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Traumwelt-Projekt 43: Gay/Bisexual Fantasy
Traumwelt-Projekt 43: Gay/Bisexual Fantasy
Traumwelt-Projekt 43: Gay/Bisexual Fantasy
eBook339 Seiten4 Stunden

Traumwelt-Projekt 43: Gay/Bisexual Fantasy

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Über dieses E-Book

Er erwacht allein an einem unbekannten, völlig verlassenen Ort. Die Umgebung erscheint wie ein Landschaftsgemälde, und es fehlt an nichts – außer männlicher und vielleicht auch weiblicher Gesellschaft. Doch wer hat das inszeniert und warum? Hat der attraktive, muskulöse und noch dazu süß lächelnde asiatische Mann etwas damit zu tun? Was ist am Abend davor geschehen, und wann wird die Erinnerung daran zurückkehren?

 

Kann eine innige Freundschaft zwischen zwei Männern funktionieren, wenn eine Frau dazwischenkommt? Was geschieht, wenn sich einer nicht wirklich für Frauen interessiert und der andere nicht ganz sicher ist?

 

Prickelnde Homo- und auch Hetero-Erotik in einer beinahe vertrauten und dennoch mysteriösen Umgebung“

Das „Traumwelt-Projekt 43“ erstreckt sich über die vier Teile „Das einsame Landhaus“, „Zwischen den Welten“, „Die zweisame Insel“ und „Das Lustschloss“. Alle sind in dieser Ausgabe enthalten.

 

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum23. Apr. 2019
ISBN9783743812567
Traumwelt-Projekt 43: Gay/Bisexual Fantasy

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    Buchvorschau

    Traumwelt-Projekt 43 - Marc Lelky

    Erstes Buch:

    Das einsame Landhaus

    43-1

    Die Umgebung erscheint wie ein Landschaftsgemälde, und es fehlt an nichts – außer männlicher und vielleicht auch weiblicher Gesellschaft. Doch wer hat das inszeniert und warum? Hat der attraktive, muskulöse und noch dazu süß lächelnde asiatische Mann etwas damit zu tun? Was ist am Abend davor geschehen, und wann wird die Erinnerung daran zurückkehren?

    1. Tag – Einsames Erwachen

    Zehn Sekunden nach dem Aufwachen bemerkte ich, dass mir die Umgebung fremd war. Ich lag auf einem weichen Teppich auf dem Boden, zumindest fühlte er sich halbwegs bequem an. Wie ich dort hingekommen war, wusste ich nicht. Getrunken hatte ich nichts, oder ich glaubte das zumindest. Ich schaute auf die Zimmerdecke, die Regale an den Wänden und eine Tür. Es war weder bei mir zuhause noch in irgendeiner Wohnung, die ich kannte. Fast fühlte es sich an wie … nach einer wilden Nacht oder zumindest einem anregenden Abend. Nur war meine Erinnerung einfach ausgelöscht, wie ein verblasster Traum.

    Von einem Fenster drang helles Licht herein. Ich stand langsam auf und schaute mich genauer um. Es sah wie ein … Wohnzimmer aus, mit ein paar gestapelten Büchern, Zeitschriften und zerknüllter Wäsche. Dünne, vergilbte Gardinen verhüllten das Fenster. Zuerst war es mir eine Spur zu kühl erschienen, obwohl ich eine lange Hose trug. Es war aber gerade richtig, weder eiskalt noch heiß und schwül, wie es sich im Mai ungefähr anfühlen sollte. Leichte Magenkrämpfe und ein erhöhter Puls kamen bei mir auf. Ich versuchte, einige Male tief durchzuatmen und ganz ruhig zu bleiben. Ein bisschen schien es zu funktionieren.

    Ich ging zum Fenster, das aus einer einzigen dünnen Glasscheibe und einem einfachen Rahmen bestand, schob den Vorhang zur Seite und blickte in einen Garten. Das Gras war saftig grün und ziemlich hoch, eine Hecke versperrte den weiteren Blick nach vorne. Ich glaubte Vogelgezwitscher und leichtes Blätterrauschen zu hören, ansonsten war es still.

