Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Beziehungsstatus 1: Wer's zuletzt macht, macht's am besten!: Freie Liebe und Ostfriesentee
Beziehungsstatus 1: Wer's zuletzt macht, macht's am besten!: Freie Liebe und Ostfriesentee
Beziehungsstatus 1: Wer's zuletzt macht, macht's am besten!: Freie Liebe und Ostfriesentee
eBook414 Seiten5 Stunden

Beziehungsstatus 1: Wer's zuletzt macht, macht's am besten!: Freie Liebe und Ostfriesentee

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Anna glaubt, das perfekte Versteck vor der Liebe gefunden zu haben: Ostfriesland im Winter. Hier gibt es nur endlosen Himmel, Einsamkeit und jede Menge Tee. Das ist fast so gut, wie sich eine Tüte über den Kopf zu ziehen.
Denn Anna ist polyamor und kann mehrere Männer lieben. Gleichzeitig, ganz offen und am liebsten für immer. Für sie ist Polyamorie eine ganz normale Neigung. Andere Leute sind schließlich schwul oder häkeln Topflappen und sind auch völlig normal. Aber eine Frau wie Anna ist für die Welt noch immer eine Schlampe.
Als Anna den irischen Maler John trifft, ahnt sie, dass auch er auf der Flucht ist, vor der Liebe und vor sich selbst. Denn diese Sache mit der Treue hat bei John auch nie funktioniert. Nur hat er immer versucht, das Problem auf dem »klassischen« Weg zu lösen. Aber wer ständig Namen verwechselt, sollte besser keine heimlichen Affären haben.
Als John sich in Anna verliebt, klammert er sich stur wie ein Maultier an die Idee, dass jetzt endlich mal Treue angesagt ist. Schließlich ist das eine reine Willenssache! Und er könnte sich ja auch niemals geliebt fühlen, wenn es in ihrem Leben noch andere Männer gäbe!
John stellt Anna vor die Wahl, ob sie ihm oder sich selbst treu bleiben will ...

Die Beziehungsstatus-Romane fangen da an, wo Hollywood aufhört. Wenn wir davon reden »erwachsen zu werden«, meinen wir, dass es Zeit wird, uns an die Norm anzupassen. Und wenn das nicht klappt? Dann hast du jetzt John und Anna, um mit ihnen die chaotische Vielfalt der Liebe jenseits der monogamen Norm zu entdecken.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum28. Juni 2016
ISBN9783741228773
Beziehungsstatus 1: Wer's zuletzt macht, macht's am besten!: Freie Liebe und Ostfriesentee
Autor

Sookie Hell

Sookie Hell, die tippende Teetasse, ist die Beziehungsanarchistin unter den Liebesromanautoren. Als freie Künstlerin und Autorin lebt sie selbst in einer Künstler-WG und schreibt über Beziehungsvielfalt ohne Moralkeule, weil sie selbst solche Bücher als junge Frau ganz dringend gebraucht hätte!

Mehr von Sookie Hell lesen

Ähnlich wie Beziehungsstatus 1

Titel in dieser Serie (4)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Zeitgenössische Romantik für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Beziehungsstatus 1

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Beziehungsstatus 1 - Sookie Hell

    Beziehungsstatus 1: Wer's zuletzt macht, macht's am besten!

    Beziehungsstatus 1: Wer's zuletzt macht, macht's am besten!

    Vorwort

    Ein ganz normales polyamores Paar

    John stolpert auf die Bühne

    Drei Tassen sind Ostfriesenrecht

    Anna macht eine Weltreise nach Ostfriesland und entdeckt, dass Elvis lebt

    Ärger im Zweitparadies

    Steffi versucht, an gebrochenem Herzen zu sterben, zieht aber dann doch in Eugens WG

    Hamburg, achter Stock

    Glück auf, der Maler kommt!

    Schnupperstunde unter Mitbewohnern

    Eugen befragt das Jenseits und schmiedet einen Plan

    Schaulaufen in reizenden Kostümen!

    Roter Wein, grüne Seide

    Der harte Kern

    Ein missglücktes Coming-out

    Jesus und Rafael nehmen John ins Gebet

    Hochbeknackten-Poker

    Wir müssen leider draußen bleiben!

    Ein konspiratives Treffen

    Werden Söhne jemals erwachsen?

    Aufwühlendes Liebesgeflüster

    Pokéjohn, go!

    Sturmtief am Strand

    Der gewünschte Partner ist zurzeit nicht erreichbar. Aber Tina hat Zeit.

    Manchmal hilft nur noch Kuscheln

    Modell sucht Maler - das Hinspiel

    Brainstorming beim Tee

    Maler sucht Modell - das Rückspiel

    Ups!

