Bußgeldverfahren: Eingriffsbefugnisse der Verwaltungsbehörden und der Polizei im Ermittlungsverfahren
Von Christoph Keller und Wolfgang Kay
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Über dieses E-Book
Die materiell-rechtlichen Grundlagen des Bußgedverfahrens werden hier nur in Grundzügen angesprochen. Sie sind nicht Schwerpunkt dieses Buches. Antworten auf spezielle Fragen dazu werden in der ausgewiesenen Literatur (z.B. Göhler Ordnungswidrigkeitenrecht, Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten oder Mitsch, Recht der Ordnungswidrigkeiten) gegeben.
Die Erläuterungen der strafprozessualen Eingriffsbefugnissse gehen zum Teil weit über das hinaus, was zur Bewältigung der alltäglichen kleinen Rechtsverstöße nötig ist. Doch darf nicht übersehen werden, dass die Rechtsordnung Verhaltensvorschriften enthält, die sehr hohe Geldbußen (bis zu einer Million Euro) androhen, im Fall der Rechtsverletzung schmerzhaftere Rechtsfolgen nach sich ziehen und heftige Rechtsstreitigkeiten auslösen können. Für diese Fälle ist ein rechtsstaatliches Verfahren in formeller wie in materieller Hinsicht unerlässlich. Zahlreiche Beispiele aus dem weiten Feld der möglichen Ordnungswidrigkeiten eröffnen den Studenten den Blick in die Praxis.
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Buchvorschau
Bußgeldverfahren - Christoph Keller
Bußgeldverfahren
Eingriffsbefugnisse der Verwaltungsbehörden und der Polizei im Ermittlungsverfahren
Wolfgang Kay
Erster Polizeihauptkommissar a. D. (Dipl. Verw.), ehemals Leiter der Polizeistationen Kreuztal und Siegen, Dezernent bei der Kreispolizeibehörde Siegen und Lehrbeauftragter im Fach Eingriffsrecht an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW, Abteilung Gelsenkirchen, Unterabteilung Dortmund/Hagen
Christoph Keller
hauptamtlicher Dozent an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW, Polizeioberrat, Abteilung Münster (Eingriffsrecht, Öffentliches Dienstrecht), ehem. Landesamt für Fortbildung, Ausbildung und Personalangelegenheiten NRW (LAFP)
Verlag W. Kohlhammer
Alle Rechte vorbehalten
© 2016 W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-029613-8
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-029614-5
epub: ISBN 978-3-17-029615-2
mobi: ISBN 978-3-17-029616-9
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Das Handbuch 'Bußgeldverfahren - Eingriffsbefugnisse der Verfolgungsbehörden im Ermittlungsverfahren' ist kein neuer Kommentar zum Ordnungswidrigkeitengesetz. Es ergänzt vielmehr die vorhandenen Bücher und zeigt inhaltlich klar und umfassend die strafprozessualen Eingriffsermächtigungen und ihre gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Grenzen auf, die in den üblichen OWiG-Kommentaren nur angesprochen werden. Damit wird Studenten und Praktikern eine gesicherte, konzentrierte, übersichtliche und interdisziplinare Arbeitsgrundlage an die Hand gegeben, die ihnen nicht nur das Studium sondern insbesondere auch die praktische Tätigkeit erleichtert.
Die materiell-rechtlichen Grundlagen des Bußgedverfahrens werden hier nur in Grundzügen angesprochen. Sie sind nicht Schwerpunkt dieses Buches. Antworten auf spezielle Fragen dazu werden in der ausgewiesenen Literatur (z.B. Göhler Ordnungswidrigkeitenrecht, Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten oder Mitsch, Recht der Ordnungswidrigkeiten) gegeben.
Die Erläuterungen der strafprozessualen Eingriffsbefugnissse gehen zum Teil weit über das hinaus, was zur Bewältigung der alltäglichen kleinen Rechtsverstöße nötig ist. Doch darf nicht übersehen werden, dass die Rechtsordnung Verhaltensvorschriften enthält, die sehr hohe Geldbußen (bis zu einer Million Euro) androhen, im Fall der Rechtsverletzung schmerzhaftere Rechtsfolgen nach sich ziehen und heftige Rechtsstreitigkeiten auslösen können. Für diese Fälle ist ein rechtsstaatliches Verfahren in formeller wie in materieller Hinsicht unerlässlich. Zahlreiche Beispiele aus dem
Wolfgang Kay ist Erster Polizeihauptkommissar a. D., ehemals Dezernent bei der Kreispolizeibehörde Siegen und Lehrbeauftragter an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NWR, Abteilung Gelsenkirchen, Unterabteilung Dortmund/Hagen (Eingriffsrecht).
Christoph Keller ist hauptamtlicher Dozent an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW, Polizeioberrat, Abteilung Münster (Eingriffsrecht, Öffentliches Dienstrecht) und ehem. tätig beim Landesamt für Forbildung, Ausbildung und Personalangelegenheiten NRW (LAFP).
Vorwort
Ein gedeihliches menschliches Zusammenleben erfordert Regeln. Sie schaffen Klarheit, helfen Streit vermeiden und sichern die sozialen und natürlichen Lebensbedingungen.
