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Dreamjumper: -Bleib wach oder stirb-
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Dreamjumper: -Bleib wach oder stirb-
eBook457 Seiten6 Stunden

Dreamjumper: -Bleib wach oder stirb-

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Über dieses E-Book

Nach einem Blutbad in der Kölner KTU übernimmt Kommissar Karl Schmied den Fall und der Traumspringer Taylor Turner gerät sofort ins Visier der Ermittlungen. Da die Morde keinen natürlichen Ursprung haben, wird Taylor als einziger bekannter Traumspringer als Haupttäter verdächtigt. Um seine Unschuld zu beweisen, kooperiert Taylor mit der Sondereinheit, die auf Klarträume spezialisiert ist. Mit seiner Hilfe realisieren die Beamten Verfolgungsjagden in fremde Träume, die alle in große Gefahr bringen. Gemeinsam überschreiten sie Barrieren des Unvorstellbaren und werden mit ihren dunkelsten Ängsten konfrontiert. Wieder einmal erfahren alle Beteiligten, dass ihre tiefsten Geheimnisse oft nicht tief genug vergraben sind.
Jetzt verschmelzen Grenzen von Traum und Realität nicht mehr. Jetzt werden sie gesprengt ...
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum13. Juli 2021
ISBN9783754142431
Dreamjumper: -Bleib wach oder stirb-

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    Buchvorschau

    Dreamjumper - Mirko Tomio

    Angaben zum Autor

    Mirko Tomio wurde 1981 im gemütlichen Eifelstädtchen Prüm geboren und wuchs zweisprachig auf. Er lebt seit Ende 2017 in Kyllburg in der Eifel und ist seit 2012 glücklich verheiratet. Nach diversen Kuraufenthalten, im Jugendalter, entdeckte er, dank langjähriger Brieffreundschaften, seine Leidenschaft zum Schreiben. In einem Internat absolvierte er seine Lehre zum Bürokaufmann und schrieb über den Alltag der Jugendlichen viele kleine Kurzgeschichten, welche er in seinem Erstlingswerk festhielt. Sein erster Teil von Dreamjumper – Lass sie nicht in deine Träume – erschien Juli 2016 im Selbstverlag von epubli. Der zweite Teil folgte im Jahre 2019.

    Für meinen Sohn Julius.

    Du vervollständigst unser Glück

    Anmerkung vom Autor

    Fiktion ist eine beflügelnde Ansicht der Dinge, die nicht sind, aber sein könnten. Wie bei vielen Errungenschaften der Neuzeit ist die große Angst vor dem Ungewissen stets die Grenze, die man sich selbst setzt. Traumspringen ist natürlich Fiktion, aber was wäre wenn? Die Trilogie Dreamjumper, insbesondere der 3. Teil zeigt auf, was passieren kann, wenn man diese Gabe nicht unter Kontrolle bekommt und externe Einflüsse den Ablauf fremder oder eigener Träume verändert. Manche Sätze der Traumdarstellung enden mit einem Punkt. In der grenzenlosen Vorstellungskraft des Lesers entfalten sie ihre Abscheulichkeit.

    Mirko Tomio

    Freitag

    25.10.2013

    2 Tage vor Taylors Geburtstag

    1. Kapitel

    Kommissar Karl Schmied beobachtete, wie die Spezialeinheit der tibetanischen Polizei die schäbige Tür der kleinen Holzhütte eintrat und sich Zutritt verschaffte. Die Türzarge war alt und an vielen Stellen durch die Gewalteinwirkung der Beamten abgesplittert.

    Total benommen vom, zuvor glimpflich verlaufenen, Hubschrauberabsturz, folgte Schmied schwankend den Beamten in die Hütte. Im vorderen Raum, der aus einem alten Kamin, Tische und Stühle aus Holz und kaputte Regalteile bestand, fanden sie nichts Verdächtiges. Als sie in den Nebenraum liefen, sahen sie in einer Ecke ein Flirren, wie an heißen Sommertagen auf einem Autodach und irisierender Staub der in der Luft schwebte. Es roch schwer eisenhaltig und die Luft war stickig.

    In der anderen Ecke lag auf dem Boden ein glatzköpfiger Mönch in seiner eigenen Blutlache. Er war mit hunderten Schüssen durchsiebt. Blut quoll aus allen Einschusslöchern und aus seinem Mund. Die Augen waren starr gegen die Decke gerichtet. Hier bestand keine Gefahr mehr.

    Taylor Turner war verschwunden und Lung Pao war tot. Die Polizeitruppe kam zu spät. Die Spezialeinheit verließ das Schlafzimmer und ließ Schmied allein.

    Seine Sicht war getrübt. Der Absturz im Helikopter war nur wenige Minuten her. Er spürte Schmerzen und Übelkeit. Er stand vor dem Leichnam und dachte nach und er glaubte seinen Augen kaum, was sich vor ihm abspielte.

    Das geronnene Blut, welches auf dem Dielenboden lag, floss zum leblosen Körper und zog sich in die Einschusslöcher zurück. Die Haut des Toten bekam wieder Farbe und Lung Pao öffnete seine Augen.

    Der Kommissar war vor Schock gelähmt. Er schaffte es nicht, sich zu rühren, er konnte nicht die Waffe ziehen und auch seine Stimmbänder versagten völlig, als er nach der Spezialeinheit im Nebenraum rufen wollte.