    Der Raum hinter der Tür schien eine Art Küche zu sein. Wie beim anderen Zimmer bestanden die Wände aus beschichteten Holzplatten oder einem ähnlichen Material. Auf den ersten Blick sah alles zwar nicht sehr groß aus, doch es war umso mehr Ausstattung da. In diesem Raum führte eine schmale Treppe nach oben. Sie sah aus, als wäre sie erst vor kurzer Zeit aus Balken und Holzbrettern gebaut worden. Jemand hatte sie wohl streichen wollen, das jedoch bald aufgegeben.

    Vor mir befand sich eine weitere Tür, an der ein altmodischer Schlüsselbund aus drei Schlüsseln steckte. Ich probierte ihn aus – offen. Ein leichter Luftzug wehte mir ins Gesicht, als ich im Freien unter einem kleinen Vordach stand. Ein Weg aus abgenutzten Betonplatten führte weiter geradeaus. Draußen konnte ich eine Landschaft aus Feldern oder Wiesen sehen, durch die hohe, nur bei der Gartentür unterbrochene Hecke. Ich drehte mich kurz vor dem Ende des Weges rasch um und erkannte, dass ich mich vor einem kleinen, frei stehenden Haus befand. Über dem niedrigerer aussehenden ersten Stock verfügte es über ein relativ flaches Dach. Vielleicht gab es auch einen Dachboden, der gerade noch betreten werden konnte.

    Draußen, außerhalb des Gartens, tat sich eine weite, grüne Hügellandschaft auf. Es gab keine anderen Häuser, keine Straßen, höchstens halb zugewachsene Feldwege. Niemand war da, nur eine bis zum Horizont reichende grüne Weite, in der sich hohe Gräser im Wind bewegten. Dazwischen lagen kleine Waldstücke. Ein paar Vögel flogen vorbei, ich konnte nicht genau erkennen welche, wahrscheinlich größere. Das Haus war kaum ein luxuriöses Landhaus, eher etwas zwischen einer Almhütte und einem Kleingartenhaus. Es war einfach und trotzdem eine feste Insel mitten im Nichts. Dennoch erschien mir der Garten mit seinen Hecken und Wegen beinahe wie ein kleiner Schlosspark, ohne dass ich noch die andere Seite gesehen hatte. Der Himmel zeigte sich sonnig, mit wenigen kleinen Wolken.

    Ich versuchte alles zusammenzufassen. Wo ich und wie ich hier hergekommen war und warum, wusste ich nicht. Wer ich war, wusste ich schon – 33, männlich, Mitteleuropäer, ahnungslos. Hatte ich doch irgendein schlimmes Zeug getrunken? Niemand bedrohte mich, alles um mich sah friedlich aus – aber was war das hier?

    Entschlossen ging ich um das Haus herum und folgte einem Weg aus feinem Sand, der im Gras endete. In einer Ecke des Grundstücks ragte ein mehrere Meter langer Mast mit einer Metallkonstruktion in die Höhe. Das konnte eine Antenne sein. Ich lief zum Eingang zurück, die Treppe hinauf, blickte kurz in die Räume, die da oben waren. Einen Dachboden gab es wirklich, allerdings waren keine Besonderheiten erkennbar. Es sah so aus, als ob der erste Stock genauso bewohnbar war, nur stapelte sich dort noch mehr Gerümpel.

    „Hallo?, rief ich, wieder unten, um gleich noch lauter „Hallo, ist da jemand? zu brüllen. Da war nur Stille. Ich rannte hinaus, sah kurz in den Himmel mit seinen Wölkchen, schaute in alle Richtungen. Ein weiteres Mal schrie ich, während ich mich im Kreis drehte. „Hallo – jemand da?". Fast hätte ich das Gleichgewicht verloren. Heiser und außer Atem hörte ich damit auf. Das hatte hier erst einmal keinen Zweck, jemand anrufen ebenfalls nicht, nachdem sich das Handy vorhin von selbst abgeschaltet hatte. Der Akku war komplett leer.

    Die Umgebung erinnerte mich an eines dieser märchenhaften Landschaftsgemälde. Nur, warum konnte ich auf allen Seiten nichts als endlose hügelige Weiten sehen, wo anscheinend niemand da war? Mir kamen diese Reiseberichte aus Irland in den Sinn. Es musste Gegenden geben, wo kilometerweit um jemand herum absolute Leere herrschte. Aber wann sollte ich dort hingekommen sein? Traum war es keiner, da war ich mir absolut sicher. Ich würde nicht auf einmal einen Atompilz am Horizont sehen und schweißgebadet aufwachen oder so etwas in der Art, redete ich mir zumindest ein.