In diesem Kontext hat das Ordnungswidrigkeitenrecht neben dem Strafrecht eine zentrale Bedeutung.
Die Ordnungswidrigkeit ist wie die Straftat gesetzwidriges Verhalten. Dennoch wird die Überwachung und Ahndung von bußgeldbedrohten Rechtsverletzungen teils sehr „stiefmütterlich" behandelt (Klesczewski, Ordnungswidrigkeitenrecht, München 2010, Vorwort). Das mag an dem außerordentlich differenzierten Aufbau der Verwaltungsorganisation in der Bundesrepublik liegen. Die Aufgabenverteilung auf Bund, Länder und Gemeinden und die Verantwortung für die Ausführung der einzelnen – teils sehr komplizierten – Sachbereiche durch unterschiedlichste Behörden erschwert die Ordnungswidrigkeitenverfolgung auch deshalb, weil sich einerseits nicht jede Behörde neben ihren Verwaltungspflichten darauf eingerichtet hat (einrichten kann) und andererseits der Polizei nicht nur die fachspezifischen Kenntnisse fehlen, sondern sie darüber hinaus auch und in erster Linie in die Ausführung der eigenen originären Verpflichtungen eingebunden ist.
Die materiell-rechtlichen Grundlagen des Bußgeldverfahrens sind nicht Schwerpunkt dieses Buches. Fragen dazu werden in der ausgewiesenen Literatur beantwortet (z. B. Göhler Ordnungswidrigkeitenrecht, Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten oder Mitsch, Recht der Ordnungswidrigkeiten). Das hier vorliegende Werk ergänzt vielmehr die vorhandenen Bücher in Bezug auf die Eingriffsbefugnisse der Verfolgungsbehörden, die an anderer Stelle meist nur angesprochen werden. Damit wird Studenten und Praktikern eine gesicherte, konzentrierte, übersichtliche und interdisziplinäre Arbeitsgrundlage an die Hand gegeben, die ihnen nicht nur das Studium sondern insbesondere auch die praktische Tätigkeit erleichtert. Gewiss gehen einzelne Erläuterungen zum Teil weit über das hinaus, was zur Bewältigung der alltäglichen kleinen Rechtsverstöße nötig ist. Doch darf nicht übersehen werden, dass die Rechtsordnung Verhaltensvorschriften enthält, die sehr hohe Geldbußen androhen (bis zu einer Millionen Euro) und damit schmerzhaftere Rechtsfolgen nach sich ziehen. Das könnte heftige Rechtsstreitigkeiten auslösen. Für diese Fälle muss in jeder Hinsicht Rechtsicherheit bestehen. Das verbietet eine Einschränkung auf Alltagslagen.
Wolfgang Kay
Christoph Keller
Kreuztal und Münster, November 2015
Inhaltsübersicht und Gliederung
Vorwort
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
A.Einführung
I.Verfassungsrechtlicher Ansatz
1.Bindung an das Gesetz (Gesetzmäßigkeitsprinzip)
2.Vorrang des Gesetzes
a)Sachliche Zuständigkeit
b)Örtliche Zuständigkeit
c)Form- und Verfahrensvorschriften
3.Vorbehalt des Gesetzes
a)Ermächtigungen/Befugnisse
b)Richtung der Maßnahme (Adressatenregelungen)
c)Anordnungsbefugnisse
4.Opportunitätsprinzip (Ermessensausübung)
II.Bindung an das Recht
1.Gewohnheitsrecht
2.Richterrecht
3.Allgemeine und ungeschriebene Rechtsgrundsätze
4.Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
III.Das Bußgeldverfahren
1.Das Ermittlungsverfahren
a)Grundvoraussetzungen
aa)Die Ordnungswidrigkeit
bb)Handeln und Unterlassen
cc)Versuch und Vollendung
dd)Täterschaft
(1)Einheitstäter
(2)Handeln für einen anderen
ee)Rechtswidrigkeit
(1)Notwehr/Nothilfe
(2)Rechtfertigender Notstand
ff)Vorwerfbarkeit
(1)Verantwortlichkeit
(2)Verhaltensformen
(3)Unrechtsbewusstsein
(4)Zumutbarkeit
gg)Konkurrenzen
(1)Handlungseinheit
(2)Handlungsmehrheit
(3)Zusammentreffen von Ordnungswidrigkeit und Straftat
(4)Gesetzeskonkurrenz
b)Verfahrenshindernisse
aa)Verjährung
bb)Verfolgungshindernis der Verwarnung
cc)Verfolgungshindernis gegenüber Personen
2.Zuständigkeiten und Befugnisse
a)Sachliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden
b)Befugnisse
3.Sachliche Zuständigkeiten und Befugnisse der Polizei
a)Polizei als Verwaltungsbehörde
b)Polizei als Verfolgungsbehörde
c)Polizei als nicht zuständige Verfolgungsbehörde
d)Polizei als Ermittlungsorgan der zuständigen Verwaltungsbehörde
e)Befugnisse der Polizei
f)Sachliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft
g)Ermittlungsverbote
4.Zwangsweise Durchsetzung von Anordnungen/Verfügungen
