Der Traum meines ganzen Lebens: Die epochale Amerika-Reise Alexander von Humboldts
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Über dieses E-Book
Die Reise wurde mit dem Bus unternommen, soweit dies möglich war und war mit 59 Tagen länger und intensiver als die meisten Studienreisen. Diese Art des Reisens mag altmodisch erscheinen, gab aber die Möglichkeit, die Landschaften, Städte und Gebirge in gewissermaßen allmählicher Annäherung aufzunehmen und zu photographieren. So sind in diesem Band die Fotos ein ganz wichtiger Teil der von den Reisenden selbst beigesteuerten Eindrücke - nach der alten Erfahrung: Ein Bild sagt mehr als 1000 Wort!
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Buchvorschau
Der Traum meines ganzen Lebens - Books on Demand
Kuba
TAG 1: 26. DEZEMBER 2019
Von Deutschland nach Havanna
»Wenn man etwas Großes vorhat, muss man es gleich beginnen.«
Alexander von Humboldt
Heute ist ein besonderer Tag. Heute endet die Zeit des Wartens, der Vorbereitung und der Vorfreude auf die große Reise, die nun beginnt. Heute werden wir über den Atlantik fliegen, zum Start unseres großen, einzigartigen Abenteuers: In 60 Tagen werden wir Alexander von Humboldts legendärer Reise folgen, die ihn 60 Monate durch sechs Länder Amerikas führte. Bereits in den frühen Morgenstunden werden an den Flughäfen in Hamburg und Berlin, Frankfurt, München, Zürich und anderenorts die Koffer eingecheckt zum Flug nach Madrid, von wo aus uns Iberia in elfeinhalb Stunden nach Havanna bringt.
Bei der Ankunft am frühen Abend erwartet uns Peter Korneffel am Flughafen, der diese Reise für die ZEIT komponiert hat und unsere Gruppe von 30 Reiseteilnehmerinnen als Humboldt-Experte und Expeditionsleiter bis zum Reiseende nach achteinhalb Wochen am 21. Februar in Washington begleiten wird. Und auch die Kubanerin Yami Rodriguez, unsere Reiseleiterin für die nächsten sechs Tage, steht mit dem ZEIT-Schild hinter der Kofferausgabe. Mit dem Bus fahren wir durchs dunkle Havanna bis zur Placa San Francisco, von wo wir durch erleuchtete Altstadtgassen zu unserem Hotel Raquel laufen, unserer Herberge für die ersten beiden Nächte. Schon nach wenigen hundert Metern registrieren wir die Kontraste Kubas, die uns durch die nächsten Tage begleiten werden: Zwischen ganzen Zeilen wunderbar restaurierter Stadthäuser und Paläste aus kolonialer Zeit mit ihren kunstvoll angestrahlten Fassaden finden sich vereinzelt heruntergekommene Ruinen, die augenscheinlich seit Jahrzehnten keinen Handwerker mehr gesehen haben. Und was für ein Kontrast zum Winter in Deutschland: Trockenwarme Luft begleitet uns bis zu unserem Jugendstilhotel aus dem Jahr 1908. Noch schnell einen zuckersüßen Empfangscocktail und ein kühles kubanisches Bier an der Hotelbar, dann fallen wir nach der langen Anreise müde ins Bett.
Bernd Loppow
© Bernd Loppow
Hotel Raquel, Havanna
© Bernd Loppow
Treffen in der Hotel-Lobby
© Bernd Loppow
© Bernd Loppow
© Bernd Loppow
TAG 2: 27. DEZEMBER 2019
Casa Humboldt | Das alte Havanna
»Ich fand die Nordspitze des Kaps unter 87° 17´ 22″, oder 2° 34´ 14″ ostwärts vom
Morro von Havanna gelegen«
Alexander von Humboldt
Zum Start in den Tag begrüßt uns die Sonne, die von einem wolkenlosen Himmel schon am frühen Morgen herunterbrennt. Nach dem etwas frugalen, aber schmackhaften Frühstück, das einen ersten Hinweis auf die kubanische Mangelwirtschaft gibt, erwartet uns in der Casa Museo Humboldt der Leiter des neu gestalteten Kulturhauses. Nur wenige Tage zuvor eröffneten Peter Korneffel und David Blankenstein hier eine vom deutschen Außenministerium geförderte Dauerausstellung. Kenntnisreich führt uns der Kurator Peter »Peko« Korneffel durch die Ausstellung, die »dem zweiten Entdecker Kubas« gewidmet ist, als der Humboldt von den Kubanern verehrt wird.
