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Stress- und Gesundheitsmanagement als Führungsaufgabe
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eBook302 Seiten6 Stunden

Stress- und Gesundheitsmanagement als Führungsaufgabe

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Über dieses E-Book

Die Leistungsfähigkeit und die Gesundheit von Mitarbeitern/innen sind zunehmend wichtige Faktoren für den Erfolg einer Organisation. Der demografische Wandel, die Zunahme von psychischen Belastungen und die ansteigende Arbeitsverdichtung sind nur einige zu nennende Punkte, die auch für eine öffentliche Verwaltung immer stärker zutreffen.
Führungskräfte haben in ihrem Führungsverhalten einen bedeutsamen Einfluss auf die Gesundheit und Leistung ihrer Mitarbeiter/innen. Dabei ist die Leistungsfähigkeit und Gesundheit der Führungskraft selbst eine wichtige Voraussetzung. Das Buch hat zum Ziel, Führungskräften Wissen über den Einfluss gesundheitsfördernden Verhaltensweisen und Maßnahmen zu vermitteln und für die Thematik zu sensibilisieren. Es zeigt darüber hinaus praxisnahe Methoden, Instrumentarien und Techniken auf (anhand von Fallbeispielen), um sowohl die eigene Gesundheit und Leistungsfähigkeit, aber auch die der Mitarbeiter/innen zu fördern und gesundheitsförderliche bzw. stressmindernde Rahmenbedingungen zu gestalten.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum26. Juni 2015
ISBN9783829311724
Stress- und Gesundheitsmanagement als Führungsaufgabe

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    Buchvorschau

    Stress- und Gesundheitsmanagement als Führungsaufgabe - Melanie Holz

    [1] 1  Einleitung

    Stress- und Gesundheitsmanagement als Führungsaufgabe ist ein Thema von zunehmender Relevanz. Fragen zum Thema Gesundheit, Stress und Fehlzeiten beschäftigen viele Bereiche. Sowohl Politik, Wissenschaft, Wirtschaft als auch der öffentliche Dienst suchen nach Antworten und Lösungen. Die psychosoziale Gesundheit wird als eine Kernherausforderung des 21. Jahrhunderts betrachtet. Die WHO hat negativen Stress zur größten Gesundheitsgefahr für das 21. Jahrhundert erklärt. Das hier vorliegende Buch betrachtet dieses Thema im Kontext der Arbeitstätigkeit und von der Perspektive der Führungskraft. Im Schwerpunkt geht es in diesem Buch darum, Führungskräften Wissen über den Einfluss gesundheitsfördernder Verhaltensweisen und Maßnahmen zu vermitteln, für die Thematik zu sensibilisieren und Sicherheit im Arbeitsalltag zu gewinnen. Es zeigt darüber hinaus praxisnahe Methoden, Instrumentarien und Techniken auf, um sowohl die eigene Gesundheit und Leistungsfähigkeit, aber auch die der Mitarbeiter zu fördern und gesundheitsförderliche bzw. stressmindernde Rahmenbedingungen zu gestalten. In den ersten Kapiteln wird theoretisch zu dem Thema hingeleitet und ein Überblick über das Gesundheitsmanagement in Verwaltungen gegeben und ein Rollenverständnis zum Thema „Gesund Führen" dargestellt. In den weiteren Kapiteln werden Ursachen und Zusammenhänge zwischen Führung und Wohlbefinden hergeleitet und zahlreiche praxisbezogene Beispiele vorgestellt und mögliche Lösungsansätze für Führungskräfte aufgezeigt.

    Hinweis: Der Leserlichkeit und des Umfangs wegen werden nur die männlichen Bezeichnungen verwendet; selbstverständlich sind auch die weiblichen Vertreterinnen gemeint.