    Der Chinese atmete tief durch die Nase ein und stand vom Boden auf. Er ballte die Fäuste und streckte sich, dabei starrte er dem Kommissar tief in die Augen. Schmied hechtete panisch zur Tür, aber Pao war schneller. Mit einer wedelnden Handbewegungen Paos schloss sich vor dem Kommissar die alte Holztür mit einem lauten Ruuumms. Schmied tastete nach seiner Waffe, doch sie war verschwunden. Entsetzt zerrte er an der Türklinke und riss an ihr. Sie blieb verschlossen. Ruckartig drehte er sich mit dem Rücken zur Tür und der Mönch stürzte sich mit offenen Händen auf ihn.

    Pao brüllte auf Chinesisch: »Wǒ bù sì de!«

    Schmied kam nicht vom Fleck. Seine Füße gehorchten ihm nicht. Pao packte ihn am Kragen und sein Mund öffnete sich. Der Kiefer hakte wie bei einer Python aus und die Eckzähne wurden immer länger.

    »Nein, niiicht«, schrie Schmied und hielt sich die Hände vor das Gesicht.

    Mit einem Ruck wachte er aus seinem Albtraum auf.

    Sein Radiowecker zeigte zwei Minuten nach Elf.

    Auf dem Nachttisch leuchtete und vibrierte sein Handy. Das Display zeigte die Nummer von der Kölner Dienststelle. Schmied schluckte gequält, räusperte sich und drückte auf Annehmen.

    »Ja ... hier Schmied. Was gibt's?«

    Während er leise telefonierte, streichelte er über die Decke, wo seine Frau schlief. Sie hatte für einen Moment die Augen geöffnet, sich umgedreht und weiter geschlafen.

    »Was sagen Sie da? Mein Gott ... und unser Primärziel wurde nicht gesichtet? ... das ist mir egal! Lokalisieren und mit allen verfügbaren Mitteln festnehmen! Ich bin unterwegs! Unternehmen Sie nichts, bis ich da bin!«

    Er beendete das Gespräch und drückte das Handy nachdenklich an sein Kinn.

    Gott, was für ein Albtraum. Ich brauch dringend Urlaub.

    »Musst du gehen, Liebling?«, fragte Frau Schmied im Halbschlaf und streichelte ihren Mann über die behaarte Brust.

    Schmied nahm sanft ihre Hand und küsste ihre Innenfläche. Sie fühlte sich weich und warm an.

    »Äh ... ja, es geht nicht anders. Sobald ich angekommen bin, melde ich mich. Ich mach mich fertig und bevor ich fahre, komm ich noch mal.«

    »Mh ... okay ...«, säuselte sie und schlief wieder ein.

    In Windeseile hatte er seine Reisetasche gepackt. Es war möglich, dass er nur einen Tag wegblieb, oder erst eine Woche später die Familie wiedersah. Im Bad steckte er alle nötigen Utensilien in den Kulturbeutel und betrachtete sich im Spiegel. Nach einer kurzen Katzenwäsche, mit eiskaltem Wasser, stützte er sich am Waschbecken ab. Er atmete tief durch und starrte sein Spiegelbild an.

    Wir hatten einen Deal! Wir hatten einen verdammten Deal!

    Schmied zog sich an und verließ das Bad. Behutsam setzte er sich an die Bettkante und strich seiner Ehefrau sanft über die Wange. Sie wachte auf und umarmte ihren Mann. Nach Austausch inniger Küsse verließ der Kriminalbeamte und Mitglied der Krimkatkom sein trautes Heim, stieg in sein Auto und fuhr los.

    Während der Kommissar über die, um die Uhrzeit nahezu verkehrsberuhigte A1 Richtung Blankenheim brauste, wälzte sich in Braunschweig Annabell Hauser unruhig im Bett hin und her. Annabell war mal für eine kurze Zeit mit Taylor Turner liiert gewesen. Aus beruflichen Gründen kam erst der Streit zwischen ihnen und dann die Trennung.

    Sie kümmerte sich um ihre Karriere als Journalistin und Taylor vertiefte sich in seine Abenteuer. Aus, zum damaligen Zeitpunkt, mysteriösen Umständen begegneten sie sich in Annabells Träumen und überlebten knapp eine häusergroße Flutwelle. Nach dem Schrecken näherten sie sich wieder und verbrachten die Nacht im Hotel in Omaha gemeinsam. Danach trennten sich erneut ihre Wege.

    Annabell wurde, aufgrund verdächtiger Handlungen und vermutender Mittäterschaft vom FBI ins Visier genommen. Aus Mangel an Beweisen wurde sie wieder auf freien Fuß gesetzt. Zurück in Deutschland stand sie wochenlang unter Beobachtung des BKA. Danach schlossen die Ermittler die Akte Hauser, da von ihr keine Gefahr auszugehen schien und konzentrierten sich intensiv mit der Akte Turner. So konnte die junge Frau wieder ihren Beruf nachgehen und weiter Journalistin sein.

    Seit einigen Wochen war ihr Schlafrhythmus instabil.

