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Elisabeth II.: Sechzig Jahre Hofbericht in F.A.Z. und Sonntagszeitung
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Elisabeth II.: Sechzig Jahre Hofbericht in F.A.Z. und Sonntagszeitung
eBook268 Seiten4 Stunden

Elisabeth II.: Sechzig Jahre Hofbericht in F.A.Z. und Sonntagszeitung

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Über dieses E-Book

Was hat man sich unter der Investitur eines "Yeoman Bed Goer" vorzustellen? Hat ihre Majestät tatsächlich einmal Ukulelestunden genommen? Was geschieht bei einem königlichen "Swan Upping"? Und was verbindet die britische Monarchie eigentlich mit Deutschland? Die F.A.Z.-Korrespondenten haben seit der Krönung Elisabeths II. vor über sechzig Jahren informative, unterhaltsame und kuriose Geschichten rund um die Königin und ihre Familie zusammengetragen, die nun erstmals gesammelt in Form eines eBooks vorliegen. Abgerundet wird diese Sammlung durch eine Chronik der Regentschaft Elisabeths II. und Literaturhinweise.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum27. Sept. 2013
ISBN9783898432337
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    Buchvorschau

    Elisabeth II. - Frankfurter Allgemeine Archiv

    Königin Elisabeth II.

    Sechzig Jahre Hofbericht in F.A.Z. und Sonntagszeitung

    F.A.Z.-eBook 20

    Frankfurter Allgemeine Archiv

    Projektleitung: Franz-Josef Gasterich

    Produktionssteuerung: Christine Pfeiffer-Piechotta

    Redaktion und Gestaltung: Hans Peter Trötscher

    eBook-Produktion: rombach digitale manufaktur, Freiburg

    Alle Rechte vorbehalten. Rechteerwerb: Content@faz.de

    © 2013 F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main.

    Titelgestaltung: Hans Peter Trötscher. Foto: F.A.Z.-Foto / Frank Röth

    (Königin Elisabeth II. besucht den Reichstag anlässlich ihres Staatsbesuchs in Deutschland am 18. Juli 2000)

    ISBN: 978-3-89843-233-7

    Vorwort

    Von Hans Peter Trötscher

    Als Elisabeth II. im April 1926 als älteste Tochter des Herzogs von York das Licht der Welt erblickte, war es eher unwahrscheinlich, dass sie jemals auf dem Thron des Vereinigten Königreichs sitzen würde. Allein die Vorliebe ihres Onkels Eduard VIII. für die geschiedene Bürgerliche Wallis Simpson, die zum erzwungenen Thronverzicht führte, brachte Georg VI. in Amt und Würden, denn das Oberhaupt der Kirche von England durfte zu jener Zeit keinen geschiedenen Ehepartner haben. Damit war Elisabeth Thronfolgerin. Georg VI. wurde nur 57 Jahre alt und damit musste Elisabeth mit 26 Jahren seine Nachfolge antreten. In Großbritannien wurden 1952 noch Lebensmittelkarten ausgegeben.

    Schon mit 21 Jahren hatte Elisabeth Philip Mountbatten geheiratet und war bei ihrer Thronbesteigung bereits zweifache Mutter. Elisabeth ist ein wichtiger Teil der britischen Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg und symbolisiert wie keine andere Person die Kontinuität des Vereinigten Königreichs auch in schwierigen und wechselhaften Zeiten. Über das Privatleben der Königin weiß man nicht viel. Wahrscheinlich gibt es auch gar nicht viel zu wissen, denn Elisabeth verstand es schon immer, wie kaum ein anderer Monarch, die eigene Person mit dem Amt eins werden zu lassen.

