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Maigret stellt eine Falle
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eBook171 Seiten2 Stunden

Maigret stellt eine Falle

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Über dieses E-Book

Ganz Paris ist in Aufruhr. In den letzten sechs Monaten wurden mitten in Montmarte fünf Frauen erstochen. Vom Mörder keine Spur ... Wann wird er wieder zuschlagen? In den heißen Pariser Sommernächten könnte jede Frau sein nächstes Opfer sein. Kommissar Maigret, der enorm unter Druck steht, setzt alles auf eine Karte und stellt dem Mörder eine Falle. Doch als diese zuschnappt, braucht Maigret seinen ganzen Scharfsinn, um den Serienmörder tatsächlich zu fassen.
Maigrets 48. Fall spielt in Montmarte und am Boulevard Saint-Germain.
SpracheDeutsch
HerausgeberKampa Verlag
Erscheinungsdatum4. Okt. 2018
ISBN9783311700159
Maigret stellt eine Falle
Autor

Georges Simenon

Georges Simenon, geboren am 13. Februar 1903 im belgischen Liège, ist der »meistgelesene, meistübersetzte, meistverfilmte, mit einem Wort: der erfolgreichste Schriftsteller des 20. Jahrhunderts« (Die Zeit). Seine erstaunliche literarische Produktivität (75 Maigret-Romane, 117 weitere Romane und über 150 Erzählungen), seine Rastlosigkeit und seine Umtriebigkeit bestimmten sein Leben: Um einen Roman zu schreiben, brauchte er selten länger als zehn Tage, er bereiste die halbe Welt, war zweimal verheiratet und unterhielt Verhältnisse mit unzähligen Frauen. 1929 schuf er seine bekannteste Figur, die ihn reich und weltberühmt machte: Kommissar Maigret. Aber Simenon war nicht zufrieden, er sehnte sich nach dem »großen« Roman ohne jedes Verbrechen, der die Leser nur durch psychologische Spannung in seinen Bann ziehen sollte. Seine Romane ohne Maigret erschienen ab 1931. Sie waren zwar weniger erfolgreich als die Krimis mit dem Pfeife rauchenden Kommissar, vergrößerten aber sein literarisches Ansehen. Simenon wurde von Kritiker*innen und Schriftstellerkolleg*innen bewundert und war immer wieder für den Literaturnobelpreis im Gespräch. 1972 brach er bei seinem 193. Roman die Arbeit ab und ließ die Berufsbezeichnung »Schriftsteller« aus seinem Pass streichen. Von Simenons Romanen wurden über 500 Millionen Exemplare verkauft, und sie werden bis heute weltweit gelesen. In seinem Leben wie in seinen Büchern war Simenon immer auf der Suche nach dem, »was bei allen Menschen gleich ist«, was sie in ihrem Innersten ausmacht, und was sich nie ändert. Das macht seine Bücher bis heute so zeitlos.

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    Buchvorschau

    Maigret stellt eine Falle - Georges Simenon

    Kampa

    1

    Aufregung am Quai des Orfèvres

    Ab halb vier hob Maigret von Zeit zu Zeit den Kopf, um auf die Uhr zu sehen. Um zehn vor vier unterschrieb er das letzte Schriftstück, das er soeben durchgesehen hatte, schob seinen Lehnstuhl zurück, wischte sich den Schweiß von der Stirn und betrachtete unschlüssig die fünf Pfeifen im Aschenbecher, die er geraucht hatte, ohne sie hinterher auszuklopfen. Mit dem Fuß hatte er auf einen Klingelknopf unter seinem Schreibtisch gedrückt, und jemand klopfte an die Tür. Er trocknete sich mit einem großen, auseinandergefalteten Taschentuch das Gesicht und brummte:

    »Herein!«

    Es war Inspektor Janvier, der wie der Kommissar sein Jackett ausgezogen, anders als Maigret aber die Krawatte nicht abgelegt hatte.

    »Hier, lass das bitte abtippen. Wenn es fertig ist, soll man es mir zur Unterschrift bringen. Coméliau muss es noch heute Abend bekommen.«

    Es war der 4. August. Aber obwohl die Fenster weit offen standen, hatte es sich kein bisschen abgekühlt; heiße Luft drang herein, die von dem geschmolzenen Asphalt und dem glühenden Pflaster aufstieg. Man wartete fast darauf, dass auch die Seine anfing zu dampfen wie kochendes Wasser auf einem Herd.

