7ter Himmel oder so
Von Ina Da Sasso
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Über dieses E-Book
Außer in ihrem eigenen Privatleben, für das sie immer weniger Zeit hat, obwohl sie merkt, dass mit ihrem Freund Roland etwas nicht stimmt.
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Buchvorschau
7ter Himmel oder so - Ina Da Sasso
Sasso
Impressum:
7ter Himmel oder so
Ina Da Sasso
© BücherBOX - alle Rechte vorbehalten
inadasasso@gmail.com
E-Book-ISBN 978-3-9570-3230-0
Verlag GD Publishing Ltd. & Co KG
E-Book Distribution: XinXii
http://www.xinxii.com
Dieses Buch, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt und darf ohne Zustimmung der Autorin weder vervielfältigt, wieder verkauft oder weitergegeben werden.
7ter Himmel oder so
Herrlich! Ach es gibt kaum Schöneres! 100. 110. 120 ... – die Straße gehört mir allein. Kurve links, Kurve rechts. Die Sonne scheint. Meine Haare wehen im Wind! Aber Hallo! Eigentlich hab ich gar keinen Grund so glücklich mit dem Motorrad dahinzubrausen.
Egal. Ich bin eben der Typ, der den Augenblick genießt. Und genau das mache ich jetzt, obwohl ich seit gestern arbeitslos bin. Vor lauter Wut, dass mir der Bürgermeister den Weisel gegeben hat – mir, der Mitarbeiterin des Jahres! – bin ich einfach davon gestürmt. Das hab ich jetzt davon: Ich muss noch einmal zurück in mein Büro und meinen Schreibtisch räumen, der ja gar nicht mehr meiner ist. Am liebsten würde ich da gar nicht mehr hin gehen. Die Blicke der Kollegen – nein danke! Aber was hilft es, da muss ich noch einmal durch, allein schon wegen meiner Harley Davidson Füllfeder, die ich von Roland zu unserem fünften Jahrestag bekommen habe.
Also stelle ich mein Bike vor dem altehrwürdigen Gemeindeamt ab, nehme meine Ledertasche aus dem Schalenkoffer und los geht es: Vorbei an der verblüfften Nanni, die wie immer eifrig das Foyer wischt und die sich wahrscheinlich wundert, dass ich sie nicht gegrüßt habe. Aber wenn ich jetzt nur einen Piep sagen muss, dann fließen wahrscheinlich die Tränen wie Sturzbäche über meine Wangen.
So eine Schweinerei! Ich muss gehen, weil ich jung, ungebunden und ohne Verantwortlichkeiten bin. Die Marie darf bleiben, weil sie zwei Kinder und einen Mann hat. Der Anton, ihr Mann, bringt als Techniker ein gutes Gehalt heim und auf die Kinder schaut großteils die Omi, die im selben Haus wohnt. Es gibt also überhaupt keinen Grund die tranige Schnepfe, die ständig am Rauchen, Kaffee trinken und Computerspielen ist, mir vorzuziehen. Unrecht ist der Welten Lohn, das wusste Vater – wie hieß der gleich? – schon.
Mit energischen Handgriffen kippe ich den Inhalt meiner Stiftbox in die Tasche, das Bild meiner Eltern im letzten Urlaub mit Roland und mir, mein Fremdwörter-und mein Rechtschreiblexikon. – Alles ab in die Tasche. Die Bücher hab ich mir schließlich in einem Anflug von Wer-perfekt-sein-will-schaut-lieber-einmal-zuviel-als-zu-wenig-nach-Perfektionismus selbst gekauft. Soll diese Arbeit raubende Tussi Marie doch schauen wo sie ihr Deutsch jetzt aufbessern kann. Schluss mit: „Ach, Ida – Schätzchen, kannst du das mal kurz überfliegen, ich bin heute so durch den Wind. Der Flirt mit dem Bürgermeister wird ihr dabei auch kaum helfen, denn der verlässt sich ja auf uns – das heißt ab sofort allein auf Marie, die bei Asterix sicher den klangvollen Namen „Germanokannnix
bekommen würde. Aber was soll ich darüber jetzt nachgrübeln, bringt nichts außer Falten, würde meine Oma sagen. Sollen die doch sehen, wo sie ohne meine Wenigkeit bleiben. Ich werde schon etwas Neues finden, etwas Aufregendes, Herausforderndes. Ja. Außerdem tut mir ein bisschen Urlaub sowieso ganz gut. Vielleicht fahr ich einfach ein paar Tage ans Meer. Nur träumen: Von besseren Zeiten und neuen Abenteuern. Vielleicht geh ich im Herbst auch noch einmal zur Uni und mach mein Diplomstudium fertig. Warum nicht? Frau Magistra Ida Wald! Würde ganz gut klingen. Na ja, mal sehen.
