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VON KANADA NACH PANAMA - Teil 1: 30.000 km im VW-Bulli durch Kanada, USA, Mexiko und Mittelamerika
VON KANADA NACH PANAMA - Teil 1: 30.000 km im VW-Bulli durch Kanada, USA, Mexiko und Mittelamerika
VON KANADA NACH PANAMA - Teil 1: 30.000 km im VW-Bulli durch Kanada, USA, Mexiko und Mittelamerika
eBook309 Seiten2 Stunden

VON KANADA NACH PANAMA - Teil 1: 30.000 km im VW-Bulli durch Kanada, USA, Mexiko und Mittelamerika

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Über dieses E-Book

Es war die Zeit des deutschen Wirtschaftswunders. Trotzdem war der Alltag von einer gewissen Mittelmäßigkeit und einer oft spießigen Weltanschauung geprägt. Kein Wunder, dass die Jugend aus dieser farblosen Lebensweise ausbrechen wollte. Man war ein bisschen halbstark, entdeckte den Rebellen in sich und verhalf womöglich dem Rock'n'Roll zu seinem Siegeszug. Die weite Welt aber war immer noch groß und für neugierige junge Menschen schier unerreichbar. Die Ferne, das rätselhafte Fremde, die Exotik lockten. Man hätte auswandern, zur See fahren oder zur Fremdenlegion gehen können. Was also tun? Da halfen nur Abenteuerlust, ein alter VW-Bulli und die richtige Partnerin, um auf eine 30.000 Kilometer lange Individualreise durch Kanada, die USA, Mexiko und Mittelamerika aufzubrechen. Rückblickend, und mit allerlei selbstkritischen Erkenntnissen gespickt, möchte der Autor die unvergesslichen Momente und Abenteuer dieser ungewöhnlichen, fast ein Jahr dauernden Hochzeitsreise mit dem Leser teilen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum4. Nov. 2015
ISBN9783738046045
VON KANADA NACH PANAMA - Teil 1: 30.000 km im VW-Bulli durch Kanada, USA, Mexiko und Mittelamerika

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    Buchvorschau

    VON KANADA NACH PANAMA - Teil 1 - Mario Covi

    1. VORWORT

    Es muss mal gesagt werden: ein Lob an alle Tagebuchschreiber und Notizenaufbewahrer! Auch wenn's jetzt wegen des Eigenlobs stinkt, aber ohne Tagebuchnotizen, ohne aufbewahrte Briefe und Manuskripte von Reiseberichten für Zeitungen, hätte ich die folgenden Seiten nicht schreiben können. Zum Glück funktioniert auch noch die alte Festplatte im Kopf recht gut, so dass du, liebe Leserin, lieber Leser, jetzt mitkommen kannst auf eine abenteuerliche, über neun Monate dauernde und 30.000 Kilometer lange Reise durch den amerikanischen Kontinent. Von Kanada, über die USA nach Mexiko und Mittelamerika bis runter zum Panamakanal. Auf eine Reise in einem klapprigen VW-Bulli, und mit einer süßen jungen Frau, die mir bis heute als Lebenspartnerin treu zur Seite steht.

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    Was mir beim Schreiben auffiel war, dass, wenn man mit reichlich zeitlichem Abstand so ein Reisetagebuch ins Reine bringt, einem immer wieder so genannte Erkenntnisse in den Nacken springen.

    Erkenntnisse, die man zwangsläufig erst jetzt im reiferen Alter machen kann. Einfach weil man die Geschehnisse vieler Jahre erlebt und überlebt hat, was natürlich kein großes Verdienst ist. Allerdings finde ich erwähnenswert, dass man bei so einem Unterfangen ab und zu gezwungen ist, sich selbst, oder seine Umwelt, nachträglich in Frage zu stellen. Schließlich liegen zwischen dem abenteuerhungrigen jungen Kerl von damals und dem heutigen Schreiber ein halbes Jahrhundert. In dieser Zeit haben sich Weltanschauungen und Zeitgeist immer wieder geändert. Oder sie festigten sich - manchmal unbemerkt. Besonders auffallend ist, wie sich das Antlitz der Erde verändert hat. Das hört sich lyrisch an, ist aber manchmal brutal, erschreckend, oder sogar schwer zu ertragen.

