Richter und Rächer: Ein Jesse Trevellian Thriller
Von Thomas West
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Buchvorschau
Richter und Rächer - Thomas West
Thomas West
Richter und Rächer
Ein Jesse Trevellian Roman
In der Serie „Jesse Trevellian" erschienen bislang folgende Titel (ungeachtet ihrer jeweiligen Lieferbarkeit auf allen Portalen):
Alfred Bekker: Killer ohne Namen
Alfred Bekker: Killer ohne Skrupel
Alfred Bekker: Killer ohne Gnade
Alfred Bekker: Killer ohne Reue
Alfred Bekker: Killer in New York (Sammelband)
Thomas West: Rächer ohne Namen
Thomas West: Gangster Rapper
Thomas West: Richter und Rächer
Weitere Titel folgen
Ein CassiopeiaPress E-Book
© Serienrechte „Jesse Trevellian" by Alfred Bekker
© 1999 des Romans by Author
© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
ISBN 9783956173479
www.AlfredBekker.de
postmaster@alfredbekker.de
Inhalt
Cover
Titel
Impressum
Zypressen, mannshohe Holunderbüsche, Fliedersträuche und wieder Zypressen. Der Mann bewegte sich lautlos über den dicht bewachsenen Gartenhang. Er trug einen grünen Overall.
Die VanHaarens haben wieder einen Gärtner engagiert, würden die Nachbarn denken, sollten sie ihn zufällig beobachten. Aber weder war der Mann Gärtner, noch hatten ihn die Besitzer des Grundstücks beauftragt, ihren Garten zu pflegen.
Der Mann blieb stehen und lauschte. Musik drang vom Nachbargrundstück unterhalb des Hanges. Walzerklänge. Er hob die Rechte und bewegte sie im Rhythmus der Musik. Den Kopf leicht geneigt, spitzte er die Lippen und summte ein paar Takte mit. Geschichten aus dem Wienerwald - eines der schönsten Stücke des alten Strauß. Fand der Mann, der kein Gärtner war.
Er fuhr fort, sich durch das dichte Buschwerk hangaufwärts zu arbeiten. Aus seinem schäbigen Lederrucksack ragten die unterarmlangen Griffe einer Heckenschere.
Im Halbkreis um die rückseitige Fassade des alten Bürgerhauses gruppiert - eine grüne Palisade aus Zypressen. Dahinter begann ein kleines Rasenstück. Es grenzte an die Gartenterrasse des Hauses.
Der Mann schob sich zwischen zwei der mannshohen Zypressen hindurch. Statt quer über den Rasen, ging er über die vermoosten Steinplatten an dessen Rand auf die Terrasse zu. Spuren ließen sich nie ganz vermeiden. Aber man musste sie ja nicht gleich auf dem Silbertablett anbieten.
Er wusste, dass das Arztehepaar, dem die Villa gehörte, erst in zwei Wochen von einer Europareise zurückkehren würde. Und er wusste, dass die halbwüchsige Tochter des benachbarten Schuldirektors immer gleich nach der Schule in das Haus kam, um zu lüften und die Blumen zu gießen. Und jetzt war es früher Abend.
Trotzdem verharrte er sekundenlang bewegungslos lauschend am Treppenabsatz. Keine Bewegung hinter der großen Glasfront, durch deren Tür man von der Terrasse ins Haus gelangte. Kein Geräusch. Nur die Walzerklänge aus dem Gebäudekomplex am Fuße des Hanges.
Lautlos huschte er die acht Stufen zur Terrasse hinauf. Auf der Steinbalustrade zum Garten hin ein Blumentopf neben dem anderen. Azaleen, Rosenstöcke, Yukapalmen, und so weiter.
Der Mann stellte sich hinter einen verblühten Jasminstrauch. Von der Terrasse aus konnte man die Skyline Manhattans auf der anderen Seite des East Rivers sehen. Und rechts die Pfeilerspitzen der Brooklyn Bridge.
Unten, am Ende des kurzen Hanges, ragten drei uralte Ulmen über die Dächer des benachbarten Gebäudekomplexes. Ein altes Bürgerhaus, angrenzende Stallungen und Werkstätten. Alles aus Buntsandstein und zu Luxuswohnungen umgebaut.
Hier, in Brooklyn Heights, fand man viele solcher architektonischen Perlen aus dem letzten Jahrhundert. Heiß begehrte Immobilien bei der oberen Mittelschicht New York Citys.