    1.1  Veränderungen in der Arbeitswelt und in der Gesellschaft

    Die Leistungsfähigkeit und die Gesundheit von Mitarbeitern sind zunehmend wichtige Faktoren für den Erfolg einer Organisation. Dieses Thema gewinnt stetig an Bedeutung, da sich zum einen die Bedingungen in der Arbeitswelt und zum anderen aber auch die Bedingungen in der Gesamtgesellschaft verändert haben. Im Zusammenhang mit den wichtigsten Veränderungen in der Arbeitswelt in den letzten Jahrzehnten ist eine zunehmende Arbeitsverdichtung, gekoppelt mit einer zusätzlichen Personalverknappung zu beobachten. In einer Veröffentlichung der Hans Böckler Stiftung (Böckler impuls 3/2012) wird dargestellt, dass die Zahl der Staatsbediensteten von 1991 bis 2010 um 1,6 Millionen gesunken ist (dies entspricht ca. 30 %). Ebenso erleben wir in den letzten Jahren einen wachsenden Qualifikations- und Zeitdruck. Auch die Komplexität in den Arbeitsanforderungen hat sich gesteigert und es sind wachsende Anforderungen an Dokumentation und Controlling zu beobachten (s. vertiefend Stressreport, 2012). Immer häufiger fallen daher Begriffe wie Flexibilisierung und Entgrenzung der Arbeit, Fachkräftemangel oder Lebenslanges Lernen. Zudem wird von der Halbwertszeit des Wissens gesprochen, was beinhaltet, sich immer wieder auf einen neuen Wissensstand zu bringen, da Wissen zunehmend schnell veraltet. Zur Folge haben diese neuen Arbeitsanforderungen, dass sich immer weniger Routine einstellt und ständige Änderungen bzw. Neuerungen (z. B. Organisationsentwicklungsprozesse, neue Gesetze, Restrukturierungen, neue PC-Programme oder andere neue Wissenselemente) den Alltag vieler Arbeitnehmer prägen. Auch die neuen Medien und Kommunikationsmittel haben längst Einzug in die Arbeitswelt der [2] öffentlichen Verwaltung gehalten und wir erleben eine zunehmende Informationsdichte. Eine letzte bedeutsame Veränderung in der Arbeitswelt sind die zunehmend stärker psychisch fordernden Dienstleistungen. Zum einen hat sich das Klientel (z. B. die Bürger) gewandelt. Bürger erwarten heute viel stärker einen „guten Service", sind anspruchsvoller und auch vielseitiger in ihrer Erscheinung. Im Rahmen des Diversitätsansatzes (Pluralisierung moderner Gesellschaften bzw. Vielfalt in der Gesellschaft und Lebensentwürfen) sind daher auch interkulturelle Anforderungen zunehmend von größerer Wichtigkeit. In der Sprache des öffentlichen Dienstes sind Begriffe wie Serviceorientierung, Qualitätsanspruch und Kundennähe mittlerweile selbstverständlich. Das typische heutige Schulungsprogramm einer öffentlichen Verwaltung enthält daher zahlreiche Fortbildungen zu Themen wie Bürgernähe, Diversität am Arbeitsplatz oder Deeskalation. Gleichzeitig nimmt auch der Kostendruck stetig zu und es finden sich gehäuft unsichere Arbeitsverhältnisse (z. B. befristete Stellen, Kündigungswellen, Stellenabbau, Zusammenlegungen etc.), wobei sich der letzte Aspekt im öffentlichen Dienst im Vergleich zur Privatwirtschaft noch eher moderat verhält. Insgesamt ist aber eine zunehmende Diversität von Beschäftigungsmodellen festzustellen ( Rigotti/Mor , 2011). Diese veränderten Herausforderungen in der Arbeitswelt prägen auch die moderne Verwaltung und stehen ebenso in der Führungsarbeit zunehmend im Fokus.