    Vor allem in Mexiko und Mittelamerika mussten wir rückblickend, und mit der Erfahrung späterer Reisen feststellen, dass Veränderungen nicht unbedingt Verbesserungen sind. Besonders krass empfanden wir in diesem Zusammenhang das Beispiel Cancún auf der Halbinsel Yucatán. Im Kapitel 7 (Karibisches Ende der Welt) im zweiten Teil dieses Reisetagebuchs verarbeite ich die Tatsache, wie aus einem idyllischen 100-Seelen-Fischerdorf eine Anlage für Zehntausende von Touristen und abhängige Dienstboten wurde.

    Ich gebe zu, das klingt besserwisserisch, und nach Opa, für den früher sowieso immer alles besser war. Trotzdem hoffe ich, dass ich kritisch genug geblieben bin und kein im Rückblick erstarrter Nostalgiker.

    Ja, früher war schon manches besser: es lebten nur 3,5 Milliarden Menschen auf der Erde; es gab kein Aids; kein Ebola;  Malariamittel und Antibiotika wirkten noch bestens; Massentourismus und Islamismus waren noch keine Bedrohungen; der Sprit war billiger; weder im Auto noch im Alltag kontrollierte und bestimmte Elektronik unseren nächsten Schritt; und kein Smartphone verfolgte einen bis ans Ende der Welt, wo man dann allerdings auch in Ruhe vor die Hunde gehen durfte ohne jemals, nicht einmal von YouTube oder der NSA, gefunden zu werden.

    Und - einverstanden - vieles ist heute besser:  von der Kommunikation bis zum weltoffeneren Zeitgeist bei vielen Mitmenschen; von den Mitteln gegen Krebs oder den preiswerten Reisemöglichkeiten für jedermann bis zur hilfreichen Elektronik im Alltag und den unendlichen Möglichkeiten sein Wissen zu erweitern.

    So hoffe ich, dass du lieber Leser dir dein eigenes Bild vom Drumherum bei so einer Individualreise machen kannst. Wir waren seinerzeit nicht viel anders gestrickt als die jungen Menschen heute. Wir wollten ein individuell bestimmtes Leben führen, wir waren neugierig und offen für neue Gedanken, Empfindungen und Erfahrungen. Wir waren abenteuerhungrig. Vielleicht waren wir unbelasteter mit den negativen Erfahrungen unserer heutigen Gesellschaft, die sich einer zunehmenden alltäglichen Brutalisierung entgegenstellen muss. Wahrscheinlich waren wir einfach blauäugiger in unserer Abenteuerlust, vermutlich sogar draufgängerischer und dümmer.

    Aber wer damals die Chance ergriffen hat, sich neugierig ins Unbekannte einer fremden Welt zu stürzen, konnte sein Leben um Erfahrungen bereichern, die heute auf diese Weise viel schwerer zu machen sind. Vielleicht gelingt es mir ja, etwas davon auf den folgenden Seiten zu vermitteln…

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    Wir waren jung, neugierig und offen für neue Gedanken…

    Vor allem hat es etwas Vergnügliches, sogar Beruhigendes, mit einem Abstand von über einem halben Jahrhundert diese, unsere, Erlebnisse und Erfahrungen an unsere Tochter und Enkelinnen weiter zu geben.

    2. EINE ART ANFANG

    Mann! Was für ein Land! Da werde ich mir eines Tages ein Stück Land kaufen und ein Blockhaus bauen!

    Du sagst es! Ich auch! Auf jeden Fall!

    So ähnlich mussten wir uns unterhalten haben, der Bordelektriker und ich, als wir an der Reling des Hamburger Frachters Geert Howaldt lehnten und fasziniert der im Dunst der Ferne entschwindenden Kulisse von Vancouver-Island nachschauten. Kanada! Was für ein Land! Mann!

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    Lang ist es her. Ich war Funker auf meinem ersten Schiff, 1962, 1963, in der weltweiten wilden Trampfahrt, die mich zunächst nach Südamerika brachte. Von Peru aus sollten wir dann nach Britisch Kolumbien.

    Wo is dat denn?, höre ich noch meine Kameraden - und mich selbst - fragen. Ja, wir jungen Seeleute waren in Sachen Allgemeinbildung und Lebenserfahrung noch im Aufbau begriffen, auch – trotz des Berufes - in geografischer Hinsicht! Mal eben mit dem Smartphone B.C. googeln und dann den schlauen Max machen? Nee, das lag noch in ebenso weiter Ferne wie heute dieser Rückblick...

