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Dorian Hunter 80 – Sturm auf die Bastille
Dorian Hunter 80 – Sturm auf die Bastille
Dorian Hunter 80 – Sturm auf die Bastille
eBook245 Seiten3 Stunden

Dorian Hunter 80 – Sturm auf die Bastille

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Über dieses E-Book

Band 80 der legendären Serie um den "Dämonenkiller" Dorian Hunter!

Mainica, die Dämonin aus der Steinzeit, ist frei. Noch werden ihre immensen magischen Kräfte durch Dämonenbanner in Schach gehalten, die vor Jahrtausenden auf ihren Körper geschrieben wurden. Doch Dorian Hunter ahnt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Mainica diese Ketten sprengen wird.
Noch dazu bekommt es der Dämonenkiller mit einem Verräter aus den eigenen Reihen zu tun. Können Dorian die Erinnerungen an sein früheres Leben als Hugo Bassarak helfen, der mitten in den Wirren der Französischen Revolution um sein Leben fürchten muss?

"Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ›Dorian Hunter‹ und sein Spin-Off ›Das Haus Zamis‹ vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction." Kai Meyer

enthält die Romane:
279: "Tirso"
280: "Sturm auf die Bastille"
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum5. Juni 2015
ISBN9783955720803
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    Buchvorschau

    Dorian Hunter 80 – Sturm auf die Bastille - Uwe Voel

    Sturm auf die Bastille

    Band 80

    Sturm auf die Bastille

    von Uwe Voehl und Christian Schwarz

    © Zaubermond Verlag 2015

    © Dorian Hunter – Dämonenkiller

    by Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

    Titelbild: Mark Freier

    eBook-Erstellung: Die Autoren-Manufaktur

    http://www.zaubermond.de

    Alle Rechte vorbehalten

    Was bisher geschah:

    Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen verschrieben, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den gesamten Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es Dorian, ihnen die Maske herunterzureißen.

    Bald kommt Hunter seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als französischer Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Bösen, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Der Pakt galt, und als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, wanderte seine Seele in den nächsten Körper. Im Jahr 1713 wurde er als Ferdinand Dunkel in Wien Zeuge, wie Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie, von einem Nachfolger verdrängt wurde, der sich fortan Asmodi II. nannte. Ihn kann Dorian schließlich töten.

    Nach vielen Irrungen nimmt Lucinda Kranich, die Schiedsrichterin der Schwarzen Familie, die Rolle des Asmodi an. Niemand weiß, dass sie in Wirklichkeit hinter dem wiedererstandenen Fürsten steckt. Und letztendlich wird ihre Maskerade Wirklichkeit. Dass Lucinda sich einen Teil Asmodis einverleibt hat, um seine Macht zu erlangen, wird ihr zum Verhängnis. Der in ihr schlummernde Asmodi übernimmt die Kontrolle über ihren Körper und ersteht so tatsächlich wieder auf.

    Und die Umstände wollen es, dass ausgerechnet Coco Zamis die neue Schiedsrichterin wird. Das Dämonenkiller-Team droht zu zerfallen, Dorian stirbt. Die Dämonen scheinen gesiegt zu haben.

    Aber mit vereinten Kräften gelingt es Dorians Freunden, ihn ins Leben zurückzuholen. Das Team formiert sich neu. Dummerweise sind einige von ihnen während Dorians Abwesenheit auf Abwege geraten. So hat der ehemalige KGB-Agent Kiwibin eine mächtige Dämonin namens Mainica aus ihrem steinzeitlichen Gefängnis befreit.

    Erstes Buch: Tirso

    Tirso

    von Christian Schwarz

    nach einem Exposé von Susanne Wilhelm

    1. Kapitel

    Paris

    Catherine d'Arcy ging über Kopfsteinpflaster. Die Gebäude links und rechts der schmalen, leicht abschüssigen Gasse standen dicht an dicht. Sie erinnerten die Hexe an die typischen Reihenhäuser irgendwelcher Arbeitersiedlungen irgendwo in Europa, aber das waren sie nicht.