IV.Rechtsbehelfe im Ermittlungsverfahren
1.Formlose Rechtsbehelfe
a)Gegenvorstellung
b)Aufsichtsbeschwerde
aa)Fachaufsichtsbeschwerde
bb)Dienstaufsichtsbeschwerde
c)Rechtsschutz
2.Förmliche Rechtsbehelfe
a)Spezielle Rechtsmittel und Rechtswege
b)Allgemeine Rechtsmittel
B.Eingriffsbefugnisse
§ 1Generalklausel
I.Ermächtigung
1.Voraussetzungen
2.Rechtsfolge
a)Informationserhebungen
b)Unzulässige Maßnahmen
3.Richtung der Maßnahmen
4.Anordnungsbefugnisse
II.Schranken der Ermächtigung
1.Allgemeine Rechtmäßigkeitsanforderungen
2.Besondere Rechtmäßigkeitsanforderungen
III.Form- und Verfahrensvorschriften
IV.Anwendungsbeispiele
V.Auskunftsersuchen an Behörden
§ 2Identitätsfeststellung
I.Identitätsfeststellung bei Verdächtigen
1.Ermächtigung
2.Voraussetzungen
3.Zugelassene Rechtsfolgen
a)Erforderliche Maßnahmen
b)Erweiterte Rechtsfolge (Festhalten)
4.Richtung der Maßnahme
5.Anordnungsbefugnisse
6.Schranken der Ermächtigung
7.Form- und Verfahrensvorschriften
8.Anwendungsbeispiele
II.Identitätsfeststellung bei anderen Personen
1.Ermächtigung
2.Voraussetzungen
3.Zugelassene Rechtsfolgen
a)Erforderliche Maßnahmen
b)Erweiterte Rechtsfolge
c)Einschränkung der Datenerhebung
4.Richtung der Maßnahme
5.Anordnungsbefugnisse
6.Schranken der Ermächtigung
7.Form- und Verfahrensvorschriften
a)Belehrungspflichten
b)Festhalten
8.Anwendungsbeispiele
III.Festhalten zur Identitätsfeststellung
1.Zeitliches Übermaßverbot
2.Vorführung, § 163c Abs. 1 Satz 2 StPO
3.Höchstdauer des Festhaltens, § 163c Abs. 2 StPO
4.Pflichten aus §§ 114a bis 114c StPO
5.Benachrichtigung
6.Anordnungsbefugnis
7.Vernichtung des erkennungsdienstlichen Materials, § 163c Abs. 3 StPO
§ 3Anhörung/Vernehmung im Ermittlungsverfahren
I.Anhörung/Vernehmung des Betroffenen
1.Vernehmungsermächtigungen
a)Voraussetzungen
b)Rechtsfolge
aa)Vorladung zur Vernehmung durch die Verfolgungsbehörden
bb)Vorladung zur Vernehmung durch die Polizei
cc)Form der Vorladung
c)Richtung der Maßnahme
d)Anordnungsbefugnis
2.Schranken der Ermächtigung
a)Allgemeine Rechtmäßigkeitsanforderungen
b)Besondere Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen
3.Verfahrens- und Formvorschriften
a)Belehrungspflichten
aa)Bekanntgabe der zur Last gelegten Tat
bb)Hinweis auf Freiwilligkeit der Aussage
cc)Verteidigerkonsultation
dd)Beweisanträge
b)Weitere Verfahrensvorschriften
c)Anhörung/Vernehmung Minderjähriger
d)Zeitpunkt und Inhalt der Vernehmung
4.Anwendungsbeispiele
II.Anhörung/Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen
1.Vernehmungsermächtigungen
a)Voraussetzungen
b)Rechtsfolgen
aa)Vernehmung durch die Verfolgungsbehörde
bb)Vernehmung durch die Polizei
cc)Form der Vorladung
dd)Richtung der Maßnahme
c)Anordnungsbefugnisse
2.Schranken der Ermächtigung
a)Allgemeine Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen
b)Besondere Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen
aa)Verbotene Vernehmungsmethoden
bb)Zeugnisverweigerungsrechte
(1)Das Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen
(2)Das Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen Gründen
cc)Auskunftsverweigerungsrechte
dd)Verschwiegenheitspflicht öffentlich Bediensteter
3.Form- und Verfahrensvorschriften
a)Belehrungspflichten
aa)Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht von Angehörigen
bb)Belehrung über das Auskunftsverweigerungsrecht
cc)Belehrungsverfahren bei Minderjährigen und Betreuten
dd)Belehrung von Sachverständigen
b)Identitätsfeststellung vor der Vernehmung
c)Ermahnung zur Wahrheit
d)Einzelvernehmung und Gegenüberstellung
e)Verbot der Bloßstellung
f)Aufzeichnung der Vernehmung auf Bild-/Tonträger
g)Anwaltlicher Beistand (§ 68b StPO)
h)Ermittlung be- und entlastender Umstände
i)Vernehmungsfähigkeit
4.Anwendungsbeispiele
§ 4Erkennungsdienstliche Maßnahmen
I.Ermächtigung
1.Voraussetzungen
2.Rechtsfolgen
3.Richtung der Maßnahme
4.Anordnungsbefugnis
II.Schranken der Ermächtigung
III.Form- und Verfahrensvorschriften
IV.Anwendungsbeispiele
§ 5Sicherstellung und Beschlagnahme von Beweismitteln
I.Grundvoraussetzungen für die Sicherstellung/Beschlagnahme
1.Ermächtigung
a)Voraussetzungen