    Wenigstens gibt er sich Mühe ...

    Unter Malern

    Die Mutter der Spacken

    Telefonseelsorge

    Forscher fanden heraus ...

    Alle Bücher von Sookie Hell auf einen Blick

    Impressum

    Beziehungsstatus 1: Wer's zuletzt macht, macht's am besten!

    © Copyright 2020 Sookie Hell

    Alle Rechte liegen bei der Autorin.

    Widmung

    Diese Buchreihe ist allen Leserinnen und Lesern gewidmet, die sich immer schon gefragt haben, wieso ihr Leben nicht so funktioniert wie ein Liebesroman, die aber trotzdem über sich selbst lachen können.

    Vorwort

    Ihr lieben Menschen,

    ich will euch an dieser Stelle einfach mal dafür danken, dass ihr euch auf meine Bücher einlasst. Sich mit einem Verstoß gegen die mono-normativen Regeln zu befassen, und sei es nur in Gedanken, ist ein mutiger Schritt. Wir alle wachsen in einer Welt auf, in der das Happy End eines Liebesromans darin besteht, dass die Heldin sich entscheidet.

    Anna entscheidet sich dafür, sich nicht zu entscheiden. Das kann schmerzhaft sein, aufregend, verletzend oder befreiend. Oder alles zusammen. Und das klingt jetzt furchtbar pathetisch, aber mit Anna eine Heldin zu erschaffen, der es wichtiger ist, ihre eigene Identität zu finden, als die Rolle zu spielen, die von einer Frau erwartet wird, ist mir ein richtig, richtig ernstes Anliegen.

    Auch mit Sven und John männliche Figuren zu erschaffen, die mehr drauf haben als die selbstverliebten oder sogar toxischen Gockel, die auf dem Buchmarkt als Helden gefeiert werden, ist eine meiner Lieblingsmissionen. Kerle, die einen Arsch in der Hose haben, trauen sich auch, mit ihren eigenen verwirrenden Gefühlen offen umzugehen und sogar darüber zu reden – auch, wenn sie vielleicht so mühsam sprechen lernen wie John.

    Diversität mit Leben zu füllen, bedeutet nicht nur, die Vielfalt anderer zu respektieren und Randgruppen in die Mitte der Gesellschaft einzuladen. Es bedeutet vor allem, sich selbst mit liebevollem Respekt anzunehmen, auch dann, wenn wir gegen die Norm verstoßen. Was wir fühlen, können wir nicht entscheiden. Aber wie wir handeln, liegt in unserer Macht.

    Egal, ob ihr schwul, trans, pan, groß, klein, schwarz, weiß, bunt, poly oder normal seid: Ihr alle seid wundervolle und kostbare Einzelstücke, die mutig und mit einem offenen Geist ihren eigenen Weg suchen. Und das ist wundervoll. Wieso ich da so sicher bin? Ich weiß es einfach.

    Und jetzt wünsche ich euch wunderbare Wohlfühlmomente mit meiner Geschichte. Wenn ihr euch in der einen oder anderen Figur wiedererkennen und euch selbst verzeihen könnt, dass ihr nicht perfekt seid, hab ich alles richtig gemacht.

    Eure Sookie

    Ein ganz normales polyamores Paar

    Auf dem Weg zur Kaffeemaschine bewegte Anna sich wie eine Krabbe im Seitwärtsgang durch den Flur. Langsam wurde es eng in ihrer kleinen Wohnung. Die Bananenkartons mit Büchern stapelten sich bis unter die Decke, aber die Regale waren immer noch nicht alle ausgeräumt.

    Der Umzug würde die Hölle werden, obwohl sie nur ihre Regale, Bücher und ein paar Lieblingsstücke mitnehmen würde. Mehr hatte sie sowieso nicht. Aber jeder Versuch, Bücher auszusortieren, war völlig aussichtslos. Selbst am letzten zerfledderten Taschenbuch hing eben eine Geschichte. Sie hatte es aus einem Altpapiercontainer gerettet, auf einem Flohmarkt darum gefeilscht oder Sven hatte es ihr mitgebracht, weil er wusste, dass sie es lieben würde.

    Sven. Anna sah auf die Uhr, dann zuckte sie zusammen, obwohl sie auf die Klingel gewartet hatte.