    Sie öffnete ihre Augen und schaltete die Nachttischlampe an. Sie war allein im Zimmer. Das Fenster stand auf Kippe und die Gardinen wehten sanft im Wind, das durch die schräge Öffnung eindrang.

    Seit der Nacht im Hotel muss ich oft an diesen Chaoten denken. Auf eine Art ist Taylor total süß und auf der anderen wieder ein Vollidiot. Eben hatte ich schon wieder den Traum mit ihm in der Schwerelosigkeit. Wie konnte er mir nur so was zeigen? Wie will man nach so einer geilen Erfahrung, diese Sexart missen? Jetzt sehne ich mich nach dieser Freiheit, dieses Gefühl und ... nach ihm! Aber er tut mir nicht gut. Ich hätte beinahe meinen Job verloren wegen dem Blödmann. Beinahe wäre alles kaputt gegangen, was ich mir aufgebaut habe. Ich muss aufhören an ihn zu denken und ...

    »Was ... ist das ... Nein! Aaaargh! Ich will nicht! Oh Gott! Es will ... lass mich! Aaah, was hast du vor? Es ist ... in mir ...«

    Sie rutschte rückwärts an ihr Bettgeländer. Ihr Rücken presste sich an die kalten Aluminiumstreben ihres Bettes. Sie spürte, wie ihre Schulterblätter und Rippen nachgaben und Sie konnte sich nicht wehren, sie konnte nicht mehr atmen.

    Annabell wachte mit einem Schrei aus ihrem Albtraum auf!

    Die Deckenlampe schaltete sich plötzlich ein und ihre Mitbewohnerin kam zu ihr ans Bett gehetzt und fragte besorgt: »Hey, Anna! Alles okay? Hattest du einen Albtraum?«

    Annabells Gesicht war aschfahl und ihre Augen waren weit und gerötet. Sie schluckte, bevor sie antwortete: »Ich ... ich konnte mich nicht wehren. Es war schrecklich!«

    »So schlimm, Süße?« Sie strich ihrer Freundin sorgenvoll durch die Haare.

    »Du zitterst voll und bist total blass!«

    »Ich hab Angst, bitte ... bleib bei mir! Bitte schlaf hier!«

    Ihre Freundin nickte mit den Worten: »Ich hol meinen Wecker. Morgen muss ich um halb 5 raus. Warte kurz!« Annabell ließ ihre Freundin nur widerwillig los. Das Mädchen sprang auf und rannte in ihr Zimmer.

    Mein Fenster war geschlossen. Im Traum war es gekippt. Ach egal. Hoffentlich träume ich das nie wieder.

    Ihre Mitbewohnerin kam zurück und kletterte zu Annabell unter die Decke. Den Wecker stellte sie auf ihren Nachttisch.

    »Können wir jetzt bitte versuchen zu schlafen?«, fragte ihre Mitbewohnerin. Annabell atmete tief durch und nickte nur.

    Die Freundin sprang vom Bett auf und schaltete das große Licht aus. Sie kletterte zurück unter die kuschelige Decke und nahm Annabell fest in den Arm.

    Langsam beruhigte sie sich wieder. Annabel spürte in der Stille den Herzschlag ihrer Freundin und den warmen Atem in ihrem Nacken. Ihr eigener Herzschlag wurde langsamer und Annabell schloss die Augen. Fragmente des letzten Traumes spukten noch vor ihrem inneren Auge umher.

    Es verging keine Minute.

    Ruckartig richtete sie sich wieder auf und sagte panisch: »Nein! Es geht nicht! Ich ... ich kann nicht schlafen. Es will mir weh tun!«

    »Was? Was will dir weh tun? Wer?«, fragte ihre Freundin besorgt.

    »Ich ... ich weiß es nicht! Es war da! Es ist ... nein! Ich will nicht daran denken. Ich will nicht schlafen!«

    »Es war nur ein Albtraum, Annabell«, antwortete ihre Freundin jetzt ernster. »Es kann dir nichts passieren!«

    »Das ist mir egal. Ich bleib wach«, antwortete sie schroff.

    »Was willst du denn machen?«

    »Ich steh auf und geh Kaffee trinken! Du kannst gerne schlafen. Ich kann es nicht mehr!«

    Mit diesen Worten stand sie sprunghaft auf und ließ ihre Mitbewohnerin ratlos im Bett zurück. Als Hotelfachangestellte hatte sie unter anderem Frühschicht. Sie war müde und hatte ihr bestes gegeben. Sie schlief genervt und in Sorge um ihre Freundin ein, während Annabell in der Küche saß und vor Verzweiflung und Angst vor erneutes Einschlafen weinte.

    Eine knappe viertel Stunde später stürmte ein vermummtes Sondereinsatzkommando ein Prümer Einfamilienhaus. Zum gleichen Zeitpunkt verschaffte sich eine weitere Sondereinheit Zutritt in eine Penthousewohnung im Herzen Bitburgs. Die Einsatzkräfte hatten an beiden Orten leichtes Spiel und wurden in der Bierbraustadt fündig. Minuten später beobachteten Passanten in der Trierer Straße, wie zwei maskierte Einsatzkräfte eine Person mit Sturmhaube auf dem Kopf und in Handschellen in den Mannschaftswagen der Polizei steckten und abtransportierten.