    Sie waren etwas viel Besseres.

    Bei den Gebäuden, die im Licht des fahlen Halbmondes teilweise gespenstisch weiß leuchteten, handelte es sich um Gruften. Die meisten der steinernen Monumente besaßen reich verzierte Bögen und Kapitelle, kleine Satteldächer und verzierte Wappenschilde über den Eingängen, in die die Familiennamen eingemeißelt waren. Aus den Schatten zwischen den Gruften schien es leise zu wispern, irgendetwas huschte durch die Dunkelheit und wollte nicht gesehen werden. Catherine interessierte es nicht, denn es bedeutete keine Gefahr für sie.

    Es roch überall nach Vergänglichkeit, nach Tod und Verwesung, und in einer anderen Nacht als dieser hätte Catherine den Geruch sicher eingesaugt und genossen. Nicht aber in diesen magischen Momenten. Ihre Gedanken waren auf etwas anderes fokussiert, sie spürte das Fieber der Aufregung in jeder Faser ihres Körpers. Catherine war ihrem Ziel nun ganz nah. Hinter einer der Fassaden ruhte die ultimative Waffe gegen Dorian Hunter, mit der sie den verfluchten Dämonenkiller endgültig abservieren würde. Diese Waffe musste allerdings scharf gemacht werden. Kein leichtes Unterfangen.

    Mit Guillaume Apollinaire hatte die Hexe den richtigen Mann dafür gewonnen, so hoffte sie. Wenn es einer schaffen konnte, dann er.

    Catherine verlangsamte ihre Schritte und ließ den Blick suchend über die Fassaden vor und neben sich gleiten. Als er auf ein Kreuzzeichen traf, wandte sie ihn schnell ab. Nicht mehr als ein Reflex, denn dieser Teil des Friedhofs war seit vielen Jahrzehnten entweiht, die Relikte des Guten hier strahlten keinerlei Kraft mehr aus, sie waren so tot wie das, was in den Gruften ruhte.

    Da hat Apollinaire wirklich ganze Arbeit geleistet …

    Die Hexe blieb nun endgültig stehen. Das emaillierte Straßenschild auf dem kunstvoll verzierten Pfahl war mit dem Namen Avenue Feuillant versehen, zudem erblickte Catherine zwischen Bäumen das mächtige Columbarium mit dem angrenzenden Krematorium. Der Lichterschein der Stadt verpasste dem Gebäudekomplex so etwas wie einen Heiligenschein. Schnell verdrängte sie diesen Gedanken und betrachtete auch dieses Szenario nicht länger.

    Hier bin ich schon richtig. Da vorne steht ja auch die Gruft mit dem knienden Engel. Ganz wie beschrieben. Verflucht, warum meldet sich der Kerl nicht?

    Catherine schaffte es mit ihren magischen Kräften nicht, ihr Ziel zu erkennen. Zu perfekt hatte Apollinaire es abgeschirmt.

    Sie strich sich mit den flachen Händen den schwarzen Pullover glatt und ging dann weiter. Gerade drei Schritte machte sie, als hinter ihr ein Geräusch ertönte. Die Hexe fuhr herum und kniff die Augen zusammen. Ein Mann, der innerhalb des rötlichen Glosens um ihn herum als tiefschwarzer Schattenriss erschien, hatte sich vor eine Gruft geschoben. Er wedelte wild mit den Armen, gleichzeitig löste sich ein meckerndes Kichern aus seiner Kehle.

    »Wo wollen Sie hin, Mademoiselle d'Arcy? Hier spielt die Musik.«

    Das musste er sein. Guillaume Apollinaire, der absolute Herr über Père Lachaise, den größten Pariser Friedhof. Bisher kannte sie den Hexer nur aus Erzählungen ihrer Familie, persönlich begegnet war sie ihm noch nie.

