Drehbuch - Die Psycho-Paten: Sind die selbsternannten Paten der Psyche mitunter eventuell die eigentlichen Psychopathen?
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Der Krimi »Psycho-Paten« behandelt die Frage, ob selbsternannte Paten der Psyche mitunter möglicherweise die eigentlichen Psychopathen sind. Da der oberste Ermittler mit italienischen Wurzeln behaftet ist, kommt das eigentümliche Wiener Milieu hier ebenso zum Ausdruck wie ein Seitenblick auf die nahverwandte Gelassenheit des italienischen Flairs.
Eine ehemalige Sonderermittlerin aus Baden hat vor 20 Jahren freiwillig ihren Beruf an den Nagel gehängt hat, weil es ihr damals nicht gelungen war, einen Nervenspitalleiter, entgegen ihres besseren Wissens um dessen Schuld, des mehrfachen Mordes zu überführen. Nun, 20 Jahre später, wird genau jener Spitalleiter, der damals seinen Sitz von Baden nach Wien verlegt hatte, da er seine Reputation, zumindest regional, angekratzt sah, ermordet. Und die Ex-Sonderermittlerin, die ausgerechnet zur Tatzeit zu Besuch in Wien ist, offensichtlich um ihren einstigen Widersacher (ob seines vermeintlichen Fortschrittsbeitrags auf dem Gebiet medizinischer Nervenheilkunst) zu konfrontieren, avanciert zur Hauptverdächtigen und gerät unweigerlich in die verbale Schusslinie der Polizei.
Themen, wie Psychologie, Therapie, Psychopharmaka, Zwischenmenschlichkeit, Glaubensfragen mit all ihren Stärken und ihren Zweifeln, dazu vielschichtige Charaktere von geheimnisvoll introvertiert über enervierend stoisch bis hin zu ungebändigtem Temperament, sind in eine intelligente Kriminalhandlung eingearbeitet, die mit ebenso viel Spannung, Kurzweile wie Brisanz aufwartet.
Für jedermann verständlich, wird hierbei die philosophische Schwere des Seins mit der fatalen Leichtigkeit des Scheins in einer stimmigen Symbiose vereint.
Julie Nezami-Tavi
Julie Nezami-Tavi ist Redaktionsleiterin des "AnDante Kulturmagazins", dem Nachfolger des "Belcanto Kulturmagazins". Bei letzterem arbeitete sie u. a. mit der Bayerischen Kammeroper und Radio Opera zusammen, beides Einrichtungen des Öffentlichen Rechts. Für Radio Opera hat sie auch einige Moderationen gesprochen. Im Auftrag verschiedener anderer Zeitschriften bediente sie darüber hinaus als freie Journalistin regelmäßig unterschiedliche Rubriken. Julie Nezami-Tavi ist zudem in der klassischen Musikbranche aktiv. Als Geschäftsführerin einer Münchner Konzert- und Gastspieldirektion hat sie zahlreiche Konzerte in Deutschland und auch in England auf die Bühne gebracht. Bei fast allen Konzertveranstaltungen hatte sie die künstlerische Leitung inne und sich hierbei auch mehrfach der Regiearbeit und der Dramaturgie gewidmet. Dabei hat sie ausschließlich mit den renommiertesten Sängern und Sängerinnen internationaler, staatlicher Opernhäuser zusammengearbeitet. Mehrmals hat sie auch als Produzentin und künstlerische Leiterin verschiedener CD-Aufnahmen gewirkt. Als direkte Nachfahrin des persischen Dichters Nezami (12. Jahrhundert) einem der bedeutendsten Vertreter der persischen Literatur (die UNESCO hatte das Jahr 1991 zum Nezami-Jahr erklärt), ist Julie Nezami-Tavi mittlerweile in erster Linie auf dem Gebiet der Schriftstellerei tätig. Sie hat etliche Bücher in unterschiedlichen Genres (Sachbuch Thema Kultur, Biografie, Krimi, Philosophie, Satire, Kolumnen) veröffentlicht. Mit besonderer Vorliebe widmet sie sich auch Textbüchern für die Bühne, Drehbüchern und Lyrics.