    Taylor Turner sah sich um. Er saß im Verhörraum der Bitburger Polizeiwache und trug Handschellen. An der Decke hingen alte Neonröhren und strahlten hässliches kaltes Licht erdrückend auf ihn nieder. Eine Röhre von vier war defekt. Sie gab ein nerviges Summen von sich und flackerte sporadisch vor sich hin. Vor Taylor stand ein simpler Metalltisch, der am Boden verschraubt war. Gegenüber befand sich eine, zur Hälfte, verspiegelte Wand.

    Er war alleine und wusste, dass er durch den Spiegel beobachtet wurde. Die Luft war extrem stickig und die Vermutung lag nahe, dass das Klima in diesem Raum absichtlich so geregelt wurde, um den Willen der Befragten zu brechen. Schnell ein Geständnis entlocken, dann kämen die Verdächtigen rasch aus diesem Höllenraum hinaus.

    Taylor war achtzehn und hatte in den letzten drei Jahren mehr erlebt, als seine Klassenkameraden je erleben werden. Vor drei Jahren hätte er niemandem geglaubt, wenn derjenige ihm gesagt hätte, er würde innerhalb weniger Wochen zeitlichen Abstand nach Amerika und China reisen, genauer gesagt nach Tibet und das ohne einen Fuß in einem Flugzeug oder Schiff zu setzen.

    Nicht aus beruflicher oder privater Natur, sondern weil sein Schicksal es für ihn so vorherbestimmt hatte. Taylor war ein Traumspringer. Für von A nach B zu gelangen, benutzte er kein Auto, kein Schiff oder Flugzeug. Taylor träumte sich schlicht an andere Orte. Von Bitburg, einer Kleinstadt in Deutschland, bis nach Omaha, Nebraska, war für ihn kein Problem. Wichtig war nur, dass diejenige Person schlief und träumte. Sonst funktionierte ein Traumsprung nicht. Dasselbe verübte er, um nach Peking oder Lhasa in die Volksrepublik China zu gelangen.

    Mit fünfzehn Jahren erhielt er die Gabe in andere Träume zu springen, sie zu kontrollieren und zu manipulieren. Nicht immer gelang ihm dies. Es war ihm möglich, Gegenstände und Personen in Träume hinein zu transportieren, aber genauso aus ihnen hinaus.

    Das, was sich anfangs nach einer sorglosen Möglichkeit anhörte, überall hinzugelangen, um Gratis-Urlaub zu machen, war in Wirklichkeit ein Rattenschwanz, welcher eine Menge Leid und Schmerz mit sich zog.

    Taylor erfuhr damals zu spät, dass er sich und den Traumwirt, den Besitzer des Traumes, in große Gefahr brachte. Träumte derjenige etwas Abenteuerliches, wachte er normalerweise, sobald der Traum zu realistisch wurde auf und alles war nur geträumt. Nicht aber wenn ein Traumspringer zeitgleich im selben Traum anwesend war.

    Die imaginäre aber essentielle Traumbarriere wurde durch das Eindringen in fremde Träume außer Kraft gesetzt und somit erfuhr der Traumwirt die Schmerzen nicht nur im Traum, sondern ebenso in der Realität. Träumte die Person, sie sei angeschossen worden, erhielt sie die Schussverletzung im gleichen Moment in der Wirklichkeit.

    Schon mehrere Personen ließen durch die Unachtsamkeit diverser Traumsprünge ihr Leben.

    Was wollen die von mir?, dachte Taylor und fuhr sich geschlaucht mit beiden Händen durch seine schwarzen Wuschelhaare.

    Ich bin hundemüde und will zurück in mein Bett. Warum lassen die mich so lange warten?

    »Hallooohoo, kommt bald mal einer? Ich weiß, dass Sie mich beobachten«, sagte er laut gegen den Spiegel gerichtet.

    »Warum werde ich festgehalten? Was wird mir vorgeworfen? Ich will meinen Anwalt!«

    Keine Reaktion. Minuten vergingen und Taylor blieb weiterhin alleine.

    Mir tut voll die Schulter weh. Einer von den maskierten Bullen hat mir fast den Arm ausgekugelt, als er mich aus dem Bett gezerrt hatte. Es ist so stickig hier drin. Verdammt, warum halten die mich hier fest?

    Taylor wurde aus seinen Gedanken gerissen, als die Tür schwunghaft auffiel und Kommissar Karl Schmied mit einem Kollegen der Bitburger Wache in den Raum hineinkam.

    »Schmied, was soll das? Wieso bin ich hier?«, fragte Taylor dem Beamten aufgebracht.

    »Die Fragen stellen wir, Turner«, knurrte Schmied und schlug mit der Faust auf den Metalltisch, der aufgrund der Wucht laut schepperte.

    »Wo waren Sie zwischen neun und elf Uhr gestern Abend, also quasi vorhin?«

    »Das ist gerade mal ein paar Stunden her! Wo soll ich schon gewesen sein?«

    »Ja! Wo? Geben Sie es schon zu!«

    »Wo haben Sie mich denn gefunden? In meinem Bett natürlich«, erwiderte Taylor wütend.

    »Und da waren Sie die ganze Zeit und nicht… woanders?«, fragte Schmieds Kollege.

    Taylor starrte den Polizisten an, dann wieder den Kommissar.