    Catherine entspannte sich und ging zurück. Das rote Licht drang aus der Gruft, die Apollinaire zuvor tatsächlich perfekt abgeschirmt hatte. Der Schatten gewann mit jedem ihrer Schritte an Kontur, verfestigte sich schließlich zum Bild eines großen schlanken Mannes mit einem kantigen, faltigen Gesicht, das von schulterlangen grauen Locken gerahmt wurde. Wasserblaue Augen taxierten sie durch eine Brille mit dickem, schwarzem Rand. Apollinaire wies starken Bartwuchs auf, hatte sich aber sorgfältig rasiert. Der Kerl trug teure Jeans und ein schwarzes Shirt samt marineblauem Jackett, das leger offen stand. Die Hände hatte er demonstrativ in den Hosentaschen vergraben.

    Guillaume Apollinaire wirkte auf Catherine wie ein Mittfünfziger, der zwanghaft jugendlich erscheinen wollte. Sie konnte ihn schon auf den ersten Blick nicht ausstehen, auch wenn sie sich eingestehen musste, dass er Charisma besaß.

    »Vergessen Sie diese Versteckspielchen ganz schnell wieder, Apollinaire«, zischte die Hexe ihn an. »Auf so was stehe ich nicht.«

    »Nein? Das ist aber schade. Ich hingegen liebe Spielchen aller Art.« Ein spöttischer Ausdruck lag plötzlich in seinen Augen.

    Catherine ignorierte ihn. »Ich weiß. Vor allem ganz gewisse Spielchen.« Sie lächelte höhnisch. »Haben Sie diese gewissen Spielchen auch mit der Leiche getrieben, die ich Ihnen vor drei Tagen überlassen habe, Apollinaire? Wahrscheinlich schon, oder? Mein Vater hat mir erzählt, was Sie so alles mit Leichen anstellen.«

    Apollinaire nahm die Brille ab und taxierte sie von oben bis unten. »So, hat er das, der gute René? Von mir aus. Es macht in der Tat viel mehr Spaß, sich mit den Toten zu vergnügen als mit den Lebenden.«

    Catherine runzelte die Stirn. »Ja? Das kann ich nicht nachvollziehen. Sie mögen es also nicht, wenn Ihre Opfer in Todesqual schreien? Die Todesangst in ihren Augen schimmern zu sehen, die kreatürlichen Ausdünstungen zu riechen? Was gäbe es Schöneres?«

    Apollinaire setzte die Brille wieder auf. Er kicherte wiederum und hob in einer leicht entschuldigenden Geste die Hände. »So hat eben jeder seine persönlichen Vorlieben, Mademoiselle. Haben Sie schon mal kaltes, bereits ein wenig seifiges Menschenfleisch angefasst und geknetet? Vielleicht sogar Ihre Zunge darüber gleiten lassen und dann ein Stückchen herausgebissen?« Seine Augen schimmerten plötzlich lüstern-verklärt. »Soll ich Ihnen mal ein Geheimnis verraten? Nach sieben Tagen des Verfalls schmeckt die Leber am besten, das Hirn dagegen erst nach neun Tagen. Nach elf Tagen hat das Bauchgewebe die schmackhafteste Konsistenz erreicht, nach genau drei Wochen die Zunge. Und dazu jeweils einen 99er Chablis. Traumhaft. Und wissen Sie, was für ein unglaubliches Gefühl es ist, in so einen seifigen Leichnam einzudrin…«

    »Halt, stopp, das will ich gar nicht wissen«, fuhr ihm die Hexe energisch über den Mund. »Ersparen Sie mir diese Art von Details, mein Lieber. In diesen Dingen ziehe ich das Warme, Lebendige vor. Sie sind ein Ghoul, nicht wahr?«

    »Hat Ihnen das Ihr Vater erzählt?«

    »Nein. Ich frage nur.«

    »Und ich antworte Ihnen nicht darauf. Es ist nicht wichtig.«

    Catherine fragte nicht weiter nach, es interessierte sie nicht wirklich. »Einen Moment lang dachte ich doch tatsächlich, Sie würden mich über den Tisch ziehen«, wechselte sie das Thema.