    Wir hatten dann auf zwei langen Seereisen jeweils schätzungsweise 10.000 Tonnen Schnittholz in kleinen malerischen Häfen rund um Vancouver-Island, und auch in Vancouver selbst geladen. Die Holzverladung war eine noch eher gemütliche Angelegenheit. Wir lagen mehrere Tage bis zu einer Woche in den Häfen und hatten die Chance, Land und Leute, wenigstens oberflächlich, kennen zu lernen.

    So kam es, dass mich Kanada von Anfang an - ich fuhr ja gerade erst seit einigen Monaten zur See - in seinen Bann gezogen und bis heute nicht mehr losgelassen hatte. Diese abgeschiedenen Verladeplätze, wie beispielsweise Tahsis, wo man nur übers Wasser oder per Wasserflugzeug hin gelangte, waren für uns junges Seemannsvolk Abenteuer pur. Die umwerfende Kulisse der kanadischen Pazifikküste, die Weite, die Stille der Regenwälder, richtiger Urwälder voll gigantischer Bäume! Keinem von uns - und kaum jemandem sonst - kam damals die Idee, dass da bereits ein heftiger Raubbau an den Ressourcen eines großartigen Landes stattfand. Natur gab es angeblich in schier unermesslichem Überfluss! Heute hat der Ort rund 560 Einwohner und ist über eine ziemlich abenteuerliche Schotterpiste erreichbar. Wen es interessiert: hier ein Internet-link, der über die grandiose Landschaft in diesem Teil Vancouver Islands informiert: www.tahsisbc.com

    1962 lebten in Kanada etwa 18 bis 19 Millionen Menschen. Auf einer Fläche so groß wie Europa, von Portugal bis zum Ural! Das waren knapp 2 Menschen pro Quadratkilometer. Mann, alleine diese Zahl war doch schon eine Art Nervenkitzel in sich! Das war Einsamkeit, wilde Natur, Auf-sich-gestellt-Sein! Herausforderung an uns Kerle! Ja, ja, Karl May und Lederstrumpf lassen grüßen...

    Heute liegt das alles über 50 Jahre zurück. Und? Was ist aus dem Blockhaus geworden? - Nun, zu einem echten Blockhaus hat es nicht ganz gereicht. Die Preise für Grundstück und Baumaterial sowie der steigende Dollarkurs brachten mich zurück auf den Boden der Tatsachen. Aber es reichte für ein uriges Holzhaus, das aussieht wie ein Blockhaus und dessen Behaglichkeit uns - meiner Frau, unserer Tochter und mir - seit über drei Jahrzehnten jeden Sommer zur zweiten Heimat geworden ist. Seit ein paar Jahren gehören auch unser Schwiegersohn und zwei quirlige Enkelinnen zur Stammbesatzung. Das Cottage liegt allerdings am ganz anderen Ende von Kanada, und zwar rund 4.500 km östlich von Vancouver Island an der Atlantikküste von Nova Scotia.

    Wie es dazu kam, dass wir uns eine Sommer-Hütte im Osten Kanadas bauten, und wie das alles bis heute funktioniert, ist eine lange Geschichte für sich. Sie lohnt, erzählt zu werden. Also werde ich mich hoffentlich bald daran machen, ein kanadisches Hüttentagebuch ins Reine zu schreiben. Nach Möglichkeit auch mit Tipps und Tricks für interessierte Häuslebauer. Mit allerlei Geheimtipps und Informationen über den malerischen Osten Kanadas. Und über die benachbarten USA, natürlich, denn landschaftliche Schönheit macht nicht vor Ländergrenzen halt

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    3. TRÄUME

    Zwei abenteuerlustige Kameraden und ich hatten an Bord des Frachtschiffes Geert Howaldt ausgemacht, dass wir uns ein altes Segelboot in Schweden kaufen, es wieder in Schuss bringen und schließlich um die Welt segeln würden. Als der Zweite Offizier - einer von uns dreien - einen Navigationskurs für diejenigen Matrosen gab, die sich zum nautischen Offizier ausbilden lassen wollten, war ich als Außenseiter einer der eifrigsten Kursbesucher in der Offiziersmesse. Natürlich blieb sie ein Traum, unsere Weltumsegelung. Hat man erst mal abgemustert und sich in alle Winde zerstreut, dann verliert man als Seemann in aller Regel rasch seine Kameraden, selbst gute Freunde, aus den Augen und trifft sich vielleicht irgendwann mal irgendwo auf der Welt rein zufällig wieder.

