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Samuel: Der Zauber der nur dir gehört
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eBook168 Seiten2 Stunden

Samuel: Der Zauber der nur dir gehört

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Über dieses E-Book

Theresa möchte aus ihrem Leben ausbrechen. Kein Ausbildungsplatz, ein kleiner Bruder und eine gestresste, alleinerziehende Mutter sind nicht gerade das, was Spaß macht. Auch bei ihrem geschiedenen Vater und seiner neuen Lebenspartnerin findet Theresa nicht das erhoffte Verständnis.
Doch die Macht der Träume und Sehnsüchte öffnet Theresas Herz für ein Wissen aus längst vergangener Zeit – und für Samuel.
SpracheDeutsch
HerausgeberMachandel Verlag
Erscheinungsdatum20. Okt. 2016
ISBN9783959590327
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    Buchvorschau

    Samuel - Sabine Tetzner

    1. Theresa

    „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?" Theresa betrachtete kritisch ihr Spiegelbild. Die Haut weiß wie Schnee, die Lippen rot wie Blut. Sie seufzte. Schön wär‛s gewesen, doch ihre Nase passte nicht zu dem Märchenbild.

    Häuptling Adlernase statt Schneewittchen, dachte sie, warf mit einer schnellen Bewegung die taillenlangen, schwarzen Haare zurück und schnitt sich selbst eine Grimasse.

    „Hey! Wie lange brauchst du denn noch? Ich muss mal!" Dominik hämmerte mit den Fäusten gegen die Badezimmertür. Theresa seufzte. Ihr kleiner Bruder war wirklich eine einzige Katastrophe. Da fragte sie sich schon, warum ihre Mutter mit fast vierzig noch ein Kind in die Welt setzen musste.

    Und das nicht einmal von meinem Vater, fügte sie böse in Gedanken hinzu.

    Zu den Faustschlägen gesellten sich zaghafte Fußtritte, die, wie sie aus Erfahrung wusste, aber schnell heftiger werden würden, sollte sich die Tür nicht in Sekundenschnelle öffnen.

    „Hör auf!", bellte Theresa entnervt, beeilte sich aber, den Schlüssel umzudrehen. Immerhin blockierte sie das Bad seit fast einer Stunde.

    Dominik zappelte herum und schoss Richtung Toilette, als die Tür endlich aufging. Es schien höchste Eisenbahn. Theresa empfand beinahe ein schlechtes Gewissen. Außerdem konnte sie dem sturen, blonden Zwerg sowieso nicht lange böse sein.

    „Solltest du nicht schon längst im Bett liegen?", fragte sie streng.

    Betont langsam zog er die Schlafanzughose herunter und schälte erst das eine, dann das andere Bein heraus. Ganz unschuldig blickte er sie an, dann ließ er den Schlafanzugknäuel liegen und rannte lauthals lachend wieder hinaus. „Ich will nicht schlafen. Du musst mich fangen!"

    Er hatte sie veralbert. So ein Schlingel! Normalerweise wäre sie gutgelaunt hinterher gestürmt, aber nicht heute. Es war Samstagabend, und zwar einer der wenigen Samstage, an denen sie mit Kiara ausgehen wollte. Sie hatte sich schon die ganze Woche darauf gefreut. Der Roller, den Kiara zum Geburtstag bekommen hatte, bedeutete für sie beide Freiheit und Unabhängigkeit. Und da musste gerade heute der Knirps den Aufstand proben und Ludmilla, ihre Mutter, nicht nach Hause kommen, obwohl sie versprochen hatte, pünktlich zu sein. Doch aller Unmut nützte nichts. Theresa musste warten. Es war unmöglich Dominik, der gerade fünf Jahre alt war, alleine zu lassen. So langsam wurde Theresa mehr als nur ungeduldig. Das sah ihrer Mutter ähnlich. Wahrscheinlich war ihr wieder irgendein Typ über den Weg gelaufen, den sie sich als potentiellen Vaterersatz für Dominik vorstellen konnte. Seitdem Gerhard sie verlassen hatte, flippte sie total aus, wollte nur noch mit Ludmilla angesprochen werden und befand sich auf dem Jugendlichkeitstrip. Theresa wunderte es fast, dass sie sich nicht als jüngere Schwester ausgeben musste – aber das würde voraussichtlich auch noch kommen.

    „Ich bin schneller als du", schrie Dominik aus der Küche.

    „Was ist denn hier los? Fassungslos stand Ludmilla in der Wohnungstür. „Dominik sollte schon längst im Bett liegen. Kann ich mich denn auf euch gar nicht verlassen?, keifte sie.

    Na, toll! Super gelaufen, dachte Theresa. Sie kannte ihre Mutter genau und sah sofort, dass es um deren Laune nicht zum Besten stand. Der Abend begann bedenklich zu wackeln. Nur kein falsches Wort jetzt, sonst würde sie nicht gehen dürfen.

    „Dominik wollte eigentlich eben ins Bett", sagte sie beschwichtigend.

