Dr. Daniel 71 – Arztroman: Ihr letzter Sommer?
Von Marie Francoise
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Die Untersuchung war so schmerzhaft, daß Dominique Trussaut leise aufstöhnte.
»Es ist ja gleich vorbei«, meinte der Arzt ungeduldig. »Entspannen Sie sich lieber.«
»Es tut aber so weh«, flüsterte Dominique unter Tränen. »Bitte…«
Dr. Konstantin Krämer seufzte entnervt, dann zog er die Hand zurück und wandte sich der Schwester zu, die neben ihm stand und Dominique mehrmals mitleidige Blicke zugeworfen hatte. »Geben Sie der empfindlichen jungen Dame ein Beruhigungsmittel, damit ich meine Untersuchung beenden kann.«
Dominique blickte ihm nach, als er mit energischen Schritten den Raum verließ.
»Ich bin nicht empfindlich«, erwiderte sie leise. »Es hat wirklich weh getan.«
Schwester Bettina nickte. »Ich weiß schon, Fräulein Trussaut. Dr. Krämer ist leider etwas grob und wenig sensibel.« Sie errötete, weil sie sich einer Patientin gegenüber eigentlich nicht zu solchen Äußerungen hinreißen lassen durfte. Wenigstens hatte sie sich die Bemerkung verkniffen, daß sie Dr. Krämer darüber hinaus auch noch für einen denkbar schlechten Arzt hielt.
»Ich werde Ihnen jetzt eine Spritze geben«, lenkte sie ab. »Dann bekommen Sie von der weiteren Untersuchung nicht mehr allzuviel mit.«
Die junge Patientin tat ihr schrecklich leid – nicht nur, weil man sie ausgerechnet Dr. Krämer zugeteilt hatte. In den beiden Wochen, die seit Dominiques Einlieferung in die Klinik vergangen waren, hatte Schwester Bettina so einiges mitbekommen. Dominique war gerade mal achtzehn Jahre alt und stand völlig allein auf der Welt. Ihre Eltern waren vor fast zehn Jahren bei einem Zugunglück in Frankreich ums Leben gekommen, danach hatte die einzige Schwester von Dominiques deutschstämmiger Mutter das Sorgerecht für sie bekommen, doch die Jahre in
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Dr. Daniel 71 – Arztroman - Marie Francoise
Dr. Daniel
– 71 –
Ihr letzter Sommer?
Marie Francoise
Die Untersuchung war so schmerzhaft, daß Dominique Trussaut leise aufstöhnte.
»Es ist ja gleich vorbei«, meinte der Arzt ungeduldig. »Entspannen Sie sich lieber.«
»Es tut aber so weh«, flüsterte Dominique unter Tränen. »Bitte…«
Dr. Konstantin Krämer seufzte entnervt, dann zog er die Hand zurück und wandte sich der Schwester zu, die neben ihm stand und Dominique mehrmals mitleidige Blicke zugeworfen hatte. »Geben Sie der empfindlichen jungen Dame ein Beruhigungsmittel, damit ich meine Untersuchung beenden kann.«
Dominique blickte ihm nach, als er mit energischen Schritten den Raum verließ.
»Ich bin nicht empfindlich«, erwiderte sie leise. »Es hat wirklich weh getan.«
Schwester Bettina nickte. »Ich weiß schon, Fräulein Trussaut. Dr. Krämer ist leider etwas grob und wenig sensibel.« Sie errötete, weil sie sich einer Patientin gegenüber eigentlich nicht zu solchen Äußerungen hinreißen lassen durfte. Wenigstens hatte sie sich die Bemerkung verkniffen, daß sie Dr. Krämer darüber hinaus auch noch für einen denkbar schlechten Arzt hielt.