    Er grinste breit. »Weil ich mich nicht gleich gemeldet habe, Mademoiselle? Nein, Sie wissen doch, dass ich Sie nicht betrügen würde.« Sein Kichern nervte sie langsam. »Nicht zu diesem Zeitpunkt jedenfalls. Denn jeder Gefallen, den ich einem d'Arcy tue, befreit mich ein wenig mehr aus der Schuld, die ich Ihrem Vater gegenüber abzutragen habe, das wissen Sie doch genau.« Der Spott in seinen Augen verschwand und machte etwas Lauerndem, Gefährlichem Platz. Wehe euch, wenn ich damit fertig bin, interpretierte Catherine diesen Ausdruck. Dann wird euch meine Rache treffen …

    »Was für eine Art von Schuld ist das eigentlich?«, fragte sie.

    »Wenn René d'Arcy nicht darüber spricht, werde ich es auch nicht tun«, erwiderte Apollinaire, und seine Stimme klang plötzlich kalt und abweisend. »Es ist ebenfalls nicht wichtig für das, was wir beide hier gleich anstellen werden, meinen Sie nicht?« Er trat ein wenig zur Seite und machte damit den Eingang frei. »Ich denke, wir sollten uns drinnen weiter unterhalten, hier draußen wird es allmählich kühl. Treten Sie ein in mein bescheidenes Heim, Mademoiselle.«

    Catherine nickte und betrat die steinerne Gruft. Sie wirkte in dem rötlich-flackernden Licht sehr geräumig. Die Wandnischen, in denen die Toten ruhten, wurden von großen Steinplatten verschlossen; den eingemeißelten Namen nach waren hier sieben Menschen beigesetzt.

    Ich möchte lieber nicht wissen, wie die Leichname jetzt aussehen und was Apollinaire mit ihnen gemacht hat, dachte sie schaudernd.

    Oberhalb der Grabnischen zog sich ein Band aus wesentlich kleineren viereckigen Nischen, in denen die Finsternis nistete, rund um die Gruft. In jeder einzelnen stand eine schwarze Kerze. Keine davon brannte.

    Mehr an magischen Utensilien nahm die Hexe nicht wahr. Sie wusste nicht genau, was sie hier in Apollinaires Beschwörungsgruft erwartet hatte, aber ein wenig mehr Brimborium ganz sicher. War Apollinaire wirklich so stark, dass er weitgehend ohne magische Hilfsmittel auskam? Dann musste sie aufpassen, dass sie den Bogen nicht überspannte. Wenn es um Apollinaire ging, wurde ihr Vater schlagartig sehr einsilbig. Viel hatte sie ihm über den Hexer von Père Lachaise nicht entlocken können.

    Catherines Blicke schweiften kurz über die Kerzen-Nischen. Dann wandte sie sich dem steinernen Katafalk zu, der die Mitte des Raumes einnahm. Eine nackte Leiche ruhte darauf. Die Hexe ließ ihre Blicke prüfend über den hünenhaften muskulösen Körper mit den überbreiten Schultern schweifen. Die stark behaarte Brust war eingefallen, wirkte aber immer noch unglaublich voluminös. Die Hexe fixierte das mächtige Geschlecht des Toten, das größte, das ihr je untergekommen war.

    Gut, so viel Erfahrung habe ich mit diesen Dingen ja nicht, dachte sie. Kurz entflammte der Gedanke an ihre tote Schwester Janique, bei der das ganz anders gewesen war. Die Kleine war so anders als sie selbst gewesen, sie hatte einen unersättlichen Appetit auf Sex gehabt und Männer gleich zu Dutzenden verschlungen. In Tibet war sie dem Dämonenkiller-Team zum Opfer gefallen, Don Chapman hatte den entscheidenden Schuss gesetzt.