    Diesen Bewegungen in der Arbeitswelt stehen zudem parallel gesellschaftliche Veränderungen gegenüber bzw. beide Seiten bedingen und verstärken sich gegenseitig. Ein erster Punkt hinsichtlich eines typischen gesellschaftlichen Wandels ist, dass wir heutzutage immer weniger reale soziale Netze oder/und stabile Familienstrukturen vorfinden. Beispielsweise hat die Zahl an alleinerziehenden, alleinlebenden Haushalten und Scheidungen zugenommen (s. Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2013). Organisationen begegnen dieser Thematik beispielsweise mit immer flexibleren Arbeitszeitmodellen und das Konzept von Vereinbarkeit Beruf und Familie ist heute ein selbstverständliches Thema in jeder guten Verwaltung (s. auch Kap. 12.4). Zudem ist unsere Gesellschaft geprägt von einem starken Drang zur Individualisierung (Drang nach Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung) und wir befinden uns nach wie vor in einer Art Wettbewerbsund Leistungsgesellschaft, in der Themen wie Leistungsfähigkeit, Effizienz und Produktivität einen hohen Stellenwert einnehmen (s. auch Entwicklungen zum Thema Leistungsentgelt im Zusammenhang mit dem Tarifvertrag im öffentlichen Dienst). Auch die Globalisierung und der demografische Wandel machen sich in der öffentlichen Verwaltung bemerkbar. Organisationen bzw. Verwaltungen müssen sich zunehmend dem Thema Demografie stellen. Durch die Anhebung des Renteneintrittsalters, gekoppelt mit einer zahlenmäßig großen Gruppe, die sich in der kritischen Altersstufe von 45 bis 60 befindet (Baby-Boomer), sind Verwaltungen mit der Frage konfrontiert, wie man die Arbeits- und Leistungsfähigkeit bzw. die Gesundheit der Mitarbeiter bis ins hohe Alter erhalten kann. Das Thema Demografiewandel wird vertieft in Kap. 12.1 aufgegriffen. Sicherlich gibt es noch einige weitere Themen, die in diesem Zusammenhang aufgeführt werden könnten (z. B. veränderte Mobilität oder wachsende soziale Differenzierung), die aber an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden sollen. Fazit ist, Arbeitswelt und Gesellschaft befinden sich in einem Prozess der ständigen Bewegung. Beide Bereiche haben sich tiefgreifend verändert und dies hat auch entsprechende Auswirkungen (s. nachfolgendes Kap.).

    [3] 1.2  Folgen und Auswirkungen

    Die dargestellten Veränderungen in der Arbeitswelt und der Gesellschaft bleiben nicht ohne Folgen. Schon heute liegt der Anteil arbeitsbedingter Krankheiten bei ca. 30 % der insgesamt Erkrankten (Kuhn, 2000). In der Europäischen Union (EU) werden die Kosten, mit steigender Tendenz, von Arbeitsstress auf 5-10 % des Bruttosozialproduktes geschätzt. Ebenso geht die EU davon aus, dass ca. 40 Millionen Arbeitnehmer der 15 (Western) Member States von Arbeitsstress betroffen sind, und dass dies die EU ca. 20 Milliarden Euro jährlich kostet (Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, 2002). Die Kosten durch Fehlzeiten bzw. gesundheitsbedingte Produktionsausfälle in der Bundesrepublik werden insgesamt auf ca. 38 Milliarden Euro geschätzt. Nicht einbezogen sind dabei Fehlzeiten von weniger als drei Tagen sowie Kosten vermeidbarer Unfalle, Berufskrankheiten, Behandlung und Frühverrentung (www.baua.de/statistik). Die bei der Unfall-, Kranken- und Rentenversicherung anfallenden Kosten von Produktionsausfällen durch arbeitsbedingte Erkrankungen werden auf ca. 44 Milliarden Euro geschätzt und die Ausgaben der gesetzlichen Unfallversicherungen für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten liegen bei ca. 11 Milliarden Euro. Ein Thema, welches viele Krankenkassen und Gesundheitsorganisationen (z. B. WHO) beschäftigt, ist die starke Zunahme an psychischen Erkrankungen. Die DAK sagte bereits 2005: „(…) psychische Störungen werden bis 2020 die zweithäufigste Ursache für Arbeitsausfälle und verminderte Arbeitsfähigkeit sein." Der BKK Gesundheitsreport betitelte seine Ausgabe bereits 2008 mit dem Titel „Seelische Krankheiten prägen das Krankheitsgeschehen." Die Zahl der Arbeitsunfähigkeitsfälle ist aufgrund psychischer Erkrankungen in Deutschland in den letzten 10 Jahren um 74 % gestiegen.

