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Die gute Seele Lingens: Teil 1
Die gute Seele Lingens: Teil 1
Die gute Seele Lingens: Teil 1
eBook327 Seiten4 Stunden

Die gute Seele Lingens: Teil 1

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Über dieses E-Book

Seit meinem 21. Lebensjahr besitze ich, Sophie aus Lingen, die Gabe, mit Toten in Kontakt treten zu können.

Diese Fähigkeit biete ich unter dem Namen Alex Soul an.

Überraschenderweise wird meine Hilfe prompt benötigt; in einigen Lingener Gebäuden und Unternehmen spuken verlorene Seelen umher.

Was am Anfang nach einer einfachen Angelegenheit aussieht, entwickelt sich von Fall zu Fall, zu einer immer teuflischer werdenden Sache.

Jedes Mal, wenn ich mich auf der anderen Seite befinde, taucht ein Mann mit Zylinder auf und fuscht mir dazwischen.

Hinzu kommt, dass ich mich in den Polizisten Finn verliebe. Als er mich bei einer Verkehrskontrolle anhält und sieht, dass ich verletzt bin und fünftausend Euro bei mir habe, komme ich in Erklärungsnot.

Ich kann ihm schlecht erzählen, dass ich als Seelenbefreierin in Lingen unterwegs bin.

Und warum werde ich im Jenseits mit dem Namen Sacer bezeichnet?

Und was hat meine verstorbene Großmutter mit all dem zu tun?

 

Begleitet mich auf meine Reisen in die Lingener Vergangenheit und erlebt hautnah wie ich all die verlorenen Seelen retten werde!

 

 

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum20. Aug. 2020
ISBN9783748754312
Die gute Seele Lingens: Teil 1

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    Buchvorschau

    Die gute Seele Lingens - Sandra Eckervogt

    Die gute Seele Lingens

    Die gute Seele

    Lingens

    Sandra Eckervogt

    Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile geschützt. Jede Verwertung und Vervielfältigung des Werkes ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig und strafbar. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks und der Übersetzung, sind vorbehalten! Ohne ausdrückliche schriftliche Erlaubnis des Autors/Verlages darf das Werk, auch nicht Teile daraus, weder reproduziert, übertragen noch kopiert werden, wie zum Beispiel manuell oder mithilfe elektronischer und mechanischer Systeme inklusive Fotokopien, Bandaufzeichnungen und Datenspeicherung. Zuwiderhandlung verpflichtet zu Schadenersatz.

    Dieses Buch ist ein fiktives Werk. Ähnlichkeiten mit historischen Ereignissen, Personen und Orten sind rein zufällig und sollten als solche behandelt werden.

    ©Sandra Eckervogt 2020

    Kapitel

    Das Kindermädchen

    Seemannsgarn

    Der liebe Stalker

    Backe, backe Kuchen

    Finn

    Der Fluch der Gräfin

    Der Bote des Teufels

    Seltsame Ereignisse

    Das Weinlaubenfest

    Wilhelmshöhe

    Fahrt nach Emlichheim

    Böse Liebe

    Ein Stein ins Rollen gebracht

    Der Schlumpf

    Verlorene Seelen

    Feuer, das nicht brennt

    Der Gottesdienst

    Überraschung

    Valentin

    Wenn man vom Teufel spricht

    Alte Posthalterei

    Thanatos

    Die Reise

    Das Geheimnis der Schatulle

    Die Insel

    Der Schlüssel

    Ende gut. Alles gut?

    Das Kindermädchen

    Ich öffne langsam meine Augen, ein leichter Schwindel lässt die Umgebung verschwommen wirken. Ich schwanke für einen kurzen Moment. Es hat funktioniert, ich befinde mich im Haus. Ein vermoderter Geruch steigt mir in die Nase. Muffig und abgestanden. Bei meiner Oma im Haus hat es zum Schluss auch so gerochen.

    Gott hab’ sie selig. Ich habe sie schon lange nicht mehr gesehen. Hoffentlich geht es ihr im Himmel gut. Von ihr habe ich die kuriose Gabe geerbt. Meine Gabe, mit verstorbenen Personen Kontakt aufzunehmen. Manchmal empfinde ich es eher als Fluch.

