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Konstantins Affäre: Sein vierter unfreiwilliger Fall
Konstantins Affäre: Sein vierter unfreiwilliger Fall
Konstantins Affäre: Sein vierter unfreiwilliger Fall
eBook303 Seiten3 Stunden

Konstantins Affäre: Sein vierter unfreiwilliger Fall

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Über dieses E-Book

Ein spannender, bayerisch angehauchter Cosy-Krimi mit skurriler Note und Schmunzelfaktor.

 

„Du? Möbel? Was ist passiert? Du brauchst doch keine Möbel. Oder bekommst du etwa auch Besuch?"

 

Nicht ganz freiwillig verschlägt es Bestatter Konstantin Schwarz zusammen mit seinem Kumpel Leichen-Franz in ein Möbelhaus in München. Statt Köttbullar gibt es für die beiden dort jedoch eine böse Überraschung, die den neurotischen Bestatter wieder mal ordentlich in Erklärungsnot bringt. Außerdem treibt ein Elvis-Geist sein Unwesen. Doch Kommissarin Dünnbier und Professor Hackspiel sind bereits an der Sache dran, was das Ganze allerdings nicht einfacher macht und Konstantin letztendlich sogar bis an die Côte d’Azur führt. Hinzu kommt, dass sein Privatleben mal wieder ordentlich Kapriolen schlägt. Wie gut, dass Tante Fanny ein Auge auf ihren Großneffen hat.

 

Dieser Fall ist in sich abgeschlossen.

 

Teil 1: Konstantins Erbe

Teil 2: Konstantins Dilemma

Teil 3: Konstantins Antrag

Teil 4: Konstantins Affäre

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum20. Aug. 2023
ISBN9783755450481
Konstantins Affäre: Sein vierter unfreiwilliger Fall

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    Buchvorschau

    Konstantins Affäre - Coco Eberhardt

    Kurz vorweg

    Konstantin Schwarz ist mittlerweile Mitte dreißig und musste nach dem frühen Tod seines Vaters mehr oder weniger freiwillig das familiengeführte Bestattungsinstitut mitten in München übernehmen, was er auch halbwegs auf die Reihe bekommt, im Gegensatz zu seinem Leben. Er ist therapieerfahren, bekämpft seine Schlafstörungen gerne mal mit Tabletten, raucht zu viel und immer wieder spricht seine tote Großtante, die zu Lebzeiten Tante Fanny genannt wurde, mit ihm. Nach Tante Fannys Ableben ist Konstantin in deren Mansardenwohnung gezogen. Viel verändert hat er dort aber nicht, denn Veränderung ist nicht so sein Ding. Im gleichen Haus wohnt noch seine Mutter, die sich immer wieder um ihn Sorgen macht und seine neun Jahre jüngere Schwester Chrissy, die mit ihrer lockeren Art so ganz anders ist wie Konstantin. Auch Rudi, Konstantins Qi-Gong-Lehrer und neuer Lebensgefährte seiner Mutter, gehört mittlerweile zur Familie. Viele Freunde hat der neurotische Bestatter nicht. Einer davon ist jedoch der unorthodoxe und etwas behäbige Gebäudereiniger Franz, der auch Leichen-Franz genannt wird, da er sich beruflich auf Leichenfundort- und Tatortreinigung spezialisiert hat. Zu Flora Kalischek fühlt sich Konstantin immer wieder stark hingezogen. Mit ihr verbinden ihn allerdings mehr als nur seine Gefühle für sie, sondern auch die Zwillinge Annika und Tommy, was Konstantins Leben nicht unbedingt einfacher macht.

    Kapitel 1

    „Konni, du musst sofort hierherkommen! Sofort!", drang die mit leichter Panik versetzte Stimme meines bestens Freundes Leichen-Franz durch das Telefon an mein Ohr und ich hatte kurz das Gefühl, ein Déjà-vu zu erleben, da mich seine Worte an diese Grabowski-Sache erinnerten, die ebenso begonnen hatte und für uns beide beinahe ziemlich übel geendet hätte.

    Bis zu dem Moment, als mein Telefon zu klingeln begonnen hatte, war ich recht entspannt auf dem alten Schellackbett von Tante Fanny in meiner kleinen Mansarden Wohnung gelegen, hatte mir die siebte Staffel Friends reingezogen und in nahezu meditativer Weise Rauchkringel in die nikotingeschwängerte Luft meines Schlafzimmers geblasen. Seitdem meine Verlobte Nelly mich verlassen hatte, war mein Zigarettenverbrauch wieder in schwindelerregende Höhen geschnellt, was zwar nicht unbedingt lobenswert war, aber ich tröstete mich wenigstens damit, dass ich meinen Schlaftablettenkonsum ganz gut im Griff hatte, wenngleich mein Leben gerade wieder Kapriolen schlug.