Zwischen den Stämmen der Ulmen hindurch war ein kleiner Ausschnitt des Innenhofes einzusehen, den die drei Gebäude mit dem Zaun hinter den Ulmen bildeten. Aus diesem Innenhof kam die Musik.
Ein paar Menschen tanzten durch das Blickfeld des heimlichen Beobachters. Andere standen an einem schmalen, langen Tisch. Das weiße Tischtuch berührte fast den Boden des Hofes.
Der Mann zog sich den Rucksack vom Rücken und kramte ein Fernglas heraus. Er nahm sich viel Zeit, die Festgesellschaft auf dem Nachbargrundstück zu beobachten. Die Tanzenden, die Leute am kalten Büfett, plaudernde Paare im Schatten der efeubewachsenen Hausfassaden, und vor allem die kleine Gruppe um den runden Tisch nicht weit hinter den Ulmen.
Die dicken Baumstämme und der gusseiserne Zaun dahinter verdeckten die Gesichter und Körper der Menschen dort unten teilweise. Aber zwei oder drei waren gut zu erkennen.
Ein silberhaariger Mann in weißem Hemd, grauer Weste und mit roter Krawatte zum Beispiel.
Der Mann, der kein Gärtner war, brauchte das Alter des Silberhaarigen nicht zu schätzen. Er wusste, dass er vor wenigen Tagen dreiundfünfzig Jahre alt geworden war.
Oder die Frau des Silberhaarigen. Klein und zierlich. Mit verschränkten Armen stand sie hinter ihm. Sie war noch blasser und schmaler als damals. Und auch nicht mehr blond, sondern rot - mahagoni-rot.
Und die jüngere Frau neben dem Silberhaarigen - auch sie war gut zu erkennen. Rotblondes, offenes Haar, knallgelbes, ärmelloses T-Shirt, schwarzglänzende Lederhosen. Hinter ihr, achtlos über die Stuhllehne geworfen, eine schwarze Lederjacke. Breitbeinig hockte sie da. In ihrer Hand qualmte eine Zigarette.
Die Aufmerksamkeit der drei Menschen schien durch irgend etwas gefesselt zu sein, was sich vor ihnen, auf dem Rasen zwischen den Ulmen und ihrem Tisch abspielte.
Der Mann richtete sein Glas auf den Zaun zwischen den Baumstämmen und zoomte das Bild näher heran. Er konnte einen kleinen, blauen Körper entdecken - ein Kind. Es hockte im Gras unter den Bäumen. Etwa acht Schritte von den Ulmen und damit von Grundstückgrenze entfernt.
Das Kind wedelte mit einem länglichen, biegsamen Gegenstand herum. Ein Stück Papier? Ein Plastikrohr? Schwer zu sagen, was das das für ein Ding war.
Ein kleines, hellbraunes Tier sprang an dem Kind hoch, purzelte ins Gras, sprang erneut hoch. Eine junge Katze.
Ein paar Minuten noch beobachtete der Mann die Szene. Endlich setzte er das Glas ab. Schön, so eine Feier
, murmelte er. In seiner Miene jedoch keine Spur von Wohlwollen. Geschweige denn von gönnerhafter Freude. Wie gefroren wirkten seine Züge.
Er steckte das Glas zurück in den Rucksack und holte eine Kamera heraus. Nacheinander fotografierte er die Menschen unter der Linde. Jedenfalls die, die er sehen konnte. Schön, so eine Feier...
Er verstaute die Kamera wieder im Rucksack, warf ihn sich über die rechte Schulter und stieg die Treppe hinab in den Garten. Genießt sie
, flüsterte er. Ein bisschen Zeit habt ihr ja noch...
Hangabwärts verschwand er zwischen den Ziersträuchern des Gartens.
*
Die junge Katze sprang nach der Pfauenfeder, versuchte das blaubunte Ding mit den Vorderpfoten zu krallen, ließ sich ins Gras fallen und duckte sich zum nächsten Angriff.
Der Knirps im Gras fuchtelte mit der Feder herum und krähte vor Vergnügen. Ein kleiner Bursche mit erstaunlich dichten, schwarzen Locken. Nicht älter als vierzehn, höchstens sechzehn Monate. Die hellblauen Höschen seines Matrosenanzuges waren von der Windel ausgebeult.