    Die ausgeführten Zahlen haben sicherlich vielfältige Ursachen, dennoch sind sich die meisten Experten einig, dass die Arbeitswelt und die dort erlebten Stressoren und Ressourcen ebenso im bedeutsamen Zusammenhang mit Gesundheit und Wohlbefinden stehen. Insofern ist das Thema Gesundheits- und Stressmanagement in den Betrieben angekommen und wird zunehmend als wichtige Leitungsaufgabe betrachtet und häufig in Form eines betrieblichen Gesundheitsmanagements umgesetzt (im Folgenden BGM genannt). Zunächst noch als eine Aufgabe übergeordneter Stellen oder Funktionen (Personalabteilung, Gesundheitsbeauftragter) eingeführt, wird zunehmend deutlich, dass das Thema Stress- und Gesundheitsmanagement eine Aufgabe ist, bei der Führungskräfte in ihrem Führungsverhalten an der Basis einen bedeutsamen Einfluss auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter haben. Dabei ist die Leistungsfähigkeit und Gesundheit der Führungskraft selbst eine wichtige Voraussetzung. Es geht daher im Schwerpunkt bei dem Thema Stress- und Gesundheitsmanagement als Führungsaufgabe darum, sich als Führungskraft für diese Aufgabe die notwendigen Kompetenzen anzueignen, Vorbild zu sein und das entsprechende Rollenverständnis zu entwickeln (s. auch Kap. 3).

    [4]

    [5] 2  Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)

    Der Stellenwert des Betrieblichen Gesundheitsmanagements oder der betriebliche Gesundheitsförderung in Verwaltungen nimmt stetig zu, obgleich einige Organisationen diesem Thema nach wie vor zu wenig Beachtung schenken, den Nutzen nicht erkennen, die Verantwortung nur unzureichend übernehmen oder das Thema einfach auf das betroffene Individuum oder andere Stellen abschieben. Bevor im Folgenden die Rolle der Führungskraft im Zusammenhang mit Gesundheit und Stress am Arbeitsplatz näher ausgeführt wird, soll vorab ein allgemeiner Überblick über das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) in der öffentlichen Verwaltung gegeben werden.

    2.1  Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) im öffentlichen Dienst

    Was versteht man genau unter BGM? Daher zunächst eine allgemeine Definition:

    Definition BGM:

    Unter BGM wird das systematische und nachhaltige Bemühen um die gesundheitsförderliche Gestaltung von Strukturen und Prozessen und um die gesundheitsförderliche Befähigung der Beschäftigten verstanden (Expertenkommission, 2004).

    Das BGM umfasst alle Aktivitäten im Bereich des gesetzlichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes und der betrieblichen Gesundheitsförderung, die mittels Managementmethoden gesteuert und koordiniert werden (Pfaff, 2003).

    Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch eine Abgrenzung zu dem klassischen Arbeitsschutz. Der klassische Arbeitsschutz findet häufig in Form von regelmäßig (z. B. einmal im Jahr), meist von einem Sicherheitsbeauftragten, durchgeführten Begehungen statt und kann eher als eine Schutzperspektive aufgefasst werden, bei der im Schwerpunkt das Vermeiden bzw. Beseitigen gesundheitsgefährdender Arbeitsbedingungen im Fokus steht (z. B. Kabel- und Steckdosenüberprüfung, Ergonomie der Schreibtische und Stühle oder Messung von Licht- und Lärmverhältnissen bzw. Schadstoffbelastungen). Beim BGM geht es stärker um eine permanente Integration des Themas Gesundheit in die Betriebsroutinen und es beinhaltet ein kontinuierliches Betreiben der fünf Kernprozesse Diagnostik, Planung, Präventions- und Interventionssteuerung und Evaluation (s. Abb. 1).