    „Das sehe ich, wurde sie unwirsch unterbrochen. Doch dann musste Ludmilla wider Erwarten lachen. „Wir sind schon so ein Chaotenverein, kicherte sie und streifte sich die hochhackigen Schuhe von den Füßen. „Ist noch Abendessen übrig?"

    Theresa nickte erleichtert. Das war noch einmal gut gegangen.

    *

    Regentropfen platschten auf Theresas Kopf. Missmutig zog sie die Schultern hoch und trottete weiter in Richtung nach Hause. Der Abend, der erst ganz lustig begonnen hatte, war in einer kleinen Katastrophe geendet. Sie hatte die Nase gestrichen voll. Ihre Haare klebten patschnass am Kopf. Auch Jacke und Hose waren durchweicht, aber das störte sie nicht. Der Regen passte zu ihrer düsteren Stimmung.

    Sie war mit Kiara im Jugendheim gewesen. Dort hatten sie Ben getroffen. Ben jobbte in ihrem Stadtteil als Postgehilfe. Nur in den Ferien, um sich sein Studium zu finanzieren. Kiara wusste, dass Theresa heimlich für ihn schwärmte, und trotzdem hatte sie es nicht lassen können. Erst hatte sie heftig mit ihm geflirtet und ihn dann auch noch zu sich nach Hause eingeladen. Einfach so, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt.

    Theresas Tränen mischten sich mit dem Regen. Sie wusste nicht, was schlimmer war: Die Tatsache, dass Ben sie vollkommen ignoriert hatte, oder dass Kiara ihre Freundschaft so wenig wert war. Theresa fühlte sich wie ein betrogenes, hässliches Entlein. Die allergrößte Frechheit war allerdings gewesen, dass die Beiden heimlich mit dem Roller davon gefahren waren und sie hatten stehen lassen.

    Theresa musste über eine Stunde lang laufen. So blieb ihr viel Zeit zum Nachdenken.

    „Warum ich?", lautete die Frage, die sie sich voller Selbstmitleid immer wieder stellte.

    Doch alles Grübeln brachte ihr keine Antwort, so quälte sie sich stetig vorwärts. Endlich, da tauchte ihre Einfahrt auf. Nur noch ein paar Meter. Selbst das T-Shirt klebte mittlerweile wie eine zweite Haut an ihrem Körper und die Jeans war so vollgesogen, dass jeder Schritt schwer fiel. Es war Herbst und die Nächte schon empfindlich kalt. Die Temperaturen lagen nur noch knapp über dem Gefrierpunkt. Und das mit total durchnässten Klamotten. Sie konnte die Erkältung schon förmlich anklopfen hören.

    Mit klammen Fingern schloss Theresa die Haustür auf und stolperte von dem dunklen Flur in die Küche, um sich erst einmal einen heißen Tee zu machen. Alles schön leise, damit niemand aufwachte. Wie gut würde jetzt eine Dusche tun! Aber es war mitten in der Nacht, dafür brachte ihre Mutter sicherlich kein Verständnis auf. So schälte sich Theresa lediglich aus den nassen Sachen und schlürfte den heißen Tee. Doch das ersehnte Wohlgefühl wollte sich nicht einstellen. Immer noch durchfroren und total frustriert schlich sie schließlich ins Bett.

    *

    Auch am nächsten Tag sah die Welt nicht viel besser aus. Zu tief saß die Enttäuschung über verratene Freundschaft und auch die Abweisung durch Ben nagte an Theresas Selbstbewusstsein. Dazu kam, wie nicht anders zu erwarten gewesen war, eine tropfende Nase.

    Bereits als sie begann, ihrer Mutter das Erlebnis vom Vortag zu erzählen, wusste sie, dass es ein Fehler war. Aber manche Fehler machte man nun einmal in der Hoffnung auf Verständnis.

    Ludmillas Gesichtsausdruck sagte nur allzu deutlich, was sie davon hielt, dass Theresa ein Auge auf einen Postgehilfen geworfen hatte.

    „Willst du so enden wie ich?, keifte sie auch sofort los und fuchtelte mit ihren rot lackierten Fingernägeln hektisch in der Luft herum. Dann musterte sie Theresa von oben bis unten. „Und denk endlich einmal an dein Aussehen. Ihr rechter Mundwinkel zuckte. „Kein Schnitt in den Haaren, kein Make-up im Gesicht, zerschlissene Jeans. Erwartest du etwa von einem Jungen, dass er sich in Aschenputtel verlieben könnte?"

    Die harten Worte landeten treffsicher im Ziel. Theresa schluckte und versuchte krampfhaft, die Tränen zurückzuhalten.

    „Weinen bringt gar nichts", kommentierte Ludmilla bissig. Es war offensichtlich, dass sie nicht verstehen konnte.

    Theresa war verzweifelt. Erst der gestrige Abend und jetzt die Auseinandersetzung mit ihrer Mutter. Es reichte! Ihre Schmerzgrenze war überschritten. Eindeutig überschritten.

