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Warum verschwand Meghan?
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eBook249 Seiten3 Stunden

Warum verschwand Meghan?

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Über dieses E-Book

Meghan hat einen gefährlichen Verehrer. Ein Unbekannter schickt der Feuerwehrfrau gelbe Rosen und Liebesbriefe - während er gleichzeitig ein Gebäude nach dem nächsten in Flamme aufgehen lässt. Denn angeblich gibt es für ihn nichts Schöneres, als Meghan bei der Arbeit zu beobachten. Die Polizei arbeitet auf Hochtouren, um den Feuerteufel aufzuspüren, und zieht einen Experten für Brandstiftung hinzu - ausgerechnet Meghans große Liebe Gideon. Bis vor zwei Jahren waren die beiden ein Paar. Vergessen konnte sie ihn bis heute nicht. Und auch er scheint noch von ihr angetan zu sein. Doch kaum kommen sie sich näher, gerät Meghan in Lebensgefahr…

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum8. Nov. 2017
ISBN9783733753955
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    Buchvorschau

    Warum verschwand Meghan? - Julie Miller

    IMPRESSUM

    Warum verschwand Meghan? erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

    © 2003 by Julie Miller

    Originaltitel: „Kansas City‘s Bravest"

    erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    © Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA LOVE & CRIME

    Band 12 - 2004 by CORA Verlag GmbH, Hamburg

    Übersetzung: Dr. Rainer Nolden

    Umschlagsmotive: OSTILL / Olesya22 / Getty Images

    Veröffentlicht im ePub Format in 11/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783733753955

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

    Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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    PROLOG

    Zu spät. Zu spät.

    Für Gideon Taylor gab es kein Entkommen aus dem flammenden Inferno dieses Albtraums.

    Die Luft um ihn herum explodierte in einem gewaltigen Feuerball, dessen Druckwelle ihn zu Boden warf.

    „Luke!" Dumpf erklang Gideons verzweifelter Schrei unter der Sauerstoffmaske.

    Unruhig wälzte Gideon sich im Bett herum. Der entsetzliche Traum wollte kein Ende nehmen. Er rang nach Luft, er wollte endlich aufwachen. Er schaffte es nicht.

    Er brauchte sie.

    Das Knirschen der alten Dachbalken vermischte sich mit dem Ächzen der tragenden Wände, die von Minute zu Minute brüchiger wurden, zu einer unheilvollen Melodie, die durch das Zischen und Fauchen der Flammen an Gideons Ohr drang.

    „Luke!" Gideon rollte sich zur Seite und kämpfte mit der Ausrüstung, die ihn in seiner Bewegungsfreiheit einschränkte – von dem erdrückenden Schuldgefühl, das ihn außerdem belastete, ganz zu schweigen.

    Jetzt war es zu vollem Leben erwacht.

    Funken, Möbel, Müll. Nahrung für das Feuer.

    Ein ebenso simples wie tödliches Rezept für einen Brand.

    Torkelnd stand Gideon auf. Rußpartikel ließen seine Augen tränen. Er schloss sie und konzentrierte sich auf ein Geräusch, das ihn zu seinem Partner führen konnte. „Sprich mit mir", flüsterte er so eindringlich, als wollte er die Wände, die jeden Moment einzustürzen drohten, zwingen, ihm ihre Geheimnisse zu verraten.

    Aus den oberen Stockwerken drang das Knirschen von Eisenträgern, die in der glühenden Hitze zu schmelzen begannen, an sein Ohr. Es kam ihm wie eine Aufforderung vor.

    Heftige Luftströme, die die Flammen immer wieder anfachten und vorwärts trieben, zischten ihm entgegen und ließen ihn zurückweichen. Eindeutig eine Warnung.

    Er hörte den rasselnden Atem seines besten Freundes, der inmitten dieses Flammenmeeres im Sterben lag.

    Gideon lauschte angespannt auf diese letzten schwachen Lebenszeichen. Plötzlich wurde es ganz still in seinem Kopf. Sein heftiger Atem ging regelmäßiger, und sein Herz schlug ruhiger.

    Mit allen Sinnen konzentrierte er sich auf Luke.

    Da hinten!

    Mit vorsichtigen, dabei aber trotzdem weit ausholenden Schritten drang Gideon durch die Wand aus Rauch. Er betrat den inneren Bereich des Infernos, um seinen Freund zu retten.

    „Taylor! Redding! Er achtete nicht auf den Befehl, der durch den Lautsprecher in seinem Helm drang. „Ich sagte ‘rauskommen!