b)Rechtsfolge
aa)Sicherstellung
bb)Beschlagnahme
c)Richtung der Maßnahme
d)Anordnungsbefugnis
2.Schranken der Ermächtigung
a)Allgemeine Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen
b)Besondere Rechtmäßigkeitsanforderungen
3.Verfahrens- und Formvorschriften
II.Weitere Schranken der Beschlagnahmeermächtigung
1.Beschlagnahmeverbote (§ 97 StPO)
a)Angehörige und besondere Vertrauenspersonen
aa)Schriftliche Miteilungen, § 97 Abs. 1 Nr. 1 StPO
bb)Aufzeichnungen einer Vertrauensperson, § 97 Abs. 1 Nr. 2 StPO
cc)Andere Gegenstände/Ärztliche Untersuchungsbefunde, § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO
dd)Grenzen des Beschlagnahmeverbots
b)Abgeordnete
c)Mitarbeiter von Presse und Rundfunk
2.Verfassungsrechtliches Beschlagnahmeverbot
3.Behördenakten
4.Beschlagnahme bei der Post
5.Durchsicht von Papieren
6.Beschlagnahme bei der Bundeswehr
III.Konkurrenz zu § 111b StPO
IV.Anwendungsbeispiele
V.Herausgabe sichergestellter Sachen, Kosten
§ 6Sicherheitsleistung
I.Ermächtigung zur Sicherheitsleistung
1.Voraussetzungen
2.Rechtsfolge
3.Richtung der Maßnahme
4.Anordnungsbefugnis
II.Art und Weise der Sicherheitsleistung
III.Ermächtigung zur Beschlagnahme
IV.Maßnahmen zur Auffindung der Sicherheitsleistung
V.Verfahrens- und Formvorschriften
VI.Anwendungsbeispiele
§ 7Sicherstellung/Beschlagnahme von Einziehungs- und Verfallsgegenständen/Rückgewinnungshilfe
I.Beschlagnahmeermächtigung
1.Ermächtigungen
a)Einziehungsvoraussetzungen
b)Rechtsfolge
c)Richtung der Maßnahme
d)Anordnungsbefugnis
2.Verfahrens- und Formvorschriften
II.Einziehung
1.Einziehung beim Täter
a)Einziehung infolge vorwerfbaren Handelns
b)Einziehung zur Gefahrenabwehr
2.Erweiterte Einziehung
3.Einziehung des Wertersatzes
4.Einziehung von Schriften
III.Verfall
1.Gewinnabschöpfung beim Täter
2.Haftung von Mittätern
3.Gewinnabschöpfung bei anderen Personen (Drittverfall)
4.Haftung von Tätern und Dritten
5.Schätzung des Taterlangten
6.Selbstständiges Verfahren
7.Entscheidung über Geldbuße oder Verfall
8.Verhältnismäßigkeit der Verfallsanordnung
IV.Rückgewinnungshilfe/Notveräußerung
§ 8Körperliche Untersuchung
I.Körperliche Untersuchung des Betroffenen
1.Einfache körperliche Untersuchung
a)Voraussetzungen
b)Rechtsfolge
c)Richtung der Maßnahme
d)Anordnungsbefugnisse
2.Körperliche Eingriffe
a)Voraussetzungen
b)Rechtsfolgen
c)Richtung der Maßnahme
d)Anordnungsbefugnis
3.Schranken der Ermächtigung
4.Verfahrens- und Formvorschriften
5.Anwendungsbeispiele
II.Körperliche Untersuchung bei anderen Personen
1.Einfache körperliche Untersuchung
a)Voraussetzungen
b)Rechtsfolge
c)Richtung der Maßnahme
d)Anordnungsbefugnis
2.Körperliche Eingriffe
a)Voraussetzungen
b)Rechtsfolge
c)Richtung der Maßnahme
d)Anordnungsbefugnis
3.Schranken der Ermächtigung
4.Verfahrens- und Formvorschriften
5.Anwendungsbeispiele
§ 9Durchsuchung
I.Durchsuchung beim Verdächtigen
1.Ermächtigung
a)Voraussetzungen
aa)Verdächtiger
bb)Durchsuchungszweck
cc)Erfolgsvermutung
b)Zugelassene Rechtsfolgen
c)Richtung der Maßnahme
d)Anordnungs- und Durchführungsbefugnis
2.Schranken der Ermächtigung
a)Verhältnismäßigkeit
b)Nächtliche Haussuchungen (§ 104 StP0)
c)Durchsuchung bei der Bundeswehr
d)Durchsicht von Papieren und Schriften
3.Verfahrens- und Formvorschriften
a)Hinzuziehung von Zeugen, § 105 StPO
b)Anwesenheitsrecht
c)Bekanntgabe des Durchsuchungsgrundes, § 106 StPO
d)Bescheinigung/Kennzeichnung bestimmter Sachen, § 107 StPO
4.Zufallsfunde
5.Anwendungsbeispiele
II.Durchsuchung bei anderen Personen
1.Ermächtigung
a)Voraussetzungen
b)Rechtsfolgen
c)Richtung der Maßnahme
d)Anordnungsbefugnis
2.Schranken der Ermächtigung
3.Verfahrens- und Formvorschriften
4.Anwendungsbeispiele
§ 10Festnahme wegen Störung einer Amtshandlung
I.Ermächtigung
1.Voraussetzungen
2.Rechtsfolge
3.Richtung der Maßnahme
4.Anordnungsbefugnis
II.Schranken der Ermächtigung
III.Verfahrens- und Formvorschriften
§ 11Bildaufnahmen durch verdeckten Einsatz technischer Mittel
I.Ermächtigung
1.Voraussetzungen
a)gegen Betroffene
b)gegen andere Personen
2.Zugelassene Rechtsfolgen
3.Richtung der Maßnahme
4.Anordnungsbefugnis
II.Schranken der Ermächtigung