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Drehbuch - Die Psycho-Paten - Julie Nezami-Tavi
Autorin
1INNEN. HAUS - ABEND
Ältere Haushälterin [Rosemarie Kiesel] steht in der Küche und bereitet Abendessen zu. Plötzlich flackern die Lichter, erlöschen und auch sonstige elektrische Geräte, wie Radio usw., gehen abrupt aus. Währenddessen dumpfer Knall. Dunkelheit. Haushälterin sucht tastend nach Streichhölzern und Kerzen. Kurze Zeit später hört man aus der Entfernung Glasscherben brechen. Haushälterin hält kurz inne, ruft dann heftig atmend und laut, während sie weiter sucht.
KIESEL
(laut) Kristian! Kristian!
(zu sich) Großer Gott, wo sind sie denn nur?
Findet Streichhölzer und Kerzen in der Küchenschublade. Mit zittrigen Händen zündet sie eine Kerze an und verlässt die Küche im Kerzenlicht. Draußen in der Diele kommt eine weitere Person zögerlich angetastet, eine junge Frau [Fatime], die offensichtlich auch in Diensten des Haushalts steht und ebenso verschreckt dreinblickt.
FATIME
Was war das?
KIESEL
Ich weiß es nicht!
FATIME
Es ist zum Fürchten! Alle Lichter sind ausgegangen.
KIESEL
Ein Stromausfall. Im ganzen Haus.
Sicher nichts, worüber wir uns beunruhigen müssen.
FATIME
Ich finde es gespenstig!
KIESEL
Unsinn. Red kein dummes Zeug!
Aus dem hinteren Dielenbereich kommt ihnen ein Mann [Kristian Böhme (ca.40 J.)], Typ wortkarg und übellaunig, entgegen. In der Hand hält er eine leuchtende Taschenlampe.
KIESEL
Was war denn los, was ist passiert?
BÖHME
Ich weiß es doch auch nicht!
Böhme geht in den Keller zum Sicherungskasten und schaltet die Sicherungen ein. Lampen gehen wieder an. Er kommt zurück. Beide Frauen stehen hilflos beieinander. Die Ältere versucht, als beruhigende Kraft zu wirken.
KIESEL
Sicher nur ein Kurzschluss. Kein
Grund zur Panik.
FATIME
Aber Madame, haben Sie den Krach
nicht gehört? Und der gnädige Herr,
der müsste doch schon längst
heruntergekommen sein.
KIESEL
Die Katze wird was runter geworfen
haben.
FATIME
Die Katze habe ich vorhin zur Tür hinausgelassen, die kann es nicht gewesen sein. Nein, ich glaube es ist jemand Fremdes im Haus. Was ist, wenn er kommt und uns umbringt. Madame, ich habe Angst!
KIESEL
Sei ruhig! Professor Grofke steckt sicher so tief in seiner Arbeit drin, dass er von alledem überhaupt nichts mitgekriegt hat. … Du weißt doch, wie konzentriert er sein kann. Nicht einmal ein Erdbeben bringt ihn da aus seiner Ruhe.
BÖHME
Und dass es stockfinster geworden ist, soll er auch nicht gemerkt haben?
Böhme entschließt sich, Treppe nach oben zu gehen, während die Frauen ihm voll Anspannung hinterherschauen.
BÖHME
Ach, macht kein Theater. Ich sehe nach, was los ist.
KIESEL
Jetzt hat der Spuk gleich ein Ende. Alles ist in Ordnung!
Kiesel hält ihre Hände beruhigend auf Fatimes Schultern, während beide ängstlich nach oben blicken. Kurz darauf taucht Böhme, fahl im Gesicht, wieder am oberen Treppenabsatz auf.
BÖHME
Wir müssen die Polizei rufen.
