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Hundsviech, geliebtes
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eBook203 Seiten2 Stunden

Hundsviech, geliebtes

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Über dieses E-Book

Die Studentin Corona schenkt ihrer Mutter eine Dackelhündin namens Resi, um den Fokus der Mutter von sich abzulenken. Leider hat Coronas Mutter kein gutes Gefühl für Tiere und schon bald muss sie mit Resi zum Tierarzt. Plötzlich finden Begegnungen statt, die ohne Resi wohl nie so stattgefunden hätten... – Ein humorvoller Roman, der in sanften Tönen die Lieblichkeit des alltäglichen Lebens preist. -
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum26. Feb. 2016
ISBN9788711509579
Hundsviech, geliebtes

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    Buchvorschau

    Hundsviech, geliebtes - Lise Gast

    www.egmont.com

    1

    »Kuppeln, Momme, kuppeln! Du kannst doch nicht schalten, ohne zu kuppeln!« Coronas Stimme klang verzweifelt, obwohl sie sich Mühe gab, freundlich zu bleiben. »Kupplung treten, und dann langsam kommen lassen.«

    »Tu ich doch. Denkst du, ich weiß nicht – also ein Säugling bin ich nun doch nicht mehr«, grollte Momme. Dieser Name war abgeleitet von ›mom‹, der amerikanischen Kurzform für Mutter. Corona hatte ihn, wie alle Geschwister, sofort übernommen, als eins von ihnen aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten zurückgekommen war. Momme hatte sich gegen ›mom‹ gewehrt, den Namen mit e am Ende aber sofort akzeptiert, da er in einem Gedicht vorkam, das sie seit ihrer Kindheit liebte. Es war zwar ein Jungenname und stammte von der Waterkant, aber das störte sie nicht.

    »Nein, aber –«

    »Aber ich hab den Führerschein seit –«

    »Seit Olims Zeiten, ich weiß. Immerhin bist du dreißig Jahre lang nicht gefahren, und der Verkehr –«

    »Was hat denn Kuppeln mit Verkehr zu tun?« Wupp, der Wagen machte einen Satz vorwärts. Corona faßte den Bügel vorn am Armaturenbrett und hielt sich daran fest.

    »Langsam kommen lassen, hab ich gesagt. Sachte, mit Gefühl. Und gleichzeitig Gas geben, aber wenig –«

    »Ich finde, daß ich sehr gut fahre.« Momme hatte sich jetzt zurückgelehnt und streckte nicht mehr das Kinn vor, wie es verkrampfte Anfänger zu tun pflegen. Sie ließ den Wagen genüßlich laufen, viel zu schnell, fand Corona.

    »Nimm Gas weg. Schnell fahren ist noch nicht gut fahren«, stöhnte sie. Momme gehorchte.

    »Na schön. Jetzt nuckelt er wieder –«

    »Dann mußt du eben zurückschalten.« Corona brach ab. Es ist schon ein Kreuz mit alten Müttern, die einfach nicht alt werden. Jahrzehntelang daran gewöhnt, alles besser zu können, erwiesen sie sich als miserable Schülerinnen. Dabei war es Coronas Idee gewesen, Momme wieder zum Autofahren zu bringen.

    Früher hatte Momme einen Wagen besessen, sehr viel früher. Nach dem Tod ihres Mannes konnte sie sich mit der schäbigen Rente und dem klitzekleinen Nebenverdienst kein Auto mehr erlauben und war ohne Murren aufs Fahrrad umgestiegen. Es war auch so gegangen. Nun, da die Kinder groß waren, hätte es wohl wieder zu einem Wagen gereicht, wenn sie an anderem sehr sparte. Momme konnte sparen, das wußte Corona. Aber sie konnte verständlicherweise nicht mehr fahren, und so fühlte Corona sich verpflichtet, ihr Nach- oder besser Vorhilfestunden zu geben, ehe sie sie auf den Moloch Verkehr losließ. Die größeren Geschwister, vier an der Zahl, sollten sowieso noch nicht wissen, was sie da angezettelt hatte.