III.Verfahrens- und Formvorschriften
IV.Anwendungsbeispiele
§ 12Bestandsdatenauskunft
I.Ermächtigung
1.Abruf von Bestandsdaten (Abs. 1 Satz 1)
2.Abruf von Zugangsdaten (Abs. 1 Satz 2)
3.Auskunftserteilung
4.Anordnungsbefugnis
a)Bestandsdaten
b)Zugangsdaten
II.Schranken der Ermächtigung
III.Form- und Verfahren
IV.Anwendungsbeispiele
§ 13Verwarnung geringfügiger Ordnungswidrigkeiten
I.Verwarnung durch die Verwaltungs-/Verfolgungsbehörde
II.Verwarnung durch Beamte des Außendienstes und der Polizei
III.Anfechtung /Rücknahme der Verwarnung
1.Anfechtung der Verwarnung
2.Rücknahme der Verwarnung
3.Anwendungsbeispiele
§ 14Begriffsbestimmungen/Erläuterungen
Stichwortverzeichnis
Literaturverzeichnis
Artkämper/Schilling, Vernehmungen, 3. Auflage, Hilden 2014
Bär, TK-Überwachung, Köln 2010
Bialon/Springer, Eingriffsrecht, 2. Auflage, München 2014
Bohnert, OWiG, Kommentar zum Ordnungswidrigkeitengesetz, 3. Auflage, München 2010
Bohnert, Ordnungswidrigkeitenrecht – Grundrisse des Rechts, 4. Auflage, München 2010
BT-Drucksache 16/12098, Deutsche Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Verletzten und Zeuge im Strafverfahren (2. Opferrechtsreformgesetz), Drucksache 16/12098 vom 3.3.2009
BT-Drucksache 17/2637, Deutscher Bundestag – Gesetzentwurf der Bundesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Schutzes von Vertrauensverhältnissen zu Rechtsanwälten im Strafprozessrecht vom 22.7.2010
BT-Drucksache 17/12034, Gesetzentwurf der Bundesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft vom 9.1.2013
BT-Drucksache 17/12879, Beschlussempfehlung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksache 17/12034 – vom 20.3.1013
Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, Allgemeines Polizeirecht (Ordnungsrecht) des Bundes und der Länder, 9. Auflage, Köln 1986
Fischer, Strafgesetzbuch, 59. Auflage, 61. Auflage, München 2014
Gercke/Julius/Temming/Zöller, Strafprozessordnung – Heidelberger Kommentar, 5. Auflage, Heidelberg 2012
Göhler, Ordnungswidrigkeitenrecht, 16. Auflage, München 2012
Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 15. Auflage, München 2013
Graf, Strafprozessordnung, München 2010
Heger, Strafprozessordnung, Stuttgart 2013
Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland – Kommentar – 13. Auflage, München 2014
Joecks, Studienkommentar StPO, 3. Auflage, München 2011
Karlsruher Kommentar, zur StPO, 7. Auflage, München 2013
Karlsruher Kommentar, zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, Kommentar, 4. Auflage, München 2014
Keller, Eingriffsrecht Nordrhein-Westfalen (Fallsammlung), 3. Auflage, Stuttgart 2010
Keller, Telekommunikationsüberwachung und andere verdeckte Ermittlungsmaßnahmen, Stuttgart 2008
Keller/Braun/Hoppe, Telekommunikationsüberwachung und andere verdeckte Ermittlungsmaßnahmen, 2. Aufl., Stuttgart 2015
Klesczewski, Ordnungswidrigkeitenrecht, München 2010
Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, 11. Auflage, München 2007
König/Trurnit, Eingriffsrecht, 3. Auflage, Stuttgart 2014
Kramer, Grundbegriffe des Strafverfahrensrechts – Ermittlung und Verfahren, 8. Auflage, Stuttgart 2014
Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch – Kommentar – 28. Auflage, München 2014
Leitner/Michalke, Strafprozessuale Zwangsmaßnahmen, München 2007
Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Auflage, München 2012
Lübkemann, Strafrecht, Strafverfahrensrecht, Ordnungswidrigkeitenrecht, 27. Auflage, Hilden 2013
Maunz/Düring, Kommentar zum Grundgesetz Loseblatt Kommentar 73. Auflage, München 2015
Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung mit GVG und Nebengesetzen, Kommentar, 58. Auflage, München 2015
Münch/Kunig, Grundgesetz – Kommentar, 6. Auflage, München 2012
Mitsch, Recht der Ordnungswidrigkeiten, 2. Auflage, Berlin 2005
Murmann, Die strafprozessuale Zusatzfrage in der Prüfung, Jus-Beilage 2007 Heft 11
Nimtz, Strafprozessrecht für Polizeibeamte, Hilden 2012
Noak, Einführung ins Ordnungwidrigkeitenrecht, Zeitschrift für das Juristische Studium – www.zjs-online.com
Teil 1 – Ahndungsvoraussetzungen, ZJS 2/2012, Seiten 175 ff.