    Weiß der Typ da über meine Gabe Bescheid oder nicht? Was meint der damit? Woanders was? Ob ich im Traum woanders hingesprungen oder mit dem Auto woanders hingefahren bin?

    »Antworten Sie schon, Turner«, befahl Schmied mit fester Stimme.

    »Ja, ich war die ganze Zeit über in meinem Bett und hab gepennt! Ich hab niemandem etwas getan!«

    »Kann das jemand bezeugen?«

    »Was? Nein ... leider nicht«, antwortete Taylor resigniert und fügte direkt hinzu: »Egal was passiert ist, ich war's nicht!«

    Man sah es Schmied an, dass er innerlich kochte.

    »Paul, sei so gut und hol uns mal drei Kaffee von oben«, bat der Kommissar seinen Kollegen und starrte Taylor dabei in die Augen. Der Beamte sah den Dienstälteren verdutzt an und bevor er was dazu sagen konnte, hob Schmied seine Augenbrauen und sagte: »Bitte!«

    Paul hatte jetzt den Wink verstanden. Er war in diesem Moment unerwünscht. Er stand auf, sah beide skeptisch an und nickte mit den Worten: »Gewiss!«

    Die Tür wurde von außen geschlossen und Schmied stand auf. Er stemmte die Hände in die Hüften. Sein Unterkiefer mahlte mit den Zähnen.

    »Turner, Sie verdammtes Arschloch! Ich dachte, wir hätten eine Vereinbarung!«

    »Haben wir doch auch«, verteidigte sich Taylor und zuckte mit den Schultern.

    »Sind Sie sich da sicher? Ein letztes Mal frage ich Sie noch. Wo waren Sie …«

    »Im Bett, verdammter Mist noch mal«, blaffte Taylor den Kommissar an. »Ich hab gepennt bis Ihre Chaoten-Truppe mich unsanft aus dem Bett und hierher gezerrt haben. Wenigstens hat einer von denen mir meine Hose und Shirt ins Gesicht geworfen, damit ich mir nicht den Arsch abfriere!«

    Schmied grunzte abfällig, packte Taylor am Kragen, hob ihn aus dem Stuhl, drückte ihn gegen die Wand, die gegenüber vom Spiegel war und senkte seine Stimme, die von ihrer bedrohlichen Aussage in keiner Form Respekt einbüßte: »Du kleiner Pisser. Glaubst du, du kannst uns weiter verarschen? Ich sag dir eins, wenn ich Beweise finden sollte, dass du für diese Scheiße heute Nacht verantwortlich bist, dann…«

    »Bleiben Sie mal locker, Mann«, versuchte Taylor, sich zu verteidigen, der von der überraschten Attacke beeindruckt war, »beruhigen sie sich, Schmied! Was soll ich denn getan haben? Außerdem ... was sollen die Leute hinter dem Spiegel von Ihnen denken?«

    Schmied ließ etwas locker, sah nach unten und atmete tief durch. Dann drückte er ihn erneut feste gegen die Wand.

    »Hör mir gut zu, Turner! 1. Wir sind allein. Hinter dem Spiegel steht kein Schwein!«

    »Ich hab trotzdem nichts getan, Mann!«

    »Das stinkt nach deiner Handschrift. Ich weiß nicht, was dich geritten hat, aber …«

    Die Tür öffnete sich ein weiteres Mal schwunghaft und Oberkommissar August Becker kam mit drei Kaffeetassen und einer Akte herein. Er sagte, um die Situation etwas zu entspannen: »Ich sehe schon, ich komme genau richtig, Karl. Wenn du den Kerl umbringst, haben wir keine Aussage mehr. Setzt euch und trinkt erst mal einen Kaffee!«

    Das war Schmied zwar nicht recht, aber sein Kollege und Freund stand rangmäßig über ihn, daher musste er sich dem beugen. Taylor zupfte sein T-Shirt zu Recht, nickte Oberkommissar Becker zu und warf Schmied einen zornigen Blick entgegen.

    Glück gehabt! Der Bulle hätte mich zerfleischt, wenn der andere nicht reingeplatzt wäre. Kaffee… um diese Uhrzeit. Aber ich muss etwas trinken, sonst bin ich zu müde zum Quatschen. Die wollen mir irgendwas anhängen, ich brauch einen klaren Kopf!

    Sobald sie alle drei saßen und ihren Kaffee zu sich nahmen, sagte Becker: »Ich hab Paul auf dem Gang getroffen und ihn wieder an seine Arbeit geschickt. Diese Geschichte hier«, er formte mit dem Zeigefinger einen Kreis auf dem Tisch, »sollten wir unter uns klären.«

    Schmied und Turner nickten nahezu synchron. In dem Punkt waren sie sich schon mal einig.

    Taylor und der Kommissar lehnten sich in ihre Stühle zurück und verschränkten gleichzeitig die Arme vor ihrer Brust. Dabei starrten sie sich giftig an.

    Oberkommissar Becker klappte die Akte auf und fing mit seinem Verhör an.

    »Folgendes wird Ihnen zur Last gelegt, Turner! Gestern Abend um halb elf wurden in der Kölner KTU drei Ermittler der Polizei tot aufgefunden.«

    »Das war ich nicht. Ich war hier und nicht in Köln«, verteidigte sich Taylor sofort.