Wesley Harper beugte sich zu dem Zwerg herunter. Du wirst mal ein furchtloser Löwenbändiger, was Luke?
Er streichelte den Jungen über die schwarzen Locken. Auf seinem braungebrannten Gesicht strahlte der ganze Stolz eines Großvaters über seinen ersten Enkel.
Erst einmal muss er laufen lernen
, sagte eine hohe Frauenstimme hinter ihm.
Alles zu seiner Zeit
, sagte Wesley. Oliver hat auch erst mit anderthalb Jahren seine ersten Schritte gemacht, erinnerst du dich nicht, Viola?
Das rotbraune Kätzchen machte einen Satz und packte Wesleys ins Gras baumelnden Seidenschlips. Der große, grauhaarige Mann lachte. Seine gepflegten Hände griffen nach dem Pelzknäuel. Hey, du Möchtegerntiger!
Er stand auf und versuchte die Pfötchen des Tieres von dem roten Edelbinder zu lösen. Die scharfen Krallen zogen lange Fäden aus dem Stoff. Der kleine Knabe quietschte entzückt.
O nein, Wes - deine schöne Krawatte!
Wesley drehte sich um. Auf dem Gesicht seiner Frau die für Viola so typische Mischung aus Vorwurf und Weinerlichkeit. Was glaubst du wie teuer die war...!
Sicher nicht so teuer wie meine Haut
, knurrte Wesley. Er setzte das Kätzchen neben seinem Enkel ab. Und die hat der kleine Möchtegerntiger nicht mal angekratzt - stimmt's Luke?
Der Kleine strahlte seinen Großvater an.
Einen zärtlichen Klaps für die Katze, einen Kuss auf die Stirn des Knirpses - Wesley richtete sich wieder auf und setzte sich zurück auf den Stuhl neben seine ältere Tochter.
Carol grinste spöttisch. Wie sie es meistens tat, wenn sie nicht gerade wütend war. Oder von ihrer neusten Idee begeistert, oder verliebt oder sonst irgendwie berauscht. Aber wenn du gleich deine Rede hältst, werden alle Augen auf dich gerichtet sein. Und jeder wird die schrecklichen, katastrophalen, entwürdigenden Fäden an deinem Hundertfünfzig-Dollar-Schlips sehen können.
Mit den letzten Worten fiel sie zunehmend in den Tonfall ihrer Mutter und äffte deren weinerliche Art nach.
Viola blitzte ihre Tochter beleidigt an, und Wesley betrachtete seinen Schlips. Scheiß drauf...
, murmelte er.
Dann starren sie wenigstens nicht länger auf dein geschmackloses Unterhemd
, schnarrte eine Frauenstimme von der anderen Tischseite. Eine sachlich klingende Frauenstimme mit einem sarkastischen Unterton. Die Stimme von Lilian Benson, Carols ein Jahr jüngerer Schwester und die Mutter des Kleinen. Eine zierlich Frau mit kurzen, schwarzen Haaren. Ihrer Mutter Viola wie aus dem Gesicht geschnitten.
Und auf deine ständig brennende Zigarette,
zeterte Viola, und auf diese abscheuliche Jacke aus den Flegeljahren deines Vaters...
Carol steckte die Zigaretten zwischen die Lippen und fasste unter ihre üppigen Brüste. ...und auf meine prächtigen Titten
, rief sie laut.
Sie lachte ihr tiefes, rauchiges Lachen und genoss die giftigen Blicke ihrer Mutter und ihrer Schwester.
Auch der smarte Mann neben ihrer Schwester schmunzelte. Streichholzkurze, schwarze Haare, schmales, stoppelbärtiges Gesicht, weißes Jackett. Dr. Charles Benson, chirurgischer Oberarzt am Beekman Downtown Hospital in Manhattan. Und nebenbei Schwiegersohn der Harpers.
Carol hatte ein paar Wochen lang mit ihm gevögelt, bevor sie ihn ihrer Schwester überlassen hatte.
Übertreib's nicht, Carol
, knurrte Wes. Mehr sagte er nicht. Er hatte es aufgegeben seine Älteste erziehen zu wollen und war schon froh, wenn sie bei Feierlichkeiten wie dieser nicht öffentlich eine Pfeife anzündete oder einen Streifen Koks schnupfte.