So. Fertig. Gott sei Dank hat Marie pünktlich ihren Schreibtisch verlassen, wie ein sinkendes Schiff. Ihr falsches Mitleid hätte mir zu meinem Unglück gerade noch gefehlt. Die Laden sind leer, der Tisch blitz-blank. Was mache ich mit meinem schönen Philodendron? Und mit der Wasserlilienzucht? Egal. Lass ich am Besten hier. Den Transport am Motorrad würden die Pflanzen kaum überleben. Und außerdem bleiben sie als Mahnwächter an Ida Wald da, an die tüchtige Gemeindesekretärin – Scherzchen am Rande muss ja auch einmal sein, und wenn es auf meine eigenen Kosten ist, ha. Hört ja Keiner. Vermissen sollen sie mich, jawohl! Aber das ist ja oft so, dass man etwas oder jemanden erst schätzt, wenn man ihn los ist.
Was habe ich mich immer über meinen großen Bruder geärgert, der immer alles besser zu wissen glaubte, eventuell in Frage kommende zukünftige Lover in die Flucht schlug und meine Freundinnen im Gegenzug angebaggert hat. Als er auszog, fehlte er mich plötzlich so, dass ich ihn eine Zeit lang einmal pro Woche besucht habe. Richtig zwanghaft war das damals. Das hat sich aber gelegt, mit der Zeit.
Also: Meinen wunderschönen, riesengroßen Philo nun doch mitnehmen? Ach was. Ah. Da ist ja noch mein Aschenbecher. Obwohl ich gar nicht rauche, habe ich das hässliche schwarze Ding mit graviertem Sockel „Mitarbeiterin des Jahres" vom Chef überreicht bekommen. Der soll niemandes Auge mehr beleidigen, am Flohmarkt ist der sicher auch unverkäuflich. Ab in den Müll damit.
„Halt. Nein, den hast du doch zum Fünf-Jahres-Jubiläum bekommen, Mädel! Den kannst du doch nicht wegschmeißen!" - Der Bürgermeister, wie er leibt und lebt. Nicht zum Fünf-Jahres-Jubiläum!
„Ach, nein?" Ich halte ihm das gute, beziehungsweise schlechte Stück entgegen.
„Danke?! Aber ... Na gut. Du rauchst ja nicht, gell? Das hat meine Frau, die Gerti nicht gewusst. Damals. Ähm, ja. Ähm. Dein Maschinen-Geknatter wird mir abgehen. Aber du weißt ja ... wir müssen ..."
„Ja. ...Sparen. Ich weiß," entgegne ich knapp und im heuchelnd verständnisvoll. Was für eine breite Schleimspur! Warum tu ich das? Ich verstehe nämlich nicht! Überhaupt nicht! Ganz und gar nicht verstehe ich, warum ich gehen muss und nicht die intelligenzfreie Marie! – Hoppla, hab ich das jetzt laut gesagt?
„Ja, schau. Mädel! Das geht ja nicht gegen dich. Nicht gegen deine Arbeit."