    Wie der Hof selbst verlautbart, mag sie Tiere, konkret sind das wohl vor allem ihre Corgy-Hunde und ihre Pferde. Zu ihren Kindern hat sie ein eher distanziertes Verhältnis. Dass im zwischenmenschlichen Bereich einiges nicht zum Besten bestellt ist, trat beim tragischen Tod von Elisabeths Schwiegertochter Diana im Jahre 1997 zutage. Diana, die vor allem von der englischen Presse als Lichtgestalt und Alternative zur formal erstarrten restlichen Royal Family ins Spiel gebracht worden war, hatte das Volk hinter sich gehabt. Implizit gaben viele Briten der Königin die Schuld am schlimmen Schicksal Dianas. Geschickt überhöhte die Labour-Partei die von Tony Blair so bezeichnete »Volks-Prinzessin« und brachte die Monarchie ernsthaft ins Wanken.

    Aber letztlich meisterte Elisabeth auch diese Situation. Sie gestand eigene Fehler ein und zeigte mehr Menschlichkeit. Wie weit das aus Überzeugung geschah oder einfach aus dem Antrieb, die Monarchie zu bewahren, ist unklar.

    So sitzt Elisabeth seit nunmehr über sechzig Jahren auf Britanniens Thron und ist für die meisten ihrer Untertanen einfach nicht mehr wegzudenken.

    Die Idee der Monarchie im 21. Jahrhundert

    Sie ist die Krönung

    So patriotisch gestimmt waren die Briten seit dem Sieg im Zweiten Weltkrieg nicht mehr: Das diamantene Thronjubiläum Königin Elisabeths II. lässt das Volk und die Geschäftemacher jubeln. Gefeiert wird nicht nur in Großbritannien, sondern auch in Deutschland eine Frau mit großer Disziplin und mit kleinen Schwächen.

    Von Johannes Leithäuser

    Es nimmt kein Ende – und hat dabei noch gar nicht richtig angefangen: Die Zeitungsköchinnen des »Daily Telegraph« kochen der Nation seit Wochen »Coronation Chicken« vor, jenes Curry-Huhn, das einst zur Krönung Elisabeths II. erfunden wurde, und backen »Saxe-Coburg-Cake«, einen Schichtkuchen, der an die deutschen Vorfahren des Hauses Windsor erinnern soll. Der renommierteste britische Rosenzüchter stellte selbstverständlich zur Blumenschau in Chelsea seine »Royal Jubilee Rose« vor, eine pinkfarbene Strauchrose, und hatte doch das Nachsehen gegenüber einem Konkurrenten, dessen champagnerfarbene »The Queen’s Jubilee«-Rose es immerhin in den Wettbewerb um die Pflanze des Jahres schaffte – während die Rose mit dem korrekten Namen »Diamond Jubilee«, die in Britannien momentan von der Kaufhauskette Marks & Spencer vertrieben wird, eine cremeweiße Floribunda, gar aus der deutschen Rosenzüchterei Tantau stammt.

    High Five für die Monarchie. Das frisch vermählte Herzogspaar von Cambridge hat den Umsatz mit königlichem Kitsch in Höhen getrieben, die seit Prinzessin Dianas Zeiten nicht mehr vorstellbar waren. F.A.Z.-Foto / Daniel Pilar.

    Und dann die Fahnen: Zwar ist der Union Jack seit je eines der populärsten britischen Design-Motive, das den Kult-Status von Mini-Cooper-Autos, von Pop-Gruppen, von Taschen, Mützen und allerlei anderen Accessoires beförderte, aber so viel blauweißrotes Kreuzgeflagge wie gegenwärtig hat das Vereinigte Königreich seit der siegreichen Beendigung des Zweiten Weltkrieges nicht wieder gesehen. Der Patriotismus, der in der Person der zierlichen 86 Jahre alten Königin ankert, wirkt als Kaufanreiz für alles, was in das britische Nationalmuster eingewickelt ist: von den Digestive-Keksen über Teedosen, Küchentücher, Serviettenringe, Liegestühle bis hin zu Damenhandtaschen. Das Londoner Warenhaus Harrods hat seine grünen Sonnenblenden mit den Farben des Vereinigten Königreiches vertauscht, und einige britische Brauereien haben ihren Bierflaschen vorübergehend verkaufsfördernde Union Jacks übergezogen.