    Sie drückte den Türsummer, aber ein dumpfes Rumpeln verriet ihr, dass Sven schon vor der Wohnungstür stand. Anna öffnete und neigte den Kopf. Vor ihr stand ein mannshoher Turm aus weiteren Bananenkartons, unter dem nur die langen Beine des Wikingers hervorlugten. Sven maulte: »Kleene, jetzt mach voran, der Turm kippt gleich!«

    Anna machte einen Satz und angelte die oberen Kartons aus Svens Arm, dann strahlte sie ihn an und flüsterte: »Hi, Großer!«

    Sven seufzte tief und schüttelte den Kopf. »Ehrlich, Annika, das ist der allerletzte Stapel, den ich dir hier rauf schleppe! Ich fühl mich wie dieser bucklige Ketzer in ›Der Name der Rose‹, der pustet, damit sein eigener Scheiterhaufen besser brennt!«

    Anna wich verlegen Svens vorwurfsvollem Blick aus und murmelte: »Du hast versprochen, mir kein schlechtes Gewissen mehr zu machen!«

    Sven quetschte sich durch die Tür, sah sich kurz um und stellte die Kartons ab, dann breitete er die Arme aus. »Hast ja recht. Komm her, Kleene!«

    Anna atmete auf, dann schlang sie die Arme um den riesigen blonden Kerl und drückte ihn mit einem wohligen Summen an sich. Sven fühlte sich einfach so unglaublich gut an. So vertraut. So breitschultrig und stark und genau so, wie ein Sven in der Brandung sich anfühlen muss. Anna lachte, als Sven sie sanft hin und her schaukelte. Er flüsterte: »Guck mich mal an, Kleene!«

    Anna sah zu ihm auf. Für einen Moment versank sie in seinen warmen, goldbraunen Augen. An dem Tag, als sie ihn kennengelernt hatte, hatte sie gedacht, dass niemand sonst solche Augen haben könnte. Zu dem Zeitpunkt wusste sie noch nicht, dass Sven aus einer Großfamilie kam. Er hatte sechs ältere Brüder, die alle aussahen wie er – nur eben in verschiedenen Größen.

    Damals war Anna sechs Jahre alt gewesen und hatte eine Schultüte im Arm gehalten, die viel zu groß für sie war. Und ihre Mutter hatte sie in ein scheußliches rosa Kleidchen gesteckt. Und ihre damals schon hüftlangen zimtbraunen Locken waren in so rattenschwanzmäßige Zöpfe gezwängt. Trotzdem hatte Sven sich durchgeboxt, um ihre Hand zu nehmen und mit ihr in die Klasse zu gehen. Seitdem hatten sie einander nie wieder losgelassen. Bis auf diesen einen kleinen Moment vor ein paar Wochen.

    Anna holte gefühlvoll tief Luft, dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen, um Sven zu küssen. Für einen Moment vergaßen sie Bananenkartons, Bücher und Beziehungschaos. Sie küssten sich sanft und verspielt, gaben sich kleine Nasenstüber, lachten leise und schnupperten verliebt aneinander. Dann brummte Sven: »Kaffee.«

    »Kekse! Wir haben auch noch Kekse!« Anna hielt sich noch für einen Moment an Svens Kapuzenjacke fest und sah ihm noch einmal tief in die Augen, dann huschte sie in die Küche. »Sollen wir uns schon ein Essen kochen oder musst du noch mal los?«

    Sven lehnte sich in den Türrahmen und beobachtete, wie Anna in ihrer winzigen Küche herumwerkelte. Selbst hier standen offene Bücherkartons im Weg. »Darüber wollte ich gerade mit dir sprechen.«

    Anna ließ die Kaffeedose sinken. »Nee, nä? Du verbringst meine letzte Nacht in Berlin aber nicht bei Katja!«

    Sven schüttelte den Kopf und sah Anna bittend an. »Kleene, ich weiß einfach nur nicht, ob ich das schaffe. Lange Abschiede und so. Wir machen es sonst auch immer kurz und schmerzlos.«

    Anna sah Sven entsetzt an. »Ich dachte, wir machen es morgen früh kurz und schmerzlos! Wenn der Möbelwagen kommt!«

    Sven rieb sich die Stirn und brummte erschöpft. »Ich brauche einfach ein bisschen Zeit, um das alles zu sortieren. Im Moment fühlt es sich an, als würdest du in diese komische Künstler-WG ziehen, um mich zu verlassen.«

    Anna knallte die Kaffeedose auf die Arbeitsplatte und machte einen großen Schritt auf Sven zu. »Digger, wir haben das tausendmal besprochen! Ich geh nicht nach Ostfriesland, um dich zu verletzen, sondern, weil ich frischen Wind um die Nase brauche! Ich muss einfach mal hier raus, in Ruhe arbeiten, ein bisschen Abstand zu allem kriegen!«