    Becker warf ihm drei Fotos mit den Leichnamen vor ihm auf dem Tisch. Taylor schluckte, da die Opfer brutal zugerichtet wurden.

    »Der Mann links von Ihnen war Sven Allinger. Er hinterlässt eine Frau und 2 Kinder. Ihm wurde der Kehlkopf mit immensen Druck zerquetscht. Danach flog er gegen eine Glasvitrine mit ballistischen Proben. Das zersplitternde Glas fügte dem Mann mehrere tiefe Schnittverletzungen zu. Die Sanitäter fanden ihn in seiner Blutlache. Tod!«

    »Nehmen Sie die Bilder weg«, bat Taylor und schloss die Augen.

    »Sehen Sie hin, Turner«, befahl Schmied und hob eine Augenbraue.

    Becker berichtete weiter: »Der in der Mitte war Torsten Singer. Ihm wurde die Kehle mit einem scharfen Gegenstand aufgeschlitzt! Auch für ihn kam jede Hilfe zu spät.«

    »Nehmen ... Sie ... bitte ... die ... Bilder ... von den Polizisten ... aus meinem ... Sichtfeld!«

    »Gleich sind wir durch, Turner!«

    »Sehen Sie hin, verdammt«, brüllte Schmied erneut dazwischen und schlug mit der Faust auf den Tisch, dass es nur so schepperte.

    »Nein, hören Sie auf! Ich will das nicht sehen«, bat Taylor mit leichten flehenden Unterton und legte seine flachen Hände auf die Bilder.

    Schmied hatte sich nicht im Griff und sprang von seinem Stuhl auf. Er stellte sich hinter Taylor, packte ihn mit einer Hand an den Hinterkopf und mir der anderen an seinem Genick und versuchte ihn auf das rechte Foto zu drücken.

    »Lassen Sie mich los! Ich war’s nicht! Ich habe niemanden getötet«, flehte Taylor jetzt und bekam Tränen in die Augen.

    »Karl.«, sagte Becker, aber Schmied war in Rage.

    »Wir kriegen dich am Arsch, Turner. Du krankes Arschloch!«

    »Karl, lass ihn«, bat erneut Becker, diesmal mit mehr Druck in der Stimme.

    »Sieh dir das Foto an, Turner! Sieh hin. Was geht nur in deinen kranken Schädel vor?«

    Becker wollte zum Schluss kommen und sagte: »Wehren Sie sich nicht, dann lässt Sie mein Kollege vielleicht am Leben. Wie auch immer, mein Favorit ist die Nummer drei auf der Opferliste.«

    Schmied ließ Taylor mit einem Schnauben los und nahm wieder Platz, ließ aber den Traumspringer nicht aus den Augen.

    Becker tippte mehrmals mit dem Zeigefinger auf das Foto.

    »Das ist ... ich meine war Dimitri Harinowka. Ein Bär von einem Mann. Verheiratet, drei Kinder. Zuerst muss er anhand des Hämatoms auf der Haut, einen so heftigen Kinnhaken bekommen haben, dass er bewusstlos wurde. Danach wurde er zur Beobachtung in ein Krankenhaus geliefert. Kurze Zeit später fand die Notfallschwester, nachdem sie den Patienten nur kurz allein gelassen hatten, seine Leiche im Schockraum wieder. Der Brustkorb war aufgerissen, als hätte etwas Bestialisches von innen nach außen gewollt. Kennen Sie diese Alienfilme aus den achtziger Jahren? So in etwa. Nur in diesem Fall waren um die Leiche herum keine weiteren Spuren. Der Torso ist einfach von innen nach außen aufgesprengt worden und das war´s! Die Schwester erlitt einen Schock und fiel beim Anblick in Ohnmacht. Sie haben sie zum Glück verschont!«

    »Genuuug! Hören Sie auf«, brüllte Taylor und vollzog eine Wischbewegung über den Tisch. Die Fotos flogen in alle Richtungen.

    »Die Ermittlungen laufen noch«, führte Becker seinen Bericht fort und ignorierte Taylors Unschuldsbekundung.

    »Dennoch, können wir mit Sicherheit sagen, dass diese drei Beamten keinen normalen Mörder zum Opfer gefallen sind, da die Sicherheitsvorkehrungen, um in die KTU zu gelangen, immens hoch sind. Ohne Ausweis und Berechtigungscode kommt keiner rein oder raus.«

    »Ich wiederhole mich nochmal! Ich war das nicht!«

    »Sagten Sie bereits, Turner. Des Weiteren«, bei diesen Worten beobachtete Taylor, wie Becker kurz eine Pause machte und Schmied dabei ansah. »haben die Videokameras im Raum, alles aufgenommen. Die Auswertungen laufen noch!«

    »Okay, okay. Ist ja alles schön und gut, aber ... ich ... war ... das ... nicht!«

    »Nur Sie können in geschlossene Räume hinein-und wieder hinaus. Nur Sie und eine weitere Person haben die Gabe in fremde Träume hineinzuspringen und Unheil anzurichten. Da wir aber in Lhasa einen Traumspringer tot aufgefunden hatten, bleiben nur noch Sie übrig. Außerdem gehörten die drei toten Ermittler zur Soko Traumfänger!«

    »Moment! Darf ich ... darf ich was fragen?«, fragte Taylor und hielt sich dabei schützend mit Blick auf Schmied die Hand an seinem Hals.