    Kerzengerade hockte ich nun im Bett und meine Trübsal, die ich bis gerade eben noch geblasen hatte, war zusammen mit meinem erst halbgerauchten Glimmstängel im Aschenbecher verraucht.

    „Was ist passiert? Wo soll ich hinkommen?", fragte ich aufgeregt in den Hörer.

    „Ich bin in einer akuten Notlage. Bei mir zu Hause. Es ist schwer zu erklären. Komm einfach möglichst schnell vorbei und nimm den Ersatzschlüssel für meine Wohnung mit, den ich dir gegeben habe. Ich kann dir nämlich nicht die Türe öffnen", wimmerte er wehleidig zu mir.

    „Ich bin sofort bei dir", tönte ich heldenmütig und legte sofort auf, um den Schlüssel für die Wohnung von Leichen-Franz zu suchen.

    Den Schlüssel vermutete ich in der alten Heringsdose im Küchenschrank, die schon leichte Rostflecken angesetzt hatte und noch aus dem Inventar von Tante Fanny stammte. Ich erinnerte mich dunkel daran, dass der Wohnungsschlüssel meines Kumpels an einem Anhänger mit einem adipösen Einhorn hing, von dem ich mich schon immer gefragt hatte, wie es in seinen Besitz gekommen war, da es so gar nicht zu ihm passte. Die einzige Gemeinsamkeit, die das Einhorn und meinen Freund verband, war ein gewisses Figurproblem, was ihn allerdings noch nie sonderlich gestört hatte und mich ebenso wenig. In meinem Schlüsselsammelsurium kramte ich nun nach diesem Fabelwesen, das sich allerdings unsichtbar gemacht hatte. Entnervt leerte ich den Inhalt der Dose aus und stieß dabei immerhin auf meinen eigenen Wohnungsschlüssel, den ich ebenfalls schon seit geraumer Zeit vermisst hatte. Doch das Einhorn hielt sich weiterhin versteckt.

    „Verdammt!", fluchte ich laut vor mich hin und versuchte mich zu erinnern, wo der Schlüssel von Franz bloß abgeblieben war, gleichzeitig stellte ich mir horrormäßig vor, was meinem Kumpel in seiner eigenen Wohnung wohl passiert sein könnte und was noch alles passieren würde, wenn ich nicht bald dort auftauchte.

    Nach weiteren drei Minuten vergeblicher Einhornsuche ratterte mein Hirn, um eine Alternative zu finden. Nervös stolperte ich die Treppen hinunter ins Bestattungsinstitut, wo ich schließlich in den kleinen Werkzeugraum stürmte und in einer Schublade der alten Werkbank nach dem Dietrich-Set suchte. Schnell hatte ich es gefunden und spurtete damit zum Leichenwagen, um umgehend zu meinem Kumpel zu fahren, doch musste ich feststellen, dass mein Autoschlüssel noch in der Hosentasche meines Bestatteranzugs war, den ich aber heute, weil Sonntag war, gegen meine Jogginghose eingetauscht hatte. Hurtig joggte ich wieder die Treppen in meine Wohnung hinauf, die sich drei Etagen über dem Bestattungsinstitut befand. Dabei merkte ich auf erbarmungslose Weise, dass meine Kondition auch schon mal besser gewesen war, was wohl nicht unerheblich mit meinem explodierten Zigarettenkonsum zusammenhängen mochte. Doch Zeit zum Jammern hatte ich nicht. Ich musste Franz helfen. Und zwar ziemlich schnell. Wenn ihm wegen meiner Schlamperei etwas passieren würde, könnte ich mir das niemals verzeihen. Zielsicher griff ich nach dem Autoschlüssel in der Hosentasche meines Anzugs, der ordentlich auf einem Bügel an dem alten Holzschrank in meinem Schlafzimmer hing und trat dann auch sofort wieder den Rückweg an.

    „Alles klar?", fragte meine Schwester, die im ersten Stock aus der Haustür lugte, während ich eilig an ihr vorbei tippelte.

