Der faule Paul und die Zeitpiraten
Von Bruder Lustig
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Buchvorschau
Der faule Paul und die Zeitpiraten - Bruder Lustig
Mannschaft!
Für meine Söhne
Das bin ich
Hallo. Ich bin der faule Paul. Alle nennen mich so. Meine Mutter, mein Vater, meine Schwester Marlene. Und nur, weil ich am liebsten faul auf dem Sofa liege, lese und träume. Haltet mich für verrückt – aber ein Buch ist mir lieber als jedes Computerspiel. Wenn ich lese, verschwinde ich richtig in meiner Geschichte. Ich bin dann – Hokus Pokus – weg aus unserer Welt. Und denke im Leben nicht dran, Hausaufgaben zu machen oder das Zimmer aufzuräumen. Das ist ziemlich praktisch.
Ich lese überall. Auf dem Bett, unter dem Bett, auf dem Klo, neben dem Klo, vor dem Schrank, im Schrank, auf dem Schrank. Und jeder muss mich mindestens drei Mal ansprechen, bis ich ihn überhaupt höre.
Warum das so ist? Nun ja, die ganze Sache fing vor einem Jahr an. Es war die Zeit, als mein Vater aus meinem Leben verschwand. Jedenfalls fast ganz.
Kapitel 1
Es war, so wie jetzt, kurz vor Weihnachten. Meine Eltern hatten schon die ganze Zeit die Köpfe zusammengesteckt und getuschelt. Ihr kennt das vielleicht – es ist das Tuscheln, das sie haben, wenn wir Kinder nichts mitbekommen sollen. Und das sofort aufhört, wenn wir in die Nähe kommen. Merkt natürlich gleich jeder, dass da was im Busch ist.
Und was war im Busch? Meine Eltern wollten sich trennen. Sie haben sich ja nie gut verstanden, aber ich sage euch, lieber zwei Eltern, die sich zanken, als nur eine Mutter. Wie dem auch war, meine Eltern fanden eine „weise" Lösung, wie sie es nannten. Ganz trennen wollten sie sich nicht, wegen der Kinder, also wegen mir und meiner Schwester Marlene. Aber Papa sollte einen Job weit weg im Hauptstadtbüro seiner Zeitung annehmen. Und so oft zu Besuch kommen, wie es ging. Pustekuchen!
Kurz vor Weihnachten vor einem Jahr ist er verschwunden. Wir wollten die Osterferien miteinander verbringen, die Pfingstferien, die Sommerferien.
Und was ist passiert? Nichts. Immer kam etwas dazwischen. Ich rate euch, sucht euch nie Journalisten als Eltern aus, die sind ständig beschäftigt und haben nie Zeit. Seitdem mein Vater verschwunden ist, vergrabe ich mich fast nur noch in meinem Zimmer und lese. Denn alles sonst erinnert mich an ihn, selbst meine Freunde. Weil die nämlich einen Papa haben. Und ich – fast – nicht mehr. Ich habe einen unsichtbaren Papa.
Das einzige, das ich von ihm habe: Wir schreiben uns jeden Tag eine E-Mail.
Meine Mutter schickt mich immer wieder raus. Ich soll mit meinen Freunden spielen. Aber das ist langweilig. Die Abenteuer in den Büchern sind besser. Vor allem die in einem bestimmten Buch. Und davon will ich euch erzählen.
Das Buch kam vor einer Woche. Mit einem Brief von Papa. Darin schrieb er, dass er zu Weihnachten nicht kommen kann. Die Arbeit, wir wüssten das ja. Aber zum Trost bekam ich das Buch mit den Zeitpiraten.
„Ein Buch!", stöhnte Mama. Ich habe ja immer viel gelesen. Also freute ich mich. Und wie ich mich erst freute, als ich es las. Seither lese ich, wo immer ich kann. Fast ohne Pause. Und manchmal träume ich auch. Deshalb bin ich der faule Paul.