    „Luke ist ohnmächtig!" Er verschwendete keinen weiteren Atemzug, um mit Deputy Chief Bridgerton über dessen Anweisungen zu diskutieren. Sein Boss würde ihn verstehen. Ein Feuerwehrmann ließ niemals einen Kollegen im Stich.

    Er tastete sich an der Wand entlang, betrat den Kesselraum durch die Reste der zerstörten Türöffnung und fiel zu Boden. Hart schlug er mit einem Knie auf den Zement.

    Mit dem zweiten stieß er auf etwas Weicheres.

    Luke.

    Gideon nahm die Hand des Kollegen und drückte sie fest. Es war ein stummes Versprechen, ein unausgesprochener Trost. Er legte sich neben seinen Partner, um das zwölf Zentimeter hohe Lüftungsfenster knapp oberhalb des Bodens zu untersuchen. Luke lag flach auf dem Rücken. Verkohlte Holzdielen und verdrehte Metallteile quetschten seine Schulter und seinen Brustkorb ein.

    „Ich bin’s. Gideon verstand seine eigenen Worte kaum. „Hörst du mich?

    Lukes Helm bewegte sich hin und her, als er versuchte, den Kopf zu schütteln. „Nicht gut. Hol … Mistkerl …"

    „Hey, beschimpfst du mich etwa?" Gideon bemühte sich um ein Lächeln, als ob Luke ihn trotz seiner geschlossenen Augen und durch sein schmerzerfülltes Delirium sehen könnte.

    Er schob einen Arm unter Lukes Ellbogen, den anderen unter seine Knie und zog. Er rührte sich nicht vom Fleck.

    Er brauchte eine Spitzhacke. Eine Winde. Und zwei weitere Männer.

    Er brauchte ein Wunder. Ob Gott ihn wohl hörte?

    „Schatz?" Gideon stöhnte laut auf. Dem Schicksal, das ihn unweigerlich in seinem Traum erwartete, wollte er unbedingt entgehen. Er sehnte sich nach dem Klang ihrer Stimme, die von einer Sekunde zur nächsten zwischen munterer Zuversicht und verletzlicher Zärtlichkeit schwanken konnte. Mit einer Hand tastete er nach ihr.

    Gideon ließ das verformte Metall los. Seine Gummihandschuhe zogen Fäden, in denen sich seine Finger verhedderten.

    Er fluchte. Am frustrierten Klang seiner Stimme erkannte Bridgerton die Gefahr, in der sie schwebten.

    „Taylor. Ich erwarte Sie in zwei Sekunden hier draußen. Verlassen Sie das Gebäude!"

    Gideon, der Luke immer noch in seinen Armen hielt, widerstand dem Impuls, den letzten Rest Sauerstoff aus seiner Flasche mit ihm zu teilen. Er brauchte die Luft, damit wenigstens einer von ihnen die Möglichkeit hatte, mit dem Leben davonzukommen.

    Mit beiden Händen umklammerte er die schweren Metallgitter, die von der Hitze biegsam geworden waren, und erhob sich. Schwarzer Rauch stieg auf, als er die Teile der zerborstenen Decke mit letzter Kraft von Lukes Brust schob. Mit dem Schutt verschwand auch Gideons Handschuh in den dunklen Wolken.

    Tief sog er den letzten Rest Sauerstoff in seine Lunge.

    Kniend versuchte er, Luke hochzuheben. Die Schulter gegen seinen Bauch gepresst. Ein Arm unter den Knien. Er legte Lukes Arm um seinen Hals. Schwankend erhob er sich unter dem Gewicht des erwachsenen Mannes und seiner schweren Schutzkleidung.

    „Boss!"

    Endlich stand er aufrecht und konnte losgehen.

    Torkelnd lief er durch den Gang zu dem Loch in der Wand, durch das er und Luke zu dem Flammeninferno vorgedrungen waren. Mit dem Ellbogen tastete er sich seinen Weg an der Wand entlang. Von dort, wo sie endete, verließ er sich auf seinen Instinkt, um ins Freie zu gelangen.

    „Taylor! Gideon schnappte verzweifelt nach Luft. „Halten Sie ihn! Seine Knie gaben nach.

    Gideon wurde schwarz vor Augen. Wie aus weiter Ferne drangen Bridgertons Anweisungen durch die Dunkelheit an sein Ohr.

    Ehe er zu Boden fiel, wurde ihm das Gewicht von den Schultern genommen. Hände fingen ihn auf und befreiten ihn von Luke.