    * * *

    In der Küche hatte ich Dosen mit verschiedenem Gemüse gefunden, und die Äpfel und Kartoffeln sahen ebenso nicht verdorben aus. Aus der Leitung floss Wasser und ich war mir unsicher, ob ich es trinken sollte. Zumindest wirkte es sehr klar und schmeckte nicht faulig oder salzig. Der Druck auf einen Schalter ließ kurz darauf eine Leuchtstoffröhre den Raum erhellen. Nach ein paar Bohnen mit Zitronensaft und noch etwas Umsehen war es schon sehr dämmrig. Trotzdem wollte ich ein Stück weiter vom Haus weggehen und mich umsehen. Hier erwartete ich so schnell nicht, dass jemand auftauchte. Meine lange Hose ließ ich lieber an, auch wenn ich wahrscheinlich eine kurze finden würde, die mir passte. Obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich sollte, sperrte ich das Haus ab und steckte den Schlüsselbund ein. Die Gartentür hingegen wirkte ohnehin eher symbolisch und verfügte nicht einmal über ein Schloss.

    Ich spazierte den Weg entlang, der sich schnurgerade durch die Felder aus wilden Gräsern oder Getreide erstreckte. Es war ein Feldweg aus Erde, Sand und Kieselsteinen. Nach einer kleinen Bergkuppe entdeckte ich einen übermäßig großen Löwenzahn mitten auf dem Weg, konnte einen halben Meter hoch sein.

    Was mich zusammenzucken ließ, war das kleine Haus vielleicht hundert Meter vor mir. Bewohnt wirkte es nicht, war auch nicht beleuchtet, eher kleiner und beinahe wie ein Nebengebäude von meinem. Trotzdem zögerte ich, weiterzugehen. Aber ich setzte die Erkundung fort, näherte mich. Nichts deutete darauf hin, dass hier jemand wohnte. Eher wirkte es leicht verfallen. Weit und breit war nur wenig zu bemerken, das nach Zivilisation aussah. Ich umrundete das Gebäude, schaute mich um, und die Haustür war – verschlossen. „Hallo, ist da jemand?", brüllte ich, wartete eine Minute lang und überlegte, ob ich an der Tür rütteln sollte.

    Lieber sollte ich das nicht – und ich ging zurück, bevor es zu dunkel wurde. Die Vögel von vorhin waren Krähen. Manche kamen näher und setzten sich neben den Weg. Auf einer Seite saß eine Saatkrähe, schwarz, und begann zu krähen. Die Nebelkrähe auf der anderen Seite, grau und schwarz, schien darauf zu antworten. Ob sich die beiden Arten verstanden? Sie sahen mich an, als ob sie mir noch etwas sagen wollten, bis sie zusammen mit den anderen weiterflogen.

    * * *

    In etwas, das ich für einen angebauten Geräteschuppen gehalten hatte, war eine Toilette, eine improvisiert wirkende und dennoch ihren Zweck erfüllende Konstruktion. Am anderen Ende, getrennt durch eine Zwischenwand, befand sich ein an die ein mal zwei Meter großer Raum. Ein Druck auf einen Schalter hüllte ihn in schummriges Licht und ließ mich das oben montierte, durchlöcherte Rohr erkennen. Nach dem Drehen an einem Rad plätscherte sofort warmes Wasser heraus. Kurz überlegte ich, ob etwas kaputt oder vom Wasser durchnässt werden könnte, zog mich aus und legte meine Sachen draußen hin. Weil die Luft kühl geworden war, erfüllte mich die Dusche sofort mit neuem Leben. Ich dachte an einen irgendwo montierten Wassertank, der bald leer sein würde. Doch es floss weiter und der Druck wurde nicht weniger.