    „Du willst doch gar nicht, dass ich jemanden kennenlerne oder eine Lehre beginne. Es gefällt dir viel zu gut, dass ich mich den ganzen Tag um deinen Sohn kümmere und die Hausarbeit erledige. Sie schnappte hektisch nach Luft. „Du hast doch nur noch Zeit für dein Aussehen und deine Männer. Ich wünschte, ich hätte bei Papa bleiben können. Noch bevor das letzte Wort ihren Mund verließ, wusste sie, dass sie zu weit gegangen war. Erschrocken hielt sie inne. Auf Ludmillas bleichen Wangen zeichneten sich hektische rote Flecken ab. Ihre schwarzen Augen waren zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen.

    „Mama, flehte Theresa und vergaß sogar, sie Ludmilla zu nennen. „Bitte. Ich habe es nicht so gemeint. Aber es war zu spät.

    „Was willst DU? Wer bekommt sein Leben nicht in den Griff? Wer hat die Schule geschmissen? Ludmillas schwarze Augen sprühten Funken. „Dich möchte ich sehen bei Paul, seiner Emma und ihren fünf Kindern. Sie lachte hämisch auf. „Aber du hast Recht. Ich hätte dich damals besser in Falkenstein lassen sollen. Paul hätte mir vor Dankbarkeit die Füße geküsst." Mutter wollte verletzen, und sie verletzte.

    Die Worte hallten in Theresas Kopf wider. Sie schluckte. Doch alles Schlucken nutzte nichts. Die Tränen liefen ihr bereits in kleinen Bächen über die Wangen. Abrupt stand sie auf. So abrupt, dass der Stuhl, auf dem sie eben noch gegessen hatte, mit lautem Knall zu Boden fiel.

    „Was ist denn los?"

    Dominik – auf ihn hatte niemand geachtet. Sein Stimmchen zitterte. Instinktiv wusste er, dass hier dicke Luft herrschte.

    Theresa sah ihn nicht an und stürmte an ihm vorbei. Nur raus hier!

    „Warte auf mich!" Dominik geriet in Panik. Theresa wusste, sie war das Liebste in seinem Leben, sein Mittelpunkt, mehr, als Mutter es jemals sein würde. Sie liebte ihren Bruder ja auch. Und dennoch konnte sie sich nicht beherrschen. Es ging einfach nicht.

    Nur raus hier, dachte sie wieder, hetzte zur Tür und ließ diese krachend hinter sich ins Schloss fallen. Sie wusste nicht, wohin, aber das war egal. Nur fort. Erst dann nachdenken. Sie stürzte zum Schuppen, um ihr Fahrrad zu holen.

    „Theresa, warte!" Barfuß rannte Dominik ihr nach. Sein Gesichtchen war nass vor Tränen. Zitternd blieb er im Regen stehen und sah sie aus großen, verzweifelten Augen an.

    „Dominik. Theresa kauerte sich vor ihm nieder. „Geh ins Haus! Du wirst dich erkälten. Bitte!

    „Aber wohin gehst du denn? Nimm mich mit!" Ganz fest schlang er seine Arme um ihren Hals und schmiegte seine nasse Wange an ihre. Sie hob ihn hoch und drückte ihn ganz fest.

    „Ich hab dich lieb, mein Bärchen. Ich muss nur mal kurz weg. Bitte, geh jetzt ins Haus!"

    „Komm sofort zurück!" Ludmilla erschien in der Haustür.

    Theresa drückte ihrem Bruder noch einen Kuss auf die nasse Wange, stellte ihn auf den Boden und schob ihn, ohne aufzusehen, ihrer Mutter entgegen. Dominik sträubte sich, aber Ludmilla erwischte ihn und zog ihn zielstrebig in ihre Arme.

    „Theresa?", rief sie, aber Theresa hörte nicht mehr. Sie wollte nicht mehr hören. Nicht jetzt. Sie wollte nur noch fort.

    *

    Ich hätte dich damals besser in Falkenstein lassen sollen. Paul hätte mir vor Dankbarkeit die Füße geküsst.

    Ludmillas Worte drehten sich wie eine Endlosschleife in Theresas Kopf. Was hatte ihre Mutter damit sagen wollen?

    Hätte sie tatsächlich bei ihrem Vater bleiben können?

    Sie trat kräftig in die Pedale. Der Regen hatte aufgehört und die Sonne lugte zwischen den grauen Wolken hervor. Theresa fuhr kreuz und quer, planlos, ohne Ziel vor Augen. Da tauchten mit einmal die ersten Dächer von Falkenstein auf. Ihr Unterbewusstsein musste sie hierher gelotst haben. Dabei wusste sie gar nicht, was sie eigentlich in Falkenstein wollte. Sie war lange nicht hier gewesen, hatte es nicht mehr übers Herz gebracht, diesen Ort zu besuchen. Nie hatte sie ihrem Vater verzeihen können, dass er sich eine neue Familie gesucht und in ihr altes Zuhause geholt hatte. Emma, seine jetzige Frau, war mit ihren fünf – fünf! – Kindern nach Falkenstein gezogen, als Theresa bereits mit ihrer Mutter in Lichtenkirchen gewohnt hatte. Theresa hatte sich

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