    »Nur zu, Turner«, gestattete ihn Becker.

    »Hat ... einer von den dreien, während sie im Labor waren, geschlafen?« Dabei tippte Taylor mit dem Zeigefinger auf die offene Akte.

    »Nein, aber ...«

    »Kein Aber«, sagte er kleinlaut, aber von Wort zu Wort erlangte er wieder Sicherheit in seiner Stimme.

    »Wie Sie schon sagten. Ich bin ein Traumspringer, also muss derjenige schlafen, damit ich in seine Träume springen kann. Demzufolge, wenn jeder dort seine Arbeit richtig gemacht hat, sollte keiner am Arbeitsplatz eingeschlafen sein. Daher kann das kein Traumspringer gewesen sein. Können Sie mir folgen?«

    »Turner, ich dachte, wir hätten eine klare Abmachung getroffen«, mischte sich jetzt Schmied wieder ein.

    »Als wir Mitte August die Holzhütte oben in den Bergen von Lhasa mit unserem Arsenal an Waffen durchsiebten, fanden wir Sie nicht mehr vor!«

    »Gut so«, konterte Taylor, »sonst hätten Sie mich eiskalt abgeknallt!«

    »Aufgrund der Tatsache, dass Sie ein gefährliches Ziel waren, blieb uns, bzw. der chinesischen Polizei nichts übrig, als Sie und alles was da drin war auszuschalten!«

    »Ja ich weiß! Ich war da drin. Mir flogen die Kugeln nur so um die Ohren und wir konnten uns im letzten Moment retten. Sie wollten mich eiskalt töten!«

    »Wir hatten keine Wahl! Nach dem Kugelhagel stürmten wir die Hütte, aber wir fanden nur einen Mann in einer Mönchskutte ... in seiner ... eigenen Blutlache vor.«

    Schmied unterbrach sich, da er sich wieder an seinem Albtraum erinnerte.

    Es war nur ein Traum. Ich habe es erlebt, ich habe es gesehen, ich muss es verarbeiten! Deswegen träume ich den Mist. Was versucht der Mönch mir, im Traum zu sagen? Wo buss se de? Oder so ähnlich. Was heißt ...

    »Karl? Alles okay?«, fragte Becker ihn und fand sein Schweigen und punktuelles Starren auf den Metalltisch seltsam.

    »Was? Ja, ja alles okay! Wo war ich ... ach ja, sein Oberkörper war mit über dreihundert Schuss durchlöchert gewesen. Es war nur ein Brei aus Knochensplitter, Gewebe, Fleisch und Organmus. Wir wissen zwar nicht wie wir das gemacht haben, aber die Munition war, laut der Ballistik und Spurensicherung, aus unseren Waffen gewesen. Natürlich waren viele Munitionssalven in den Wänden und im Schrank eingedrungen. Aber das meiste hatte der Mönch abbekommen. Sie allerdings waren uns entwischt!«

    »Seien Sie froh, sonst hätten Sie jetzt einen Unschuldigen auf dem Gewissen und … Moment… haben Sie seine Lakaien nicht verhaften können?«

    Schmied tauschte mit Becker Augenkontakt aus und antwortete: »Sie meinen einen volltätowierten und einen mit Steroide vollgestopften Irren?«

    »Ja genau die!«

    »Doch! Der Tätowierte konnte einige hundert Meter in den Wald flüchten. Dank unseres Schneemobils holten wir ihn schnell ein. Er hatte zu Fuß keine Chance. Er befindet sich jetzt in einem Hochsicherheitstrakt in einem chinesischen Gefängnis!«

    »Was ist mit dem anderen Typ passiert?«, fragte Taylor und war nicht begeistert, dass der Tätowierte überlebt hatte. »Haben Sie den verhaftet?«

    »Der breite Schrank«, fuhr Schmied fort, »wurde im Kugelhagel getroffen und erlag wenige Meter vor der Hütte entfernt seinen Verletzungen. Aber wie Sie wissen, Turner, suchten wir nach dem Massenmörder der abgestürzten A380 Passagiermaschine. Und wir wurden fündig. Wir ließen den Leichnam von Lung Pao untersuchen und verglichen die Fingerabdrücke mit denen, die auf meinen Klamotten hafteten, die ich am Tag des Absturzes anhatte.«

    »Ich verstehe nicht ganz…«, äußerte sich Taylor.

    »Dieses verf- … Schwein hatte mich am Kragen gepackt«, antwortete Schmied erbost. »Auch wenn es in meinem Traum war, aber er hatte mich angepackt und somit waren die Fingerabdrücke auf den Klamotten, die ich im Flugzeug getragen hatte. Sie stimmten überein und wir konnten so den Fall abschließen. Die Behörden, die Politik und das Volk wurden abgespeist. Der Massenmörder wurde gefunden und getötet!«

    »So einfach ist das?«, fragte Taylor skeptisch.

    »Nicht ganz«, antwortete Schmied, »wir haben ...«

    »Karl«, unterbrach sein Kollege ihn forsch.

    »Was?«

    »Das sind Hintergrundinfos, die Turner in keiner Weise angehen!«

    Schmied grummelte, aber gab seinem Partner recht.