„So, so. Nicht gegen mich? Interessant. Und warum fühl ich mich wie weg geworfen," frage ich mit einer ordentlichen Portion Tabasco in der Stimme. Da zuckt der doch wirklich einfach nur mit seinen breiten Schultern, die so überhaupt nicht zum Anlehnen taugen und wendet sich ab.
„Du findest schon was. Du bist jung. Kannst gehen, wohin du willst. Bist ungebunden", meint er hilflos, der Arme.
„Aber die Marie kann bleiben. Obwohl sie ewig braucht, bis sie die Einschalttaste beim Computer findet." Den auf andere Qualitäten schielenden Mann interessiert mein Einwand wenig.
Schon wieder steigen mir die Tränen auf. Mist. Schon als Kind war ich bekannt dafür, dass ich nahe am Wasser gebaut bin. Ich hasse diesen Ausdruck. Mein Staudamm bricht eben von Zeit zu Zeit. Keine Ahnung, woher das schlechte Baumaterial dafür kommt. Ich habe meine Arbeit geliebt. Jeden Tag war irgendetwas Neues los. Konnte man irgendjemandem helfen, spürte die Dankbarkeit. Am Abend war ich dann zufrieden und gut drauf. So eine Arbeit gibt dem Leben einen Sinn. Vor allem auch, wenn der Roland so wenig Zeit hat. Familie oder auch nur eine vage Planung in diese Richtung, daran ist mit ihm überhaupt nicht zu denken, geschweige denn zu reden!
Kinder sind toll, hinreißend, lustig, superwitzig und der absolute Hit – solange es keine eigenen sind und sie jederzeit an die fachkundigen Eltern zurückgegeben werden können, sobald sie quengeln, schreien oder sich übergeben müssen. Das ist Rolands Einstellung zu Nachwuchs. Somit ist klar, das Thema ist heikel und ich hüte mich, meinen Kinderwunsch noch einmal mit Nachdruck zu deponieren. Die biologische Uhr gibt mir ja zum Glück noch einigermaßen Zeit. Nächste Woche werde ich achtundzwanzig.
Als ich in den „Gasthof zur Erbse komme, geht es dort hoch her. Eine Traube junger Männer aus dem Dorf steht, äußerst vornehm gekleidet in Arbeiter-und Stallkluft, vor dem Computer im Extrazimmer beisammen. Klaus hämmert eifrig auf die Tastatur ein. Von den Männern hinter ihm wird er Schulter klopfend und johlend aufgefordert, „heiße Seiten
aufzurufen. Wenn man zu Hause schon keinen Bettwärmer habe, wolle man das Herzstück des Mannes wenigstens durch Schauen aufmuntern.
... des sind G´spaßlaberl, kannst die mal herzoomen...
tönt der schmächtige Rupert. Meine Herren!
An der Theke sitzt Eva bei ihrem unvermeidlichen Prosecco und wartet schon ungeduldig. Ich glaube, ihre Mutter muss schon in ihr Milchfläschchen immer einen Schluck von diesem belebenden Getränk beigemengt haben. Aus erster Hand will meine beste und älteste - nicht an Jahren sondern an Treue - Freundin wissen, wie sich mein allerletzter Bürgermeisterkontakt gestaltet hat – und ich erzähle ausführlich aus dem Schatzkästlein der Ungerechtigkeit.
Wie auf Kommando blicken wir beide Augen rollend himmelwärts. „Die Burschen sind so was von ... na wie soll ich sagen ... gewöhnlich..., meint Eva, die sich immer um eine gepflegte Sprache bemüht. „Und einseitig interessiert
, ergänze ich, die Hände wie zum abwehrenden Gebet gefaltet, obwohl ich alles andere als eine brave sonntägliche Kirchgängerin bin, außer zu Weihnachten und zur österlichen Fleischweihe.
