Zu jung für ein Kind?: Sophienlust - Die nächste Generation 8 – Familienroman
Von Karina Kaiser
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Über dieses E-Book
Denise hat inzwischen aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle geformt, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt.
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
»Ich bekomme ein Kind.« Diese Worte klangen wie drohendes Unheil und machten Martin Rossbach, den angehenden Kindesvater, zunächst einmal sprachlos. Vor Schreck ließ er das Buch fallen, das er sich gerade aus dem Regal genommen hatte. »Sag das noch einmal«, flüsterte er schließlich und ließ sich auf einen Stuhl sinken. Seine Beine trugen ihn nicht mehr. »Ich bekomme ein Kind.« Antje hob das Buch auf und legte es auf den Schreibtisch. »Und du bist dir ganz sicher?« »Der Arzt hat es bestätigt und sich sogar gefreut. Für mich ist es jedoch eine Katastrophe.« Er hatte sich schnell gefangen und erwiderte nun beschwichtigend: »Aber warum denn? Meinst du nicht auch, dass wir für das Kleine sorgen können?« Die knapp Neunzehnjährige schüttelte den Kopf und erwiderte aufgebracht: »Wovon denn und wann? Oma hat mir nicht viel hinterlassen und Eltern habe ich nicht mehr. Ich habe niemanden, dem ich das Baby andrehen kann. Und meinen Studienplatz will ich nicht aufgeben.« »Musst du denn unbedingt studieren?« »Du studierst doch auch«, versetzte sie und bedachte ihn mit einem wütenden Blick.
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Zu jung für ein Kind? - Karina Kaiser
Sophienlust - Die nächste Generation
– 8 –
Zu jung für ein Kind?
Eine junge Frau auf dem Weg zu sich selbst
Karina Kaiser
»Ich bekomme ein Kind.«
Diese Worte klangen wie drohendes Unheil und machten Martin Rossbach, den angehenden Kindesvater, zunächst einmal sprachlos. Vor Schreck ließ er das Buch fallen, das er sich gerade aus dem Regal genommen hatte.
»Sag das noch einmal«, flüsterte er schließlich und ließ sich auf einen Stuhl sinken. Seine Beine trugen ihn nicht mehr.
»Ich bekomme ein Kind.« Antje hob das Buch auf und legte es auf den Schreibtisch.
»Und du bist dir ganz sicher?«
»Der Arzt hat es bestätigt und sich sogar gefreut. Für mich ist es jedoch eine Katastrophe.«
Er hatte sich schnell gefangen und erwiderte nun beschwichtigend: »Aber warum denn? Meinst du nicht auch, dass wir für das Kleine sorgen können?«
Die knapp Neunzehnjährige schüttelte den Kopf und erwiderte aufgebracht: »Wovon denn und wann? Oma hat mir nicht viel hinterlassen und Eltern habe ich nicht mehr. Ich habe niemanden, dem ich das Baby andrehen kann. Und meinen Studienplatz will ich nicht aufgeben.«
»Musst du denn unbedingt studieren?«
»Du studierst doch auch«, versetzte sie und bedachte ihn mit einem wütenden Blick.
»Das ist etwas ganz anderes. Zum einen bin ich ein Mann, bin bald fertig und werde dann Geld verdienen. Du kannst also ruhig ein paar Jahre mit dem Baby zu Hause bleiben und dir später einen Job suchen.«
»Sag mal, spinnst du?«, schrie sie ihn zornig an. »Ich will Lehrerin werden und keine Aushilfskraft.«
»Und nun willst du dir das Kind wegmachen lassen?«
»Nein, du kannst es haben. Du bist ja bald mit dem Studium fertig. Du kannst es auch bei deinen Eltern unterbringen. Mir ist es egal.«
»Das geht nicht, Antje«, wiegelte er hastig ab. »Ich muss mich auf das Examen konzentrieren, und meine Eltern gehen noch arbeiten.«
»Dann gebe ich es zur Adoption frei.«
»Das kannst du doch nicht machen«, schrie er sie entsetzt an. »Du kannst doch unser Kind nicht weggeben.«
»Mir bleibt ja nichts anderes übrig. Meinst du, ich ändere meine Zukunftspläne wegen so einer Rotznase und bin nur deine Hausfrau und Mutti?«
Antje Heisler warf dem angehenden Bauingenieur ein Sofakissen an den Kopf.
»Nein, nein, so soll es doch auch nicht sein.« Er ging zu ihr, nahm sie in die Arme und setzte einlenkend hinzu: »Wir werden eine gute Lösung finden, ganz bestimmt. Wann soll das Kleine denn zur Welt kommen?«
»Anfang August. Das ist gut, dann habe ich Semesterferien.«
»Du willst wirklich mit dem Studium anfangen?«
»Natürlich.Sie stieß ihn von sich, setzte sich auf das Bett und schluchzte: »Konntest du nicht aufpassen? Wir können kein Kind gebrauchen. Es ist wie ein Klotz am Bein. Das hat meine Oma auch immer gesagt.«
Martin wehrte sich und schimpfte: »Du hättest auch aufpassen können, hast wahrscheinlich die Pille vergessen.«
»Ja, habe ich«, räumte sie verlegen ein. »Aber gegenseitige Vorwürfe nützen nichts. Ich habe da von einer kirchlichen Einrichtung gehört, die Babys an Ehepaare vermitteln, die selbst kein Kind haben können. Es wäre eine Möglichkeit, das Kleine gut los zu werden. Die andere wäre, dass deine Eltern das Kind doch nehmen.«
»Meine Eltern werden sagen, dass wir heiraten sollen und du so lange zu Hause bleibst, bis unser Kind aus dem Gröbsten heraus ist. Meine Mutter hat es seinerzeit mit mir auch so gehalten.«
»Das sind ja Ansichten wie vor zweihundert Jahren«, pfiff sie ihn an. »Bleib du doch zu Hause. Du bist genauso verantwortlich wie ich.«
»Zum Donnerwetter noch mal!«, fluchte er. »Mit dir kann man überhaupt nicht reden.«
»Mit dir auch nicht. Such dir eine, die genauso denkt wie du.« Sie griff nach Tasche und Jacke, verließ den Raum und knallte die Tür hinter sich zu.