    Schon vor einem Jahr, zur Hochzeit des Thronfolge-Enkels William, buchten die Party-Ausstatter Rekordumsätze mit dem Absatz von Wimpeln, Fähnchen, Servietten, Papiertischtüchern, nationaler Tischdekoration. Damals war noch aufmerksam darauf geachtet worden, dass die Familienfirma der Braut Catherine, ein Online-Vertrieb von Partyartikeln aller Art, nicht allzu offensichtlich in den Hochzeitsjubel einstieg und aus der Vermählung einer Betriebsangehörigen einen unlauteren Geschäftsvorteil zog. Dieses Mal sind Carol und Michael Middleton nicht weniger eifrig im Geschäft als ihre Mitbewerber. Ihr »ultimatives britisches Straßenparty-Set« bietet Pappbecher, Teller und Servietten für 24 Gäste – das Dekor zeigt wechselweise Pferde, königliche Gardesoldaten, Nationalfahnen und Königswappen – sowie zwei Fähnchengirlanden, 40 Luftballons und zwei Papiertischtücher für umgerechnet etwa 60 Euro. Plastikbesteck muss extra zugekauft werden.

    Elisabeth II. auf dem Weg zur Hochzeit ihres Enkels. Statt wie früher hoch zu Ross oder zumindest in einer Kutsche nimmt die Königin neuerdings den Bentley. Der Jubel in Wolfsburg soll ob dieser Entscheidung nicht unerheblich gewesen sein. F.A.Z.-Foto / Daniel Pilar.

    Wem das Pappbecher-Ambiente der Schwiegereltern von Prinz William (dessen Vater Charles immerhin eine Schirmherren-Rolle beim feierlichen Jubiläumszug seiner Mutter auf der Themse innehatte) zu bieder oder zu billig erscheint, der ist beim Hoflieferanten Fortnum & Mason besser aufgehoben. Der gediegenste Londoner Lebensmittelhändler, der in diesen Tagen häufig darauf hinweist, er beliefere die Monarchie seit zwölf Generationen, hat sich zwei Jahre lang auf diese Feier vorbereitet und liefert alles: Jubiläums­porzellan, Jubiläumsmarmeladen, Jubiläumspicknickkörbe samt Jubiläumschampagner, Jubiläumsteekannenwärmer und, besonders hübsch, die Jubiläumskeksdose aus Goldblech, in deren Boden eine Spieluhr mit Handaufzug steckt. Die spielt, ein bisschen hastig, die Nationalhymne: God save the Queen.

    Fortnum ist womöglich der älteste, sicher aber der bekannteste Einzelhändler, der sich als Hoflieferant mit dem königlichen Wappen schmücken kann; eine Sonderstellung bescherte der Firma im März des Jubiläumsjahres den ehrenvollen Besuch der Monarchin mit ihrer Schwiegertochter Camilla und ihrer Schwiegerenkelin Catherine. Die drei Damen steckten während ihres Aufenthalts im Stammgeschäft in der Londoner Straße Piccadilly ihre Nase auch in eigens bereitgehaltene Präsentkoffer aus Weidengeflecht und zeigten sich vom Inhalt entzückt, angeblich vor allem, als sie darin neben den üblichen Picknick-Utensilien auch abgepackten feinen Hundekuchen entdeckten.

    Es gibt mehr als 700 weitere offizielle Lieferanten des königlichen Haushalts, von denen viele gleichfalls den Glanz des diamantenen Thronjubiläums auf ihre Produkte lenken wollen. Der Schokoladenhersteller Prestat hat eine Jubiläums-Pralinenschachtel ins Programm genommen, simpel kalkuliert: Inhalt 15 Trüffel, Preis 15 Pfund. Andere Ausstatter des Königshofes geben sich zurückhaltender in ihren Geschäftsaussichten: Bei Swaine Adeney Brigg, dem königlichen Handschuh- und Reitpeitschenmacher, heißt es, der größte Auftrag sei wahrscheinlich schon im vergangenen Jahr abgearbeitet worden – damals hatte der Palast sechs neue lange Postillon-Peitschen für die Kutscher bestellt, die auch jetzt wieder die Karossen lenken, in welchen die Königin und ihr Gefolge am nächsten Dienstag vom Danksagungsgottesdienst in der St.-Pauls-Kathedrale durch die Stadt rollen werden.

