Eine wundersame Nacht: Geschichten zur Weihnachtszeit
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Über dieses E-Book
Sieben Geschichten zur Weihnachtszeit von Christian Rautmann
Christian Rautmann
Christian Rautmann wurde 1966 in Gießen geboren und lebt inzwischen seit über 20 Jahren in Mainz. Das Schreiben ist seit vielen Jahren seine liebste Freizeitbeschäftigung. Er hat bereits zahlreiche Kurzgeschichten verfasst, von denen einige im Internet und in Anthologien veröffentlich wurden.
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Buchvorschau
Eine wundersame Nacht - Christian Rautmann
Für
Ulrike, Alexander und Isabel
INHALTSVERZEICHNIS
Der Weihnachtsbaum
Nachtfahrt
Ein Schmetterling an Weihnachten
Das erste gemeinsame Weihnachtsfest
Ein besonderer Auftrag
Jesus auf dem Dach
Eine wundersame Nacht
DER WEIHNACHTSBAUM
Herbert Bär atmete schwer, als er den Koffer vor der Türe seiner Wohnung abstellte. Er zog ein Tuch aus seiner Hosentasche und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Da merke ich wieder einmal, dass ich älter werde
, stöhnte er kopfschüttelnd und suchte den Türschlüssel in seiner Tasche.
Verflixt, wo ist er denn?
, murmelte er. Doch so sehr er auch suchte. Er konnte ihn nicht finden. Er musste ihn in der Wohnung liegen gelassen haben.
Herbert dachte kurz nach. Hatte er nicht irgendwann einmal seinem Nachbarn einen Schlüssel gegeben? Hoffentlich war er zu Hause. Er ging über den Flur und klingelte.
Herbert war erleichtert, als er Schritte hörte und die Türe sich öffnete. Günter Pflug, ein kugelrunder und immer fröhlicher Mann, strahlte ihn an.
Ah, der Herr Nachbar! Einen wunderschönen guten Tag wünsche ich!
, lachte er. Was kann ich denn für Sie tun?
Herbert räusperte sich und machte eine hilflose Geste in Richtung seiner Wohnungstüre. Ich war im Keller und habe den Schlüssel in der Wohnung liegen lassen. Ich hatte Ihnen doch mal einen gegeben, oder?
Aber sicher doch!
Günter Pflug lachte. Zum Glück, was? Einen Moment.
Er verschwand in seiner Wohnung und kehrte kurz darauf mit dem Schlüssel zurück. Als er ihn Herbert gab, nickte er in Richtung des Koffers, der unübersehbar im Hausflur stand.
Das sieht nach einer großen Reise aus? Wohin geht´s denn?
Herbert schüttelte den Kopf.
Nein, nichts Großes. Aber morgen fahre ich nach Köln und besuche über die Feiertage meinen Sohn und seine Familie.
Na, das ist doch toll! Meine Tochter kommt mich auch besuchen. Wir gehen am ersten Feiertag schön essen.
, sagte Günter Pflug und seine Augen glitzerten vor Freude. Dann sah er zu Herberts Türe. Ich glaube, bei Ihnen klingelt das Telefon.
Stimmt. Wer kann denn das sein?
Herbert winkte seinem Nachbarn dankbar zu, öffnete hektisch seine Wohnungstüre und lief zum Telefon.
Hallo, Paps
, meldete sich die Stimme seines Sohnes.
Ah, Karsten. Wie schön. Was gibt es denn?
, fragte Herbert.
Du
, begann sein Sohn zögernd. Erst nach einer Pause fuhr er fort. Also, Paps. Das mit Weihnachten. Also, na ja. Das wird leider nichts. Es tut mir wirklich leid.
Herbert glaubte, sich verhört zu haben. Was? Was meinst du damit, dass das nichts wird? Ich habe den Koffer gerade aus dem Keller geholt. Es ist alles fertig.
Ja, weißt du. Wie soll ich es dir erklären?
, stammelte Karsten. Wir sind über Weihnachten nicht da.
Herbert schwieg.
Nach einer Weile fuhr Karsten fort: Es ist eine tolle Gelegenheit für uns, weißt du? Ingo, ein Kollege von mir, hat ein Ferienhaus auf Mallorca. Eigentlich wollte er ja über Weihnachten selbst hin. Weil er jetzt aber keine Zeit hat, hat er mich gefragt. Du, das ist so ein Glück. Monika und die Kinder wollen auch unbedingt hin.
Tja
, sagte Herbert tonlos. Toll für euch. Und wie kommt ihr hin? Habt ihr denn einen Flug?
Ja, mit viel Suchen. Felix hat stundenlang im Internet geschaut. Aber er hat etwas gefunden. Ist sogar ziemlich günstig. - Du, Paps. Da konnten wir nicht absagen. Das verstehst du doch? Du kannst dann doch im Januar zu uns kommen.
Herbert nickte resigniert. Ja, ja. Ich habe mich halt auf euch gefreut. Aber nun ist es eben so. Viel Spaß! Und grüße Monika und die Kinder.
Er legte auf und betrachtete noch für einen Moment das Telefon, das da so harmlos auf der Anrichte im Flur stand. Nicht zu glauben, dass sich durch einen einzigen Anruf nun sein ganzes Weihnachtsfest geändert hatte. Er hatte sich so auf seine Enkelkinder gefreut.
Herbert ging ins Schlafzimmer und räumte langsam die Kleidungsstücke wieder in den Schrank, die er schon bereitgelegt hatte. Den Koffer würde er erst morgen wieder in den Keller tragen. Er beschloss, früh schlafen zu gehen.
Am nächsten Tag wachte er früh wie immer auf, ging in die Küche und kochte sich eine Tasse Kaffee. Eigentlich liebte er dieses Ritual, das er sich aus der Zeit bewahrt hatte, als er noch jeden Morgen frühzeitig hatte in der Fabrik sein müssen. Doch heute fühlte er eine seltsame Leere in sich. Es war der 24. Dezember und er wusste nicht, was er tun sollte. Er setzte sich in seinen Sessel, wo er nochmal einschlief.
Als er wieder wach wurde, ging er ziellos durch die Wohnung. Schließlich sah er aus dem Fenster. Auf der Straße waren viele Menschen unterwegs. Einige trugen Geschenke, viele schleppten große Einkaufstüten und ein junges Paar trug einen Weihnachtsbaum nach Hause.
Herbert lächelte müde. Die sind ja ganz schön spät dran
,