Teil 2 – Rechtsfolgen, ZJS 3/2012, Seiten 329 ff.
Teil 3 – Bußgeldverfahren, ZJS 4/2012, Seiten 458 ff.
Podolsky/Brenner, Vermögensabschöpfung im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren, 5. Auflage, Stuttgart 2012
Rosenkötter/Louis, Das Recht der Ordnungswidrigkeiten – Lehrbuch mit Beispielen, 7. Auflage, Stuttgart 2011
Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 28. Auflage, München 2014
Satzger/Schluckebier/ Widmaier, Strafprozessordnung – Kommentar, Köln 2014
Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch – Kommentar, 29. Auflage, München 2014
Schütte/Braun/ Keller, Polizeigesetz Nordrhein-Westfalen – Kommentar, Stuttgart 2012
Sensburg (Hrsg.), Staats- und Europarecht, Frankfurt 2014
Soine, Ermittlungsverfahren und Polizeipraxis, Heidelberg 2013
Spallek, Staatsrecht, Grundgesetz (mit Förderalismusreform) Allgemeine Staatslehre, Witten 2010
Schroeder/Verrel, Strafprozessrecht, 5. Auflage, München 2011
Thiel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Auflage, Baden-Baden 2014
Wieser, Handbuch des Bußgeldverfahrens, 6. Auflage, Stuttgart 2009
Wittern/Baßlsperger, Verwaltungs- und Verwaltungsprozessrecht, Grundriss für Ausbildung und Praxis, 19. Auflage, Stuttgart 2007
Höchstrichterliche Urteile und (sonstige) einzelne Fachbeiträge werden unmittelbar in den Fußnoten ausgewiesen.
Abkürzungsverzeichnis
A.Einführung
0.1 Das Ordnungswidrigkeitenrecht hat seine jetzige Ausformung erst nach 1945 erfahren. Gemeinsame Wurzeln verbinden es mit dem Strafrecht; seine Eigenständigkeit ist kein Naturgesetz. So gibt es z. B. in den Niederlanden kein vergleichbares Rechtsgebiet. ¹ Ordnungswidrigkeiten sind Rechtsverstöße, die keinen kriminellen Gehalt haben und daher nicht mit Strafe, sondern als Ordnungs(Verwaltungs)unrecht mit Geldbuße bedroht sind und geahndet werden können ². Sie haben einen schwächeren Diskriminierungseffekt und treffen kein sozialethisches Unwerturteil. ³ Gleichwohl spielen sie neben dem Strafrecht im Zusammenleben der Menschen eine tragende Rolle; denn sie schaffen Klarheit und bewirken ein gedeihliches Miteinander. Im wohlverstandenen Gemeinschaftsinteresse ist die Durchsetzung der Regeln unerlässlich. Darauf ausgerichtet ist der Zweite Teil des Ordnungswidrigkeitengesetzes, in dem das Bußgeldverfahren geregelt wird (Rn. 028 ff.).
Das Bußgeldverfahren ist ein gesetzlich geordnetes Verfahren, in dem über das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit zu entscheiden ist. Zum Schutz der Bürger bestimmt es die wesentlichen Aufgaben der Verfolgungsbehörden. Die Anwendung der dazu notwendigen Eingriffsbefugnisse in einem rechtstaatlichen Verfahren sind Verfassungsaufgaben. Vor diesem Hintergrund ist die gesetz- und rechtmäßige Anwendung der Eingriffsermächtigungen von besonderer Bedeutung.
I.Verfassungsrechtlicher Ansatz
0.2 Die Ordnungswidrigkeitenverfolgung ist eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung. Sie ist im Lichte des Art. 20 Abs. 3 GG wahrzunehmen. Grundlage des Handelns ist Art. 20 Abs. 3 GG, der die vollziehende Gewalt zur Beachtung von Gesetz und Recht verpflichtet. Damit verlangt das Grundgesetz von der Exekutive rechtsstaatliches Handeln.
Art. 20 GG (Auszug)
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
Mit der Bindung der Exekutive an Gesetz und Recht ist die Bindung an das Europäische Recht, an die Verfassung (einschließlich der Länderverfassungen), an die förmlichen Gesetze und die anderen Rechtsvorschriften einschließlich des Gewohnheitsrechts zu verstehen.⁴ Die Gesetzesbindung kommt vor allem auch in der Wahrung der Grundrechte zum Ausdruck.