Anschließend geht es zu Fuß durch die Altstadt, La Habana Vieja. Seit sie 1982 zum Unesco-Weltkulturerbe erhoben wurde, verwandelten sich mehr als 900 verfallene arkadengeschmückte Herrschaftshäuser und koloniale Paläste in ein nahezu perfekt wirkendes Freiluftmuseum mit Straßencafés und Restaurants rund um die vielen Plätze, wie den vor der Kathedrale. Gerade erst am 16. November hat Havanna mit einem rauschenden Fest und großem Feuerwerk sein 500-jähriges Stadtjubiläum gefeiert. Doch schon eine Straßenecke weiter schreitet der Verfall oft fort und ist kaum aufzuhalten. Und zeugt doch vom Lebensmut und dem Optimismus, den viele Habañeros und Habañeras ausstrahlen. So wie im Palacio O‘Reilly nahe der berühmten Placa Vieja, wo Humboldt längere Zeit zu Gast war.
Heute bewohnen zehn Familien das ehemalige Herrenhaus, Wasser- und Stromleitungen laufen quer über Wände und Balkone. Wohnraum ist knapp in Havanna. Auf engstem Raum leben heute Dutzende dort, wo in kolonialen Zeiten eine Familie wohnte.
Weiter führt uns unser Weg in die Akademie der Wissenschaften, wo uns vor der Büste des großen deutschen Forschers eine Delegation mit einigen kurzen Vorträgen stolz über die Geschichte und die Erfolge Ihres Instituts berichten. Sie können es kaum glauben, dass wir tatsächlich eine 60 Tage lange Reise auf Humboldts Spuren unternehmen. Wie unermesslich reich müssen wir in ihren Augen sein?
Natürlich ist eine Fahrt im Oldtimer-Cabriolet über den Malecon zum Sonnenuntergang ein Heidenspaß. Unser knallroter 59ger Pontiac gibt alles. Die schwarzen Rauchwolken aus dem Auspuff lassen uns für einen Moment alle Klimadiskussionen vergessen. Unser erstes Dinner in Havanna nehmen wir auf einer Terrasse auf der anderen Seite des Flusses ein – mit einem traumhaften Blick, über die Hafeneinfahrt von Havanna, wo Alexander von Humboldt am 19.12.1800 zu seinem ersten Kubabesuch landete. Auch Humboldt hörte an seinem ersten Abend in Havanna schon den Kanonenschuss, der alltäglich um 21 Uhr am Flussufer abgefeuert wird.
Bernd Loppow
© Antigoni Chrysostomou
Peko beim Einführungsvortrag
© Antigoni Chrysostomou
... und andächtig lauschendes Publikum
© Antigoni Chrysostomou
Alt-Havanna bei Nacht
© Antigoni Chrysostomou
In Havanna beliebt: Oldtimer
© Antigoni Chrysostomou
TAG 3: 28. DEZEMBER 2019
Auf Kuba
»Wahrheit an sich ist kostbar, kostbarer aber noch die Fertigkeit, sie zu finden.«
Alexander von Humboldt
Unsere Etappe führt uns mit dem Bus in Richtung der Provinz Mayabeque nach Güines. Auf der Autobahn, wo wir nicht nur Radfahrern, Kühen, Hühnern und Ochsenkarren begegnen. Alexander von Humboldt reiste um 1800 in Begleitung eines Zuckerbarons und seines Hausherrn auf dieser Route, wo es zwischen 1779 und 1845 viele Zuckersiedereien gegeben hat. Diese Zuckerindustrie war nur möglich mit eingeführten Sklaven sowie der Maschinerie aus England. Von Peko (Peter Korneffel) erfuhren wir, dass Alexander von Humboldt Vorschläge gegeben hat über die Technik, um die Industrie effizienter zu gestalten, um Holz zu sparen, und die Lebensbedingungen der Sklaven zu verbessern. Er war auf seinen Entdeckungsreisen über die Zustände der Sklaverei sehr entsetzt. Auch hat er sich früh über Veränderungen der Natur durch den Menschen Gedanken gemacht. Humboldt sagte: „Durch sinnloses weiteres Abholzen der Wälder werdet ihr Euer eigenes Grab schaufeln."
In dieser Gegend machte er Studien über die Königspalme und Untersuchungen über die Kalksteinhügel. Von einem jungen enthusiastischen Einheimischen wurden wir in eine Kalksteinhöhle geführt, uns wurde ein schmackhaftes Mittagessen in Bambuskörbchen serviert. Wir erfuhren über ein Projekt der einheimischen Gemeinschaft, mehr Besucher auf Humboldts Spuren in das Gebiet Loma de Candela zu bringen.
Zur Ehrung des jungen engagierten Projektverantwortlichen überreichte Peko ein Ersttagsblatt der Humboldt Briefmarke zum 250. Geburtstag, erschienen am 5.9.2019. Im Museum in Regla erfuhren wir von der Santeria, der afrokubanischen Religion. Mit der Fähre nach Havanna zurückgekommen, besuchten wir den Fotografen Sven Creutzmann, dessen vorgestellter neuer Bildband über Havanna sehr beeindruckte. Damit schlossen wir einen spannenden Reisetag ab.