    Die Serie „Ghost Whisperer" mit Jennifer Love Hewitt ist gar nicht mal so schlecht gemacht. Das Einzige, was mich an dieser Serie stört, ist: dass Jennifer Love Hewitt immer wie aus dem Ei gepellt aussieht. Wenn mich ein Geist mitten in der Nacht aufsucht, sehe ich wie ein explodierter Wellensittich aus. Aber das ist halt der Unterschied. Ich bin die Wirklichkeit und keine amerikanische Serienproduktion.

    Der Nebel, der vor meinen Augen herrscht, löst sich auf. Das Licht im Flur beginnt zu flackern. Ein immer stärker werdendes Dröhnen dringt zu mir durch, als würde sich etwas unaufhaltsames Großes auf mich zubewegen. Ich nehme einen herben Aftershave-Duft wahr, der mich an Moschus und Rauch erinnert. Ich verharre augenblicklich und spüre, wie sich auf meinem ganzen Körper eine Gänsehaut bildet.

    Da! Habe ich nicht jemanden vor mir auf dem Gang gesehen? Hier ist etwas, nein, hier ist jemand. Ich kann seine Präsenz regelrecht spüren. Und dieser Jemand ist wütend, traurig und zu allem fähig. Ich nehme einen tiefen Atemzug und wage mich ein paar Schritte voran.

    Auf der rechten Seite des Flures steht die Tür zu einem Zimmer offen. Ich bleibe direkt im Rahmen stehen und lasse meinen Blick durch den Raum schweifen. Es ist ein Kinderzimmer. Klägliche Überreste zeigen dies.

    Altes, kaputtes Spielzeug liegt auf dem vergammelten Holzfußboden. Starre blaue Augen, die zu einem Puppenkopf gehören, sind von Spinnweben überzogen. Der Torso der Puppe liegt unter dem Fenster.

    Eine Babyrassel kullert um meine Füße, gibt leise Geräusche von sich und bleibt in einer Ecke liegen.

    Ich trete langsam ein und bücke mich, um den Puppenkopf aufzuheben.

    In der nächsten Sekunde schlägt hinter mir die Tür lautstark zu. Ich drehe mich erschrocken um.

    Plötzlich wird es eiskalt in dem Zimmer. Kleine Atemwolken treten aus meinem Mund und ich fröstle. „Clemens, sind Sie es?", hauche ich in die beklemmende Stille und umklammere den Puppenkopf.

    „Sie hat unsere Tochter vergiftet", erklingt eine tiefe Stimme.

    Ich lasse in der nächsten Sekunde den Puppenkopf fallen. Er ist kochendheiß geworden. „Wer hat Ihre Tochter vergiftet?", stelle ich die Frage ins Nichts und reibe mir die schmerzenden Finger. Dass manche Geister immer so gemein und brutal sein müssen.

    Eine schemenhafte Gestalt baut sich vor meinen Augen auf. Ich kann ein Gesicht erkennen. Es ist tatsächlich Clemens Jansen. Genau mit ihm will ich sprechen.

    Ich habe einige Informationen über den damaligen Geschäftsmann in Erfahrung bringen können. Ihm und seiner Frau gehörte 1920 das Warenhaus am Ende der Burgstraße. Ihre gemeinsame Tochter Anna verstarb unter mysteriösen Umständen im zarten Alter von sechs Jahren.

    „Isabelle, sie war unser Kindermädchen."

    „Und warum glauben Sie, dass sie es war?", will ich wissen. Das Schaukelpferd fängt an sich zu bewegen und die Augen glühen wie Feuer. Ich weiche dem bösen Blick aus und konzentriere mich auf den Geist.

    „Isabelle hat sich unsterblich in mich verliebt und ich habe ihr klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass ich nichts von ihr will, beginnt Clemens mir zu berichten. „Ich habe ihr daraufhin zum Ende des Monats gekündigt.

    „Oh? Und das gefiel ihr natürlich nicht", vermute ich und gebe einen schweren Seufzer von mir. Immer diese krankhaft Verliebten. Die gibt es nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch im Jetzt und Hier. Ich weiß es nur zu gut, denn ich werde bereits seit Wochen von einem Stalker mit Liebe überschüttet.