    Pünktlich zur diamantenen Jubiläumsfeier haben auch Berechnungen stattgefunden, welchen Markenwert die »Firma« (wie die Königin ihr familiäres Repräsentationsunternehmen angeblich nennt) repräsentieren würde, wenn man Schlösser, Grundbesitz, Kronjuwelen, aber auch die wirtschaftlichen Werbeeffekte in Tourismus, Export und Souvenirhandel zusammenzählte. Die Kalkulation der Beratungsfirma Brand Finance ergibt eine Summe von 44 Milliarden Pfund – das ist mehr, als die größten britischen Einzelhändler (Tesco) und die bekanntesten (Marks & Spencer) zusammen auf die Waage brächten.

    Doch trotz des atemberaubenden Pomps, der sich an diesem Sonntag beim Festumzug auf der Themse zu entfalten entspricht, fällt die Anmutung der meisten Jubiläumsdevotionalien eher ein wenig bieder aus. Viele der Keksdosen, Keramikbecher, Kissen, Tücher und Porzellantassen zitieren in ihrem Design jene glückliche Nachkriegszeit, in denen die Herrschaft Elisabeths II. einst begann. Darin steckt eine doppelte Botschaft: Einerseits ist die britische Gesellschaft im vierten Jahr der Wirtschafts- und Finanzkrise doch durchaus empfindlich gegenüber verschwenderisch üppigem Bling, glitzernden Demonstrationen eigenen Wohlergehens, andererseits glänzen eben dadurch die schlichten fünfziger Jahre wieder wie neu mit ihren nostalgisch einfachen Vergnügen und Zeitvertreiben, zu denen eben auch Straßenfeste mit Wimpelketten gehörten.

    Die jüngsten Meinungsumfragen sehen die Zustimmung der Untertanen Ihrer Majestät zur Institution der Monarchie auf Rekordwerten; jedenfalls so hoch, wie sie seit dem Unfalltod Dianas, Princess of Wales, nicht mehr gewesen sind. Die 86 Jahre alte Monarchin symbolisiert Beständigkeit in den aktuellen unsicheren Zeiten, und sie lebt ihrer Nation eine beispielhafte Pflichterfüllung vor. In der offiziellen Jubiläumsansprache an die politische Elite des Landes, zu der die Königin im Mai in der mittelalterlichen Westminster Hall erschien, dem düsteren Zentrum des Parlamentspalastes an der Themse, versprach sie ausdrücklich, ihr Leben weiterhin dem Dienst an ihren Völkern widmen zu wollen.

    Also rüsten sich an diesem Sonntag, aus Dankbarkeit und einer Art familiären Zuneigung, noch weit mehr Briten als zu Williams Trauung vor einem Jahr für Grillfeste und Nachbarschaftsfeten, dekorieren ihre Wohnzimmerfenster weißrotblau und prosten ihrer Herrscherin zu. Wenn alles vorbei und verdaut ist, bleibt am Ende der patriotische Griff zu den Papierrollen der Marke Andrex, als deren Markenzeichen auf der Verpackung seit je ein flauschiger Retriever-Welpe schlummert; auch sie aber tragen in diesen Tagen, wie so vieles, den Union Jack auf der Plastikhülle.

    Aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 3.6.2012

    Das Staunen der Welt

    Von Königin Elisabeth lässt sich lernen, was Monarchie in einer aufgeklärten Gesellschaft überhaupt noch bedeuten kann

    Von Dirk Schümer

    Wozu taugt die Monarchie? Die Frage, die sich beim gigantischen Aufwand für Königin Elisabeths goldenes Thronjubiläum ja durchaus stellt, führt uns auf die falsche Spur. Eine Monarchie taugt nicht zu irgendetwas, eine Monarchie ist einfach da. Genau wie diese Monarchin, die sich für ihren Job weder qualifiziert hat noch sich 1952 gegen Konkurrenz durchsetzen musste, die ihr Geld nicht erarbeitet und die klangvollen Titel, die sie vergibt, nicht besitzt. Elisabeth sitzt einfach auf dem Thron und übernimmt dabei die merkwürdigste Aufgabe, die jemand in unserer kapitalistischen Mediendemokratie erben kann: Sie verkörpert.