    Sven holte ruckartig tief Luft und Anna spürte, dass er zögerte, um keinen Streit anzufangen. Langsam sagte er: »Im Kopf verstehe ich das alles! Die Sache mit Katja und dir und mir, das ist einfach scheiße gelaufen, aber mit meinen anderen Frauen gab es auch immer mal wieder Chaos, da hast du auch nie so einen drastischen Cut gemacht!«

    Anna stampfte mit dem Fuß auf. »Ich mache keinen Cut! Ich verlasse dich nicht! Du bist doch sowieso die Hälfte des Jahres in ganz Europa unterwegs, da ist es doch egal, wo ich bin! Wir können uns doch trotzdem immer sehen, wenn wir Lust haben!«

    Sven warf ihr einen flehenden Blick zu und flüsterte eindringlich: »Das ist nicht dasselbe!«

    Anna wich seinem Blick aus und fing an, den Kaffee zu kochen. »Jetzt setz dich endlich hin! Für einen Kaffee wirst du ja wohl noch Zeit haben! Ich hab extra deine Lieblingstasse noch nicht eingepackt und die wird das erste sein, was ich wieder auspacke! Und wenn du mich dann besuchen kommst, kannst du aus deiner gewohnten Tasse schlürfen und das wird sein wie immer.«

    Sven murrte leise, bahnte sich aber einen Weg zu einem der windschiefen Biergartenstühle, die Anna vom Sperrmüll gerettet und bunt angemalt hatte. »Wenigstens ist die Bude, in die du da einziehst, möbliert. Vielleicht gibt es da ja sogar Küchenstühle, bei denen ich nicht immer Angst habe, dass die zusammenbrechen.«

    Anna lachte ein bisschen zu fröhlich und zog ihr Handy aus der Tasche. »Hab ich dir schon die Fotos gezeigt, die Eugen mir geschickt hat?«

    Sven winkte ab und nickte müde. »Ich weiß, ein furchtbar schnuckeliger ostfriesischer Bauernhof mit so einem riesigen roten Dach und grünen Scheunentoren und zauberhaften Sprossenfenstern und einer Obstwiese und einer furchtbar schnuckeligen großen Bauernküche und du kriegst dein eigenes Ferienapartment für ein Viertel des Preises, den eine Besenkammer in Berlin kostet.«

    Anna nickte. »Ganz genau! Und auf eine Berliner Besenkammer bewerben sich noch vierhundert Doppelverdienerpärchen ohne Kinder und Haustiere!«

    Sven seufzte tief. »Nika, du hast auch keine Kinder oder Haustiere! Und wenn du gern ein Doppelverdienerpärchen sein willst, springe ich eben mit ein!«

    Anna grunzte leise. »Ja, klar. Weil der Wohnungsmarkt auch auf eine freie Autorin und einen Musiker wartet!«

    Sven verschränkte die Arme und maulte: »Ich mein ja nur. Wenn es dir um einen Tapetenwechsel geht, musst du nicht nach Ostfriesland, da finden wir auch was in einem anderen Kiez!«

    Anna wischte über ihr Handy und murmelte bockig: »Digger, jetzt hör bitte endlich auf, mir ein schlechtes Gewissen zu machen! Kannst du dich nicht einfach mal für mich freuen, weil ich so eine nette WG gefunden hab? Das ist ein super schönes altes Haus, ich brauche mit dem Fahrrad nur zehn Minuten zum Strand und der Vermieter ist total nett! Ich steh einfach auf dieses Wohnprojekt, ich finde die Idee dahinter total klasse! Eugen will das Haus mit Leben füllen und vermietet nur an freischaffende Kreative! Ich freu mich total drauf, da zu arbeiten! Außerdem muss ich dann nicht ständig Angst haben, dass ich Maik mit seiner neuen großen Liebe über den Weg laufe!«

    »Du bist einfach nicht mehr du selbst, seit Maik dich verlassen hat!« Sven schüttelte den Kopf, dann stand er auf und breitete bittend die Arme aus. Anna murrte leise, dann umarmte sie ihn. Sven drückte Anna fest an sich und strich ihr sanft über die strubbeligen Locken. »Ich will dir ja gar nicht den Spaß verderben. Ich hab einfach nur keine Ahnung, wie ich es in Berlin ohne dich aushalten soll.«

    Anna murmelte dumpf ins Svens Jacke: »Du hast doch Katja.«

    »Ja.« Sven nickte langsam. »Aber Katja ist eben Katja. Katja ist meine Freundin. Aber du bist meine Gefährtin!«