    Jemand riss ihm den Helm und die Atemschutzmaske ab. Die Sauerstoffflasche wurde abgeschnallt. Gierig sog er die kalte, klare Nachtluft in seine Lungen. Wie eine kühlende Kompresse wirkte der Sauerstoff auf seine gepeinigte Kehle. Dann wurde er hochgehoben, und jemand stülpte ihm eine kleine Plastikmaske über Mund und Nase.

    Weiß und orange loderten die Flammen in den mitternächtlichen Himmel. Dieses Mal hatten sie den Sieg davongetragen. Das schwarze Skelett des verlassenen Gebäudes stand noch einen Moment lang wie eine Silhouette gegen das rote Feuer. Dann erschütterte eine weitere Explosion die Umgebung, und das Gebäude fiel in einer gigantischen Wolke von Staub, Rauch und Flammen in sich zusammen.

    „Alle Mann in Sicherheit!"

    Es waren die letzten Worte, die Gideon hörte, ehe es um ihn herum schwarz wurde.

    Als er Minuten später im schwankenden Krankenwagen aufwachte, wusste er, dass er verloren hatte. Das Schweigen der Sanitäter war vielsagend. Luke hatte es nicht geschafft.

    Trotzdem tastete er mit der Hand nach der Liege neben sich, um seinen Freund zu berühren. „Tut mir leid, alter Knabe. Ich bin zu spät gekommen. Zu spät."

    „Um Himmels willen, Taylor. Ihre Hand!"

    Es dauerte eine Ewigkeit, bis Gideon den Blick von Lukes wachsbleichem Gesicht zu den schwarzen Fingerspitzen seiner linken Hand wandern ließ.

    Auf den Schock folgte der Schmerz, als er die versengten Hautschichten wahrnahm. „Nein …!"

    „Nein!" Kaum hatte der heisere Schrei aus seinem Albtraum ihn ins Bewusstsein zurückgerissen, spürte er bereits den stechenden Phantomschmerz in seiner linken Hand.

    Er sehnte sich nach Linderung. Nach Trost. Nach Licht und Leben und Liebe.

    „Meg?"

    Er umklammerte ein unbenutztes Kopfkissen.

    Die Realität war genauso grausam wie sein Angsttraum. Das Bett war leer.

    Frustriert, niemanden im Arm halten zu können, atmete er tief ein und aus, um seinen rasenden Herzschlag zu beruhigen. Er setzte sich aufrecht hin und schob sich mit der rechten Hand eine schweißnasse Haarsträhne aus der Stirn. Die feuchte Bettdecke war von seinem nackten Oberkörper gerutscht und lag als unförmiger Klumpen neben seinen Hüften.

    Die Klimaanlage lief auf Hochtouren, und der schwüle Tag in der Großstadt war einer dunklen, mondlosen Nacht gewichen. Dennoch fühlte sich sein Körper so heiß an, als hätte er Fieber.

    Seit einem Monat war er nicht mehr von diesem Albtraum heimgesucht worden. Warum heute Nacht?

    Er fuhr mit der Handfläche über das leere Bett. Der kleine und der Ringfinger der linken Hand konnten das Kopfkissen nicht fassen. Mit ihnen hatte er im vergangenen Jahr ohnehin nicht viel anfangen können. Seit der Nacht, in der Luke gestorben war.

    Gideon zog die Hand zurück und holte tief Luft.

    Meghan war fort.

    Sie hatte ihm das Herz gebrochen und ihm das Liebste genommen, was seine verkrüppelten Hände hätten halten können.

    „Meghan. Sein Flüstern klang wie ein verzweifelter Schrei. „Was habe ich nur falsch gemacht?

    Sie war nicht bei ihm gewesen in der Nacht von Lukes Tod. Zwei lange Jahre hatte sie nicht mehr in seinem Bett gelegen.

    Wann würde er das endlich begreifen?

    Gideon Taylor musste allein mit seinen Albträumen fertig werden.

    1. KAPITEL

    Rote und weiße Lichter flackerten im Inneren des vierstöckigen Lagerhauses, blitzten durch zerbrochene Fensterscheiben und zerstörten Türen, erhellten Wände aus Rauch und wurden von den Flammen verschluckt.

    Sturzbäche von Wasser prasselten auf die Feuerwehrleute in dunklen Hosen und Mänteln. In dicken schwarzen Gummistiefeln liefen sie durch die Pfützen von Löschwasser, das sich um ihre Füße sammelte.