Beide Frauen starr vor Schreck. Keiner gelingt es, zu antworten. Böhme geht raschen Schrittes selbst zum Telefon, wählt und spricht.
BÖHME
Ich habe einen Unfall zu melden. – Kristian Böhme. Wilhelminengasse 1 bis 7. Es geht um Professor Grofke, Leiter des Grofke-Nervenspitals. – Er ist tot.
GRUNDSTÜCK:
2AUSSEN. GRUNDSTÜCK - ABEND
Sehr großes, leicht abgestuftes Grundstück. Oberhalb, großes geräumiges Mehrfamilienhaus, das Wohnhaus, mit weitreichendem Blick auf Spital, das sich auf der unteren Grundstücksebene befindet.
3INNEN. BADEZIMMER - ABEND
Tracelli und Thalmayer am Tatort. Leiche und Bildschirmmonitor mit elektrischem Kabel in drei Viertel voller Wanne. Wasserpfützen am Boden. Kabel ist bereits aus der Steckdose gezogen. Wasser ist mit blutroter Farbe gefärbt. Ein umgekippter Eimer, der rote Farbe enthielt. Übliche Badezimmerutensilien, zum Teil umgeworfen oder runter gefallen. Eine Seife, in der 2 Holzkreuze stecken. Ein umgefallenes Longdrink-Glas auf an Wanne montiertem Beistelltisch. Ein größeres aus Holz geschnitztes Kreuz klebt mit in der Schnelle abgerissenem Klebeband an der Wand. Dazwischen prangen mit blutroter Farbe Wortfetzen an der Wand, die man nur mit Mühe entziffern kann:
„[unleserlich] … Teufel … [unleserlich] … Leib … [unleserlich] … und führ … [unleserlich] … Versuch … [unleserlich] … Böse"
Man muss annehmen, dass es der mutmaßliche Täter eilig hatte. Das Klebeband pappt völlig unorthodox über Kreuz und Wand. Polizeifotograf und Spurensicherung sind am Werk. Thalmayer schaut gerade auf herabgefallenen Monitor.
THALMAYER
Da hat jemand ganze Arbeit geleistet. Das kann net leicht gewesen sein, das Teil in die Wanne zu schmeißen.
Tracelli deutet auf eigens für den Monitor eingebaute Vorrichtung und nickt.
TRACELLI
Hm. Da musst du richtig mit einem Schraubenzieher dran. Der Bildschirm war mit stabilen Schrauben befestigt, der stand da nicht einfach nur drauf und ist dann ins Wasser hinein kippt.
Thalmayer zustimmende Kopfbewegung und gleichzeitig ungläubiges Schütteln, ob des bizarren Anblicks.
TRACELLI
Das Kabel ist nicht mehr in der Steckdose. Der Täter muss es noch rausgezogen haben. Wir haben es hier mit einem fürsorglichen Mörder zu tun. - Wieso hat man überhaupt so ein elektrisches Teil im Badezimmer? Weiß doch jedes Kind, dass Geräte, die am Strom hängen, im Badezimmer nichts zu suchen haben.
THALMAYER
Muss man heute nicht einen FI Schalter haben? Dann kann so was doch gar nicht mehr passieren.
BEAMTER (SPURENSICHERUNG)
MUSS nicht. Wäre aber besser gewesen, er hätte ihn gehabt. Ist ein altes Haus. Aus den frühen 70ern. Es besteht dringende Empfehlung solche Häuser mit dem FI Schalter nachzurüsten. Besonders, wenn in Nasszellen mit elektrischen Geräten gearbeitet wird. Aber viele Hausbesitzer sind da einfach zu sorglos und lassen es schleifen. Na ja, was dabei raus kommen kann, sieht man ja hier.
Tracelli betrachtet sich das ganze intensiv und aus nächster Nähe.
TRACELLI
Eh klar. - Ansonsten war er aber doch recht sorgfältig. Das ist eine richtig ausgeknobelte Vorrichtung, vollkommen systematisch anmontiert. Alle Gefahrzonen isoliert.