    Die Taxis und Busse auf dem Pont Saint-Michel fuhren langsamer als sonst, schleppten sich dahin, und nicht nur bei der Kriminalpolizei waren alle Leute in Hemdsärmeln. Auch auf den Gehsteigen trugen die Männer ihre Jacketts unter dem Arm, und vorhin hatte Maigret sogar Leute in Shorts gesehen, wie am Strand.

    Nur ein Viertel der Pariser war in der Stadt geblieben, und alle dachten gewiss mit dem gleichen Neid an die anderen, die das Glück hatten, sich bei dieser Hitze in die Wellen zu stürzen oder an einem ruhigen Fluss im Schatten zu angeln.

    »Sind sie schon da?«

    »Ich habe sie noch nicht gesehen. Lapointe lauert ihnen auf.«

    Maigret erhob sich mühsam, nahm eine der Pfeifen, klopfte sie aus, zündete sie an und ging dann zu einem der Fenster, an dem er stehen blieb, um das Restaurant am Quai des Grands-Augustins zu beobachten. Es hatte eine gelb gestrichene Fassade, und man musste zwei Stufen hinuntersteigen, um in den Gastraum zu gelangen, der gewiss fast so kühl war wie ein Keller. Die Theke war eine richtig altmodische Zinktheke, an der Wand hing eine Schiefertafel, auf der mit Kreide geschrieben stand, was es zu essen gab, und es roch immer nach Calvados.

    Bis zu den Buden der Bouquinisten am Seine-Ufer roch es nach Calvados.

    Reglos blieb er vier oder fünf Minuten stehen, zog an seiner Pfeife, sah, wie ein Taxi unweit des kleinen Restaurants hielt und drei Männer ausstiegen und die Stufen hinuntergingen. Die ihm vertrauteste der drei Gestalten war Lognon, der Inspektor aus dem 18. Arrondissement, der von fern noch kleiner und dünner wirkte. Maigret sah ihn zum ersten Mal mit einem Strohhut.

    Was würden die drei trinken? Bier zweifellos.

    Maigret öffnete die Tür zum Büro der Inspektoren, in dem die gleiche schläfrige Atmosphäre herrschte wie in der ganzen Stadt.

    »Ist der Baron im Flur?«

    »Seit einer halben Stunde, Chef.«

    »Keine anderen Journalisten?«

    »Der kleine Rougin ist eben gekommen.«

    »Fotografen?«

    »Ein einziger.«

    Der lange Flur der Kriminalpolizei war fast leer, nur zwei oder drei Personen warteten vor der Tür von Maigrets Kollegen. Auf seine Bitte hatte Bodard vom Finanzdezernat für vier Uhr den Mann vorgeladen, von dem Tag für Tag in den Zeitungen die Rede war, einen gewissen Max Bernat, der vor zwei Wochen noch völlig unbekannt, nun aber der Held des neuesten Finanzskandals war, in dem es um Milliarden ging.

    Maigret hatte nichts mit Bernat zu tun, und Bodard hatte zum gegenwärtigen Stand der Ermittlung keine Fragen an ihn zu stellen. Aber da Bodard irgendjemandem beiläufig erzählt hatte, dass er den Betrüger heute um vier Uhr sehen werde, befanden sich im Flur mindestens zwei Lokalreporter und ein Fotograf. Sie würden bis zum Ende des Verhörs bleiben. Ja, vielleicht würden auch noch andere kommen, wenn sich herumsprach, dass Max Bernat am Quai des Orfèvres war.

    Pünktlich um vier Uhr hörte man leise Stimmen aus dem Zimmer der Inspektoren, die die Ankunft des Betrügers ankündigten. Er kam aus der Krankenabteilung des Untersuchungsgefängnisses.