    Ich jobbe neben meinem Psychologie-Studium in einem kleinen Café in Lingen. Er besucht mich in jeder Schicht und labert mir einen Knopf an die Backe. Sein Name ist Andreas. Ich habe ihn inzwischen für mich als mein Versuchskaninchen in Sachen psychische Tricks ausgewählt. Nun ja, immerhin gibt er mir jedes Mal ein ordentliches Trinkgeld.

    Aber halt! Meine Gedanken schweifen ab, ich habe hier etwas zu klären. Und in der nächsten Sekunde bin ich auch wieder bei der Sache, da mir sein Gesicht so nah kommt, dass ich seinen verfaulten Atem rieche. Bäh.

    Der Holzfußboden unter meinen Füßen beginnt stark zu beben. „Natürlich nicht. Sie hat auf Knien um Vergebung gebettelt!"

    „Haben Sie Isabelle denn nicht bei der Polizei angezeigt?", frage ich ihn.

    „Wir konnten ihr nichts beweisen. Außerdem war sie seit dem Tag, an dem unsere Tochter gestorben war, spurlos verschwunden."

    „Aber wie haben Sie dennoch erfahren, dass es Isabelle war?"

    „Wir haben nach der Beerdigung im Zimmer von Isabelle die Flasche mit dem Gift gefunden. Der Arzt konnte uns bestätigen, dass daran unsere geliebte Tochter gestorben ist. Isabelle muss ihr jeden Tag das Gift in den Kakao gemischt haben."

    „Das tut mir sehr leid, Clemens", gebe ich aufrichtig von mir. Es muss schlimm sein, sein Kind durch solch eine grausame Tat zu verlieren.

    Die Gestalt wandert zum Fenster hinüber und blickt in den Garten. „Dort hat Anna so gern mit ihrer Puppe gespielt."

    Der zerfledderte Puppentorso und der dazugehörige Kopf heben langsam vom Boden ab und schweben direkt vor meiner Nase umher. Ich kann gerade noch ausweichen, bevor eins der gruseligen Sachen meinen Kopf berührt. Ich möchte mich nicht noch einmal verbrennen.

    „Warum verhindern Sie gerade jetzt den Kauf des Hauses? Es war bereits mehrfach im Besitz anderer Personen. Und denen haben Sie sich nie gezeigt."

    Der Torso und der Kopf der Puppe fallen augenblicklich zu Boden.

    Der Geist schwebt auf mich zu und verharrt nur wenige Millimeter vor meinem Gesicht. Ich wage nicht mich zu bewegen. Wieder strömen mir unappetitliche Düfte entgegen. Ich kann den Tod riechen und die unendliche Traurigkeit in seinen braunen Augen erkennen.

    „Kennen Sie denn nicht den Mädchennamen der Käuferin?", fragt er mich verwirrt.

    Ich schüttle langsam den Kopf. „Nein. Ich wurde von Thomas Beck beauftragt. Seine Frau habe ich nicht kennengelernt."

    „Ihr Name ist Katharina Weber. Das Kindermädchen ist ihre Ururgroßmutter."

    Ich bin sichtlich überrascht. „Katharina ist mit Isabelle verwandt?"

    „Genau. Sie stammt von einer eiskalten Mörderin ab. Sie wird mein Haus nie bekommen. Jeder andere darf es kaufen, aber nicht die beiden", zischt Clemens und verschwindet vor meinen Augen.

    „Clemens? Sind Sie noch da? Ich schaue mich im Raum um. „Clemens?

    Wie aus heiterem Himmel ist das Kinderzimmer in seinem Urzustand von 1920 zurückversetzt. Alles ist wunderschön und sauber. Sogar der abgestandene muffelige Geruch ist gewichen. Es riecht nach frischen Blumen. Die Tür wird aufgerissen und ein junges, sehr hübsches Mädchen mit blonden Locken stürmt an mir vorbei. Anna lacht und hält ihre Lieblingspuppe in der Hand.

    „Na komm her, mein Spatz! Gleich hab ich dich!" Clemens erfasst die Kleine, nimmt sie in seine Arme und drückt sie ganz fest an sich.

    „Papa, Papa … lass mich runter!", quiekt Anna und schüttelt ihre Lockenpracht.