    Denn zur bloßen Idee ist längst das verkommen, was in grauen Vorzeiten einmal von den Menschen als Macht akzeptiert wurde: die magische Fähigkeit, sich vor anderen zum Anführer zu machen und diese Aura auch noch äonenlang an die eigene Brut weiterzugeben. So wurden einst Kämpfer zu Häuptlingen, indem sie – wie die Karolinger – mit grölenden Horden ganze Landstriche eroberten und plünderten. Indem sie, wie die italienischen Gonzaga oder Scaliger, im richtigen Moment einem Rivalen den Kopf abhackten. Oder indem sie, wie Wilhelm der Eroberer, der Ur-Urahn Elisabeths, wagemutig auf eine regnerische Insel übersetzten, um im Kampf Mann gegen Mann einen strategischen Brückenkopf zu besetzen, der nun immerhin 936 Jahre hält und zwischenzeitlich die halbe Welt umfasste.

    Auf den heute wurmstichigen Thronen der Reiche des Mittelalters saßen Priesterkönige, die den Bresthaften die Skrofeln durch Handauflegen heilten und dann ihre balsamierten Leiber den Grabkammern anvertrauten, während der unsterbliche Körper des Königtums aus den fiesesten Wirren immer wieder neu erstand, weil die Menschen eines leiblichen Gefäßes für ihre Vorstellung von Macht bedurften. Vom britischen Empire, dem frühesten und aggressivsten all dieser Reiche, ist nach vielem Auf und steilem Ab einiges an Kronjuwelen übriggeblieben. Aber das ist es mitnichten, was Elisabeth in der raren Milliardärsinnung der fixen Berlusconis, Murdochs und Bloombergs zur Herrscherin macht. Alles könnte man ihr wegnehmen, aber sie bliebe – wie im Märchen – allzeit Königin.

    Die modernen Klippschulmeister, die Medienleute, suchen daher am verkehrten Ende, wenn sie im Geheimnis von Elisabeths Persönlichkeit den Daseinsgrund der britischen Monarchie vermuten. Elisabeth wurden zum Jubiläum dutzendweise Publikationen jeden Volumens und jeden Seichtheitsgrads gewidmet, ohne dass man damit ihrem Wesen, ihrem Charakter auch nur einen Schritt nähergekommen wäre. In Wahrheit hat Elisabeth gar keine Persönlichkeit, und das macht sie – mehr noch als den abgeschotteten Tenno – zur letzten großen Monarchenfigur. Sie spielt nicht die Königin, sie ist die Königin. Sie jongliert nicht mit Macht, sie inkarniert sie. Von ihr lässt sich lernen, was die Monarchie in einer aufgeklärten Gesellschaftsordnung überhaupt noch bedeuten kann.

    Das süße Geheimnis der Krone. Elisabeth verkörpert Idee, Person und Amt der modernen Monarchie. Niemals ist sie auf modischen Firlefanz hereingefallen. F.A.Z.-Foto / Felix Schmitt.

    Griechenlands Exkönig Konstantin, obgleich einer vergleichsweise minderbürtigen Dynastie als der Windsorschen angehörig, hat Elisabeth einmal als die letzte Überlebende der alteuropäischen Herrscher bezeichnet, die mit einem Blick einen Menschen durchschauen und in seine Schranken zu weisen vermögen. Bei einer biederen, bald achtzigjährigen Hausfrau, die sich seit einem Halbjahrhundert jeden Morgen von Dudelsackmusik wecken lässt, meist von stark behaarten Hunden umgeben ist und bekennendermaßen als einzige intellektuelle Beschäftigung den Pferdesport gelten lässt, scheint diese telepathische Gabe wie ein Wunder. Aber wahrscheinlich sind die totale Menschenkenntnis und die Gabe, auf keine Mode, keinen zeittypischen Firlefanz hereinzufallen, gar nicht so schwer zu erwerben, wenn man sich nur ganz fest auf diese Aufgabe konzentriert: das zu sein, was alle anderen nicht sind.