    „Nichts ist klar!", rief ich ihr im Vorbeigehen zu, bevor ich schnurstracks das Haus verließ und in meinen Leichenwagen hechtete, der schließlich mit durchdrehenden Reifen über den gekiesten Innenhof des Bestattungsinstituts durch den Torbogen auf die Straße fuhr.

    Obwohl heute zumindest nicht mit starkem Pendlerverkehr gerechnet werden musste, hatten sich jedoch alle Sonntagsfahrer Münchens gegen mich verschworen. Genervt blickte ich auf den Wackeldackel vor mir, der mir hämisch neben einer quietschbunt eingehäkelten Klopapierrolle zunickte. Kurzerhand betätigte ich den Blinker und setzte zum Überholen an, was normalerweise nicht zu meinen Spezialitäten gehörte und mit dem sperrigen Leichenwagen eine Kunst für sich war. Gerade noch rechtzeitig konnte ich vor dem Schleicher einscheren, bevor ich beinahe mit dem Gegenverkehr zusammengestoßen wäre, der mich bereits mit Lichthupe getadelt hatte.

    Schweißgebadet parkte ich schließlich nach einer nervenaufreibenden Fahrt den Mercedes auf der Straße vor der Halle, in der sich die Gebäudereinigungsfirma meines Kumpels befand, die auf Leichenfundort- und Tatortreinigung spezialisiert war und hinter deren Gemäuer sich auch gleichzeitig die Wohnräume meines Kumpels befanden. Nervös zückte ich mein Dietrich-Set, mit dem ich allerdings nicht sehr vertraut war und stocherte mit dem Werkzeug etwas planlos in dem Türschloss der schweren Metalltür herum, die sich jedoch nicht von mir öffnen lassen wollte.

    „Lassen Sie mich mal ran", erklang plötzlich eine Männerstimme hinter mir, die mir nicht ganz unbekannt war.

    Ich drehte mich um und blickte in das Gesicht von Professor Hackspiel. Seinem Outfit zu urteilen, hätte man wohl vermuten können, dass er direkt von den Karl-May-Festspielen hierhergekommen war. In einem Tipi hätte man sich den großen dürren Rechtsanwalt auf jeden Fall eher vorstellen können als in seinen Kanzleiräumen.

    „Was machen Sie denn hier?", fragte ich ihn verwundert.

    „Ich war zufällig gerade in der Gegend", meinte er mit einem schelmischen Lächeln zu mir.

    „Zufällig?"

    Meine Augenbrauen flatterten wie zwei Elektrojalousien in die Höhe.

    „Sie sind nie zufällig irgendwo", stellte ich schließlich misstrauisch fest, worauf der Professor allerdings nicht weiter einging und mir sogleich das Werkzeug abnahm, um im Türschloss herumzustochern.

    „Das ist doch komplizierter, als ich gedacht hatte", murmelte er konzentriert arbeitend vor sich hin, ohne mir unangenehme Fragen gestellt zu haben, warum ich an einem Sonntagnachmittag mitten in München in die Räumlichkeiten meines Kumpels einbrechen wollte.

    Mit einem metallischen Klacken sprang die Tür schließlich auf und ich war auch schon auf dem Sprung, um meinen Kumpel aus seiner bisher nicht näher definierten Notlage zu befreien, als ich plötzlich ein lautes markdurchdringendes „Stopp" nachgeschrien bekam, das eindeutig nicht dem Professor zuzuordnen war.

    „Hände hoch und langsam umdrehen", brüllte mir eine Frauenstimme zu, was ich instinktiv und in Zeitlupe befolgte, bevor ich schließlich in den gezückten Lauf einer Pistole schaute, während der Professor wie vom Erdboden verschluckt war.

    „Was machen Sie hier?", verhörte mich eine uniformierte Polizistin und blickte dabei ziemlich böse zu mir.

    „Ähm. Ich… Ich muss meinem Freund helfen", rechtfertigte ich mich stotternd und mit schlechtem Gewissen.

    „Für mich sieht das eher aus wie ein Einbruch", konterte sie ernst und ohne Gnade, wobei sie keine Anstalten machte, die Pistole von mir abzuwenden.

    „Ich habe seinen Wohnungsschlüssel verlegt", gab ich kleinlaut zu.

    „Was ist denn mit Ihrem Freund?

    „Das weiß ich auch nicht so genau", stammelte ich weiter vor mich hin und wusste, dass meine Argumentationskette ziemlich schlecht war.

    „Wo finde ich denn Ihren Freund?", hakte sie im Militärton nach.