„Stell dir vor, du wärst mit dem Klaus ver-hei-ratet!", lache ich, denn Eva war mal – allerdings ist das schon ein paar Jahre her – unrettbar in den Arbeiterphilosophen mit Hang zu tief proletarischer Ausdrucksweise verliebt. Zum Glück hat sie dann Norbert gefunden, mit dem sie bis heute glücklich ist, oder was man so landläufig darunter eben versteht: Gemeinsam leben, frühstücken, abendessen und fernsehen – möglichst ohne Streit.
„Ein Albtraum ist dagegen ein Spaziergang auf der Blumenwiese", kontert Eva beipflichtend. Sie kann sich selber nicht mehr vorstellen, diesen Typen einmal toll gefunden zu haben. Obwohl: Vom Körperbau her – nicht ganz uninteressant – im Gegenteil, eher viel versprechend. Diese Qualität ist jedoch nur bei oberflächlichen Beziehungen von Interesse, für alle übrigen – nicht genügend.
„Aber etwas Anderes: Was wirst du jetzt machen? Den Roland heiraten?"
„Geh! Erstens mag der nichts von Familie und so hören. Zweitens würde mein Herr Papa ausrasten – weil er mag den Roland so was von überhaupt nicht und drittens: An erster Stelle steht bei mir jetzt: Job suchen."
„Na das ist aber auch nicht gerade leichter, als den Roland zum Heiraten zu überreden", schmollt Eva.
„Was du immer mit dem Heiraten hast! Leidest du unter Torschlusspanik? – Ich werd schon etwas finden. In irgendeinem Büro. Schließlich war ich vor Kurzem noch Mitarbeiterin des Jahres!"
Kurz tut Eva so, als ob sie beleidigt wäre. Dann holt sie ihren in Zebraoptik gehaltenen Notizblock aus der Tasche und beginnt aufzuschreiben:
Gemeindeamt. Streicht sie gleich wieder aus. Gekündigt. Aldi. Streicht sie wieder aus. Braucht kein Büropersonal. Eventuell Regale einräumen?
„Kommt ja gar nicht in Frage. Das bleibt mir immer noch, wenn ich keinen Bürojob kriegen sollte", was ich mir gar nicht vorstellen mag. Dann lieber wieder Studentin - mit Spätzündung eben. Diese McJobs in den Supermärkten finde ich eine Frechheit. Die Ketten werden immer größer, die Yachten der Aktionäre immer dicker, die räumen immer mehr Geld in Steuerparadiese und die Frauen, die für 333 Euro im Monat malochen sind nicht einmal kranken-oder pensionsversichert! Was die Politiker da wieder für tolle Rahmenbedingungen gezimmert haben. Zimmern darf ich da wahrscheinlich gar nicht sagen, ohne die gute alte Handwerkszunft nicht zutiefst zu beleidigen. Toll sind diese Liberalisierungen im Wirtschaftsleben, aber nur für die Oberbonzen und Champagnerschlürfer. Wenn diese prächtigen Arbeitgeber wenigstens einen Minimalbetrag an die Rentenkassen ihrer Mitarbeiter abgeben müssten, dafür dass sie die Menschen so ausbeuten dürfen – nein, also da möchte ich nicht mitspielen müssen. Von wegen Wirtschaftskrise und die armen Investoren hätten so viel Kapital verloren! Verlieren kann man nur reale Sachen wie eine Brieftasche oder von mir aus auch die Nerven. Aber diese virtuellen Investments, die als reine Zahlenakrobatik schön oder ruinös frisiert werden? Sind doch ohnehin nur Lug und Trug, ausgedacht und künstlich am Leben gehalten. Damit man den Menschen, die nichts davon verstehen, Angst machen kann: Angst um die paar Scheinchen am Sparbuch, Angst um den Arbeitsplatz!
Unbeirrt denkt Eva weiter schreibend nach, wo ich mich bewerben könnte. In der näheren Umgebung. Eigentlich möchte ich meine kleine Wohnung nicht aufgeben. Ich liebe den Blick auf die Streuobstwiese vom Ebner-Bauer und das Panorama der umliegenden Berge beim Aufwachen.
„Aufwachen! Sag