Steffi Heussi
© Antigoni Chrysostomou
Der Photograph Sven Creutzmann
© Antigoni Chrysostomou
Kostüm im Santeria-Museum
© Antigoni Chrysostomou
Peko trifft alte Freunde
© Antigoni Chrysostomou
Mittagessen im Bambuskörbchen
© Antigoni Chrysostomou
Reste einer alten Zuckersiederei
TAG 4: 29. DEZEMBER 2019
Von Havanna nach Trinidad
»Die Sklaverei ist ohne Zweifel das größte aller Übel, welche die Menschheit gepeinigt
haben«
Alexander von Humboldt
Heute ist unser Ziel Trinidad. Wir verlassen Havanna und fahren auf der Autobahn, die heute am Sonntag fast autofrei ist. Zunächst besichtigen wir die Provinzhauptstadt Cienfuegos, die Perle des Südens, die an einer geschützten Bucht liegt. Neoklassizistische Bauten, prächtige Kolonialarchitektur mit französischem Flair zeugen vom einstigen Reichtum der Zuckerbarone, auf deren Zuckerrohrplantagen der spanischen Kolonie Heerscharen von Sklaven von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ihr hartes Tagewerk verrichteten. Durch den Anschluss an das kubanische Eisenbahnnetz wurde die Stadt zum wichtigsten Zuckerhafen des Südens.
Das historische Zentrum wurde 2004 von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Da das klassizistische Theater Tomas Terry derzeit restauriert wird (wie so viele andere Gebäude im Ort auch), konnten wir nur einen kurzen Blick hineinwerfen. Gegenüber liegt der kleine Stadtpark mit seinen zahlreichen Schatten spendenden Bäumen und seinem Musikpavillon, wo die hohen Herrschaften in kolonialen Zeiten klassische Musikkonzerte genießen konnten.
© B. Mücke
Theater Tomas Terry in Cienfuegos
© B. Mücke
Cienfuegos: Der Löwe als Zeichen des Wohlstands
© A. Chrysostomou
Cienfuegos: Koloniale Architektur
Der US-amerikanische Zuckerbaron Atkins gründete den Botanischen Garten, wo wir eine einstündige kompetente Führung hatten und uns einige der zirka 2.000 einheimischen und ausländischen Pflanzen erklärt wurden. Zum Beispiel der Kanonenkugelbaum, Ficus Benghalensis, Nussbäume, der Leberwurstbaum. Anschließend kamen wir rechtzeitig zum Sonnenuntergang in unserem All-Inklusive-Hotel am Strand in Trinidad an, wo uns ein Willkommenstrunk serviert wurde. Einige nutzten noch die Gelegenheit für ein Bad im warmen karibischen Meer am lang gezogenen Strand des Hotels.
Steffi Heussi
© A. Chrysostomou
Eine von Tausenden Palmenarten
© A. Chrysostomou
Ficus Benghalensis
TAG 5: 30.DEZEMBER 2019
Humboldt in Trinidad und wir auch!
»Ich bin von ungleicher, bizarrer Stimmung, häufig sehr exigeant, niemals aber böse.«
Alexander von Humboldt
Auch heute ließ uns Humboldt nicht los. Zuerst ging es rein nach Trinidad, eine Stadt voll mit Geschichte und Geschichten, aus ihrer früheren spanischen Epoche und natürlich auch aus der Humboldt-Ära. Das Haus, in dem Baron Alexander, wie man ihn hier nennt, einen Tag wohnte, steuerten wir zuerst an. Darin befindet sich nun eine Humboldt-Galerie.
© B. Mücke
Humboldt-Galerie
Dann gleich um die Ecke der Palast, in dem sich Humboldt 1801 von Kuba verabschiedete, heute ein kleines archäologisches Museum.
© B. Mücke
Archäologisches Museum (rechts)
Bummeln in Trinidad stand im Programm, was ich wortwörtlich nahm und in einem Restaurant hinter dem Museum verschwand und beim Schweineaufspießen für den Grill zuguckte, sorry liebe Vegetarier!
© B. Mücke
Schweinegrill
Mittags gab es ein vorzügliches Essen nahe Trinidad bei einer kleinen, privaten Farmerinitiative, alles aus eigenem Anbau, Huhn vom feinsten, verschiedene Wurzelgemüse, und köstliche Früchte, Mango, Papaya, Ananas, Zuckermelone, Pitahaya, und natürlich Guave.
© B. Mücke
Mittag auf dem Bauernhof
Schließlich fuhren wir zur Mündung des Flusses Rio Guaurabo, wo Humboldt am 14. März 1801 landete. Peter Korneffel trug die entsprechenden Passagen aus Humboldts Kuba-Tagebuch vor. Pekos Humboldt-Vorlesungen sind für mich stets die kulturellen Highlights dieser Reise. Für jeden Ort und jeden Anlass findet er die richtigen Stellen in Humboldts unerschöpflichen Schilderungen.