    „Ich vermute, in seiner Wohnung", meinte ich zu ihr und deutete mit meinen erhobenen Armen hinter mich.

    „Sie gehen voraus und die Hände bleiben über Kopf, dass das klar ist", wies sie mich forsch an, während ich mich langsam zu den Wohnräumen von Leichen-Franz bewegte.

    „Franz?", fragte ich vorsichtig in das großzügige Zimmer, das sich hinter seiner großen Gewerbehalle befand und ihm als Wohn-Ess-Küche diente, deren Interieur allerdings sehr funktional gehalten war und jedem Innenarchitekten die Nackenhaare aufstellen würde.

    „Wo bleibst du denn so lange?, hörte ich seine gedämpfte Stimme mutmaßlich aus dem Schlafzimmer tönen. „Komm und hilf mir endlich. Lange halte ich das nicht mehr aus.

    Kopfnickend deutete mir die Polizistin an weiterzugehen. Mit zittrigen Händen öffnete ich die Tür, hinter der ich meinen Kumpel vermutete. Mit einem Quietschen sprang sie schließlich auf und ich staunte nicht schlecht, als ich ihn erblickte.

    „Wieso hast du denn die Polizei dabei?", fragte er mich verwundert.

    Leichen-Franz lag wie ein hilfloser Käfer in den Trümmern seines Bettes, dessen Lattenrost ihn wie eine überdimensionale fleischfressende Pflanze verschluckt hatte.

    „Was ist denn hier passiert?", wollte ich perplex wissen.

    „Tammy kommt", grinste er mich glücklich verliebt an, was allerdings nicht erklärte, warum er in seinem zerstörten Bett lag, aus dessen Überreste er sich nicht befreien konnte.

    „Nun helft mir doch mal", brummelte er die Polizistin und mich an, was wenigstens dazu führte, dass sie ihre Pistole sinken ließ und ich auch gleichzeitig meine Hände.

    Mit vollem Körpereinsatz zogen wir meinen Kumpel mühevoll aus seiner völlig zerstörten Schlafstatt. Ein erleichtertes „Danke" kam ihm zusammen mit einem seligen Lächeln über die Lippen, als er aus den Fängen des Bettmonsters befreit war, während er sich ein paar Spinnweben von seinem weißen Anzug wischte und seinen Hut auf dem Kopf wieder zurechtrückte.

    „Sie kennen diesen Herrn?", fragte die Polizistin auch gleich bei ihm nach und zeigte auf mich.

    „Ja. Das ist Konni, mein bester Freund", erklärte er mit Stolz in der Brust und klopfte mir dabei auf die Schulter.

    „Und es ist in Ordnung, dass er in Ihre Räume einbricht?", hakte sie weiter nach.

    „Ich habe die Schlüssel nicht gefunden, erklärte ich kleinlaut. „Und es war doch eine Notlage.

    „Na gut, dann will ich mal ein Auge zudrücken. Aber lassen Sie sich bloß nicht noch mal von mir bei so einer Aktion erwischen. Klar?, raunzte sie mich unwirsch an, bevor sie uns wenig später mit einem „Schönen Sonntag verließ.

    Ich setzte mich auf das abgewohnte Sofa vor den Couchtisch, das sich in Ausrichtung zu einem überdimensionierten Heimkino befand und beobachtete, wie Leichen-Franz in seiner sprenkelgrauen Küche, die schon mindestens 20 Jahre auf dem Buckel hatte, für uns einen Kaffee kochte.

    „Und was hat jetzt Tammys Besuch mit deinem zerstörten Bett zu tun?", wollte ich schließlich wissen und zündete mir, ohne zu fragen zur Beruhigung eine Zigarette an.

    „Muss das sein? Das ist ein Nichtraucherhaushalt", kommentierte er, nahm es jedoch billigend hin.

    „Ich habe mich darüber, dass Tammy bald kommt, so sehr gefreut, dass ich mich wohl etwas zu energisch in mein Bett habe fallen lassen. Du musst mit mir nächste Woche unbedingt ins Schwedenmöbelhaus fahren. So kann ich sie ja wohl schlecht empfangen. Ich brauche dringend ein neues Bett", meinte er schließlich zu mir und stellte eine Tasse mit dampfendem Kaffee vor mir ab.

    „Das trifft sich gut, ich muss auch noch ein paar Möbel kaufen", gestand ich ihm und sah ihn mit Hundeblick an.