    Also gut, wenn schon keine Weltumsegelung, dann könnte man ja um die Welt trampen. Über Land per Daumen - und über See als sogenannter Überarbeiter, also als billige Arbeitskraft an Bord irgendeines Rattendampfers. Hauptsache er brachte einen von A nach B über die Weltmeere! Mit Rudi, dem Bootsmann, hatte ich verabredet, nach unserer Abmusterung diesen Traum zu verwirklichen.

    Der Anfang klappte ganz gut. Ich jedenfalls nahm es noch sehr ernst mit unserer Verabredung und hob vom Großraum Stuttgart kommend artig den Daumen, bis ich endlich, nach vielen Tagen und einem mit dem Notwendigsten gefüllten Seesack, das Ziel unserer ersten Etappe erreichte:  Barcelona, Spanien. Rudi wollte vom nordrhein-westfälischen Großraum Dortmund aus das Gleiche tun. In Barcelona also wollten wir uns treffen, um als nächstes gemeinsames Ziel erst mal die Karibik anzupeilen. Von Spanien oder Portugal oder Nordafrika aus würden wir bestimmt ein Schiff finden, das uns rüber brächte in die westindische Inselwelt...

    Kommunikation auf Reisen war seinerzeit, 1963, noch eine schwerfällige Angelegenheit. Ein Telefonanschluss zählte noch lange nicht zum Alltagsstandard eines jeden Haushaltes. Über mobile Telefone für jedermann brauchen wir hier gar nicht erst anfangen zu spekulieren. Zwei Typen, die irgendwo unterwegs waren, konnten sich vielleicht bei ausgeklügelter Strategie von zwei im Voraus ausgemachten Standpunkten aus zu einem bestimmten Zeitpunkt telefonisch verabreden. Das war allerdings viel zu kompliziert und teuer. Ferngespräche kosteten eine tüchtige Stange Geld, die man in Form von Münzen auch reichlich zur Hand haben musste in den öffentlichen Groschengräbern, sprich Telefonzellen. Was blieb, war der Postweg. Ein Brief - postlagernd - poste restante. Auf allen großen Postämtern bestand die Möglichkeit, einen Brief an eine Person XYZ postlagernd aufzugeben. Diese Person, XYZ, konnte dann den Brief abholen, wenn sie sich entsprechend ausgewiesen hatte.

    In Barcelona hatte ich bereits ein preiswertes Zimmer gefunden und schrieb einen kurzen Brief an Rudi mit der genauen Anschrift und der Bitte, sich eventuell auch postlagernd zu melden. Ich hatte gerade eben den Brief, ordentlich frankiert, aufgegeben und stieg die Treppen vom Postamt hinab, als mir ein fröhlicher Rudi federnden Schrittes entgegenkam. Hallo! Mensch, prima! Dann brauch ich ja gar nicht mehr nach deinem Brief nachfragen!

    Nee, nee, so nicht! Du holst den Brief schön ab, schließlich habe ich mir damit auch Mühe gemacht und Porto bezahlt!

    Das war unsere fröhliche Begrüßung. Und dann gestand mir Rudi, dass er nicht per Anhalter, sondern mit dem Europabus von Dortmund in zwei Tagesetappen bis Barcelona gefahren sei! Dieser bequeme Drückeberger! Wo blieb da der Abenteuergeist?

    Nun war Rudi zwei oder drei Jahre älter als ich und für mich 23-Jährigen schon fast eine Respektsperson. Zumal er mit mehreren Jahren Seefahrtzeit schon eine eher erfahrene Teerjacke war. In der paramilitärischen Bordhierarchie der Handelsmarine stand er allerdings als Bootsmann im Unteroffizierrang unter mir. Ich war auf der Geert Howaldt zwar der Jüngste und ein totales Greenhorn, stand aber als Funkoffizier etwa im gleichen Rang wie ein Zweiter Offizier. Was für ein verzwacktes System, nicht wahr? Vor allem damals schworen Traditionalisten noch eisern darauf. Für einen Individualisten - für den ich mich hielt -, mit aufmüpfigen Idealen und nonkonformistischen Gelüsten, war das manchmal ein schlüpfriges Terrain. Aber ich kam immer irgendwie zurecht auf dieser Leiter überlieferter Hierarchie! Also respektierte ich Grünschnabel den älteren Rudi als den Erfahreneren. Ich akzeptierte ihn in unserem Zwei-Mann-Rudel als Leitwolf.