    Stolz hauchte Anna: »Ja, bin ich!«

    Sven spielte mit Annas wilder Mähne und flüsterte: »Egal, wen du da kennenlernst, du sagst sofort, was Sache ist! Erzähl diesem komischen Vermieter gleich, dass wir Polys sind und dass du noch einen Mann in Berlin hast!«

    Anna tauchte aus seiner Umarmung auf, zog das Näschen kraus und lachte. »Eugen will doch gar nichts von mir, der hat ganz andere Sorgen! Der hat gerade seine Lieblingstante verloren und das riesige Haus geerbt und der ist ein total schüchterner Mensch! Der traut sich nur, eine Künstler-WG ins Leben zu rufen, weil die Angst, mit 30 noch bei Mama zu wohnen, größer ist als die Angst vor dem unbekannten Abenteuer!«

    Sven zog besorgt die Stirn kraus. »Nika, ernsthaft, ich hab Bauchweh! Das klingt echt schräg!«

    Anna schüttelte wild den Kopf. »Keine Angst! Eugen ist total lieb, du wirst den mögen, ich hab doch schon ganz viel mit dem geschrieben und telefoniert! Außerdem ziehe ich ja nicht alleine zu dem ins Haus! Er hat schon einen großen, dicken Musiker gefunden, der als Elvis auftritt und …«

    Sven rollte mit den Augen. »Elvisse sind die schlimmsten! Elvis wirst du nur, wenn du keine eigenen Songs schreiben kannst und echt verzweifelt bist! Der wird sich unsterblich in dich verknallen!«

    Anna musste lachen und boxte Sven. »Jetzt hör doch mal auf, mir Affären anzudichten! Ich geh da hin, weil ich meine Ruhe haben will! Ich werde Keuschheit geloben und mich ganz meiner Arbeit widmen. Vielleicht schreibe ich dann endlich mal was anderes als diese Highland-Sagas für frustrierte Ehefrauen! Ich kann diese Hochlandrammlerschnulzen selber nicht mehr sehen!«

    Sven atmete tief durch, dann ließ er Anna los und schenkte Kaffee ein. »Okay, also ein Elvis. Wer zieht noch ein?«

    »Eine Malerin überlegt noch, aber die hat wohl gerade irgendwie so eine On-Off-Sache laufen und weiß noch nicht, was sie will. Eugen klang da ein bisschen ratlos.« Anna wischte wieder über ihr Handy und nuschelte: »Und gestern hat Eugen mir noch einen Link geschickt, der Typ will sich wohl heute die WG ansehen.«

    Sven tauschte mit Anna Kaffeebecher gegen Handy. »Aha? Was kommt jetzt, ein Helene-Fischer-Imitator, der auch noch bei Mama wohnt?«

    Anna räusperte sich und nippte an ihrem viel zu heißen Kaffee. Aus dem Augenwinkel beobachtete sie, wie Sven nickte, den Kopf neigte, »Hmhm« murmelte und dann anfing zu lachen. »Kleene, das ist nicht dein Ernst, der Typ hier kommt nie im Leben nach Ostfriesland!«

    Anna pustete unschuldig über ihren dampfenden Kaffee. »Wieso nicht?«

    »Internationaler Kunststar? Phantom der New Yorker Kunstszene? Kosmopolit mit deutsch-irischen Wurzeln. Überschüttet mit Preisen und Stipendien! Enfant terrible des abstrakten Hyperrealismus? Was zur Hölle soll das sein? Entweder abstrakt oder realistisch, oder? Sehen seine abstrakten Gemälde dann so realistisch aus, als wären die echt abstrakt?« Sven wischte weiter über das Handy, dann sog er scharf die Luft ein. »O-o-o-o-o-oh!«

    Anna stampfte mit dem Fuß auf und fauchte: »Was?«

    Sven grinste und hielt Anna ein Foto des Kunststars direkt unter die Nase. »Keuschheit in Ostfriesland! Alles klar!«

    Anna versuchte, nicht auf das Foto zu sehen, aber es hatte sich eh schon in ihre Netzhaut gebrannt. Sie hatte das Foto viel öfter angesehen, als sie eigentlich wollte. Und diesen John O’Molloy exzessiv gegoogelt, aber sie hatte nicht die kleinste private Information über diesen Menschen gefunden. John O’Molloy hatte keine Accounts, die man stalken konnte, John O’Molloy hatte Agenten. An der Sache mit dem Phantom schien jedenfalls was dran zu sein.

    Aber Eugen hatte ihr kichernd am Telefon erzählt, dass dieser John ihm geschrieben hätte, dass man nichts von dem glauben soll, was über ihn im Internet steht, das wäre reines Marketing.