Der Knirps im Gras packte die Katze am Schwanz und zog sie zu sich heran. Das Tier fauchte und schrie jämmerlich. Lilian sprang auf und lief ins Gras. Nicht doch, Darling! Das tut dem Kätzchen weh!
Wie kann man einem Baby eine Katze zum ersten Geburtstag schenken.
Carol verdrehte die Augen.
Kinder brauchen etwas Lebendiges
, behauptete Viola.
Schon klar, Mom
, seufzte Carol. Sehe ich genauso - sie brauchen etwas Lebendiges. Sie brauchen eine Mutter.
Für Sekunden hielten alle die Luft an. Selbst Benson verging das weltmännische Schmunzeln.
Einer der gefürchteten Seitenhiebe Carols. Keiner am Tisch, den er nicht traf. Luke wurde weitgehend von einem Kindermädchen versorgt. Genau wie die drei Kinder der Harpers von einem Kindermädchen großgezogen worden waren.
Jetzt ist aber Schluss, verdammt noch mal!
, knurrte Wes. Er löste den Knoten seiner Krawatte.
Es war immer das gleiche - seine Familie konnte keine Stunde zusammensitzen, ohne dass nicht kleine Nettigkeiten ausgetauscht wurden. Und regelmäßig artete dieses vertraute Ritual in eine gehässige Beißerei aus. Vor allem, wenn Carol dabei war.
Missmutig drehte er sich um und blickte auf den Hof. Die knapp fünfzig Gäste tanzten zu Johann Strauß Kaiserwalzer, standen plaudernd in kleinen Gruppen zusammen oder belagerten die Tafel mit dem kalten Büfett.
Seit dem frühen Nachmittag plätscherte die Fete vor sich hin. Leute kamen, Leute gingen. Private und offizielle Gäste. Freunde und Bekannte, Kollegen aus dem Bezirksgericht und leitende Beamte des New York City Police Departments.
Selbst ein Vertreter des Bürgermeisters war gekommen und hatte ihm in einer kurzen Rede zum dreiundfünfzigsten Geburtstag und zum zwanzigjährigen Dienstjubiläum gratuliert.
Gestern vor genau zwanzig Jahren hatte Wesley Harper beim Manhattaner Bezirksgericht angefangen. Als kleiner Beamte der Staatsanwaltschaft. Heute war er der leitende Richter des Gericht.
Wesley zog sich die Krawatte aus dem Hemdkragen und warf sie auf den Tisch. Ich will jetzt Walzer tanzen. Und zwar mit dir, Carol.
Du wirst doch den Rest des Abend nicht etwa ohne Schlips herumlaufen!
Viola, seine Frau schien ernsthaft erschrocken zu sein über diese Aussicht.
Carol lachte trocken, und Wesley winkte ab. Scheiß drauf. Kannst mir ja einen aus dem Haus holen.
Er deutete mit einer Kopfbewegung auf das Haus an der Längsseite des Hofes.
Ein prächtiges, efeubewachsenes Gebäude aus unverputzem Buntsandstein und mit großen Rundbogenfenster. Palmen in dunklen Holzkübeln flankierten die beiden Flügel des hölzernen Eingangsportals. Eine dritte stand mitten im Hof.
Er bewohnte es mit Viola und Oliver, ihrem achtzehnjährigen Sohn. Von der Rückfront aus hatten sie einen fast freien Blick auf den East River hinunter und hinüber auf die Skyline Manhattans.
Das gegenüberliegende Haus zur Cranberry Street hatte er zur Hälfte vermietet. An einen Frauenarzt und einen Architekten. In der anderen Hälfte residierte seine Frau Viola und ihre Partnerin Angela Chassedy. Die beiden Frauen betrieben dort eine erfolgreiche Rechtsanwaltskanzlei.
Das Gebäude auf der Schmalseite des Hofes wurden von Wesleys Tochter Lilian und ihrem Mann bewohnt. Auf der gegenüberliegenden Schmalseite war der Hof durch einen kleinen Gartenpavillon und den gusseisernen Zaun vor den Ulmen begrenzt.
Vor zwölf Jahren hatte Wesley das Anwesen gekauft und restaurieren lassen. Eine ehemalige Spedition aus der Zeit, als die Bierfässer noch mit Pferdegespannen angeliefert wurden.
Los, Carol, jetzt wird getanzt.