    Das hat Elisabeth getan, seit sie als kleines Mädchen begriff, dass sie einmal Königin der Briten und Herrscherin des Commonwealth sein würde. Sie hat brav alle Formeln geübt und seither Tag für Tag ihren Dienst angetreten. Sie hat sich an den herrschaftlichen Code der Kleider und der Sprache gehalten und es ihrer Umgebung, ihrer Familie damit wahrlich nicht leicht gemacht. Der Umsturz dessen, was dies vor 50 Jahren einmal alles bedeutete, hat ihr indessen nicht das geringste anhaben können, weil sie nicht an die Erscheinungsformen und Territorien ihrer Macht geglaubt hat, sondern nur an die Idee. Ob ein Irrer plötzlich nachts an ihrem Bett steht, ob ein nackter Maorihäuptling ihr etwas vortanzt, ob Margaret Thatcher in ihrem Namen die Armen berauben oder Tony Blair ebenso in ihrem Namen die Menschen mit Medientricks ruhigstellen will – die Queen bleibt stets die Queen. Sie hat auch keine Wahl.

    Was ist nun die Idee, an die Elisabeth so fest glaubt, dass ein ganzes Volk, dass die halbe Welt ihr dies ohne jeden Zweifel abnimmt? Es ist die durch und durch religiöse Vorstellung, dass sich vage Erscheinungsformen des menschlichen Beisammenseins, dass sich abstrakte Ideale in einzelnen Personen manifestieren können. Dass eine einzelne eine Nation repräsentiert. Dass eine Sippe das Fortleben dieser Nation befördert. Dass ein Mensch für Werte und Überzeugungen einer Gemeinschaft sterben und leben kann, die für alle erstrebenswert wären, aber nicht einmal bestenfalls von einer Minderheit erreicht werden. Auf solchem – wie auch immer korrumpierten – Glauben an Zusammenhalt, Nächstenliebe, Aufopferung, Auserwähltheit, Stellvertretung basieren alle Religionen. Und nicht zufällig kann neben der Queen als amtlicher Instanz von sakraler Herrschaft allerhöchstens der Papst gelten. Wohlverstanden: nicht wegen ihrer persönlichen Fähigkeiten, die bei einer desinteressierten Greisin und einem paralytischen Pflegefall nicht ins Gewicht fallen, sondern wegen ihrer historisch gewachsenen und von der alten Welt übriggebliebenen Ämter.

    Sollten nun eine Werbeagentur oder ein hybrider Denktank an Symbolfiguren für die fröhliche Konsumzukunft der befriedeten Menschheit basteln, wir könnten sicher sein, auf zwei Gestalten nicht zu stoßen: einen von einem Männerclub gewählten, autoritären, gegen Sex, Pop und Konsum wetternden Alten in irgendeinem Palast. Oder eine stets etwas desinteressierte Oma, die auf Milliarden sitzt, sich nicht berühren lässt und eine kaputte Familie hinter sich weiß. Nichts an diesem Regiment ist gerecht, ist transparent, ist revidierbar. Nichts an diesem Regiment ist human. Darum ist es so abwegig, wenn falsche Berater der Queen soufflieren dürfen, sie sorge sich um den kranken Mittelfuß des englischen Fußballers Beckham, sie surfe dann und wann im Netz oder habe eine Vorliebe für hüpfende Boygroups. Nein, die Queen der Briten hat ohne emotionale Erschütterungen sogar mindestens eine naive Schwiegertochter ausgesessen, die als verwöhnte Göre das Amt nicht von der persönlichen Befriedigung trennen

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