    [6]

    Abb. 1: Kernprozesse des BGM

    BGM ist daher auch als eine Gesamtstrategie gesundheitsbezogener Maßnahmen (im Gegensatz zu Einzelmaßnahmen) zu definieren oder anders ausgedrückt „Gesundheit als langfristige Führungsstrategie im Gegensatz zur „korrektiven Arbeitsgestaltung. Die Zuständigkeit eines guten BGM liegt insofern auch stärker bei der Leitung, im Gegensatz zur Delegation an den Betriebsarzt oder/und die Arbeitssicherheitsabteilung. Das BGM ist demzufolge als Teil der gesamten Personalstrategie aufzufassen und in das Gesamtkonzept und in die Kultur der Organisation zu integrieren (z. B. im Führungsleitbild, im Organisationsleitbild, bei der Personalauswahl oder bei der Personalentwicklung). In der Regel stellt daher auch eine Organisation für dieses Thema ein festes Budget zur Verfügung und es sind mehrere Personengruppen beteiligt. In der Regel setzen sich Personalwesen, Leitungen, Führungskräfte von verschiedenen Hierarchieebenen, Personalrat, Arbeitsmediziner, Sicherheitsbeauftragte, Frauenbeauftragte, Schwerbehindertenvertretung und Externe mit dem BGM auseinander und bearbeiten dieses Thema regelmäßig in Arbeitskreisen, Projektgruppen oder im Rahmen von Klausurtagungen.

    Das Thema BGM wird schon länger in der öffentlichen Verwaltung behandelt. Die Verwaltungen übernehmen zunehmend Verantwortung und integrieren das Thema in ihre Personalstrategiekonzepte.

    Die Verwaltung ist stärker als die Privatwirtschaft gefordert, da personelle Ausfälle und Fehlzeiten nicht ohne Weiteres durch Neubesetzung oder Stellenaufstockung ausgeglichen werden können.

    Da in vielen Behörden hohe Fehlzeiten ein großes Problem darstellen, ist das „gute Haushalten" bzw. die Gesundheit der Mitarbeiter als wichtige Ressource zunehmend ein bedeutender Arbeitsauftrag. Mittlerweile führen vielen Stadtverwaltungen oder auch größere Kommunen regelmäßig Benchmark-Untersuchungen durch, um die Fehlzeiten genauer zu analysieren. Ebenso gehört das Dokumentieren von BEM-Fällen (Betriebliches Eingliederungsmanagement s. auch Kap. 8.2.4) dazu. Dass ein gutes BGM diesen Fehlzeiten entgegenwirken kann, belegen auch zahlreiche Studien (s. auch http://www.baua.de). Durch BGM lassen sich mittelfristig und langfristig Kosten sparen, da ein gutes Gesundheitsmanagement arbeitsbedingte Erkrankungen und Unfälle reduziert. Schätzungen gehen [7] von mindestens 15 % Senkung der Kosten aus (Institut für Wirtschaftsforschung). Bei verschiedenen anderen Schätzungen liegt das durchschnittliche Kosten-Nutzen-Verhältnis („return on investment") zwischen 1:3 und 1:6. Dies bedeutet, dass der Euro, der in die Gesundheit und Zufriedenheit eines Mitarbeiters investiert wird, sich drei- bis sechsfach wieder auszahlt.