Während unter den Gesetzesbegriff das geschriebene (kodifizierte) Recht fällt, erstreckt sich das Recht in erster Linie auf die ungeschriebenen Rechtsgrundsätze. Das Grundgesetz verlangt also von der Exekutive mehr als nur die Beachtung gesetzlicher Vorschriften. Gefordert ist gleichzeitig die Beachtung des Rechts. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass gesetzmäßiges Handeln auch immer dem Recht (Rn. 0.24) entsprechen muss.
0.3 Gesetzmäßigkeit und Rechtmäßigkeit können im Einzelfall konträr zueinander stehen, sodass gesetzmäßiges Handeln nicht immer (rechtsstaatlich) richtig sein muss. Materielle Gerechtigkeit ist nicht nur gesetzeskonformes Verhalten. Wenn auch eine widerlegbare Vermutung für die Rechtmäßigkeit einer gesetzmäßigen Maßnahme besteht, ist orientiert am Recht im Sinne von Art. 20 Abs. 3 GG im Einzelfall ein anderes Ergebnis denkbar und nicht ausgeschlossen.
1.Bindung an das Gesetz (Gesetzmäßigkeitsprinzip)
0.4 Die rechtsstaatlichen Bindungen der Verwaltungsbehörden sind in erster Linie durch die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gekennzeichnet. Verlangt wird ein Handeln mit dem Gesetz und entsprechend dem Gesetz. Unzulässig ist ein Tätigwerden gegen das Gesetz. Die Exekutive ist an die vom Gesetzgeber geschaffenen Regeln gebunden. Bei jeder Handlung muss die Exekutive die rechtlichen Vorgaben beachten. Die Exekutive hat also zunächst festzustellen, ob die von ihr beabsichtigte und schließlich veranlasste Maßnahme mit dem Gesetz übereinstimmt.
In Wissenschaft und Lehre wird in dieser Hinsicht zwischen Vorrang des Gesetzes und Vorbehalt des Gesetzes unterschieden.⁵ Erst nach Prüfung des Gesetzesvorrangs und des Gesetzesvorbehalts stellt sich die Frage, ob die Maßnahme dem Recht (im Sinne der ungeschriebenen Rechtsgrundsätze) entspricht.
Kay_Abb12.Vorrang des Gesetzes
0.5 Vorrang des Gesetzes bedeutet, dass die Exekutive Anordnungen des Gesetzgebers zu folgen hat und sie ausführen muss. Sie darf keine Anordnungen treffen, die dem Gesetz widersprechen. ⁶ Eine behördliche Maßnahme darf nicht gegen geltendes Recht verstoßen (negative Gesetzmäßigkeit). Die Prüfung der negativen Gesetzmäßigkeit ist zwar das mildeste Gesetzmäßigkeitsprinzip, zugleich aber auch Mindest-Prüfungsmaßstab. Das Gesetz hat Vorrang. Ein Unterlaufen der Gesetze ist unzulässig. ⁷
Der Gesetzesvorrang umfasst die Rechtmäßigkeit auf der formellen Ebene (formelle Rechtmäßigkeit), die sich auf sachliche Zuständigkeit und in diesem Kontext auf pflichtgemäße Ausübung des Entschließungsermessen und ggf. auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip (Rn. 0.15 und Rn. 0.26), die örtliche Zuständigkeit und die Beachtung bestimmter Verfahrens- und Formvorschriften erstreckt.
0.6
a) Sachliche Zuständigkeit. Mit der sachlichen Zuständigkeit bestimmt der Gesetzgeber den Tätigkeitsbereich (den Geschäftsbereich, den Kompetenzbereich) der Behörden. Sachliche Zuständigkeit ist die Verpflichtung und Berechtigung der angesprochenen Behörden, bestimmte öffentliche Aufgaben wahrzunehmen. Die Verwaltungsbehörde hat die bindende Verpflichtung, Gesetze tatsächlich ausführen. Dazu gehört die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten.
Ist die Ausführung der Bundesgesetze den Bundebehörden zugewiesen, bestimmen die Bundesministerien die zuständigen Behörden.
Ansonsten sind gemäß Art. 83 GG die Länder verpflichtet, die Bundesgesetze als eigene Aufgabe auszuführen (Aufgabenübertragung). In den (überwiegenden Fällen) regeln sie entsprechend Art. 84 GG die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren (sachliche Zuständigkeit).
Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach landesgesetzlichen Regelungen bestimmt der Landesgesetzgeber oder die von ihm ermächtigte Stelle unmittelbar und regelt zugleich die sachliche Zuständigkeit der Behörden (vertiefend unten Rn. 0.52).
Mit der Aufgabenzuweisung an bestimmte öffentliche Stellen wird sichergestellt, dass die Aufgaben fachspezifisch ausgeführt werden und für den Bürger Klarheit geschaffen wird, an welche öffentliche Einrichtung er sich im Bedarfsfall wenden kann.
Fallen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zusammen, „ist die Staatsanwaltschaft für die Verfolgung der Tat auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Ordnungswidrigkeit zuständig" (§ 40 OWiG).
Beispiel: Der betrunkene A hat nachts durch erheblichen Lärm die Nachtruhe anderer gestört. Als G ihn ermahnt und ihm droht, die Polizei zu rufen, versetzt ihm A eine Ohrfeige; hier fallen die Ordnungswidrigkeit wegen nächtlicher Ruhestörung und die Straftat der Körperverletzung zusammen.