    Dann verändert sich erneut die Umgebung. Es ist inzwischen Abend geworden und ich befinde mich unten im Eingangsbereich. Ich muss echt zugeben, dass die beiden einen sehr guten Geschmack hatten. Alles entsprach dem damaligen Schick. Nun, Jansen war das erste und beste Warenhaus in der Kleinstadt Lingen. Doch was hat ihm all der Reichtum genutzt? Das Leben seiner einzigen Tochter konnte er nicht retten und das alles nur wegen Eifersucht. Einer unerfüllten Liebe.

    Clemens und seine Frau tragen elegante Kleidung. Sie wollen anscheinend ausgehen.

    „Isabelle, wir werden gegen zweiundzwanzig Uhr wieder zuhause sein", teilt er dem Kindermädchen mit.

    „Jawohl, Herr Jansen."

    „Und vergiss nicht, Anna ihren heißen Kakao zu geben", erinnert er sie an das abendliche Ritual.

    Isabelle nickt. „Das werde ich nicht vergessen, Herr Jansen. Ich wünschen Ihnen und Ihrer Gattin einen angenehmen Theaterbesuch."

    „Tja, das wird sich noch herausstellen. Shakespeare mag nicht jeder. Bis nachher. Und mache niemandem die Tür auf." Clemens hebt warnend den Zeigefinger.

    Die beiden verlassen das Haus. Isabelle begibt sich in die Küche, setzt Milch auf und bereitet den Kakao zu.

    Ich kann ihr folgen und bleibe im Türrahmen stehen.

    Dann holt Isabelle eine kleine braune Flasche hervor und träufelt etwas von der Flüssigkeit in die Tasse. Sie bringt das heiße Getränk nach oben und reicht es der ahnungslosen Anna.

    Wie in Zeitraffer kann ich den langsamen, qualvollen Tod von Anna mitverfolgen, der sich über Wochen hinauszögert. Clemens und seine Frau verbringen Tag und Nacht am Bett ihrer Tochter. Vergebens.

    Plötzlich befinde ich mich auf dem alten Lingener Friedhof, auf dem die Beerdigung stattfindet. Hinter einem Baum versteckt, entdecke ich das Kindermädchen. Und dieses zufriedene und boshafte Lächeln, das ihr Gesicht beherrscht, spricht Bände. Am liebsten wäre ich zu ihr gegangen und hätte ihr die Fresse poliert.

    Und genau in dem Moment, in dem ich beschließe, meine Gedanken in die Tat umzusetzen, erscheinen grelle Blitze vor meinen Augen. Es ist Zeit, diese Seite zu verlassen. Ich schaffe es gerade noch und erreiche Isabelle.

    Sie starrt mich völlig geschockt an. „Es ist wahr, dich gibt es wirklich!"

    „Was?, bringe ich kaum hörbar über meine Lippen, als ich ihre Worte höre. „Du kennst mich?

    Isabelle weicht zurück und gerät ins Taumeln. „Dein Name ist Nike und du bist ein Sacer."

    Ich verspüre einen aufkommenden Schwindel. Das Blut rauscht in meinen Adern und der Druck auf meinem Körper wird stärker. Isabelle steht plötzlich in Flammen und verschwindet mit einem grauenvollen Schrei vor meinen Augen.

    Was, was ist das denn jetzt? Ich blicke mich nach allen Seiten um und halte Ausschau nach einem anderen Seelenfreund. Doch ich kann niemanden erkennen. Das Letzte, was ich sehe, ist Clemens. Er lächelt und hebt zum Abschied die Hand.

    Wie von der Tarantel gestochen schrecke ich auf und ringe nach Atem. Ich befinde mich auf dem unbequemen und kalten Ledersofa, das in der Wohnung von Thomas Beck steht. Schrecklich, dass Leute, die die fette Kohle haben, immer so beschissene Ledersofas besitzen müssen. Hat mit Macht und Besitz zu tun. Immerhin mussten Tiere mit ihrem Leben dafür bezahlen und das geilt diese reichen Pinkel wohl auf.

    In meiner rechten Hand halte ich ein verblasstes Foto, das Clemens Jansen mit Frau und seiner Tochter vor seinem wunderschönen Geschäftshaus zeigt. Da war die Welt noch in Ordnung.

    „Alles in Ordnung? Was haben Sie herausgefunden? Ist das Haus wirklich mit einem Fluch belegt? Was soll ich jetzt machen?", prasseln die neugierigen Fragen von Thomas Beck auf mich nieder und er reicht mir ein Glas Wasser.