    „Du? Möbel? Was ist passiert? Du brauchst doch keine Möbel. Oder bekommst du etwa auch Besuch?", fragte er verwundert nach und hatte mich auch sofort durchschaut.

    Meine Mansardenwohnung war prinzipiell komplett möbliert, wobei das Mobiliar bis auf wenige Neuerwerbungen noch von Tante Fanny stammte, die meine Wohnung vor mir bis zu ihrem Tod bewohnt hatte, eigentlich bloß meine Großtante war, mir gelegentlich im Kopf herumspukte und die sich hauptsächlich in den 50er- und 60er-Jahren eingerichtet hatte, weswegen ich relativ museal hauste, was mich allerdings nicht störte. Ein wesentlich größeres Problem hatte ich dagegen mit Veränderung. Und diese stand mir nun tatsächlich ins Haus.

    „Besuch trifft es wohl ganz gut. Vielleicht auch ein bisschen mehr."

    Leichte Verzweiflung sprach aus meiner Stimme.

    „Wer ist es?", wollte Leichen-Franz wissen und ich überlegte angestrengt, wie ich anfangen sollte.

    Kapitel 2

    Es war schon ein paar Wochen her, als ich Flora zufällig beim Bäcker entdeckte. Sie war mit den Zwillingen im Urlaub in Frankreich an der Côte d'Azur gewesen. Dass sie schon wieder zurück war, verwunderte mich ein wenig. Zurückgemeldet hatte sie sich bei mir zumindest nicht. Aber ich hatte wohl auch keinen Anspruch darauf. Unsere einzigen Berührungspunkte waren die Kinder. Und auch dabei ging es eher sporadisch zu. Mir war sofort aufgefallen, dass sie ihr rotbraun gefärbtes Haar ein gutes Stück kürzer trug, als ich es in Erinnerung hatte, was ihr allerdings ziemlich gut stand und sofort meine immer noch unkontrollierbaren Gefühle für sie in Wallung brachte. Ich stand in der Schlange drei Personen hinter ihr. Sie hatte mich noch nicht gesehen und war gerade damit beschäftigt, der Bäckereifachverkäuferin hinter der gläsernen Theke ihre Bestellung mitzuteilen. Ungeniert beobachtete ich sie dabei und träumte ein wenig vor mich hin. Ein leichtes Kribbeln breitete sich in meinem Magen aus.

    „Schlog dir die endlich amoi aus am Kopf", motzte Tante Fannys Stimme auch schon in meinem Kopf.

    Ich wollte meiner toten Großtante gerade mental widersprechen, als sich Flora an der Theke umdrehte und mich ihre leuchtend grünen Augen trafen, wie der Strahl eines Laserschwerts.

    „Konstantin", meinte sie etwas verwundert zu mir, als wäre es völlig absurd, mich beim Bäcker zu treffen.

    „Hi, antwortete ich ihr mit einem verlegenen Lächeln. „Wie geht’s so? Bist du wieder zurück aus dem Urlaub?

    Ihr Teint war etwas dunkler als sonst, was wohl der französischen Urlaubssonne geschuldet war.

    „Ähm. Ja. Alles klar bei mir. Der Urlaub ist leider schon wieder vorbei. War schön. Und bei dir so?", sprach sie etwas betreten, was eigentlich so gar nicht ihrem Naturell entsprach.

    „Passt."

    „Hättest du diese Woche vielleicht mal Zeit, dass wir uns treffen?", fragte sie mich plötzlich und dabei wirkte sie irgendwie unsicher.

    „Klar."

    „Dann melde dich einfach, wenn es bei dir reinpasst. Wäre super."

    Mit diesen Worten umarmte sie mich flüchtig, und ehe ich es begriffen hatte, war sie auch schon wieder verschwunden. Lediglich ihr betörender Duft lag noch in der Luft, der heute allerdings irgendwie ein wenig anders roch als sonst, was ich der Seeluft der Côte d'Azur zuschrieb, die noch an ihr zu haften schien.

    Leicht beschwingt und mit einer Leberkässemmel in der Hand machte ich mich wenig später wieder zurück ins Bestattungsinstitut, wo in der Sarghalle bereits Kundschaft auf mich wartete. Schnell schluckte ich den letzten Bissen hinunter und versuchte den seriösen Bestatter zu mimen, was mir allerdings wohl nicht so recht gelungen war.