    Schon aus diesem Grund muss das hier sein …

    Das tote Geschlecht lag quer über dem Oberschenkel des Riesen, es wirkte allerdings nicht so, als habe sich Apollinaire damit beschäftigt. Auch sonst schien der Leichnam intakt, nirgendwo war etwas herausgebissen worden.

    Apollinaire tauchte dicht hinter ihr auf. Fast schien es, als wolle er sich an sie drücken. Catherine versteifte etwas, wich aber nicht aus. Sie roch seinen stinkenden Atem, spürte den Luftzug an ihrem Ohr. »Ich weiß, was Sie jetzt denken, Mademoiselle d'Arcy«, flüsterte er heiser. »Treibt's der Kerl nur mit weiblichen Leichen? Oder auch mit männlichen? Wollte er die Leiche deswegen drei Tage vorher haben, um sie mal richtig durchzuficken? Das denken Sie doch, nicht wahr?«

    Nun drehte sich Catherine doch und ging zwei Schritte auf Abstand. Sie lächelte. »Und? Tun Sie's, Apollinaire? Treiben Sie es auch mit männlichen Leichen?«

    Er kicherte glucksend. »Nein, tue ich nicht. Ich bin so was von hetero, mehr geht gar nicht.« Sein Gesicht wurde schlagartig ernst. »Ich habe den Leichnam deswegen so früh von meinen Männern abholen lassen, weil ich die drei Tage zur Vorbereitung der Zeremonie brauchte. Heute Nacht ist der ideale Zeitpunkt für die Beschwörung, aber zuvor müssen verschiedene magische Rituale durchgeführt werden. Ohne den entsprechenden Leichnam funktioniert das leider nicht.«

    Catherine nickte. »Ich verstehe«, murmelte sie wenig überzeugt, aber im Endeffekt war es ihr egal, was Apollinaire wirklich machte. Wenn nur das Ergebnis stimmte. Wieder fraßen sich ihre Blicke auf der Leiche fest. Die Haut schimmerte nun schneeweiß, das rote Licht gab dem Toten aber etwas vom einstigen südländischen Teint zurück. Das große, unglaublich gut aussehende Gesicht mit den geschlossenen Augen wirkte friedlich, nach Eintritt des Todes waren die Bartstoppeln auf den glatt rasierten Wangen noch ein wenig gesprossen. Noch im Tod wirkte das volle schwarze Haar seidig und gepflegt.

    Apollinaires Zeigefinger strich über das Geschlecht des Toten. Er fixierte Catherine. »Eine ganz andere Art von Pferdeschwanz, als Sie ihn tragen, finden Sie nicht?«

    Der Kerl widerte Catherine an, aber sie musste seine Spielchen notgedrungen mitmachen. Schließlich wollte sie etwas von ihm. »Ja, unglaublich.« Sie lächelte. »Ich bin mir sicher, dass Sie noch weitaus besser ausgestattet sind, Apollinaire.«

    Der Hexer ließ sich nicht aus der Reserve locken. »Bin ich nicht«, gab er überraschend ehrlich zu. »Deswegen spiele ich mit dem Gedanken, ihm das Ding da abzuschneiden und mir anzuhexen, wenn die Beschwörung gelaufen ist. Sie schenken mir doch den Leichnam, wie es abgemacht war. Oder?« Wieder trat dieser lauernde Ausdruck in seine Augen, Catherine glaubte für einen Moment sogar, ein Geflecht aus zuckenden Blitzen im Rahmen seiner Brille zu sehen.