Er zog seine Tochter aus dem Stuhl und warf einen zärtlichen Blick hinter sich auf seinen Enkel. Die Katze hatte sich die Pfauenfeder geschnappt und huschte durch das Gras auf den Zaun zu. Luke krabbelte ihr hinterher.
Sie mischten sich unter die anderen Tanzenden. Wann zum Teufel wirst du es endlich lernen, deine scharfe Zunge im Zaum zu halten...
Wesley seufzte und drückte seine Tochter an sich.
Sie fühlte sich fest und straff an. Vollbusig, mit breitem Hüften und nicht einmal einen Kopf kleiner als der hünenhafte Wesley hatte sie nichts von der Zierlichkeit ihrer Mutter.
Nie
, lachte die Fünfundzwanzigjährige. Ich werd' noch eine Menge lernen - aber das nie.
Lächelnde Gesichter um sie herum. Die tanzenden Paare schwangen sich im Rhythmus des Walzers um die große Palme mitten im Hof. Wesley nickte freundlich nach allen Seiten, während er mit Carol über den Hof tanzte. Die verstohlenen Blicke auf seine verrückte Tochter entgingen ihm nicht. Aber sie waren ihm herzlich gleichgültig. Er war froh, dass Carol sich überhaupt noch die Mühe machte aus SoHo herüber nach Brooklyn zu fahren, um ihre Familie zu besuchen.
Wesley kannte den Grund - ihre abgöttische Liebe zu ihm. Diese Liebe zueinander war nicht das einzige, was Wesley mit seiner ältesten Tochter gemeinsam hatte. Auch das wusste er. Und weil er es wusste, hatte sie fast völlige Narrenfreiheit bei ihm.
Auch Lilian und ihr Doktor hatten sich inzwischen unter die Tanzenden bequemt. Wesley hatte seine Mühe mit Charles Benson. Der Arzt war ihm zu glatt, zu wohlerzogen, zu arrogant. Er mochte keine Leute, die so taten, als bräuchte man nur die vierzehnhundert Gramm Hirn unter der Schädeldecke korrekt zu gebrauchen, um alles im Griff zu haben.
Wesley beobachtete, wie sich zwei Paare zu Viola gesellten, die allein am runden Tisch zurückgeblieben war. Einer musste ja das Kind im Auge behalten.
Wesley versuchte seinen Enkel im Gras vor dem Zaun auszumachen. Halbverdeckt von Tischbein und Stühlen sah er ihn die Katze mit der Pfauenfeder traktieren.
Hoffentlich würde das drollige Vieh nicht auf die Idee kommen ins Nachbargrundstück zu entwischen. Die VanHaarens hatten einen Garten wie einen Urwald - schier undurchdringlich. Ein Labyrinth für eine junge Katze.
Ein Blick auf die fast kniehohe Fundamentmauer des gusseisernen Zauns beruhigte Wesley - zu hoch für Lukes vierbeinige Spielgefährtin.
Der letzte Takt des Kaiserwalzers verklang. Wesley sah sich nach der Stereoanlage im offenen Fenster des Büros seiner Frau um. Niemand machte Anstalten eine neue Scheibe aufzulegen.
Sein Blick suchte Spencer Bush. Sein Freund, der Chefankläger am Manhattaner Bezirksgericht, hatte eigentlich den Job des Disc Jockeys übernommen. Doch statt sich um neue Musik zu kümmern zwinkerte er Wesley verschmitzt zu.
Das Portal zwischen den Palmen öffnete sich. Ein junger Mann in Richterobe und mit einem dicken Buch unter dem Arm trat auf den Hof. Oliver Harper, Wesleys Jüngster.
Hinter ihm, ebenfalls in schwarzer Robe, Angie, die Partnerin Violas. Selbst in dem altertümlichen weiten Gewand sah die blonde Frau verführerisch schön aus.
Angeführt von Perry Sheridan, dem pensionierten Chefankläger des Manhattaner Bezirksgerichtes, traten zwölf Männer und Frauen aus dem Haus. Alles Freunde und Bekannte der Harpers. Wesley begriff: Die Geschworenen.
Wir eröffnen die Verhandlung gegen Wesley Harper!
, rief Oliver mit todernster Stimme. Wesley schmunzelte. Nicht ohne Stolz betrachtete er seinen Sohn. Der Junge besuchte das Brooklyn College in Benson Hurst. Er wollte Jurist werden und in die