    Die Sirenen waren ausgeschaltet, aber die Geräuschkulisse der in der Hitze knisternden morschen Holzdielen und das laute Rauschen des Wassers ermöglichten die Verständigung nur über die winzigen Mikrofone und Lautsprecher in ihren Schutzhelmen. Dennoch drang ein schwaches Geräusch an Meghan Wrights Ohr – ein sehr hoher Laut, der das allgemeine Chaos übertönte und sehr verzweifelt klang.

    Sie drückte dem groß gewachsenen Mann hinter ihr den Schlauch in die Hand und eilte in die Richtung, aus der das Geräusch kam.

    „Wir haben noch keinen Befehl zum Betreten des Gebäudes bekommen. Also bleib gefälligst hier."

    Meghan ignorierte die Warnung ihres Kollegen und drang in den dichten schwarzen Rauch ein. „Ich habe etwas gehört, John. Ich muss nachsehen, was es ist."

    Das metallische Klappern der Ausrüstung auf ihrem Rücken, ein vertrautes Geräusch bei jedem Schritt, übertönte den schwachen, immer wiederkehrenden Laut, den sie vernommen hatte. Der Schutzanzug, über vierzig Kilo schwer, schränkte sie schon lange nicht mehr in ihrer Bewegungsfreiheit ein. Obwohl der Rauch bereits in sämtliche Räume des Gebäudes gedrungen war, hatte das Feuer die oberen Stockwerke noch nicht erreicht. Sie tastete sich an der kalten Wand den Gang entlang bis zu den Büros am südlichen Ende des Lagerhauses.

    Ein Schwall von Flüchen drang an ihr Ohr. Aber sie hörte auch den resignierten Seufzer von John Murdocks sonorem Bass und wusste, dass sie sich seiner Unterstützung bei ihrer Suchaktion sicher sein konnte. „Melde dich alle zwanzig Schritte."

    „Roger. Sie presste sich an eine Wand und versuchte, sich zu orientieren, ehe sie sich für einen Korridor entschied. „Ich gehe nach links, also in östlicher Richtung. Auf eine der Außenwände zu.

    „Verstanden. Sei vorsichtig."

    „Du auch. Als sich die schwarz-graue Wand aus Rauch zu einem halb durchsichtigen Nebel verdünnte, sah sie, dass sie die richtige Wahl getroffen hatte. „Kluges Mädchen. Siegessicher rieb sie sich die behandschuhten Hände und ging weiter. Jetzt verließ sie sich ganz auf ihren Instinkt.

    Das war nicht immer so gewesen.

    Vor vier Jahren, als sie zweiundzwanzig war, hatte sie zu wenig Geld gehabt, um das College zu beenden. Sie suchte einen Job, für den sie nur körperlich fit zu sein brauchte; deshalb entschied sie sich für eine Ausbildung bei der Feuerwehr. Aber die Arbeit erwies sich als hart, und die Herausforderungen waren gewaltig. Wegen der spöttischen Bemerkungen von einigen anderen Auszubildenden war sie oft in Tränen ausgebrochen oder fast zur Weißglut getrieben worden. Es sah ganz so aus, als ob sie es nicht schaffen würde.

    Genauso wie sie all die anderen großen Herausforderungen in ihrem Leben nicht geschafft hatte.

    Dann war Gideon Taylor in ihr Leben gestolpert – in des Wortes wahrster Bedeutung: Er war auf einem Schlauch ausgeglitten, den sie weder aufrollen noch allein tragen konnte. Kurz entschlossen hatte er sie unter seine Fittiche genommen und ihr Selbstvertrauen und Geduld vermittelt. Er hatte ihr Tricks gezeigt, wie sie ihre mangelnde körperliche Kraft kompensieren konnte. Er hatte sie gelehrt, ihre Arbeit zu lieben.

    Und er hatte ihr die Liebe beigebracht.

    Flammen schossen durch die Dielenböden vor Meghans Füßen hoch und rissen sie aus ihren Gedanken. Das Feuer, das im Erdgeschoss des Lagerhauses begonnen hatte, fraß sich allmählich seinen Weg zu den Dachbalken. Gideon würde sie jetzt ermahnen, Ruhe zu bewahren und sich nur auf das Feuer zu konzentrieren.

    Lass das Feuer zu dir sprechen, würde er sagen. Es sagt dir, was du tun sollst.

    Meghan versuchte, etwas zu hören. Das klopfende Geräusch war verstummt. Sie lauschte angestrengter. Sie versuchte, sich an Gideons Lektionen zu erinnern.

    Gideon.