    Ich nehme es dankend an und leere es in einem Zug. Diese spirituellen Sitzungen hinterlassen stets eine trockene Kehle. Und nicht nur das. Sacer? Was hat Isabelle mit dem Namen gemeint? Und, verdammt noch mal, woher kannte sie meinen wahren Namen? Sacer klingt Lateinisch. Sobald ich hier raus bin, schaue ich im Internet nach.

    „Ich würde das Haus an Ihrer Stelle nicht kaufen", gebe ich ohne Umschweife und außer Atem von mir.

    „Was? Wie? Warum denn nicht?, ruft Thomas aufgebracht. „Wir haben den Zuspruch erhalten und der Kredit wurde heute genehmigt. Meine Frau will dort ihr eigenes Geschäft eröffnen.

    „Glauben Sie mir. Clemens Jansen wird Ihnen das Leben in dem Haus zur Hölle machen. Er ist wirklich nicht gut auf Sie zu sprechen beziehungsweise nicht auf Ihre Frau."

    „Wieso auf Katharina? Was ist mit ihr?"

    Ich kläre ihn auf und haue ihm eiskalt um die Ohren, dass seine Frau von einer Mörderin abstammt.

    Thomas traut seinen Ohren nicht. „Das ist nicht Ihr Ernst?"

    „Leider doch. Ihre Frau kann natürlich in keinster Weise etwas dafür, dass ihre Ururgroßmutter eine Sechsjährige umgebracht hat, aber das Risiko würde ich nicht eingehen, vertrauen Sie mir, Herr Beck. Wie ich weiß, haben Sie zwei Kinder, oder?"

    Er versteht sofort, was ich mit meiner Aussage übermitteln möchte, und räuspert sich. „Danke. Hier. Er reicht mir einen Umschlag mit Geld. „Und zu niemandem ein Wort, ich habe einen Ruf zu verlieren.

    Ich nehme den schweren Umschlag und reiche ihm die Hand. „Und Sie machen sich in keinster Weise über meine Gabe lustig. Ich weiß, wo Sie wohnen." Ich zwinkere ihm warnend zu und drücke seine Hand ganz fest.

    Ich sitze gerade im Auto, als mein Handy klingelt. „Alex Soul."

    „Guten Abend, mein Name ist Bernd Funke. Ich … ich habe ein altes Segelschiff gekauft, aber es geht dort nicht mit richtigen Dingen zu. Ich habe gehört, dass Sie … also … da was machen können. Können Sie sich das Schiff einmal genauer ansehen? Es liegt in Hanekenfähr."

    „Mit dem größten Vergnügen, Herr Funke. Ich starte den Wagen. „Ich kann es übermorgen unter die Lupe nehmen. Sagen wir siebzehn Uhr? Wo muss ich denn genau hin?

    „Wir können uns auf dem Parkplatz am Hotel treffen."

    „Einverstanden, Herr Funke. Bis übermorgen dann."

    „Danke, danke …", stammelt er und beendet das Gespräch.

    Ich kann an seiner Stimmlage erkennen, dass es ihm unangenehm war, mit mir zu sprechen. Nun ja, ehrlich gesagt wäre es mir auch. Wer ruft schon gern jemanden an, der angeblich mit Geistern kommunizieren kann?

    Ich musste mich selbst erst an die Vorstellung gewöhnen, als mir meine Großmutter am Sterbebett mitteilte, dass auch ich die große Gabe der spirituellen Seite besitze. Ich habe gedacht, sie veräppelt mich noch so kurz vor ihrem Ableben. Meine Oma war so makaber drauf und hatte einen trockenen Humor. Meine Mutter mochte diese Seite nicht und ermahnte Oma Alexandra stets, wenn ihr ein harter Spruch über die Lippen flitzte. Ich fand es klasse und habe diesen Charakterzug ebenfalls von ihr geerbt.

    Kurz nachdem meine Oma gestorben ist, standen plötzlich einige Personen um mein Bett und trauerten um sie. Die Geister sagten, sie wären ihre Freunde und Verwandten, und sind bereits vor langer Zeit auf die andere Seite gegangen.