    Anna funkelte Sven böse an. »Ich will nichts von dem!«

    Sven grinste breit und sah wieder auf das Foto. »Da steht dein Name drauf! Da steht drauf: Annikas fleischgewordenes Beuteschema! Guck dir das an, dieser scheue Blick, diese melancholischen Augen! Der Typ hat genauso grüne Augen wie du! Hier steht, er ist hochbegabt, spricht mehrere Sprachen und hat ein fotografisches Gedächtnis. Der Mann ist so ein Geek, der gehört zu deiner Spezies! Mein Gott, und dann diese schwarzen Wuschelhaare, ist der niedlich

    Sven quiekte wie ein verliebtes Mädchen. Anna streifte ihn mit einem misstrauischen Blick und wollte sich verarscht fühlen, aber Svens Begeisterung war vollkommen echt. Leise seufzte der riesige Wikinger: »Mann, wär das schön, wenn dieser irish lad dir den Kopf verdrehen würde! Du würdest endlich Maik vergessen und wieder du selbst werden, meine wilde Annika, die vor Liebe funkelnd zwischen ihren Männern hin und her tanzt!«

    Anna stellte ihren Becher viel zu schwungvoll auf den Tisch und riss die Kekspackung auf. »Jetzt entscheide dich mal! Ein Elvis wäre eine Katastrophe, aber ein Maler, von dem ich gar nichts will, wäre der Jackpot?«

    Sven stopfte sich geistesabwesend einen Keks in den Mund und nuschelte: »Kleene, gib der Sache doch wenigstens eine Chance!«

    Anna ließ sich seufzend auf einen Stuhl sinken. Wenigstens hatte Svens Laune sich schlagartig gedreht, er wollte sie verkuppeln. Und immer, wenn er sie verkuppeln konnte, blühte Sven auf. Er liebte es einfach, wenn sie verliebt war. Trotzdem murmelte Anna: »Ich bin viel zu angeschlagen, um mich auf irgendwas einzulassen. Und dieser John sieht aus wie so ein Fliederflattertyp.«

    »Fliederflattertyp.« Sven sah Anna an, als hätte sie nicht mehr alle Waffeln im Eisen.

    Anna nickte eifrig und flatterte mit den Fingern. »Ja, du weißt schon, so ein von Blüte zu Blüte Typ! Der würde mich verfrühstücken und meinen Namen vergessen und dann bin ich wieder die, die sich mit gebrochenem Herzen heulend im Bett verkriecht! Außerdem ist der Typ bestimmt Serientäter!«

    Sven zuckte unbekümmert die Schultern. »Die meisten Menschen leben doch nur serielle Monogamie, weil sie nicht wissen, dass es auch anders geht! Klär ihn auf!«

    Anna trank einen großen Schluck Kaffee und knurrte: »Guck dir den doch mal an! Der kann jede haben! Ich gehe jede Wette ein: Der hat jede!«

    Sven lachte sein tiefes, sattes Lachen. »Annika, jetzt verurteile den armen Kerl doch nicht, weil er gefeiert wird! Du weißt doch, dass in solchen Mythen immer nur ein winziger Zipfel Wahrheit steckt!«

    Anna griff über den Tisch und stopfte Sven einen Keks in den Mund. »Ja, eben, ich kenn mich voll aus! Mein Gefährte ist nämlich zufällig ein gefeierter Musiker! Ich weiß aus Erfahrung, was an den üblichen Klischees dran ist! Und wir wissen beide, dass ich es irgendwann aufgegeben habe, für deine One-Night-Stands emotionalen Aufwand zu betreiben. Du bist eben der Beziehungsanarchist von uns beiden und vögelst dich gern durch die Welt!«

    Sven kaute an seinem Keks und murmelte: »Sind leider nicht alle Frauen so tolerant wie du.«

    Anna seufzte mitfühlend und sah Sven abwartend an. Er rutschte auf dem Stuhl hin und her, bis der gefährlich wackelte, dann räusperte er sich. »Katja will nicht, dass ich über die Dörfer gehe. Sie sagt, wenn ich mit dir schlafe, kommt sie klar, aber von anderen Frauen soll ich ab jetzt bitte die Finger lassen.«

    Anna kräuselte mitfühlend die Mundwinkel. »Ihr seid gerade mal ein paar Monate zusammen, du kannst nicht erwarten, dass sie blindes Vertrauen zu dir hat. Ich hab auch Jahre gebraucht, bis ich sicher war, dass du immer wieder zu mir zurückkommst! Und wir haben den Liebespakt!«

