin meinte dazu, dass es oft so ist, dass jemand, der zu einer Sache hervorragend taugt, in einer anderen gar nicht gut ist. Das können erwachsene Leute nicht verstehen, aber Kinder können es, denn Kinder verstehen alles viel besser als Erwachsene. (Karin Michaëlis – Bibi: Kapitel 3 - Bibi geht auf Fahrt).

    Ich weiß, was ich selber gut kann; ich kann gut Schätze in alten Büchern finden, denn jeder hat etwas, was er oder sie besonders gut kann. Und wenn wer was nicht kann, der kann das ja immer noch lernen.

    Im Originalbuch gibt es viele Zeichnungen von Hedwig Collin, die fehlen hier. Wer mag, der kann mir eine Zeichnung zu dem schicken, was er oder sie in dem Buch gelesen hat und wenn einige Bilder zusammenkommen, dann machen wir daraus eine kleine Bibigalerie.

    https://www.dieerzaehlwerkstatt.at/

    Früher wurden auch einige Wörter gesagt und geschrieben, die man heute nicht mehr sagt, weil sich Menschen dadurch schlecht behandelt fühlen oder weil sie beleidigend sind, und weil es gemein ist, andere Menschen so zu nennen. Weil wir inzwischen zum Glück alle gelernt haben, dass man einige Wörter nicht mehr sagt, hab’ ich diese Worte einfach ausgetauscht, in welche die nicht wehtun.

    Nachdem ich das erste und das zweite Bibi-Buch gelesen hab’, habe ich die kleine Schwester vermisst, von der ich immer wusste, dass sie einmal da sein würde, die ich im echten Leben aber nicht habe.

    Ich wünsch Euch ebenso viel Freude beim Lesen der Bibi-Bücher, wie ich es hatte.

    Liebe Grüße

    Thomas Horwath

    PS: Ich hab’ natürlich auch in Bibis zweitem Abenteuer eine Lieblingsstelle im Buch - die müsst ihr auf jeden Fall gelesen haben, auch wenn ihr das Buch nicht kauft:

    Es wurde soviel gelacht und gescherzt bei Tisch, daß Jan und Simson sich von innen her in die Backen beißen mußten, um nicht mitzulachen, und mitlachen darf ja ein Diener nicht. Das war etwas, was Bibi niemals richtig verstehen konnte. Soviel war sicher: wenn sie einmal Klinteborg bekam, dann sollten Jan und Simson mit am Tisch sitzen und mitlachen dürfen."

    (Karin Michaëlis – Bibis große Reise: Kapitel 2 - Bibi bekommt einen schlimmen Brief)

    1. Kapitel – Der Herbst kommt

    Als wir zuletzt von Bibi hörten, lag sie in dem herrlichen vergoldeten Bett oben in dem Zimmer ihrer Mama, in das sie vorher nie hineingedurft hatte, und das immer abgeschlossen gewesen war. Aber Bibi war doch außen an der Mauer – ihr erinnert euch sicher noch an ihr „großes Kunststück" – hinaufgeklettert, um durchs Fenster hineinzusteigen, war heruntergefallen in den Schloßgraben und hatte sich dabei ziemlich arg zugerichtet. Da hatten die Großeltern doch genug und gaben nach. Sie schenkten ihr das ganze Turmzimmer mit allem, was darin war, nur damit sie wieder froh würde und bei ihnen bliebe.

    Nun kennt ihr ja Bibi gut genug, um zu wissen, daß sie nie und nimmer daran dachte, für immer von ihrem Vater fortzubleiben. Wenn ich Klinteborg erst auswendig kann, schrieb sie ihm, dann komm ich bestimmt nach Hause, denk ich. In ihrem Innern, da wo man seine kleinen Geheimnisse bewahrt, war sie fest entschlossen, höchstens bis Weihnachten zu bleiben und nicht eine Stunde länger. Paps am Weihnachtsabend allein lassen, ohne seine Bibi – nein, das gab’s nicht.

    Ihre Großeltern, der alte Graf und seine Frau, furchtbar kluge Leute (wenn man bedenkt, wie alt sie waren), zerbrachen sich den Kopf darüber, wie sie es nur machen sollten, um Bibi dazu zu bringen, daß sie dabliebe. Sie dachten, wenn Bibi alles bekäme, worauf sie nur mit dem Finger deutete, daß sie es damit erreichen könnten. Und so fingen sie an, Bibis Wünsche zu erraten und sie zu erfüllen, bevor sie sie noch ausgesprochen hatte. Aber glaubt ihr, daß das etwas genützt hätte?