    Bald sollten Zeiten kommen, da würde ich sämtlichen göttlichen Mächten danken, dass Rudi, die bequeme Socke, den Europabus genommen hatte!

    Wir stürzten uns zunächst ins Nachtleben von Barcelona, das sich in den Nebenstraßen und Gassen bei der Prachtpromenade La Rambla abspielte. Zum Glück wohnten wir auch gleich dort, hoch oben in einer preiswerten Absteige.

    Ich habe übrigens eine ganz interessante Frau kennen gelernt im Europabus, erzählte Rudi als wir in einer Pinte Vino süffelten, der uns von einer glutäugigen Kubanerin serviert wurde, die Rudi gleich heftig anbaggerte.

    Und?, fragte ich.

    Na ja, 'ne Studentin, so 'ne Schlaue, studiert Mathematik und Sport und Musik, oder so was, Mann! Aber sie trifft sich mit drei Freundinnen irgendwo südlich von Tarragona. Hat mir die Adresse gegeben. Können ja mal vorbei schauen, vielleicht nicht uninteressant. Weiber, du weißt schon...

    Natürlich war ich mit diesem Vorschlag einverstanden. Wir jungen Kerle waren mehr als ungebunden. Meine letzte Freundin und große Liebe hatte mir längst den Laufpass gegeben. Ihr Abschiedsbrief hatte mich während unserer langen Liegezeit im Westen Kanadas erreicht. Im Nachhinein betrachtet hatte mir das Schicksal gar nicht so übel mitgespielt, denn zum Schwiegersohn eines Richters in Dortmund hätte ich bestimmt nicht viel getaugt, nee!

    Also, ab nach Tarragona! Und dann noch 30 km weiter. Diesmal zünftig per Daumen. Zum Glück hatten Rudi und ich an Bord in der Südamerikafahrt fleißig Spanisch gebüffelt. So konnten wir uns verständlich machen, und erreichten Miami Playa, einen kleinen Badeort, wo sich schon seinerzeit einige Deutsche ein schlichtes Häuschen in die noch einsame, ursprüngliche Küstenlandschaft gebaut hatten. Wir fanden die vier deutschen Mädels, und ein preiswertes Zimmer mit Meerblick im nahen Hotel Miami Playa.

    Die vier Studentinnen, die anderen drei studierten an der Werkkunstschule in Bielefeld, wohnten im Haus der Eltern eines der Mädchen. Wir verstanden uns gut, unternahmen Ausflüge und trafen uns täglich am Strand. Ich verliebte mich prompt in die sportliche Mathematikstudentin, die mich zu Höchstleistungen beim Schwimmen verführte. So weit hinaus aufs Meer war ich noch nie - und bin ich seither auch nie wieder geschwommen. Schon irre, wozu einen Verliebtheit anzustacheln vermag!

    Eines Abends feierten wir im Haus der Mädels. Aus der Nachbarschaft hatten sie eine Gitarre organisiert - und ich konnte endlich mal wieder Musik machen. Schließlich hatte ich mit einigen Bands in den Clubs der Amerikaner und in deutschen Tanz-Gaststätten rund um Stuttgart und Ludwigsburg mein Geld für die Ausbildung zum Schiffsfunker verdient. So ließ ich das alte Wimmerholz tönen und sang all die schönen Songs jener Zeit, von Elvis, von Harry Belafonte, von Peter, Paul und Mary, Lieder, die ich in Lateinamerika und Kanada gelernt hatte.

    Eines der vier Mädchen, Hildrun, setzte sich neben mich. Ich war begeistert, wie schön sie mitsang und genau den Takt der Lieder einhielt oder den Rhythmus klatschte, Caramba! Dass sie auch noch gut aussah, Mann, ich war hin und weg! Aber zunächst schien sie mir etwas unnahbar zu sein. Auch war sie des Öfteren mit einer Clique holländischer

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