    Sie lehnte sich an eine Wand und griff sich an den Bauch. Der Schmerz, den die Flut der Erinnerungen in ihr auslöste, war fast körperlich spürbar.

    Dieser Herausforderung war sie jedenfalls nicht gewachsen gewesen.

    „Meghan?" Johns warnende Stimme erinnerte sie daran, dass die Zeit knapp wurde.

    Sie riss sich zusammen und löste sich von der Wand. „Ich bin okay." Sie sah sich um und beschrieb ihre Position.

    „Hast du das Opfer entdeckt?"

    „Noch nicht. Eine Art schriller Schrei aus dem oberen Stockwerk ließ sie aufmerken. „Warte. Da ist was.

    Es war der Laut eines verzweifelten, aussichtslosen Kampfes. Meghan war diese Art von Kampf nur allzu vertraut. Am Leben zu bleiben war eines der wenigen Dinge, die sie tatsächlich geschafft hatte.

    „Ich gehe jetzt in den ersten Stock", informierte sie John über ihren nächsten Schritt.

    Der Doppelstrahl der Lampe auf ihrem Helm flimmerte in der aufgeheizten Luft, die sich in dem alten Gebäude ausbreitete. Der Lastenaufzug kam als Transportmittel in die oberen Etagen ebenso wenig in Frage wie die kreuz und quer verlaufenden Treppen und Rampen, die von Rauch eingenebelt waren.

    Blieb also nur die schmiedeeiserne Treppe an der Ziegelsteinfassade. Mit aller Kraft zog sie an der untersten Sprosse. Nachdem eine Lawine aus Staub und Mörtel auf ihren Helm geregnet war, hievte sie sich nach oben. Die Ankerbolzen in der Wand gaben nach. Sie zog den Kopf ein und hielt den Atem an. Aber die Leiter rastete in die locker gewordenen Halterungen ein und trug ihr Gewicht. Gut, dass sie so schlank war. „Ich klettere hoch."

    Sprosse für Sprosse erklomm sie die Leiter. Meghan war nur ein Meter fünfundsechzig groß und trainierte intensiv, um in Bestform zu bleiben. Was ihr an Stärke fehlte, machte sie mit Schnelligkeit und Wendigkeit wett. Wenn das Feuer nicht nach oben übergriff, würde es ihr nicht schwer fallen, das Opfer zu finden und das Gebäude schnell zu verlassen.

    Meghan erreichte den ersten Stock und schwang sich auf die Galerie, die an der dem Hafen zugewandten Seite des Hauses entlanglief. Vor Jahren war es als Lager- und Versandhaus für Baumwollballen benutzt worden, die von hier aus auf den Wasserweg gebracht wurden. Ein riesiger Eisenhaken mit Seilen und einem Stützbalken war noch immer neben einer mit Brettern vernagelten Ladeluke befestigt.

    In letzter Zeit war das Lagerhaus aber nur noch als Zufluchtsort von Jugendlichen genutzt worden, die zu viel Zeit und zu wenige Perspektiven in ihrem Leben hatten. Oder es diente Obdachlosen, die keinen Platz mehr in den Unterkünften der Heilsarmee gefunden hatten, als Schutz vor der mörderischen Augusthitze.

    Als Teenager hatte Meghan auch Zeiten erlebt, da sie bis zum Hals in Schwierigkeiten steckte und von zu Hause ausgerissen war. Sie wusste aus eigener Erfahrung, dass wer immer sich hier versteckt hatte, um den Flammen zu entkommen, vor allem Angst hatte. „Ich will Ihnen helfen, rief sie. Der Korridor im unteren Stockwerk füllte sich allmählich mit Rauch. „Wo sind Sie?

    Ein kläglicher Schrei war die Antwort. Sie bewegte sich in die Richtung, aus der er ertönt war.

    Am Ende der Galerie befand sich ein mit Brettern abgeteiltes Büro. Die Tür war geschlossen und ebenso wie das Fenster daneben über Kreuz mit Holzlatten vernagelt. Wie konnte dort jemand hineingelangt sein?

    Sie ahnte bereits etwas, als sie klopfte.

    Ein scharfes, wütendes Bellen war die Antwort.

    „Oh nein!"

    Die Feuerwehr von Kansas City tat alles, um Haustiere und Viehbestände aus den Flammen zu retten. Aber außergewöhnliche Rettungsmanöver wie dieses waren ausschließlich Menschen vorbehalten und nicht herumstreunenden Hunden.

    „John? Es ist ein Hund." Sie gab ihre Position durch. „Wo ich schon mal

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