    »Na, fahre ich nicht wunderbar?« fragte Momme in die Grübeleien der Tochter hinein.

    »Sehr schön. Vergiß nicht den Blinker, wenn du jetzt abbiegst – ja, hier müssen wir abbiegen.«

    »Warum denn schon?« fragte Momme, der es gefiel, den Wagen geradeaus laufen zu lassen. Corona hob die Augenbrauen.

    »Weil wir heim müssen. Übrigens – einen Rote-Kreuz-Kursus solltest du auch noch machen, sozusagen als neu ausgebildeter Fahrer, das gehört heute dazu«, sagte Corona, als sie die Stadt wieder erreicht hatten. Momme lachte.

    »Meinst du? Hab ich nicht genug erste Hilfe geleistet in meinem Leben, bei euch vielen? Was habt ihr alles gehabt, Schlüsselbeinbrüche, Löcher im Kopf, Arm- und Beinbrüche, Schnittwunden an den Füßen, wenn ihr in Scherben getreten wart, Gehirnerschütterungen, ich weiß nicht mehr, wie viele. Jeden Tag etwas. Na, das vielleicht nicht, aber doch keine Woche ohne etwas.«

    »Trotzdem. Ich mach jedes Vierteljahr einen solchen Kurs mit, das schadet nie. Es werden ja immer neue Techniken entwickelt, z. B. beim Mund-zu-Mund-Beatmen, oder –« Corona kam direkt in Feuer, »das alles ist überhaupt hochinteressant, und sehr wichtig, für jeden. Man kann da nicht genug lernen.«

    »Gut, mach ich«, versprach Momme. »Und Kuppeln tu ich jetzt auch, jedenfalls beim Autofahren. Sonst liegt es mir nicht – sag selbst, hab ich je gekuppelt? Wie andere Mütter das tun? Nie. Deshalb war ich vielleicht erst etwas zaghaft dabei –«, sie lachte, während sie, stolz nach rechts und links blinzelnd, ins Städtchen einfuhr. Sah auch jeder, daß sie am Steuer saß? Ein wenig hatte es sie immer gewurmt, wenn andere Frauen chauffierten und sie nicht.


    Momme wohnte im Hinterhof eines Hauses, das einstmals in einem Garten gelegen hatte. Der diente jetzt leider als Lagerhof für eine Baufirma, die im Nebenhaus ihr Büro betrieb. Steine lagen da aufgeschichtet; Betonröhren und Platten. Momme ließ den Wagen auf der Straße stehen, die sehr schmal war. Corona fand das nicht richtig.

    »Kannst du nicht wenigstens so viel von deinem ehemaligen Garten Eden zurückverlangen, daß der Wagen Platz hat?«

    »Sicherlich. Ich versuch es. Vorläufig hab ich ja noch keinen eigenen.«

    Das stimmte. Sie waren mit dem der Tochter gefahren. Trotzdem ärgerte sich Corona. Mommes Art, Ja zu sagen und keinerlei Konsequenzen daraus zu ziehen, brachte sie auf. So war sie immer gewesen, die Alte, auch heute noch.

    »Du mußt den Fußboden richten lassen –«, man trat im Flur schon durch die Dielenbretter. »Jaja, mach ich.« Nichts geschah. »Du brauchst eine Putzfrau. Dazu wird es wohl reichen!« – »Jaja.« Auf die nach Monaten neu gestellte Frage hin erinnerte sich Momme an ihr Jawort von damals nicht mehr. »Ach so, richtig. Aber es gibt ja keine. Niemand will dem anderen den Dreck wegräumen.«

    Nicht, daß die kleine, ziemlich unpraktische Wohnung verwahrlost gewesen wäre. Aber Corona ärgerte sich, wenn sie Momme an den Fenstern turnen sah, um die Scheiben zu putzen, oder wenn sie die Treppe fegte. »Kehrwoche«, dumme Sitte, in anderen Gegenden half man sich anders. Und ging auch nicht unter dabei.

    Corona setzte eben an, dieses Problem neuerlich zur Sprache zu bringen, als sie durch einen Schrei ihrer Mutter abgelenkt wurde.