In meinen Träumen bin ich der größte aller Piraten und treibe die Flotte der Königin von England vor mir her über die sieben Weltmeere. Ich liebe die raue Seeluft in meinem wettergegerbten Gesicht, das Knarzen der Holzplanken unter mir, das Knattern der Segel über mir. Dazu den Geruch von Seetang und Meerwasser. Wenn wir Piraten ein spanisches Handelsschiff jagen und kapern, schlägt mir das Herz vor Aufregung bis zum Hals.
Meine Träume. Welche Wirklichkeit kommt da schon mit? Dachte ich immer. Denn echte Piraten gibt es ja nicht mehr. Pustekuchen – klar gibt es sie! Das lernte ich, als ich in die Geschichte mit den Zeitpiraten geriet.
Ich verrate euch ein Geheimnis: Die Sache mit meinen Abenteuerbüchern hat nämlich einen klitzekleinen Haken: So schön das Lesen und das Träumen auch sind – irgendjemand da draußen muss die Abenteuer erleben. Und sie aufschreiben. Sonst kämen sie nicht in die Bücher. Daran hatte ich nie gedacht, bis ich mit der Nase darauf gestoßen wurde. Jetzt weiß ich es. Soll ich euch verraten, wer die Geschichten in die Bücher bringt?
Gut, euch kann ich‘s ja verraten: Die Zeitpiraten. Die erleben Abenteuer und Kapitän Holzfuß schreibt sie auf. Damit die Eisprinzessin nicht zu Eis erstarrt. Die Geschichten halten sie nämlich am Leben. Vielleicht schreiben noch ein paar andere Leute Bücher – aber die sind längst nicht so wichtig wie die Zeitpiraten.
Warum ich das weiß? Na ja, ich war dabei. Ich war plötzlich in einem Abenteuer der Zeitpiraten drin und seitdem erlebe ich alles hautnah mit. Ich habe gemerkt: Abenteuer selbst zu erleben, ist mindestens genauso spannend wie von ihnen zu lesen.
Das Lesen mag ich trotzdem: Wenn ich gerade mal in kein Abenteuer verwickelt bin, nehme ich ein Buch und träume davon. Wenn ich meine Ruhe haben will, dann lege ich das Buch einfach weg. Das geht bei einem richtigen Abenteuer natürlich nicht. Da bist du mittendrin und musst bis zum Ende durchhalten – ob du müde bist oder Angst hast, ist dann egal.
Beides ist gut: aufregende Abenteuer erleben und gemütlich davon lesen. Beides hält einen von so unsinnigen Tätigkeiten ab wie Zimmer aufräumen oder Hausaufgaben machen.
Wenn ihr mich nicht verratet, erzähle ich euch meine Abenteuer. Braucht ja keiner zu wissen, dass der Paul gar nicht so faul ist wie alle denken. Schließlich habe ich einen Ruf zu verlieren. Also, immer schön gemütlich bleiben …
Kapitel 2
Ihr werdet euch fragen: Wer ist der Paul überhaupt? Recht habt ihr. Denn bevor ihr eure Zeit mit irgendeinem Kerl und seinen Abenteuern vergeudet, solltet ihr ihn kennenlernen. Ich hab ne Idee. Kommt doch mal mit vor meinen großen Spiegel. Da stellt ihr euch so hinter mich, dass ihr nur mein Spiegelbild seht – und nicht euch selbst.
So, hier sind wir. Was seht ihr? Wie, dick? Ich bin nicht dick! Ich bin wohlgenährt und habe schwere Knochen. Habe ich von meiner Oma geerbt. Die ist auch zu klein für ihr Gewicht. Also wirklich, dick!
Wisst ihr Naseweise eigentlich, dass ich der beste Sprinter meiner Klasse bin? Echt. Ich laufe die 75 Meter wie ein Blitz. Da kommt keiner mit. Mein zweiter Name ist Kugelblitz. Zufrieden? Lasst euch nicht täuschen – wenn ich erstmal in Schwung komme, stoppt mich niemand mehr. Da kann ich so kompakt aussehen, wie ich will. Echt.
Gut. Weiter. Was sehr ihr? Klein? Naja, ich bin erst 11 Jahre alt, da muss man nicht groß sein. Das kommt noch. Weiter!
Aha, ihr haltet mich für ordentlich. Sehr interessant. Sehr schön. Ihr findet