    Neben diesen betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ist auch die soziale Verantwortung anzuführen. Viele Themen des BGM sind zum Teil auch gesetzlich verankert. Als Beispiel ist an dieser Stelle das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) vom 7.8.1996 anzuführen, mit dem aus dem EG-Recht ein resultierender und umfassender Arbeitsschutzansatz auf der Basis des Gesundheitsverständnisses der WHO in das deutsche Recht umgesetzt wurde.

    In diesem Gesetz (§ 2 ArbSchG) sind Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit zu veranlassen.

    •    Nach § 4 ArbSchG hat der Arbeitgeber bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes von verschiedenen allgemeinen Grundsätzen auszugehen. Beispielsweise ist die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird. Zudem sind Maßnahmen mit dem Ziel zu planen, dass Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, aber auch soziale Beziehungen und Einfluss der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht verknüpft werden.

    •    § 5 Abs. 3 ArbSchG führt darüber hinaus aus, dass sich eine Gefährdung insbesondere durch eine unzureichende Gestaltung und Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes, durch physikalische, chemische und biologische Einwirkungen oder durch nicht sachgerechte Gestaltung, Auswahl und Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit, ergeben kann. Darüber hinaus wird eine unzureichende Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeiten und deren Zusammenwirken sowie unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten angeführt.

    Die beiden Punkte zeigen, dass die Führungskraft einen mittelbaren und unmittelbaren Einfluss auf diese Gefährdungen und letztendlich auf die Gesundheit der Mitarbeiter hat. Welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes konkret und im Einzeln erforderlich sind, hat der Arbeitgeber durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu bewerten (s. auch § 5 Abs. 1 ArbSchG). Er hat dabei zu berücksichtigen, dass sich eine Gefährdung nicht nur durch die „klassischen" physischen Unfall- und Gesundheitsfaktoren ergeben kann, sondern auch durch die angeführten psychischen Faktoren (z. B. Gestaltung der sozialen Beziehungen).

    Ein solches ganzheitliches Arbeitsschutzverständnis, mit dem Ziel der menschengerechten Gestaltung der Arbeit, bezieht in jedem Fall auch die psychische Fehlbelastung in die Gesamtbetrachtung ein. Das Thema Stress- und Gesundheitsmanagement und weiter gefasste Ansätze und Maßnahmen sind entsprechend auch gesetzlich verankert. Betriebliches Gesundheitsmanagement ist daher nahezu in jeder modernen Verwaltung anzutreffen, jedoch existieren sehr unterschiedliche Strategien in der Umsetzung. Dieser Aspekt wird ausführlicher in den nachfolgenden Kapiteln behandelt.

    [8] 2.2  Typische Handlungsfelder des Betrieblichen Gesundheitsmanagements

    Wie bereits angeführt ist BGM als eine ganzheitliche Strategie in einer Organisation aufzufassen (s. vertiefend Ulich/Wülser, 2012). Wie und in welcher Form solche Strategien umgesetzt werden, variiert stark zwischen den Organisationen. Von unspezifischen Einzelmaßnahmen (z. B. einmal im Jahr einen Gesundheitstag) bis hin zu einem angepassten und ganzheitlichen Ansatz, ist alles in der Praxis vorzufinden. Im Folgenden werden typische Handlungsfelder im Rahmen des BGM vorgestellt, wobei zwischen Handlungsfeldern im Kontext der Analyse bzw. Diagnostik, im Rahmen der Verhaltensprävention und im Rahmen der Verhältnisprävention unterschieden werden. Darüberhinaus werden auch kurz die Bereiche der Intervention und der Evaluation aufgegriffen.

    2.2.1  Handlungsfelder im Kontext der Analyse bzw. Diagnostik

    Abb. 2: BGM Beispiele Analyse und Diagnostik

    Bei der Analyse bzw. Diagnostik im Zusammenhang mit dem BGM finden in vielen Verwaltungen einmalig oder regelmäßig Mitarbeiterbefragungen oder Gefährdungsanalysen statt, in denen nicht nur die physischen, sondern auch vermehrt die psychischen Belastungen abgefragt

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