    Sven nickte wild. »Liebesfreunde für immer!«

    Anna seufzte tief und bestätigte gefühlvoll: »Liebesfreunde für immer!«

    Für einen Moment fassten sie sich an den Händen und sahen sich ruhig und vertraut in die Augen, dann grinste Sven verschämt. »Hast du eigentlich an die Kondome gedacht, um die ich dich gebeten habe?«

    Anna stand ächzend auf und zog eine Schublade auf. »Alter, wie willst du eigentlich an deine Gummis kommen, wenn ich nicht mehr in Berlin bin?«

    Sven maulte: »Wenn ich am Drogeriemarkt vorbeikomme, ist nie eine Parklücke frei!«

    Anna legte eine Packung Kondome auf den Küchentisch und rollte mit den Augen. »Digger, die Teile gibt es an jeder Supermarktkasse!«

    »Du weißt genau, dass ich mich von Falafel ernähre! In Dönerbuden sind Lümmeltüten in das ›mit all‹ eben nicht inkludiert! Und auf Männerklos soll ich keine aus dem Automaten ziehen, weil man nie weiß, wie alt die sind! Hast du mir verboten!«

    Anna lachte auf. »Ja, klar! Schieb es ruhig auf mich!«

    Sven grummelte etwas, was Anna nicht verstehen sollte, aber sie kannte ihren Sven zu gut, sie verstand ihn trotzdem. »Jetzt hör auf zu moppern, dass ich dich im Stich lasse! Frag doch einfach Katja, ob du bei ihr welche mitnehmen kannst!«

    Sven schnaufte erschöpft. »Die sind abgezählt!«

    Anna legte den Kopf in den Nacken und ließ den Blick über die Decke wandern. »Ah, okay. Wenn sie Treue will, kannst du schlecht fragen, ob du ein paar Gummis mitnehmen darfst.«

    Sven nickte trübsinnig. Anna neigte den Kopf und sah ihn an. »Was willst du jetzt machen?«

    »Ich hab keine Ahnung. Ihr Treue zu versprechen ist eine Verbindlichkeit, zu der ich gar nicht bereit bin. Und am Anfang war davon ja auch überhaupt keine Rede. Sie wusste, dass ich mit dir zusammen bin und dass ich noch andere Frauen treffe. Wir hatten uns auf eine unverbindliche, offene Beziehung geeinigt. Keine Besitzansprüche, kein Stress. Und dann ist das irgendwie alles viel zu schnell ganz eng geworden. Und jetzt fängt sie an, Regeln aufzustellen, auf die ich gar nicht vorbereitet war.«

    Anna griff Svens Hand und flüsterte: »Sven, mein Sven! Sie ist eben richtig heftig verliebt in dich, sie hat Angst, dich zu verlieren!«

    »Ich bin ja auch heftig verliebt in sie, aber sie will mich ändern, Annika!«

    Anna schüttelte den Kopf. »Und ändern ist nicht gut. Aber kannst du nicht einfach ein bisschen Rücksicht auf sie nehmen, bis sie sich bekrabbelt? Dass eure Beziehung so schnell so eng geworden ist, ist ja nicht ihre Schuld. Du bist doch auch ganz schön vorgeprescht!«

    Sven raufte sich stöhnend die Haare. »Ich weiß, dass ich Mist gebaut habe! Ich war verpeilt, okay? Ich war frisch verliebt, hab nur noch mit dem Schwanz gedacht und dann hab ich aus den Augen verloren, wo die Grenzen sind. Ich hab zugelassen, dass Katja die Richtung bestimmt und dich ganz furchtbar übergangen! Und jetzt gehst du in dieses Nest am Arsch der Welt und lässt mich mit dem ganzen Schlamassel sitzen!«

    Anna fühlte den Stich des Vorwurfs, aber sie kannte ihren Sven viel zu gut. Er hatte das nicht gesagt, um sie zu verletzen, sondern, weil er selbst verletzt war. Sanft flüsterte sie: »Versteh mich doch bitte! Ich gehe nicht weg, um dich zu bestrafen. Ich muss das einfach mal machen! Wir sind zusammen, seit wir denken können! Und du bist ein Hedlund, deine Familie ist in der ganzen Stadt bekannt wie bunte Hunde! Und jeder weiß, dass ich zum Hedlund-Clan gehöre. Egal, wo ich auftauche, wird getuschelt. Am schlimmsten ist es mit den Frauen. Für die eine Hälfte bin ich eine ganz arme Sau, die sich vor der ganzen Stadt betrügen lässt, für die andere Hälfte bin ich die böse Hexe Männerklau, die mit jedem vögelt und vor nichts Halt macht. Ich muss einfach mal raus aus diesem ganzen Chaos und nur für mich selbst stehen! Ich will mal irgendwo hin, wo ich nicht schon etikettiert bin, bevor ich durch die Tür komme! Wir haben noch drei Jahre, bis wir dreißig werden und ich muss rausfinden, ob ich noch etwas anderes sein kann als ›die Frau von‹.«