    Ich habe nächtelang nicht schlafen können, weil ich diese Toten gesehen habe. Sie haben mit mir gesprochen und mir gesagt, dass es meiner Oma gut geht und ich sie ab und zu sehen und mit ihr sprechen kann. Meine Eltern und mein älterer Bruder Tobias wissen bis heute nicht, dass ich eine Seelenbefreierin bin, und das soll auch so bleiben.

    Und mein vollständiger Name lautet: Nike Alexandra Sophie Schmidt. Mein Künstlername ist: Alex Soul.

    Ja, ich weiß, ist kitschig, aber die Leute, die mich kontaktieren, haben schon genug Angst und Sorgen, da muss ich nicht noch mit einem dramatischen, völlig schwachsinnigen Namen ankommen.

    Nike ist eine griechische Göttin und der Name bedeutet: die Göttin des Sieges. Der Vorschlag kam natürlich von meiner Oma. Immerhin ist sie Griechin und in jungen Jahren mit meiner Mutter, die noch ein Baby war, nach Deutschland ausgewandert. Über den Vater sagt sie lediglich, er sei ein griechischer Gott gewesen. Meine Mutter bezeichnet es heute als One Night Stand und hat sich schnell damit abgefunden, ihren wahren Vater nicht zu kennen. Ich glaube eher, es ist ihr peinlich und sie schweigt das Thema lieber zu Tode.

    Deswegen hat meine Mutter sich strikt geweigert, mir den Namen Nike zu geben, doch Oma hat nicht locker gelassen und sie mit irgendwelchen bösen Zukunftsprognosen, die auf mich zukommen könnten, in die Knie gezwungen. Meinem Vater war das alles völlig egal, er hatte zu diesem Zeitpunkt andere Sorgen. Mein Vater ist eh der gelassene und ruhige Typ.

    Meine Eltern haben mich in meinen bis jetzt zweiundzwanzig Jahren nicht einmal mit Nike gerufen. Der Name taucht lediglich auf der Geburtsurkunde auf. Mein Vater hatte sehr gute Kontakte zum damaligen Bürgermeister, der den Namen Nike einfach verschwinden ließ.

    So bin ich als schlichte Sophie Alexandra Schmidt in Lingen aufgewachsen.

    Und: Ich helfe armen Seelen im Namen meiner Oma.

    Seemannsgarn

    Ich fahre zu meiner Wohnung. Mein Vater hat sie mir zum bestandenen Abi geschenkt. Es ist eine kleine Dachwohnung, die im Stadtteil Laxten liegt. Und zwar direkt an einem ehemaligen Reiterhof. Unter mir ist das Café, in dem ich arbeite, „Das Waffelhäuschen".

    Für mich der ideale Wohnort, denn manchmal besuchen mich Geister zuhause und hier bekommt das keiner mit. Obwohl, manchmal ist es echt gruselig, denn ich bin ab neunzehn Uhr immer allein hier. Das Café hat nur zu bestimmten Tagen und Zeiten auf. Der Reiterhof ist geschlossen und dient dem Besitzer lediglich als Garage für irgendwelchen Pröddel.

    „Alexa. Was bedeutet Sacer?", spreche ich in mein Telefon und schließe den Wagen ab.

    „Sacer ist Lateinisch und bedeutet verflucht", gibt Alexa mir eine knappe Antwort.

    Ich verdrehe die Augen. „Na, super. Verflucht. Warum hat Isabelle mich als verflucht bezeichnet?"

    Ich gehe die Holztreppe nach oben und überspringe die vorletzte Stufe. Die knarrt immer so schrecklich.

    Als ich die Wohnung betrete, fängt mein Magen an laut zu knurren. Geister rauben mir sehr viel Energie und teilweise auch meine letzten Nerven.

    Der Blick in den Kühlschrank erinnert mich daran, dass ich vergessen habe einzukaufen. Gähnende Leere starrt mich an. Zum Glück besitze ich einen Schlüssel zum Waffelhäuschen und sitze zehn Minuten später mit einem Glas kalten Weißwein und zwei Stücken Kuchen auf meinem gemütlichen Sofa.

    Ich versuche im Internet mehr über den Begriff Sacer in Zusammenhang mit Geistern zu finden. Nichts. Hm, da muss ich wohl meine liebe Oma fragen. Sie war ein Phänomen in dieser Hinsicht und musste leider viel zu früh die Erde verlassen. Krebs nimmt leider keine Rücksicht auf deine Talente und Gaben.

