110 Gedichte: meistens gereimt formstreng und von unterschiedlichem Versmaß oft lustig manchmal auch nicht, aber immer knackig
Von Ina Kramer
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Über dieses E-Book
Ina Kramer
Ina Kramer wurde in Mülheim an der Ruhr geboren, machte Abitur in Essen, studierte Freie Kunst und Künstlerisches Lehramt an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf, unterrichtete vier Jahre lang Kunst an einem Duisburger Gymnasium, malte und nahm an einigen Gruppenausstellungen teil, assistierte Ulrich Kiesow beim Erstellen des Regelwerks für das Fantasy-Rollenspiel Das Schwarze Auge, trug durch Texte, darunter vier Romane, und zahlreiche Illustrationen zur Ausgestaltung der Spielwelt Aventurien bei, betreute als freie Lektorin diverse Romanprojekte, schrieb und schreibt Prosa und Gedichte. Sie lebt und arbeitet in Düsseldorf.
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Buchvorschau
110 Gedichte - Ina Kramer
lutzt
Dichters Freud und Leid
EIN ZWÖLFZEILER ENTSTEHT
Die erste Zeile schenken die Götter,
doch schon bei der zweiten beginnt das Geknötter.
Die dritte ist sperrig und will sich nicht fügen,
die vierte aalglatt und erzählt lauter Lügen.
Die fünfte fließt perlend und frei von Bedeutung,
die sechste zerrt quälend wie Haut bei der Häutung.
Die siebte sagt: Reime dich, oder ich fress dich!
Die achte ist klebrig und wird langsam lästig.
Die neunte macht schlaflos vor sinnlosem Brüten,
die zehnte beschließt, ihr Geheimnis zu hüten.
Die elfte raunzt: Bursche, hier muss mehr Gewicht her!
Die letzte strahlt süß und lobt: gut gemacht, Dichter!
WIE ICH SONETTE DICHTE
Wenn Jahreszeiten gehn und neue kommen,
Dann drängt es mich bisweilen zum Sonett,
Dann sitz ich manchmal nächtens wach im Bett
Und sehe vor mir Zeilen, noch verschwommen,
Aus denen sich allmählich Wörter schälen –
Erst fasrig-unscharf, später schwarz und fett –,
Die Sätze bilden, sinnleer und adrett,
Die mich zum Grübeln bringen und mich quälen.
Doch lass ich mich nicht lange irritieren,
Schon fühl ich Reime durch die Stube geistern,
Und mit ein bisschen Glück und Ausprobieren,
Mit Schieben, Biegen, Kitten, Stutzen, Kleistern,
Steht dann das Ding; die Welt wird’s ignorieren,
Doch ich weiß: Ich werd auch das nächste meistern.
SO KANN ES GEHEN
Der hat sein Hab und Gut verlorn,
Das wurd ihm zur Ballade.
Die hat ein Wechselbalg geborn
Und reimt: von Gottes Gnade.
Dem starb die treue Gattin weg,
Er musste es besingen.
Ich stecke bis zum Hals im Dreck
Und kann da nichts rauswringen.
EIN REIMPROBLEM
Als er das kleine Wörtchen „kommen"
am Zeilenende deponierte,
da wurd dem Dichter so beklommen,
dass er nur stumm auf „kommen" stierte.
Wie sollte es nun weitergehen,
welch Reimwort fände sich auf „kommen"?
Er müsste wohl ins Reimbuch sehen.
Dort stand es: „frommen und „verschwommen
.
„Genommen" auch, genau genommen,
doch passte nichts zu dem Sonett,
das er grad schrieb, wo Sterne glommen
am Firmament. Er ging ins Bett.
Den Dichter aber floh der Schlummer,
zu voll sein Kopf mit „kommen"-Reimen.
Da stöhnt er laut in seinem Kummer:
„Euterpe, ach, mich so zu leimen!"
Die Muse lachte ob der Klage,
es klang wie Flötenspiel und Singen:
„Hör zu, mein Schatz, was ich dir sage:
Schreib doch statt ‚kommen’ einfach ‚gingen’."
ZUEIGNUNG
Ich bin ja nicht der Gernhardt, ich bin ja nicht der Kerr,
Obwohl ich gern der Gernhardt und auch der Kerr gern wär.
Der Brecht bin ich schon lange nicht,
Und wenn ich in der Kammer dicht,
Dann seufz ich: Ist das schwer!
Ich bin auch nicht der Schiller, von Goethe keine Spur.
Der Schiller fragt: Was will er? Der Goethe stellt sich stur
Und blicket streng und spricht: Du Wurm,
Dir ist verschlossen unser Turm.
Beim Pfluge bleib der Buur!
Könnt ich nur Bierbaum heißen, meintwegen Hofmannsthal,
Kein Benn würd auf mich scheißen, ein End hätt alle Qual.
Jedoch: Heiß nicht mal Morgenstern,
Denn Stern und Morgen sind mir fern.
Wie wird mein Bier mir schal!
Ach Friederike Kempner, leucht du mir in der Nacht,
Sei du mein Seelenklempner, halt du als Muse Wacht!
Und führe du mich armen Wicht
Durchs dunkle Tal zu Ruhm und Licht!
Frischauf, nun seis vollbracht!
WÖRTER REIHEN SICH ANEINANDER
Wörter reihen sich aneinander,
wenn ich durch städtische Grünflächen wander:,
kommen geflogen, und kommen gesprungen,
meistens gesprochen, manchmal gesungen;
machen mich ratlos, machen mich kirre,
lassen mich fragen, ob ich mich irre;
bilden Ellipsen, mitunter auch Sätze,
hängt davon ab, ob ich schleich oder hetze.
Wörter ergeben nur selten Gedichte,
aber oft Müll – eine schlichte Geschichte.
MEIN GANZ PRIVATER GANJA-SONG
Ich will, wie’s vor mir viele taten,
auch einen Ganja-Song verfassen.
Die Botschaft kann ich schon verraten:
Man soll die Leute kiffen lassen.
Jetzt rauch ich erst mal eine Pfeife,
das macht mich ruhig und relaxed,
und warte darauf, dass sie reife,
die Dings, Idee, und dass sie wächst.
Lee Perry läuft, der Ganja-König,
die Mucke, find ich, passt famos.
Ein tiefer Zug noch, so verwöhn ich
mich erst, und dann geht’s richtig los.
Beim Ziehen blubbert es so niedlich,
das könnt ich doch thematisieren,
dann hustet man, dann wird man friedlich –
genau, das werd ich mir notieren.
Wo sind denn Brille, Block und Stift?
Die brauch ich schon, um anzufangen.
Doch bin ich grad so schön bekifft,
da kann man nicht von mir verlangen,
dass ich vom Sofa mich erhebe,
um einen blöden Block zu suchen.
Ich fühl mich so, als ob ich schwebe ...
Im Kühlschrank ist noch Käsekuchen,
fällt mir grad ein, ganz frisch vom Bäcker –
mein Gott, was sind das für Gelüste?
Ja, Käsekuchen, der ist lecker,
doch Kuchenessen heißt, ich müsste
jetzt aufstehn und zur