    »Cor, ich glaube –«, sie vergaß, den Zündschlüssel abzuziehen, und rannte ins Haus, die wieder einmal ungefegte Treppe hinauf, »Rupprecht!«, und versank in den Armen eines sie weit überragenden, breiten und – leider! Momme hatte einen etwas altmodischen Geschmack – bärtigen Mannes. »Du bist gekommen? Ich sah nämlich unten deinen Wagen.«

    »Ich auch. Aber so schnell wie unsere Mutter kombinierte ich nicht –« Corona war der Mutter nachgelaufen und lachte den großen Bruder an. »Allein? Wo ist Nikolaus?«

    Momme hatte zu ihrem grenzenlosen Entzücken – sie liebte Kinder und hatte sich immer welche gewünscht – als erstes Zwillinge bekommen, zwei Jungen, und noch dazu Anfang Dezember. Und es durchgesetzt, daß diese Rupprecht und Nikolaus genannt wurden. Ihr Mann, ruhiger als sie und still amüsiert über seine junge Frau, in die er sehr verliebt war, hatte lächelnd zugestimmt. Warum nicht Rupprecht und Nikolaus, wenn sie es so wollte?

    »Nur ein Glück, daß es nicht Drillinge sind«, hatte er lediglich gesagt, schmunzelnd, als Momme – damals noch Melinde – ihm mit der ihr eigenen Vehemenz diese beiden Namen vorgeschlagen hatte.

    »Warum? Ich würde auch mit dreien fertig.«

    »Weil –«, so argumentierte der stolze junge Vater – es war ganz zu Anfang, als Momme noch strahlend in der Klinik lag und, frei von Schmerzen, nicht ahnen konnte, was das Doppelpaket von Adebars Gnaden an immer wiederkehrender Arbeit bedeutete, an gestörten Nächten und doppelten Sorgen neben dem großen, mehr als doppelten Glück zweifacher Mutterschaft – »weil du den dritten vermutlich Weihnachtsmann taufen würdest. Und das –«

    »Das?« fragte Momme gespannt.

    »Das käme vielleicht beim Standesamt nicht durch«, sagte ihr Mann und küßte sie. Momme schwieg, wie man es tut, wenn man geküßt wird, jung verheiratet und zärtlich verliebt ist in seinen Mann, seine Kinder und sein Leben, »außerdem würdest du das vielleicht selbst nicht wollen.«

    »Du etwa?« fragte sie vergnügt dagegen.

    »Ich will immer das, was du willst.«

    Momme sah zu ihm auf, in das geliebte Gesicht, in die Augen, ritterspornblau, die gerührt auf sie gerichtet waren. Ganz plötzlich wurde sie ernst, mitten in ihrer übermütigen Verliebtheit.

    »Du –«, sie schlang die Arme um seinen Hals und zog sein Gesicht an ihres. Das war einer der glücklichsten Augenblicke ihres Lebens, sie vergaß ihn nie. Ein Stück Ewigkeit, etwas, wofür man alles, was das Leben bringen würde an Schwerem, willig und randvoll dankbar auf sich nehmen würde.

    Lang, lang war das her, unvergessen ruhte es in ihrem Herzen wie in einem Schrein. Jetzt aber sahen ebenso blaue Augen sie zärtlich an, ein ähnlicher Mund küßte sie, wenn er auch von einem Bart umrahmt war, den sie nicht begeisternd fand. Ihr Mann war stets glattrasiert gewesen und hatte dadurch viel jünger gewirkt als die heutige Generation im gleichen Alter.