    Gegen elf Uhr überkommt mich die Müdigkeit und ich gehe zu Bett.

    Zwei Tage später

    Ich fahre auf den Parkplatz vom Hotel „Zum Wasserfall" und sehe einen älteren Herrn, der sehr nervös wirkt. Er läuft auf und ab und fasst sich stetig an die Nase.

    Ich steige aus und gehe auf ihn zu. „Guten Abend, Herr Funke. Wie geht es Ihnen?" Ich reiche ihm die Hand. Er erwidert den Händedruck, der zu lasch ist für einen Mann. Aber auch das schiebe ich auf seine Nervosität zurück.

    „Guten Abend … Frau … ja … schön, dass Sie gekommen sind." Er lächelt mich an und räuspert sich.

    „Herr Funke, Sie brauchen keine Angst zu haben. Und es muss Ihnen auch nicht unangenehm sein. Es bleibt alles unter uns."

    Er atmet erleichtert auf und reibt sich die Hände an den Hosenbeinen ab. „Ja, danke. Es ist nur so … so …"

    „So unnormal, dass Sie mich angerufen haben, weil es angeblich auf Ihrem Schiff spukt. Und Geister gibt es nicht", sage ich mit einem Lächeln.

    „Genau. Sie haben es auf den Punkt gebracht."

    „Dann wollen wir keine Zeit verlieren und Sie bringen mich zu dem Schiff."

    Kurze Zeit später stehe ich auf einem schmalen Holzsteg und betrachte das Segelschiff. Es ist ungefähr zwölf Meter lang und hat zwei Masten. Auf den ersten Eindruck sieht es sehr gepflegt und gut erhalten aus. „Wo und wann haben Sie es gekauft?"

    „Vor zwei Wochen in den Niederlanden. Es war ein absolutes Schnäppchen. Ich habe es bei eBay gefunden."

    Ich wage mich näher heran und sofort spüre ich Traurigkeit, Trauer und eine präsente männliche Person. „Haben Sie nähere Angaben zum Schiff? Wann es gebaut wurde und besonders wo es gebaut wurde?"

    „In der Anzeige stand, dass es vor hundertzwanzig Jahren in England gebaut wurde. Es gehörte einem wohlhabenden Teeplantagenbesitzer, der eigentlich in Ceylon lebte. Das Schiff wurde von Generation zu Generation vererbt."

    „Haben Sie versucht mit dem Verkäufer Kontakt aufzunehmen?", möchte ich von ihm erfahren.

    „Das ist ja das Kuriose. Den Verkäufer hat es laut eBay nie gegeben. Ich habe von einem Geist ein Schiff gekauft, oder wie sehen Sie das?" Herr Funke wird entspannter und wagt sogar einen Witz.

    „Was ist denn Ihrer Meinung nach nicht Ordnung mit dem Schiff?"

    Herr Funke seufzt und kratzt sich am Hinterkopf. „Ich habe die Segel gesetzt, die aus heiterem Himmel wild umherschlugen, und das ganze Schiff begann stark zu schwanken, so als sei es in einem schweren Sturm. Es war aber noch am Steg festgemacht."

    „Okay. Und ist Ihnen noch etwas aufgefallen?"

    „Nun ja, jedes Mal, wenn ich mich unter Deck befinde, höre ich eine Frau weinen und dann … ja dann … Er verstummt. „Sie halten mich jetzt bestimmt für bekloppt.

    „Bekloppt? Nein, wieso sollte ich? Wenn einer hier bekloppt ist, bin ich sicherlich die Person. Ich gehe zu ihm. „Herr Funke, wenn ich Ihnen helfen soll, müssen Sie mir vertrauen und mir alles sagen, was Ihnen auf dem Schiff passiert ist.

    Er nickt mehrmals und holt einen tiefen Atemzug. „Ja, Sie haben recht. Entschuldigen Sie bitte meine Nervosität. Ich vertraue Ihnen natürlich, ansonsten hätte ich mich nicht bei Ihnen gemeldet."

    „Dann sagen mir jetzt ganz genau, was Sie noch erlebt haben, und lassen Sie nichts aus, jede Kleinigkeit kann wichtig sein. Sie hören also eine Frau weinen und was noch?"

    „Die Schränke öffnen sich und

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