    „Was sollte denn das Dauergrinsen?", zischte mich meine jüngere Schwester an, kaum dass sie den älteren Mann, dessen Mutter kürzlich verstorben war, aus dem Bestattungsinstitut begleitet hatte.

    Dabei schüttelte sie ungläubig ihr fliederfarben gefärbtes Haar und blickte mich mit ihren von künstlichen Wimpern umrandeten Augen genervt an.

    „Ich hab doch nicht gegrinst", versuchte ich mich zu rechtfertigen.

    „Doch. Wie ein Vollidiot. Das kommt bei den Hinterbliebenen nicht so gut an", schimpfte sie weiter.

    „Sorry", entschuldigte ich mich kurz und verkrümelte mich ins Nebengebäude, wo in einem der Kühlfächer noch eine Leiche auf ihr letztes Make-up wartete, die mir meine gute Laune hoffentlich nicht madigmachen würde.

    Routiniert zog ich den kalten Körper der Verblichenen aus der Kühlung und besprühte ihn mit der Reinigungsflüssigkeit, die im Licht der grellen Deckenlampe zu glitzern begann. Eine Kippe zwischen den Lippen steckend, grübelte ich dabei nach, was Flora von mir wollen könnte. Hatte sie mich vielleicht während ihres Urlaubs vermisst? War sie sich endlich ihrer Gefühle für mich bewusst geworden? Diesbezüglich war sie zwar meist nüchtern gestrickt, aber ich wusste, dass sie tief in ihrem Inneren mindestens genauso viel für mich empfand wie ich für sie.

    Als ich am frühen Abend schließlich in meinem Bett lag und gedankenabwesend durch das Fernsehprogramm zappte, beschloss ich relativ spontan die ganze Sache jetzt hinter mich zu bringen, bevor mich diese Ungewissheit noch mürbe machte. Außerdem hatte ich ein Bedürfnis, die Kinder mal wieder zu sehen. Was war auch schon dabei?

    „Du wirst doch ned de Weiber hinterher springan?", mahnte mich Tante Fanny, was ich allerdings dezent ignorierte.

    Ihre veralteten Ansichten konnte ich in diesem Moment wirklich nicht teilen. Im 21. Jahrhundert war alles möglich. Ich wollte schließlich nicht ebenso verschroben enden wie meine Großtante, die zeitlebens ihre Gefühle unter den Teppich gekehrt hatte und sich einen Panzer aus Strenge und Disziplin zugelegt hatte.

    Schnell schlüpfte ich in meine Jeans und zog mir ein bequemes Sweatshirt über den Kopf. Kurz huschte ich noch in mein rosagekacheltes Badezimmer, das den Charme der 50er versprühte, und betrachtete mich im Spiegel. Dabei zupfte ich mir noch meine Haare zurecht und spritzte mir etwas Parfum auf. Kurz überlegte ich, ob ich nicht noch eine Flasche Barolo mitnehmen sollte, ließ es aber dann doch bleiben und spurtete zielstrebig die Treppen hinunter. Im ersten Stock traf ich auf Rudi, den Lebensgefährten meiner Mutter, der mittlerweile auch im Haus wohnte.

    „Möchtest du etwas von der asiatischen Reispfanne haben, mein Junge?", fragte er mich beim Vorbeigehen und grinste mir dabei erwartungsvoll zu.

    „Nein. Danke", lehnte ich sein Angebot ab und verließ recht eilig das Haus.

    Bis zu Floras Wohnung waren es keine zehn Minuten zu Fuß. Voller Vorfreude spazierte ich durch die Straßen bis ich schließlich vor ihrem Wohnblock stand und erwartungsvoll den Klingelknopf drückte, neben dem der Name „Kalischek" stand. Sogleich surrte auch schon der Türöffner und ich machte mich beschwingt auf in den zweiten Stock, wo ich nochmals kurz an die Tür klopfte, um Einlass zu erhalten. Doch staunte ich nicht schlecht, als mir plötzlich ein völlig fremder Mann öffnete. Hatte ich mich etwa im Stockwerk vertan?

    „Sie wünschen?", meinte der Typ zu mir, dessen Stimme rauchig maskulin klang und einem Whiskywerbespott entspringen hätte können.

    Er hatte grau meliertes Haar und einen gepflegten Dreitagebart. Obwohl er wesentlich älter war als ich, sah er mit seiner löchrig modernen Jeans und dem enganliegenden Rollkragenpullover, der sein darunterliegendes Muskelpaket vorteilhaft abzeichnete, ziemlich gut aus. Kurz

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