    Sven stand auf, kam um den Tisch und fiel vor Anna auf die Knie. Er nahm Annas zarte Hände in seine großen Pranken und seufzte tief. »Kleene, ich hatte keine Ahnung, wie es dir wirklich geht.«

    »Ist schon okay.« Anna wuschelte Sven über den Kopf. »Ich kann ja was dagegen machen.«

    »Versprich mir nur, dass ich dich immer ans Telefon kriege, wenn ich dich brauche.«

    Anna nickte langsam. »Ganz fest versprochen.«

    Sven sah zu ihr auf und flüsterte traurig: »Es tut mir unendlich leid, dass du gehen musst.«

    Anna bekam vor Rührung den Blick, den sie sonst nur für tapsige Hundebabys bekam – und für Sven in ganz besonderen Momenten. Für einen kostbaren Augenblick genoss sie das Klopfen ihres Herzens, dann schaltete sie wieder ihr Gehirn ein. »Du hast mich nicht vertrieben. Katja auch nicht. Noch nicht mal Maik. Ich will einfach nur sehen, ob ich auf eigenen Füßen stehen kann.«

    Eindringlich flüsterte Sven: »Kleene, wenn irgendwas ist, dann ruf an! Ich komm dich holen, auch mitten in der Nacht! Du musst da nicht bleiben, wenn das nicht okay ist, du musst niemandem was beweisen!«

    Anna flüsterte zurück: »Doch! Mir!«

    Für einen langen Moment sahen sie sich traurig in die Augen, dann legte Sven den Kopf in Annas Schoß. Anna lächelte gerührt und strich ihm sanft über die rasierte Schläfe. Dann zupfte sie zart an seinem Wikingerzopf und fuhr mit den Fingerspitzen über die tätowierten Ornamente an seinem Handgelenk. Ganz leise flüsterte sie: »Du bist so schön, dass es wehtut, dich anzusehen.«

    Sven sah auf und legte die Hand an Annas Wange. »Kleene, wenn ich heute Nacht bleibe, dann will ich nicht kuscheln. Dann will ich die ganze Nacht in deiner Glut liegen und dich lieben und morgen früh werden wir beide heulen.«

    Anna bekam feuchte Augen, dann lächelte sie und nickte tapfer.

    John stolpert auf die Bühne

    John rollte das klapprige Damenfahrrad in die verschneite Einfahrt des rot geklinkerten ostfriesischen Einfamilienhauses und fuhr sich durch die Haare. »Okay. Pumpe, Pumpe, da. Scheiße.«

    Wieso war das Ventil der Reifen immer gerade da, wo man nicht heran kam, wenn man die Reifen aufpumpen wollte? John seufzte, hob das Fahrrad an und drehte das Rad ein Stück weiter. Fünfzehn Kilometer gegen den eisigen Wind bis zu diesem Eugen ohne Luft in den Reifen, das ging selbst nicht mit Oberschenkeln aus irischem Stahl. Immerhin war die Titanic in Belfast gebaut worden. John lachte leise vor sich hin beim Gedanken, ob er auf dem Weg zu Eugen wohl einen Eisberg rammen würde.

    »Hallo, John!«

    John schlug sich die Fahrradpumpe in die Hand und überlegte. Die Stimme in seinem Rücken kam ihm bekannt vor. Er drehte sich um. »Inka!«

    Die hübsche kleine Blonde in der dicken rosa Daunenjacke funkelte ihn wütend an. »Insa

    John zog die Stirn kraus. »Oh, ja, warte, die Inka waren doch diese Indianer mit dem Kalender und dem Weltuntergang. Insa. War mein Fehler. Oder waren das die Maya? Da gab es doch auch mal so eine Biene …«

    Insa schüttelte fassungslos den Kopf. »Dass du dich überhaupt noch hierher traust!«

    John rieb sich den Nacken und dachte angestrengt nach. Verdammt, was hatte er jetzt wieder angestellt? »Na ja, ich bin in diesem Dorf aufgewachsen, ich dachte, ich hätte ein Recht, hier aufzutauchen. Und um ehrlich zu sein, ich hab mich nicht nicht her getraut! Rafaels Mutter hat mich eingeladen, als sie gehört hat, dass ich nach Ostfriesland komme und ich konnte einfach nicht Nein sagen. Ist ja nur

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1