    »Rupprecht! Bleibst du über Nacht?«

    »›Wann machste denn wieder fort?‹ fragten wir früher immer, wenn Besuch kam, oder ›Wann geht denn dein lieber Zug?‹«

    »Also bei euch hab ich sowas noch nie gefragt, bei euch Kindern! Nie! Und wehe, wenn ein anderer sowas gesagt hätte! Nur bei Besuch. Ihr seid ja keiner, ihr kommt nach Hause. So wie Cor. Sie ist nun schon drei Wochen hier, und wir haben uns noch nie gekabbelt.«

    »Wirklich?«

    »Niemals. Höchstens –«

    »Momme kuppelt nicht –«

    »Ich sag doch, ich hatte es nie nötig –«

    »Nein. Wir haben alle vier zeitig geheiratet. Und jetzt sollte sie ausgerechnet bei dir kuppeln, die du –«

    »Quatsch, nun versteh du das auch noch verkehrt. Ich bring Momme das Autofahren wieder bei, da kuppelt sie nie – oder doch zu spät. Es zerreißt mir die Ohren und die Seele –«

    Sie waren in das winzige Wohnzimmerchen getreten und hatten sich an den Tisch gesetzt, Corona stand noch einmal auf und nahm Tassen aus dem blauen Bauernschrank, schaltete den elektrischen Topf ein, ging hin und her. Momme saß, benommen von Glück, und sah zu ihrem Sohn auf. Der lachte.

    »Also kuppeln mußt du noch lernen, Momme. Wie figura lehrt. Und du willst dir wahrhaftig einen Wagen kaufen?«

    »Höchstens eine uralte Schleuder. Etwas ganz, ganz Bescheidenes. Ich hab gut verdient, nicht nur redigiert, auch übersetzt. Ein reizendes Buch, aus dem Holländischen. Das ist vielleicht eine lustige Sprache! Ich glaube, etwas Ernsthaftes könnte man darin gar nicht ausdrükken.«

    »Aus dem Holländischen? Ja, kannst du denn Holländisch?«

    »Aber nein, jedenfalls – ach, weißt du, ein kluger Mann hat mir einmal gesagt: ›Hauptsache, der Übersetzer kann deutsch.‹ Und weil ich doch nun so viele – in all den Jahren summiert sich das – so viele Manuskripte stilistisch redigiert habe, meine ich, vom Deutsch-Schreiben etwas zu verstehen. Da hab ich es gewagt und mir die Übersetzung ausgebeten, und siehe da, der Verlag war vom Resultat sehr angetan. Er versprach mir sofort neue Aufträge. Gut, ja?«

    »Gut, Momme. Nein, was haben wir doch für eine Mutter!«

    »Ach, weißt du, eine neue Sprache lernen, das ist, als ob sich dir eine Tür öffnet, durch die man in ein neues Land hineingeht. Sehr schön, sehr spannend, und lustig! Weißt du, was auf holländisch ›unbefestigte Randstreifen‹ heißt? ›Verblödelte Rabatten‹. Herrlich, nicht? Und ›Universitätsklinik‹? ›Akademisches Ziekenhus‹!«

    »Siechenhus«, verbesserte Corona leicht indigniert. Momme aber lachte.

    »Ziekenhus ist viel schöner. Ich weiß, daß es von siech, Siechtum her kommt. Ja, und als Cor nun fand, ich müsse ein Auto haben, da hab ich zugestimmt. Warum nicht? Wenn nicht große andere, notwendige Ausgaben dazwischenkommen. Man kann ja nie wissen. Ich will es »Pourquoi-pas« nennen. Meine erste Übersetzung hab ich nämlich aus dem Französischen gemacht, Französisch hab ich in der Schule so sehr geliebt. Da besaß ich wenigstens eine Grundlage. Es war eine reizende kleine Liebesgeschichte, verschämt und gleichzeitig stolz – man küßt sich auf der Straße, aber eingehakt geht man nicht ...«

    »Du kommst ja richtig ins Schwärmen, Momme«, sagte Rupprecht verwundert, »so, als hättest du es erlebt. Warst du je in Frankreich?«

    »In Paris, wenn du nichts dagegen hast«, sagte die Mutter. Sie wurde rot und ärgerte sich darüber. Deshalb fuhr sie fort, nun gerade: »Ja, sogar zu zweit, wie sich das für Paris gehört. Es ist zwar lange her –«