»Ich werde Ihnen jetzt eine Spritze geben«, lenkte sie ab. »Dann bekommen Sie von der weiteren Untersuchung nicht mehr allzuviel mit.«
Die junge Patientin tat ihr schrecklich leid – nicht nur, weil man sie ausgerechnet Dr. Krämer zugeteilt hatte. In den beiden Wochen, die seit Dominiques Einlieferung in die Klinik vergangen waren, hatte Schwester Bettina so einiges mitbekommen. Dominique war gerade mal achtzehn Jahre alt und stand völlig allein auf der Welt. Ihre Eltern waren vor fast zehn Jahren bei einem Zugunglück in Frankreich ums Leben gekommen, danach hatte die einzige Schwester von Dominiques deutschstämmiger Mutter das Sorgerecht für sie bekommen, doch die Jahre in München mußten nicht besonders schön gewesen sein. Dominique hatte Bettina gegenüber nur einmal eine Bemerkung gemacht, daß sie im Haus ihrer Tante im Grunde eine Küchenmagd gewesen sei. Kurz nach Dominiques achtzehntem Geburtstag war ihre Tante dann an Krebs gestorben, und allem Anschein nach zeichnete sich jetzt bei dem jungen Mädchen eine ähnlich schwere Krankheit ab – sofern Dr. Krämers vorläufige Diagnose tatsächlich stimmte, was Schwester Bettina stark bezweifelte.
Vorsichtig injizierte sie das Medikament in Dominiques Vene, wartete, bis die Wirkung eintrat, und informierte dann Dr. Krämer, daß er seine Untersuchung fortsetzen könne.
Noch einmal tastete er die Geschwulst ab, die sich an Dominiques Eileiter gebildet hatte.
»Ist ein ziemliches Monstrum, das da herangewachsen ist«, urteilte er, dann schüttelte er den Kopf. »Ich muß mir das noch mal auf Ultraschall anschauen.«
Schwester Bettina schob das Ultraschallgerät heran und sah zu, wie Dr. Krämer den Schallkopf über Dominiques Bauch gleiten ließ. Sie war der Meinung, daß hier eine transvaginale Sonographie nötig gewesen wäre, wußte ab, daß Dr. Kämer davon nicht viel hielt.
»Unregelmäßige Ränder«, murmelte er, dann schüttelte er wieder den Kopf und seufzte. »Sieht nicht gut aus für die Kleine.«
»Um das festzustellen, müßte man doch eine Gewebeprobe entnehmen«, entfuhr es Bettina.
Dr. Krämer warf ihr einen scharfen Blick zu. »Wollen Sie mir vielleicht erklären, was ich zu tun habe?«
Bettina errötete ein wenig. »Nein, Herr Doktor, natürlich nicht.«
»Gut«, meinte Dr. Krämer, dann fügte er bissig hinzu: »Bevor Sie mir hier weiter Ihre wertvollen Ratschläge erteilen, gehen Sie lieber, und holen Sie den Oberarzt her.«
Bettina murmelte eine Zustimmung und verließ den Raum. Wenigstens schien Dr. Krämer vernünftig genug zu sein, den Oberarzt zu Rate zu ziehen. Dieser mochte zwar etwas arrogant sein, aber er war zweifellos ein erstklassiger Arzt.
Oberarzt Dr. Bertram war nicht gerade erfreut, als Bettina ihn aus einer wichtigen Besprechung mit Stationsarzt und Oberschwester holte.
»Hätte diese Sache bei Krämer denn keine Zeit gehabt?« knurrte er unwillig.
Bettina schwieg, weil sie den Oberarzt lange genug kannte, um zu wissen, daß er auf derartige Fragen keine Antwort erwartete. Wenn Dr. Bertram wütend war, hatte man als Krankenschwester in ehrfurchtsvolles Schweigen zu versinken, und im Augenblick war er ziemlich wütend. Das zeigte sich, als er wie ein Orkan ins Untersuchungszimmer stürmte.
»Halten Sie mich bloß nicht lange auf, Krämer!« polterte er. »Also, was gibt’s?«
Das war das letzte, was Bettina hörte, bevor Dr. Bertram ihr die Tür vor der Nase zuknallte.