Beispiel: Der betrunkene A hat die Nachtruhe anderer gestört. Das hat B so verärgert, dass er den A verprügelt – der Zusammenhang ist dadurch begründet, dass A eine Ordnungswidrigkeit und der B eine Straftat begangen hat
Bei der Verfolgung zusammenhängender Ordnungswidrigkeiten, für deren Verfolgung im Einzelnen verschiedene Behörden zuständig sind, sind die §§ 38 und 39 OWiG maßgebend.
0.7
b) Örtliche Zuständigkeit. Örtliche Zuständigkeit bedeutet Gliederung der Verwaltungsbehördengewalt in regionaler Hinsicht. Damit weist der Gesetzgeber einer Behörde die Fläche zu, innerhalb der sie ihre Aufgaben wahrzunehmen hat.
Die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit sind verwaltungsorganisationsrechtliche Regeln, welche die Gebietshoheit konkretisieren. Mit der Beschränkung behördlicher Tätigkeit auf begrenzte Gebiete soll gewährleistet werden, dass bestimmte Sachverhalte nicht zugleich von anderen Behörden aufgegriffen werden, dass das Verwaltungshandeln überschaubar bleibt und Gewohnheitsrechte, regional unterschiedliche Gebräuche, Umgangsregeln oder Gewohnheiten bei der Rechtsanwendung in angemessenem Rahmen Beachtung finden.
Maßgeblich sind die bundes- oder landesorganisationsrechtlichen Vorschriften.
0.8
c) Form- und Verfahrensvorschriften. In zahlreichen Vorschriften bestimmt der Gesetzgeber, wie zu handeln ist. Damit gibt er der Verwaltungsbehördenbehörde vor, in welcher Art und Weise das Gesetz auszuführen oder wie dabei die Rechtsstellung des Bürgers zu wahren ist (Form-/Verfahrensvorschriften). Die Verwaltungsbeamten als Amtswalter der Behörde sind entsprechend Art. 20 Abs. 3 GG an die gesetzlichen Vorschriften gebunden und verpflichtet, entsprechend zu verfahren.
Form- und Verfahrensvorschriften sichern dem Bürger ein faires Verfahren, weitgehend Transparenz und Mitwirkungsmöglichkeit bis hin zur Entscheidung über die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes. Sie gewährleisten, dass der Mensch nicht zum bloßen Objekt staatlichen Handelns gemacht wird.
Zu den Formvorschriften bei der Ordnungswidrigkeitenverfolgung gehören z. B.
– die Vorschrift über die Bekanntmachung von Anordnungen oder Verfügungen nach § 50 OWiG oder
– die Bekanntgabe des Grundes vor der Personalienfeststellung nach § 46 Abs. 2 OWiG i. V. m. § 163b Abs. 1 und 2 StPO oder
– die Belehrungspflichten vor einer Vernehmung
– Bekanntgabe des Datenerhebungszwecks gemäß § 4 BDSG⁸
3.Vorbehalt des Gesetzes⁹
0.9 Der aus Art. 20 Abs. 3 GG resultierende Grundsatz „Vorbehalt des Gesetzes" verlangt materielle Rechtmäßigkeit. Es gilt das Gesetzmäßigkeitsprinzip im positiven Sinne. Als strenges Gesetzmäßigkeitsprinzip fordert es, dass Rechtseingriffe (Rn. 14.1) einer gesetzlichen Ermächtigung bedürfen.
Belastet die Verwaltungsbehörde den Bürger mit Anordnungen, Befehlen oder Verboten und greift sie damit in die Rechtssphäre des Bürgers ein, so muss sie dazu gesetzlich ermächtigt sein. Ihr Handeln unterliegt uneingeschränkt dem Vorbehalt des Gesetzes.¹⁰ Der Gesetzgeber hat die entscheidenden Grundlagen eines zu regelnden Rechtsbereiches, der den Freiheits- und Gleichheitsanspruch des Bürgers wesentlich tangiert, selbst festzulegen und darf dies nicht der Verwaltung überlassen. Diese Entscheidung des Gesetzgebers hat die Exekutive zu beachten. Eingriffsmaßnahmen, die ohne die erforderliche gesetzliche Ermächtigung ergehen, sind rechtswidrig.¹¹
0.10
a) Ermächtigungen/Befugnisse. Ermächtigungsgrundlagen sind Rechtssätze, die der Verwaltungsbehörden unter bestimmten festgelegten Voraussetzungen erlauben, die Rechte eines Menschen zu beeinträchtigen, zu beschränken, zu verändern, aufzuheben, zu verneinen, zu begründen oder festzustellen.
Befugnisse zur Ordnungswidrigkeitenverfolgung enthält (über die Transmissionsklauseln der §§ 46 und 53 OWiG) die StPO, die entsprechend der Regelungen im OWiG auf einen unkomplizierten, aufwandsarmen und schnelleren Verfahrensgang gerichtet sind.¹²
§ 46 OWiG Anwendung der Vorschriften über das Strafverfahren (Auszug)
(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.