Dolphin Dreams - Im Meer wartet die Freiheit (Band 4): ab 10 Jahre
Von Anja Wagner
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Über dieses E-Book
Eine ganz besondere Freundschaft zwischen zwei Mädchen und einem Delfin steht im Mittelpunkt dieses einzigartigen Kinderromans ab 10 Jahren.
Eine berührende Geschichte über das Verfolgen seiner Träume und der Bedeutung von Freundschaft zu Mensch und Tier.
Dolphin Dreams - Im Meer wartet die Freiheit ist auf Antolin.de gelistet.
Ähnlich wie Dolphin Dreams - Im Meer wartet die Freiheit (Band 4)
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Rezensionen für Dolphin Dreams - Im Meer wartet die Freiheit (Band 4)
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Buchvorschau
Dolphin Dreams - Im Meer wartet die Freiheit (Band 4) - Anja Wagner
1
»Hat eine von euch meinen blau-weiß gestreiften Bikini gesehen?«, rief May aus dem Fenster im Obergeschoss, und noch bevor Mum oder ich antworten konnten, knallte sie das Fenster auch schon wieder zu.
Sein Fenster.
Das große Zimmer zur Straße hatte Grandpa gehört, als er noch lebte. An diesem Fenster haben wir jeden Tag auf Mays Schulbus gewartet, und auf die Post. Grandpa hat es mit Holzplatten zugenagelt, wenn ein Hurrikan angesagt war, und dann haben wir alle vor dem dunklen Fenster beim Kerzenschein gesessen und auf den Wind gehört, der ums Haus heulte. Am liebsten haben Grandpa und ich aber von hier aus die Delfine in der Bucht beobachtet. Damals, als ich noch klein war und sonst niemand im Haus war außer ihm und mir, weil Mum arbeitete und May in der Schule war. Und später dann, als ich selbst zur Schule ging, hat er nachmittags am Fenster auf mich gewartet und ich konnte es nicht abwarten, dass er mir von seinen Delfinsichtungen während des Tages berichtete.
»Gib es schon zu, Summer, du hast ihn«, schimpfte May, die aus dem Haus gestürmt kam und sich vor mir aufbaute, sodass sie einen Schatten warf und ich ihr aufgebrachtes Gesicht gut gegen die Sonne sehen konnte.
Ich zuckte nur mit den Schultern.
»Summer, ich weiß, dass du ihn hast. Du musst ihn haben, denn er ist weg. Mum, sag doch auch mal was«, rief May.
Mum war damit beschäftigt, unser Gepäck ins Auto zu wuchten. »Also wirklich, May«, rief sie zurück und pustete sich eine rotblonde Haarsträhne aus dem Gesicht. »Du könntest uns besser helfen und nicht solch ein Theater um einen Bikini machen. Er wird schon wieder auftauchen.«
»Ja, bestimmt«, zischte May und sah mich aus zusammengekniffenen Augen an. »Und wehe, ich sehe ihn an dir, wenn wir am Strand sind.«
Gerne hätte ich gelacht, denn die Vorstellung war wirklich zu komisch. Meine Schwester May war sechzehn und hatte einen Traumkörper. Besonders über ihre Oberweite konnte sie nicht meckern. Ich dagegen war mit meinen elf Jahren, fünf Monaten und dreizehn Tagen an dieser Körperstelle noch flach wie eine Flunder. Sowieso hatte ich das Gefühl, dass ich ausschließlich in die Länge wuchs. Mays Bikini hätte einfach nur lächerlich an mir ausgesehen.
Aber egal, wie lustig die Vorstellung auch war, ich konnte einfach nicht lachen. Es saß etwas in meiner Kehle, also eigentlich tiefer, direkt hinter meinem Brustbein, das mir jedes Lachen, jedes Frohsein unmöglich machte. Es raubte mir sogar die Kraft zum Sprechen. Manchmal brachte ich Wörter hervor, aber meistens zuckte ich nur mit den Schultern, machte »Hmm« oder nickte. Mum hatte mich deswegen sogar schon zu einem Psychologen geschleppt, aber da ich auch bei ihm kein Wort herausgebracht hatte und seine Rechnungen zudem so hoch waren, dass wir dafür ein neues Dach hätten kaufen können, hatte sie es schnell wieder aufgegeben.
»Okay«, rief Mum glücklich, nachdem sie mit unserer Hilfe den Kofferraum geschlossen hatte und sich erschöpft an den Wagen lehnte. »Wir fahren besser bald los. Ferienbeginn in Florida. Es ist ein Stau auf dem Highway Eins Richtung Süden vorhergesagt.«
»Ich fahre erst, wenn ich meinen Bikini gefunden habe«, rief May kopfschüttelnd und stürmte die Treppe in ihr Zimmer hinauf.
Ich lief hinterher, bog aber oben nach links ab, in Grandpas Zimmer. Ich wollte nicht, dass May hierherkam. Ich wollte nicht, dass irgendjemand hierherkam. Und ich wollte schon zehnmal nicht, dass etwas verändert wurde. Alles sollte so bleiben, wie Grandpa es hinterlassen hatte. Damals, an dem Tag, an dem er mit seinem kleinen Boot in die Bucht hinausgefahren war und nicht wiederkam, weil mitten auf dem Meer sein Herz aufgehört hatte zu schlagen.
Sein Fernglas lag noch auf dem kleinen Schrank neben dem Fenster und mein kleines daneben. Mit schnell klopfendem Herzen hielt ich es vor meine Augen.
Die Bucht lag still und im Sonnenschein glitzernd in der Ferne. Manchmal hatte Grandpa mir Märchen von Wasserelfen erzählt, die auf der Wasseroberfläche tanzten und ihre Freunde, die Delfine, damit anlockten. Doch Delfine sah ich heute nicht.