    Taylor und die Öffentlichkeit blieb der wahre Grund für immer ein Rätsel. Sie sollten nie erfahren, dass der Bundesbeamtenkollege Lurounge von der BFU Braunschweig Paos Fingerabdrücke auf ein Bauteil der Absturzmaschine fingiert hatte. Die Daktylogramme waren dann für die Sachverständigen und Richter so plausibel, dass Lung Pao offensichtlich der Attentäter war.

    Warum und wieso ein entgleister Mönch aus dem Reich der Mitte zu so einer Gräueltat imstande war, diese Frage blieb für immer im Raum stehen.

    »Im Endeffekt«, sagte Schmied, »war es egal einen Grund zu finden, warum Lung Pao vom Ende der Welt aus in seinem Zustand, wie auch immer, etwas mit dem Absturz zu tun haben sollte. Die Fingerabdrücke waren auf dem Bauteil, er war der Schuldige und Ende!«

    »Wir wissen und kennen die Wahrheit«, warf Becker ein, »aber die Menschen da draußen sind nicht bereit dazu. Sie würden es nicht verstehen!«

    »Keiner würde es«, äußerte Schmied. »Der bloße Gedanke daran, dass man in fremde Träume springen kann und die Macht hätte alles dort zu tun, ist purer Wahnsinn. Hätte ich es nicht am eigenen Leibe miterlebt, dann würde ich es jetzt immer noch nicht glauben. Aber es war real. Alles war so real. Und leider auch der Absturz der vollbesetzten Maschine ...«

    Im Schnelldurchlauf sah Schmied vor seinem geistigen Auge den Sturz im freien Fall. Er bekam einen trockenen Mund und schwitzte.

    »Die Toten sind echt«, flüsterte er mit starren Blick auf die Tischplatte.

    »Wir wissen, dass Sie in dem Punkt unschuldig sind, Turner«, sagte Becker und legte eine Hand auf die Schulter seines Partners. »Deswegen haben wir Sie laufen lassen. Und aus diesem Grund ist der Fall abgeschlossen und die Soko Traumfänger aufgelöst worden. Sie haben uns versprochen, dass sie nicht mehr in fremde Träume hineinspringen werden. Einen Tag später haben wir Sie im Haus Ihrer Eltern in Prüm aufgefunden und mit ihnen den Deal ausgehandelt. Haben Sie das etwa vergessen?«

    »Hab ich nicht! Ich bin nicht mehr in fremde Träume gesprungen und das Versprechen habe ich gehalten«, gab Taylor patzig als Antwort. »Aber jetzt mal was anderes, Schmied. Woher wussten Sie eigentlich, wo ich nach der Flucht aus der Hütte in Lhasa zu finden war?«

    »GPS-Peilsender!«

    »Peilsender?«

    »Ja genau. An dem Morgen, als ich bei Ihnen in der Gefängniszelle stand, habe ich Ihnen die Sender untergeschoben.«

    »Wann soll das gewesen sein?«

    »Bevor ich Sie geweckt hatte, versteckte ich einen in Ihre Schuhe und den anderen in Ihre Hose. Wir waren nur irritiert, als plötzlich das Signal aus der Hütte verschwunden war und kurze Zeit später… okay, durch die Zeitverschiebung einige Stunden zurück, wieder in Deutschland aufgetaucht war. Plötzlich waren Sie bei Ihren Eltern in Prüm.«

    »Wussten die Kollegen durch die Zeitverschiebung schon vor Ihnen, dass ich nicht mehr in der Hütte war?«, fragte Taylor und hob skeptisch die Augenbrauen.

    »Nein«, antwortete Schmied mit rollenden Augen. »Hier ergibt sich kein Zeitparadoxon, wenn Sie das glauben.«

    »Wenn Sie es da schon wussten, wo ich mich aufhielt, warum haben Sie mich dann nicht sofort in Prüm verhaftet?«

    »Wir hatten dort eine zivile Streife vor dem Haus und eine hinter dem Haus positioniert. Sie konnten nicht unbemerkt das Haus verlassen. Während in Prüm das Haus Ihrer Eltern, in dem Sie sich dann aufhielten, unter Beobachtung stand, stellten wir in Lhasa alle Beweise sicher. Der mutmaßliche Massenmörder wurde gestellt und gleichermaßen durch die Polizei hingerichtet. Deutschland hat für das tragische Flugzeugunglück seinen Schuldigen gefunden und muss sich jetzt mit dessen Tod zufriedengeben.«

    »Das war’s also?«, fragte Taylor und stand von seinem Platz auf.

    »Nicht ganz«, erwiderte Schmied und zeigte mit dem Finger auf Taylor und dann auf die Tischplatte. Der Traumspringer verzog die Mundwinkel und setzte sich wieder.

    »Was denn noch?«, fragte Taylor genervt.

    »Sie haben mir immer noch nicht verraten, wie Sie Ihre Freundin Lisa Tanner aus dem Pekinger Krankenhaus befreien konnten, ohne von den Wachen vor der Zimmertüre und am Haupteingang entdeckt zu werden. Und wo Yao Ping abgeblieben war, nachdem wir sie nicht in ihrem Zuhause in Lhasa angetroffen hatten.«

    »Und

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