    Bibis Vater, der Stationsvorsteher, hatte sie so lieb, daß er gar nicht an sich selber dachte und nicht daran, wie allein er war ohne sie. Nur daran dachte er, was für sie das Beste sei. Und da sie ja nun einmal Klinteborg erben sollte, so meinte er, es sei am besten, wenn sie das Leben dort richtig kennenlerne. Er wußte, er brauchte nur zu schreiben: Wärst du doch bei mir dann würde sie sich spornstreichs in den Zug setzen und kommen. Darum schrieb er nicht, daß er Sehnsucht nach ihr hatte. Er schrieb lauter vergnügte Briefe, daß es ihm ausgezeichnet gehe, und daß sie bleiben solle, wo sie sei, und sie solle ihm nur lange Briefe schicken und viele Zeichnungen von allem, was sie erlebe.

    In Wirklichkeit ging es ihm gar nicht gut. Denn es kann einem nicht gut gehen, wenn man die ganze Zeit Sehnsucht hat. Schließlich wird man krank davon, und das wurde er auch; aber das bekam Bibi erst viel später zu hören. Und als sie es endlich erfuhr, da – – aber davon können wir jetzt noch nicht reden, sondern erst dann, wenn der richtige Augenblick dafür gekommen ist.

    Endlich wurde Bibi wieder gesund. Sie war nur etwas dünner geworden von dem langen Kranksein. Als sie wieder aufstehen durfte, fingen die Blätter an, von den Bäumen zu fallen. Der Herbst war gekommen. Tagsüber war ja noch Sonne genug – wenn Sonne da war –, aber gegen Abend legten sich die kalten Nebel auf Felder und Wiesen, so daß die Kühe im Stall bleiben mußten, wenn sie nicht Husten und Lungenentzündung bekommen sollten.

    Bibi hatte den alten Schweizer (so nennt man den Stallmeister für die Kühe), der das Gnadenbrot auf dem Hof bekam und nicht mehr zu arbeiten brauchte, dazu gebracht, den Kühen Mundharmonika vorzuspielen. Die Leute konnten reden und lachen, soviel sie wollten, und sagen, daß es Blödsinn sei – es bleibt doch wahr, daß bei den Kühen nach frischem Klee und Sonnenschein gleich die Musik kommt. Bibi, die es von Romö her wußte, hatte es ja sofort erzählt, als sie nach Klinteborg gekommen war, aber niemand hatte ihr glauben wollen, niemand außer dem alten Schweizer. Aber was wollen wir wetten, daß die beiden noch einen regelrechten Triumph feierten, als – jawohl! – auf einmal alle Kühe mehr Milch gaben, als sie vorher taten!

    Der alte Schweizer ging im Stall auf und ab und blies auf seiner Mundharmonika, wenn er nicht gerade seinen Kautabak im Munde verschieben oder einmal weit ausspucken mußte. Manchmal blieb er stehen und blies ganz dicht bei den Ohren von einer Kuh; dann konnte man deutlich sehen, wie das der Kuh behagte – so wie es einer kleinen verwahrlosten Katze wohltut, wenn man sie streichelt.

    Bibi hatte mächtig zu tun auf dem Gut mit Inspizieren. Das ist ein schwieriges Wort, aber es gehört nun einmal dazu, und es bedeutet, daß man herumläuft und nachsieht, ob alles so ist, wie es sein soll. Mit Vorliebe besuchte sie die Hühner in ihren weitläufigen Hühnerställen, wo Bibi zum ersten Male sah, daß man die Hühner durch elektrisches Licht aufmuntert, sobald die Tage anfangen, kurz und dunkel zu werden. Die Hühner hielten das wohl für eine Art Wintersonne. Und über jedes Huhn wurde ein Tagebuch oder Wirtschaftsbuch geführt, indem man gleich sehen konnte, wieviel Eier es gelegt hatte von der Geburt an.

    Bibi besuchte auch die Schweine und die kleinen Ferkel, bei denen es so rein war, daß man vom Fußboden hätte essen können. Aber eines schönen Tages wurde sie geradezu wütend, denn da kam ihr der Gedanke, daß es eine Schmach und Schande war, die kleinen Ferkel auf dem nackten Steinboden herumlaufen zu lassen, selbst wenn der Steinboden noch so sauber und blank war. Man muß sich vorstellen, was es heißt, mit bloßen kleinen Schweinepfoten auf dem harten, kalten Steinboden herumzulaufen! Bibi schimpfte und schimpfte, daß es nur so eine Art hatte; denn das konnte sie, wenn es darauf ankam. Ihr Großvater gab ihr recht, und im Nu wurde es anders: die Ferkel bekamen jetzt Streu auf den Boden. Wie die sich da freuten und sich herumtummelten im Stroh, statt immer von einem Bein aufs andere zu treten, um sich nicht die Pfötchen zu erfrieren!