»Du vermisst ihn«, flüsterte Mum hinter mir.
Ich biss mir auf die Backenzähne. Das hatte ich schon oft ausprobiert und es funktionierte wirklich gut. Wenn man sich nur fest genug auf die Zähne biss, musste man nicht sofort losheulen.
»Ich vermisse ihn auch«, flüsterte Mum und legte ihre Hand auf meine Schulter.
Warum schickst du mich weg? Ich will hierbleiben, hier in seinem Zimmer, und mir vorstellen, dass er gleich aus der Bucht zurückkommt und alles so sein wird wie früher, wollte ich sagen, doch weil ich beim Reden die Zähne nicht mehr zusammenbeißen konnte, ließ ich es lieber.
»Da seid ihr«, rief May, nach Luft japsend, von der Zimmertür aus und winkte mit ihrem blau-weiß gestreiften Bikini. »Ich hab ihn gefunden. Er war in der Souvenirkiste vom letzten Sommer. Weiß der Geier, wie der da reingekommen ist. Von mir aus kann’s jetzt losgehen.«
Delfin»Summer?«, sagte Mum an der Tür, als ich noch immer am Fenster stand und hinausstarrte. Einen Moment hatte ich geglaubt, einen Delfin gesehen zu haben. »Komm schon, Summer, dort, wo du den Sommer verbringst, gibt es reichlich Delfine.«
Ich stellte das Fernglas zurück und seufzte. Mum verstand das nicht, weil sie die Delfine nicht verstand. Grandpa hatte sie verstanden. Er und ich hatten über sie Buch geführt, sie fotografiert, besonders ihre Rückenflossen. Die Rückenflosse war bei jedem Delfin ein wenig anders und an ihr konnte man die Delfine voneinander unterscheiden. Wie an einem Fingerabdruck beim Menschen. Manche kamen immer wieder in die Bucht und wir hatten ihnen sogar Namen gegeben. Nun aber lag unser Buch seit sieben Monaten geschlossen auf dem Schrank, denn der letzte Eintrag war von Grandpa und ich brachte es nicht übers Herz, etwas Neues darunterzuschreiben.
»Also, Summer.« May klappte den Spiegel am Beifahrersitz herunter, sodass sie mich auf der Rückbank ansehen konnte, ohne sich umzudrehen. »Sobald wir das Camp erreichen, gehen wir uns aus dem Weg. Du machst dein Ding und ich meins. Schlimm genug, dass Mum dich ausgerechnet in eines unserer Sommercamps stecken musste.« Ihr wütender Blick streifte Mum. »Ehrlich, Mum, war das wirklich nötig? Ich hab mich das ganze Jahr darauf gefreut.«
Mum seufzte und zwinkerte mir kurz zu. »May, ich verstehe dich nicht. Nur weil deine Schwester mit ins Camp fährt, hast du keinen Spaß mehr daran?«
»Ich hab einfach meine eigenen Pläne und keine Lust, Summers Babysitter zu spielen.« May klappte den Spiegel wieder ein und sah stur aus dem Fenster.
Manchmal fragte ich mich, was mit May los war. Sie war ganz anders, angefangen bei ihrem Äußeren. Im Gegensatz zu Mum und mir hatte sie kein rötliches, sondern dunkles Haar und sie war nicht so blass wie wir. May kam eher nach unserem Dad und ich fand, das war schon Grund genug, glücklich zu sein. Ich mochte meine weiße Haut mit den vielen Sommersprossen nämlich überhaupt nicht und schon gar nicht das rötliche Haar dazu. Aber trotzdem hatte May ständig schlechte Laune und die ließ sie am liebsten an mir aus.
Inzwischen hatten wir den Highway erreicht. Die Straße führte mitten über das Meer und zu beiden Seiten schimmerte bis zum Horizont das türkisblaue Wasser, auf dem kleine weiße Boote im warmen Sommerwind schaukelten.
»Traumhaft«, sagte Mum mit einem tiefen, sehnsuchtsvollen Seufzer.
Ich sah sie an und machte mir Sorgen.
Seit Grandpas Tod hatten sich die Fältchen rund um ihre Augen tiefer eingegraben, was Mum aber meistens hinter einer Sonnenbrille versteckte. Ich wusste, dass sie sich einen Urlaub nicht leisten konnte. Sie musste jetzt ganz allein für die Rechnungen aufkommen und da kam einiges zusammen, denn Grandpas Haus war alt.
Für einen Moment hatte Mum nach seinem Tod über den Verkauf des Hauses nachgedacht. Doch May und ich wollten nicht ausziehen. Da waren wir uns einig. Mum hatte nie wieder einen Verkauf erwähnt und sich stattdessen mit Handwerkern unterhalten, denn als Nächstes musste das Dach erneuert werden. Deshalb hatte Mum sich für die Sommerferien einen zusätzlichen Job gesucht, obwohl sie als Lehrerin nicht schlecht verdiente. Und jetzt schickte sie mich auch noch ins Feriencamp, wofür sie Unsummen zahlte.
Für May musste sie zum Glück nicht bezahlen. May fuhr nun schon zum zweiten Mal ins Oceanlife Rescue Center, aber als Betreuerin und Helferin in der Krankenstation und bei der Rettung der Wasserschildkröten. Sie bekam sogar ein kleines Taschengeld für ihren Job dort und deshalb hatte Mum es ihr wohl auch erlaubt, denn sonst hätten wir vermutlich nicht in Urlaub fahren können.
»Vielleicht schaffe ich es ja mal an einem Wochenende, euch im Camp zu besuchen«, sagte Mum und ich hörte den Abschiedsschmerz in ihren Worten. »Wir könnten ein Picknick