    »Sie bekommen ihn, ja. Aber nur, wenn die Beschwörung erfolgreich verläuft. Ich halte mich an unsere Abmachung.«

    »Gut.« Er rieb sich die Hände wie ein Levantiner, während das Blitzgewitter im Brillengestell erlosch. »Ein wirklich schöner Mann. Zugegeben, ich hatte durchaus den Gedanken, Leber und Hirn des Kerls zu genießen, was ja mit meiner heterosexuellen Ausrichtung nichts zu tun hat. Ich habe ihn nur deswegen nicht angeknabbert, weil er für die Beschwörung komplett sein muss.«

    »Dann bin ich ja froh.«

    »Und das da ist wirklich Unga?«

    2. Kapitel

    London

    Ich stand im Garten der Jugendstilvilla und zog gierig an einer Players. Die beißende Kälte des trüben Dezembertages machte mir nichts aus, im Gegenteil. Seit ich wieder meinen eigenen Körper bewohnte, war meine Lust zu existieren größer als je zuvor. Ich lebte nicht nur wesentlich intensiver, sondern auch bewusster, würde ich mal sagen. Obwohl es bereits mein x-tes Leben war.

    Aber selbst einem wie mir lag wohl jedes Leben gleich stark am Herzen.

    Ich grinste vor mich hin, während ich einen Rauchkringel ausstieß und ihm beim Zerfasern im leichten Wind zusah. Der harsche Schnee knirschte unter meinen Schuhen, als ich versuchte, wieder ein wenig Blut in die klammer werdenden Füße zu bekommen. Dann beobachtete ich zwei Kohlmeisen, die sich um das Körnerfutter im Vogelhäuschen stritten. Der gute alte Hermann Falk hatte es aufgehängt und verlieh damit unserer Existenz etwas Bodenständiges, Alltägliches, Normales.

    Wenigstens ein bisschen was von allem. Denn mein Leben und das meines zwischenzeitlich doch arg dezimierten Teams war alles andere als normal. Das konnte man schon daraus ersehen, dass das Vogelhäuschen an einem Dämonenbanner aufgehängt war – an einem menschengroßen geweihten Silberkreuz, das unser Hauptquartier zusammen mit den anderen Bannern zu einer für Dämonen uneinnehmbaren Festung machte.

    Die Players ging zur Neige. Ich schnippte den Stummel in den Schnee, trat ihn mit der Schuhsohle aus und zündete mir gleich die nächste an. Die Kohlmeisen flogen zeternd weg. Meine Blicke wanderten stattdessen über die mit Medusenhäuptern und Masken verschnörkelten Fensterrahmen und dann durch das schmiedeeiserne Eingangstor auf die Baring Road hinaus. Ein Bentley überholte hupend einen roten Doppeldeckerbus, ein paar Fußgänger hasteten mit gesenkten und bemützten Häuptern vorbei.

    Die Eingangstür öffnete sich leicht knarrend, ich drehte mich. George Morales kam grinsend die drei Treppenstufen herunter. Es kam nicht so oft vor, dass dieser Mistkerl grinste, deswegen würde mir dieser Moment sicher in dauerhafter Erinnerung bleiben. Vielleicht auch deswegen, weil er eine Flasche Bourbon in der Manteltasche stecken hatte und zwei leere Whiskeygläser in der Linken hielt.

    »Darf ich mich zu Ihnen gesellen, Hunter?«

    »Was sind denn das plötzlich für Anwandlungen, Morales? Wollen Sie mich besoffen machen?«

    »Einer geht doch immer.«

    Ich nickte zögernd. »Also gut, lassen Sie rüberwachsen.«

    Morales gab mir ein Glas, behielt das zweite und schenkte ein. Dann stießen wir an. Der Bourbon schmeckte köstlich und hinterließ ein angenehmes Brennen. Ich nickte zufrieden, lehnte aber ab, als er mir nachschenken wollte.

    »Chapman und ich sind uns einig, dass wir uns mal näher um den Mallaig-Fall kümmern sollten.«

    Ich nahm einen

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