    Bibi stapfte auch über die umgepflügten Felder, im Gummimantel und mit Schaftstiefeln bis an den Leib hinauf, zusammen mit dem Verwalter oder dem Gutsinspektor, um zu besprechen, was im nächsten Jahr gesät werden sollte. Sie hatte soviel zu tun, daß ihr kaum Zeit übrigblieb für die Unterrichtsstunden; und außerdem langweilte es sie, dazusitzen und englisch und französisch zu reden, was weder die Kühe verstanden noch die Pferde noch Jens Storch noch sonst jemand, außer höchstens den Großeltern, der englischen Miß und der französischen Mademoiselle, die Bibi jetzt noch bekommen hatte. Aber es mußte ja sein, und mit einem tiefen Seufzer, der bis in die große Zehe hinunterging, trollte sich Bibi in ihre Stunden.

    Die Blätter fielen und fielen. Bald waren keine mehr übrig außer auf den Buchen, die ihre alten Blätter behalten, bis die neuen herauskommen. In Klinteborg fing man an, in den großen offenen Kaminen zu heizen, mit gewaltigen Holzscheiten, die man nur mit Mühe auf den Eisenrost hinaufbekam. Aber das Kaminfeuer war gemütlich und duftete gut.

    In diesem Jahr kam der Winter viel früher, als der Winter eigentlich kommen darf. Eines Morgens war alles weiß, und der Himmel hatte die gelbe Farbe, die bedeutet, daß er noch ganz voll von Schnee ist. Bibi fand das herrlich. Je mehr Schnee, desto besser.

    Der Großvater ließ den altertümlichen Schlitten, bei dem die Vergoldung nur noch halb zu sehen war, herausziehen, und sie fuhren zu zweit spazieren, eingehüllt in die Wolfspelze, mit Fausthandschuhen und in Mützen mit Ohrenklappen gegen die Kälte. Die Pferde sahen aus, als ob sie weiße Spitzendecken hätten, aus Schneeflocken gehäkelt. Das ganze Sattelzeug war dicht besetzt mit winzig kleinen Glöckchen, die immer tingelten. Bald sauste man durch den Wald, der von oben bis unten weiß von Schnee war, und wo die jungen Tannen sich duckten wie Zwerge mit Mehlsäcken auf dem Rücken; oder über Lichtungen, wo das Damwild durch den knietiefen Schnee sprang. Bald fuhr man durch stille Dörfer, die nachTorfrauch rochen und nach Misthaufen und frisch gemolkener Milch. Manchmal brach die Dunkelheit herein, und bald darauf stachen die Sterne Löcher in den Himmel, und der Mond rollte wie ein Messingdeckel über dem Wald dahin. Bibi fand das wunderschön und traurig zugleich. Traurig, denn nun saß Paps allein in der Wohnung in seinem Bahnhof – und wunderschön, wenn sie daran dachte, daß genau so der Großvater mit ihrer Mama gefahren war, als diese noch ein kleines Mädchen war. Großvater bekam rote Backen und blanke Augen von der Kälte, und kleine Eiszapfen wuchsen ihm von seinem Schnurrbart herunter.

    Und dann bog der Schlitten in die lange Platanenallee ein, glitt über die Brücke und hinein in den Schloßhof. Da brannten die alten Laternen; der Wächter, der auf sie achtzugeben hatte, war ein bißchen schläfrig geworden vom langen Warten. Die Diener kamen die Treppe heruntergelaufen, hoben Bibi aus dem Schlitten heraus und trugen all die schweren Pelzdecken ins Haus.

    Drinnen im Schloß in den hohen, stillen Zimmern duftete es nach den Blumen aus den Treibhäusern und nach den vielen Wachskerzen. Großmutter wollte weder Gas noch elektrisches Licht in den Zimmern haben, sondern nur Wachskerzen. Die brannten mild und feierlich wie in der Kirche am Weihnachtsabend. Nach Tisch, wenn Miß und Mademoiselle hinauf in ihre Zimmer gegangen waren, setzte Großmutter sich ans Klavier und spielte und sang all die Lieder, die sie früher mit Bibis Mama gesungen hatte. Großvater stand am Flügel und sah die Großmutter an, als ob er dächte: Du bist die Herrlichste auf der ganzen Welt! Obwohl sie doch weiße Haare hatte und schon schrecklich alt war.

    Wenn Großmutter mit Spielen und

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