    ›Was lange her ist, stört die Kinder nicht mehr‹, hatte Marika, eine sehr amourös veranlagte Freundin Mommes, einmal gesagt, die, ebenfalls verwitwet war und ebenfalls Kinder hatte. Rupprecht, der samt seinem Zwillingsbruder eine Zeitlang in einem Internat gelebt hatte, also nicht immer zu Hause gewesen war, tat sehr erstaunt-moralisch. »Aber Momme! Und wir nichtsahnenden Söhne –«

    »Halt den Schnabel. Ihr braucht ja nichts zu ahnen. Ahne ich etwa, was für verschlungene Liebespfade ihr –«

    »Also doch Liebespfade! Ich hatte gehofft, du wärst rein beobachtend, sozusagen geschäftlich in der capitale d’amour gewesen, jetzt aber hast du dich verschnappt. Jedoch sei es dir verziehen, wenn es lange her ist. Immerhin – oh Momme, und dir wollte ich meine Kinder anvertrauen! Übrigens, wenn du dann einen Wagen hast, paßt das ja großartig. Ihr könntet ins Schwimmbad fahren –«

    »Wann? Wann soll Momme mit deinen Kindern –« Corona trat, die Kaffeekanne in der Hand, an den Tisch. Sie war kurz verschwunden und hatte sich umgezogen, trug jetzt einen knallroten Pulli, ziemlich anliegend, ›körperfreudig‹ nannte man das in der Familie, zu einer engen weißen Hose und sah bezaubernd aus, wie Momme wieder einmal insgeheim feststellte.

    »Ach so, ja«, fuhr Rupprecht fort, »ich hab vergessen, dir zu sagen: Sigrid läßt natürlich grüßen, sehr sehr herzlich. Und wir fahren diesen Sommer nicht nach Sizilien, sondern nur in die Heide. Längst geplant. Sigrid muß sich einmal von den Kindern erholen, muß gar nichts tun als schlafen und essen, was andere gekocht haben, hie und da ein Blümchen pflücken – wenn es in der Heide welche gibt, oder sonst eben Heidekraut – und danach wieder alle viere von sich strecken. Sich richtig ausruhen. Und da wollten wir dir die Kinder bringen. Das dürfen wir doch?«

    »Selbstverständlich. Großmütter sind dazu da, Enkel zu hüten. Sie tun es auch gern. Im Sommer? Falls Corona bis dahin –«, sie brach ab.

    »Natürlich hab ich bis dahin eine Bude«, sagte Corona rasch. Sie bewohnte zur Zeit Mommes drittes Zimmer, ein viertes gab es nicht in dieser Wohnung. Momme sah zu ihr hinüber. Sie fragte nicht, aber es fragte aus ihren Augen.

    »Na ja, wenn du schon pausenlos in mich hineinbohrst«, sagte sie kratzbürstig, »ich will nämlich die PH machen, hab mich zur Prüfung angemeldet. Momme muß ja immer alles wissen ...«

    »Hab ich gefragt? Und gebohrt schon gar nicht«, fuhr die Mutter auf. »Ich frage nie, weil ich von meiner Mutter immerzu gefragt wurde. Dauernd wollte sie wissen, welchen Mann ich heiraten und welchen Beruf ich ergreifen wollte. Deshalb hab ich euch nie gefragt. Du bist mit der pädagogischen Hochschule von selbst herausgerückt. Sehr schön, sehr ordentlich. Hoffentlich klappt es mit der Prüfung. Wann ist sie denn?«

    »Ich denke, du fragst nie?«

    »Himmel, wenn ich nur ein einziges Mal etwas völlig Sachliches frage –«

    »Nie gekabbelt. Immer vertragen. Drei Wochen in schönster Eintracht gelebt«, stellte Rupprecht lakonisch fest. »Die PH willst du machen, Cor? Sehr vernünftig. Und hier wohnen bleiben?« Die PH befand sich in der zehn Kilometer entfernten Kreisstadt. »Das ist für Momme ja sehr schön. Und wenn Corona sowieso auf eine Bude ziehen will, hast du doch Platz für die Kinder, Mommelein, nicht wahr?« Man sah ihm an, daß es ihm schwerfiel, es auszusprechen. Immer muß man die Mütter bitten, einzuspringen. Er dachte an die Redensart, die er neulich gehört

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