Eigentlich völlig unriskant! Das Strom führende Kabel hinten durch, so dass es eben kein Risiko birgt. - Na, des ist kein leichtsinnig elektrisches Kabel im Bad. Da hat sich jemand richtig zu schaffen gemacht, um das Ding unter Netzspannung überhaupt ins Wasser hinein werfen zu können.
THALMAYER
Das hieße aber auch, der Doktor nimmt ein Bad und schaut sich das seelenruhig an. Wie sein Mörder mit dem Schraubenzieher hantiert, um diese schlaue Vorrichtung aufzukriegen. Vielleicht hat er ihm eh noch Tipps geben können, wie er des am gescheitesten anstellt?! Und wie er ihn damit am cleversten entsorgt?!
TRACELLI
Ja, des schaut schon komisch aus.
Pathologe [Csermak] betritt das Badezimmer, Kaffeebecher in der Hand.
TRACELLI
Servus! Hast an Kaffee mitbracht?
CSERMAK
Na, den hab ich eh schon trunken.
TRACELLI
Und, was habn ma?
CSERMAK
So auf den ersten Blick würd ich sagen, der Mann ist gegrillt worden.
TRACELLI
Csermak, bitte, ja?! - Schau bitte nach, ob er vorher irgendwas geschluckt hat, was darauf hindeutet, dass er unter Einfluss von Medikamenten stand, als er sein Bad nahm.
CSERMAK
Da wär ich net drauf kommen, aber wenn du es sagst.
Csermak macht sich an die Arbeit.
TRACELLI
Für was hatte der überhaupt so viele Beobachtungsmonitore? Fast in jedem Zimmer steht einer.
THALMAYER
Big Brother is watching you. Das war eben ein vorsichtiger Mann!
TRACELLI
Offenbar net vorsichtig genug.
THALMAYER
Zumindest können wir Selbstmord ausschließen. Der schaut anders aus.
Beide schauen sich sinnierend weiter um. Thalmayer mit Blick auf die Wanddekoration.
THALMAYER
Ist auf jeden Fall eine heiße Angelegenheit, so aus dem Leben zu scheiden. - Sein Mörder hat scheints eine Mordswut auf ihn gehabt.
TRACELLI
Relikte! Rache oder Ritual? Was wiss‘ma vom Opfer?
THALMAYER
Im Grunde genommen eh net viel. Das ist so einer, den a jeder kennt und doch kennt ihn keiner wirklich. Renommierter Spitalleiter. In der Gesellschaft hoch angesehen. Hatte Freunde in hohen Ämtern. Soweit seine Angestellten es wissen konnten, war er gesund, gut drauf, hatte weder Liebeskummer noch finanzielle Sorgen. Nichts Auffälliges. Lebte eher zurückgezogen. Ein klassisches Motiv lässt sich ad hoc so einfach net finden.
CSERMAK
Des Haus hier hat er wohl erst vor 15 Jahren übernommen.
Mit dieser Auskunft geht Csermak raus. Leiche wird weggeschafft. Tracelli guckt auf das Wandgeschmiere
TRACELLI
Und was um alles in der Welt hat das zu bedeuten?
Thalmayer überlegt nur kurz.
THALMAYER
Ich würd meinen, da hat einer in großer Eile ‚Und führe uns net in Versuchung‘ hinschreiben wollen.
TRACELLI
Hmm.
THALMAYER
Hat nicht viel Wert auf eine ordentliche Handschrift gelegt. Aber des ist eindeutig ein Teil vom Gebet. Vielleicht wollt er seine Absolution erbitten. Gleich im Anschluss, nachdem er gesündigt hat.
Beide schauen sich weiter um.
THALMAYER
Auf jeden Fall ein geistig Verwirrter! Anders kannst doch nicht ein solches Chaos anrichten.
TRACELLI
Warum sollte ein kranker Geist dem Professor nach dem Leben trachten? Er hat doch versucht, zu helfen,