    Maigret ging noch eine Weile im Zimmer auf und ab, während er seine Pfeife rauchte und sich hin und wieder den Schweiß abwischte, blickte ein paarmal zu dem kleinen Restaurant am anderen Ufer der Seine hinüber, schnippte dann mit den Fingern und sagte zu Janvier:

    »So, jetzt!«

    Janvier nahm den Telefonhörer ab und ließ sich mit dem Restaurant verbinden. Lognon wartete bestimmt schon neben der Zelle auf den Anruf und sagte jetzt zum Wirt:

    »Das ist sicherlich für mich. Ich erwarte ein Gespräch.«

    Alles verlief wie geplant. Maigret ging, ein wenig schwerfällig und ein wenig unruhig, zurück in sein Büro, wo er sich am Waschbecken ein Glas Wasser eingoss, bevor er sich setzte.

    Zehn Minuten später spielte sich im Flur die altbekannte Szene ab. Lognon und ein anderer Inspektor vom 18. Arrondissement, ein Korse namens Alfonsi, stiegen langsam die Treppe hinauf, und zwischen ihnen ging ein Mann, dem nicht wohl zu sein schien und der sich den Hut vors Gesicht hielt.

    Der Baron und sein Kollege Jean Rougin, die vor Kommissar Bodards Tür standen, erfassten die Situation mit einem Blick und stürzten auf die drei zu, während der Fotograf schon seinen Apparat einsatzbereit machte.

    »Wer ist das?«

    Sie kannten Lognon. Sie kannten alle Polizeibeamten fast genauso gut wie die Angestellten ihrer Zeitung. Wenn zwei Inspektoren, die nicht der Kriminalpolizei angehörten, sondern dem Kommissariat von Montmartre, jemanden zum Quai des Orfèvres brachten, der, schon ehe er die Journalisten bemerkte, sein Gesicht verbarg, ließ das nur einen Schluss zu.

    »Wartet Maigret auf den?«

    Lognon antwortete nicht, sondern ging zu Maigrets Tür und klopfte leise. Die Tür öffnete sich, und gleich darauf schloss sie sich hinter dem Trio.

    Der Baron und Jean Rougin blickten sich an, als hätten sie eben ein Staatsgeheimnis erfahren, und da sie beide wussten, dass sie das Gleiche dachten, hatten sie nicht das Bedürfnis, darüber zu sprechen.

    »Ist die Aufnahme gut geworden?«, fragte Rougin den Fotografen.

    »Bis auf den Hut, der sein Gesicht verbirgt.«

    »Immer das Gleiche. Bring es schnell zur Redaktion, und dann komm wieder her. Wer weiß, wie lange das dauern wird.«

    Einen Augenblick später kam Alfonsi heraus.

    »Wer ist das?«, fragten sie ihn.

    Verlegen erwiderte der Inspektor:

    »Das kann ich nicht sagen.«

    »Warum nicht?«

    »Befehl von oben.«

    »Woher kommt er? Wo haben Sie ihn aufgelesen?«

    »Fragen Sie Kommissar Maigret.«

    »Ein Zeuge?«

    »Weiß ich nicht.«

    »Ein neuer Verdächtiger?«

    »Ich schwöre Ihnen, ich weiß es nicht.«

    »Vielen Dank auch für die gute Zusammenarbeit!«

    »Wenn es der Mörder wäre, hätten sie ihm doch wohl Handschellen angelegt.«

    Alfonsi entfernte sich mit betrübter Miene, er hätte gerne mehr verraten. Auf dem Flur wurde es wieder ruhig, eine halbe Stunde lang passierte nichts.

    Der Betrüger Max Bernat kam aus dem Büro der Finanzabteilung, aber er interessierte die beiden Journalisten nur noch am Rande. Aus reinem Pflichtbewusstsein stellten sie dem Kommissar dennoch einige Fragen.

    »Hat er Namen genannt?«

    »Noch nicht.«

    »Leugnet er, Unterstützung von Politikern erhalten zu haben?«

    »Er leugnet nicht, er gesteht nicht, er lässt alle Zweifel offen.«

    »Wann werden Sie ihn wieder verhören?«

    »Sobald wir einige Fakten überprüft haben.«

    Maigret kam aus seinem Büro, noch immer ohne Jackett und mit offenem Hemd, und begab sich mit geschäftiger Miene in das Büro des Chefs.

    Das war ein neuer Hinweis: Trotz der Ferien, trotz der Hitze bereitete sich die Kriminalpolizei auf einen höchst bedeutsamen Abend vor, und die beiden Reporter dachten an manche Verhöre, die die ganze Nacht hindurch, ja vierundzwanzig Stunden und länger gedauert hatten, ohne dass man erfuhr, was hinter den geschlossenen Türen vor sich ging.