Warum bleibe ich eigentlich hier in dieser Klinik? fragte sie sich wieder einmal, dabei kannte sie die Antwort doch zur Genüge: Sie war ja froh, daß sie in München überhaupt eine Stellung gefunden hatte, und die würde sie keinesfalls so leicht aufs Spiel setzen.
In der Zwischenzeit hatte sich Dr. Krämer im Untersuchungszimmer erhoben und den Bildschirm ausgeschaltet. Nun wandte er sich dem Oberarzt zu.
»Meine Untersuchungen sind abgeschlossen«, erklärte er. »Die junge Dame leidet an einem Ovarialkarzinom und …«
»Wozu brauchen Sie da mich?« schnauzte Dr. Bertram ihn an. »Setzen Sie die Patientin auf die OP-Liste.«
»Ich glaube nicht, daß das nötig ist«, entgegnete Dr. Krämer. »Der Tumor ist inoperabel.«
Dr. Bertram starrte ihn an wie ein Wesen von einem anderen Stern. »Ein inoperables Ovarialkarzinom? Sie sind verrückt, Krämer.« Er warf Dominique einen kurzen Blick zu. »Im übrigen ist sie noch reichlich jung für einen Eierstockkrebs.«
»Wollen Sie meine Diagnose anzweifeln?« fragte Dr. Krämer äußerst pikiert.
»Ja«, antwortete der Oberarzt knapp. »Es wäre nicht Ihr erster Irrtum.«
Dr. Krämer schluckte schwer.
Das war ein Fehler, Dr. Bertram, dachte er insgeheim wütend.
»Na schön, dann untersuchen Sie die Dame doch selbst«, erwiderte er patzig.
Dr. Bertram zog die Stirn in bedrohliche Falten. »Passen Sie bloß auf, was Sie sagen, Krämer, und vor allem, wie Sie es sagen.« Mit zwei Schritten war er an der Zwischentür zum Schwesternzimmer und überflog den Dienstplan, der dort aufgehängt war, dann sah er Dr. Krämer wieder an. »Setzen Sie die Patientin am Freitag auf meine Untersuchungsliste, dann werden wir ja sehen, was an Ihrer Diagnose dran ist.«
Dr. Krämer kochte vor Wut, wußte aber, daß der Oberarzt eindeutig am längeren Hebel saß. Er hatte auch keine Gelegenheit mehr, irgend etwas zu erwidern, denn Dr. Bertram stürmte hinaus, wie er gekommen war – orkanartig.
»Herr Doktor… was …, was ist mit mir?«
Dominiques leise Stimme erinnerte Dr. Krämer daran, daß er nicht allein im Zimmer war. Die Wirkung des Beruhigungsmittels ließ offenbar nach – gerade zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Dr. Krämer war über die Zurechtweisung des Oberarztes so wütend, daß er nur an Rache denken konnte, und dabei war es ihm im Moment völlig egal, gegen wen sich diese Rache richtete.
Ohne viele Worte half er Dominique vom Untersuchungsstuhl herunter.
»Ziehen Sie sich an«, befahl er unwirsch.
Das junge Mädchen hatte sichtlich Mühe, unter den Nachwirkungen des Beruhigungsmittels in ihre Pyjamahose zu schlüpfen.
»Setzen Sie sich.« Dr. Krämer wies auf den Stuhl, der dem Schreibtisch gegenüberstand. »Sie können heute noch nach Hause gehen.«
Überrascht sah Dominique ihn an. »Ich kann… heißt das, ich bin gesund?«
»Nein«, antwortete Dr. Krämer völlig ungerührt. »Aber wir können nichts für Sie tun.«
Dominique hatte Mühe, diese Worte richtig zu verstehen. Sie war noch immer benommen von dem Beruhigungsmittel
»Ich … ich verstehe nicht …«