Martin schaute ihr wütend nach. Er verstand sie nicht. Es war von der Natur nun einmal so eingerichtet, dass die Frauen die Kinder bekamen. Da musste sie aus dieser so ganz natürlichen Sache doch kein Drama machen. Ja, wenn er nicht zu ihr halten oder das Baby ablehnen würde, dann würde er ihre Bedenken verstehen können. Aber so war es doch nicht. Er wollte und würde dem Kleinen ein guter Vater sein. Und sie würde sich bestimmt bald beruhigen – und einsehen, dass er recht hatte.
Am Wochenende darauf fuhr er zu seinen Eltern, um sich dort Rat und Hilfe zu holen.
*
»Antje bekommt also ein Kind«, wiederholte Gerhard Rossbach das Geständnis seines Sohnes. »Dann kann man euch ja nur noch beglückwünschen. Wann wird denn geheiratet?«
»Wahrscheinlich gar nicht«, erwiderte Martin verbissen. »Sie will auch das Kind nicht haben.«
»Warum denn nicht?«
»Weil sie ab Oktober einen Studienplatz hat.«
»Den braucht sie jetzt nicht mehr. Es reicht, wenn sie eine ordentliche Mutter und Hausfrau ist.«
»Aber Gerhard, so denkt heute kaum noch jemand«, wandte seine neben ihm sitzende Frau mahnend ein. »Die jungen Frauen wollen arbeiten gehen, und dazu gehört eine möglichst gute Ausbildung.«
»Ja, ja, ich weiß. Kinder haben im Leben dieser Damen dann keinen Platz mehr.«
Anna Rossbach lächelte unwillkürlich. In familiärer Hinsicht hatte der Fortschritt einen großen Bogen um ihren Ehemann gemacht. Laut sagte sie jedoch nur: »Antje ist ein sehr kluges und fleißiges Mädchen. Es wäre doch jammerschade, wenn sie keinen Beruf haben würde. Sie wird auch nicht von ihrem Mann abhängig sein wollen.«
»Sie kann doch etwas lernen, später.« Das kam von Martin, ziemlich betreten übrigens, denn ihm war inzwischen klar geworden, wann dieses »Später« möglicherweise sein würde.
Seine Mutter sprach aus, was er dachte, nämlich: »Dann ist sie mindestens dreißig. Meint ihr beide, sie fängt dann noch einmal mit einem Studium an?«
Die Männer zuckten mit den Schultern, schwiegen und waren ratlos.
Gerhard Rossbach murmelte schließlich mit einer gewissen Verlegenheit: »Ein Kind sollte man besser nach der Ausbildung bekommen.«
»Natürlich sollte man das. Aber nun ist es eben schon vorher passiert. Und nun wissen wir nicht weiter.« Seine Frau lächelte seltsam und sagte dann noch: »Antje hat, soweit ich es weiß, außer uns niemanden, der sie unterstützen könnte. Deshalb müssen wir darüber nachdenken, was wir tun können.«
»Das Kind ist ja noch nicht da«, meinte Martin nach einer Weile weiteren Schweigens. »Es kann ja tagsüber auch in eine Kita gebracht werden.«
»In eine Kita? Kommt gar nicht infrage.«
»Warum denn nicht, Papa? Da gehen viele Kinder hin, und man kann froh sein, wenn man dort einen Platz bekommt.«
»Mein Enkelkind kommt nicht in eine Einrichtung, wo die Weiber nur herumsitzen und tratschen und kaum auf die Kinder achten.«
»Ganz so ist es nicht, mein lieber Mann. Aber darüber brauchen wir jetzt noch nicht zu sprechen. Das wäre ja auch nur der zweite Schritt. Zunächst einmal müssen wir verhindern, dass Antje die Schwangerschaft unterbrechen lässt.«
»Das wird sie nicht tun, sie will das Kind nur zur Adoption freigeben.«
»Das musst du ihr ausreden und zwar sofort.«
»Wie denn, Papa? Sie hat gesagt, sie macht das. Sie hat sich sogar schon erkundigt, wie so etwas durchzuführen ist. Oder ich nehme das Kind. Aber das geht doch auch nicht. Dann werde ich ja nie mit dem Studium fertig.«
»Aha. Antje soll verzichten, du, mein Sohn, bist aber zu keinem Zugeständnis bereit und willst weiterhin dein freies Studentenleben führen.«
»Doch, Mama, ich will mich schon kümmern«, hielt Martin dagegen, schränkte aber gleich wieder ein: »Soweit es mir möglich ist. Die Verantwortung muss natürlich bei Antje bleiben. Sie ist die Mutter und wird bestimmt noch lernen …«
»So kommen wir nicht weiter«, blaffte sein Vater dazwischen. »Du bist ja noch viel zu jung, um die richtigen