    Inzwischen war der Fotograf zurückgekehrt.

    »Was hast du in der Redaktion gesagt?«

    »Nur, dass man den Film entwickeln und die Abzüge bereithalten soll.«

    Maigret blieb eine halbe Stunde beim Chef und ging dann wieder in sein Büro, wobei er die Reporter mit einem müden Winken abwimmelte.

    »Sagen Sie uns wenigstens, ob es einen Zusammenhang gibt …«

    »Ich habe im Augenblick nichts zu sagen.«

    Um sechs Uhr brachte der Kellner der Brasserie Dauphine ein Tablett mit Biergläsern. Man hatte Lucas aus seinem Büro kommen und zu Maigret hineingehen sehen. Er war noch nicht wieder herausgekommen. Man hatte auch gesehen, wie Janvier, den Hut auf dem Kopf, die Treppe hinunterstürzte und auf dem Hof in einen Wagen der Kriminalpolizei stieg.

    Noch ungewöhnlicher aber war, dass Lognon erschien und sich, wie zuvor schon Maigret, in das Büro des Chefs begab. Er blieb dort allerdings nur zehn Minuten und verschwand dann, statt fortzugehen, im Büro der Inspektoren.

    »Ist dir nichts aufgefallen?«, fragte der Baron seinen Kollegen.

    »Sein Strohhut?«

    Man konnte sich Inspektor Griesgram, wie ihn alle bei Polizei und Presse nannten, mit einem fast heiter wirkenden Strohhut schwer vorstellen.

    »Nein, etwas viel Interessanteres.«

    »Hat er etwa gelächelt?«

    »Das nicht, aber er trägt eine rote Krawatte.«

    Sonst trug er nur dunkle Krawatten an einem Kunststoffkragen.

    »Was hat das zu bedeuten?«

    Der Baron wusste über alles Bescheid und erzählte jedermanns Geheimnisse mit einem schmalen Lächeln weiter.

    »Seine Frau ist verreist.«

    »Ich denke, sie ist krank?«

    »Sie war es.«

    »Genesen?«

    Jahrelang hatte der arme Lognon in seiner Freizeit einkaufen, das Geschirr spülen, seine Wohnung an der Place Constantin-Pecqueur saubermachen und obendrein noch seine Frau pflegen müssen, die behauptet hatte, sie könne niemals mehr das Bett verlassen.

    »Sie hat die Bekanntschaft einer neuen Mieterin im Haus gemacht, und die hat ihr von Pougues-les-Eaux erzählt und ihr eingeredet, sie müsse dort eine Kur machen. So seltsam das scheinen mag, sie ist ohne ihren Mann hingefahren, der im Augenblick nicht aus Paris fortkann, aber in Begleitung der Nachbarin. Die beiden Frauen sind gleich alt. Die Nachbarin ist Witwe …«

    Immer öfter sah man jemanden von einem Büro ins andere gehen. Fast alle, die zu Maigrets Abteilung gehörten, waren gegangen. Janvier war unterdessen wiedergekommen. Lucas lief eifrig hin und her, der Schweiß rann ihm von der Stirn. Hin und wieder zeigten sich Lapointe, Torrence, Mauvoisin, der neu in der Abteilung war, und andere, denen man, während sie vorbeieilten, ein Wort zu entlocken versuchte. Vergeblich.

    Die kleine Maguy, Reporterin bei einer Morgenzeitung, erschien bald darauf so frisch, als ob es nicht den ganzen Tag sechsunddreißig Grad im Schatten gewesen wären.

    »Was willst du denn hier?«

    »Das Gleiche wie ihr.«

    »Und das wäre?«

    »Warten.«

    »Woher weißt du, was hier los ist?«

    Sie zuckte mit den Schultern und fuhr sich mit einem Lippenstift über die Lippen.

    »Wie viele sind da drin?«, fragte sie und deutete auf Maigrets Tür.

    »Fünf oder sechs. Schwer zu sagen. Es geht zu wie in einem Taubenschlag, hinein und hinaus. Sie geben sich die Klinke in die Hand.«

    »Ein Verhör?«

    »Nun, jedenfalls dürfte der Kerl allmählich ins Schwitzen kommen.«

    »Haben sie Bier kommen lassen?«

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