    Meine Hand wurde unruhig. Ich brauchte es oder sehnte mich zumindest nach der Entspannung, die folgen würde. Sollte ich es mir lieber aufsparen, bis ich wieder drinnen sein und im Bett liegen würde? Aber das war nicht irgendeine Dusche, sondern für mich eine Oase mitten in einer Welt, die ich nicht kannte. Nun war sie in Dunkelheit getaucht. Die Antwort meines Körpers fiel ziemlich eindeutig aus, langsam und dennoch stetig.

    Eine Szene aus meinen Träumen der letzten Tage wurde zu einem Tagtraum, in dem ich über eine belebte Strand-Promenade in einem Fantasieland ging. Die Sonne schien und das Spiel hieß sehen und gesehen werden. Es war ein Mann, der seine Blicke nicht von mir lassen konnte und mit dem ich versuchte, ein paar Worte zu wechseln. Als wir uns auf einmal verstanden, obwohl seine Ausstrahlung schon alles gesagt hatte, war es Abend und wir beide allein. Langsam legte sich seine Hand auf mich. Nein, es war meine eigene und ich setzte den Traum fort.

    Mit der linken Hand begann ich mich zu massieren. Das Streichen der Finger über meinen Oberkörper fühlte sich fast so an, als ob es jemand anders machen würde. Mit der rechten arbeitete ich mich weiter in Richtung Höhepunkt. Meine Knie wurden weich, ich drückte mich gegen die Wand. Ich wollte einfach nur so richtig schön kommen, es bis in die Zehenspitzen spüren, mitten im Nichts. Vielleicht lag es am Dampf, der mittlerweile den Raum erfüllte. Aber auch ohne ihn müsste ich nach Luft ringen und würde meinen Herzschlag spüren.

    Knapp vor der Schwelle hörte ich auf, hielt mich noch zurück. Gedanken drängten sich in meinen Kopf, ob in dem anderen Haus nicht doch jemand gewesen sein könnte. Ich versuchte mich nicht davon irritierten zu lassen und tastete mich nochmals knapp an den Punkt heran. Beim dritten Mal war es zu viel. Ich machte mit aller Gewalt weiter, während ich abspritzen musste und sich für einen Moment der Geruch von Sperma mit dem Dampf vermischte. Ein Blitzschlag traf mich, zog sich durch meinen Körper. Ich sackte zusammen und setzte mich auf den Boden. Langsam wurde das von oben herabprasselnde Wasser kühler. Ich drehte das Rad zu und blieb sitzen. Es würde noch eine Weile dauern, bis die heißen Wolken durch den schmalen Spalt oben abzogen.

    Im Freien fühlte es sich kühl an, und ich huschte zurück in das Haus. Weshalb gab es keinen direkten Zugang? Ich war froh, als ich die Haustür hinter mir schließen konnte und ein großes Badetuch zum Abtrocknen fand.

    Das Bett in einer Ecke des Wohnzimmers wirkte recht gemütlich, nachdem ich das bisschen Gerümpel zur Seite geräumt hatte. Auch der Staub war bald abgeschüttelt. Kurz legte ich mich zur Probe hin. Es war zwar bequem, aber wirklich müde fühlte ich mich noch nicht. Wenn es Strom gab, müsste ich es doch schaffen, meinen Handy-Akku aufzuladen. Noch einmal wühlte ich mich durch die Schubladen und fand jene, in der ein Knäuel mit verschiedenen Kabeln und Netzteilen lag. Natürlich hatte der Stecker eine andere Form, so dass ich in der Küche nach einer Schere kramte. Ohne langes Überlegen isolierte ich die Enden eines der Kabel ab, hielt sie an den kleinen Anschluss und schloss den Netzstecker an. Zuerst tat sich nichts, dann folgte ein Knacksen und ein kleiner Funke.

    Ich nahm den Akku heraus und versuchte, die Drähte direkt auf die viel einfacher zu erreichenden Kontakte zu halten. In einer Stellung gab es Funken, in der anderen nichts. Notdürftig fuzzelte ich die Kabelenden um die Kontakte, legte den Akku wieder ein – und zehn Sekunden später leuchtete die Anzeige. Das Telefon lud sich auf, doch es wurde kein Netz angezeigt. Ich wählte den Euro-Notruf 112 – Fehlermeldung, bei 911 auch. Egal, ich legte es vorsichtig weg.

    Wie oft sollte ich noch versuchen, auf diesem 1980er-Jahre-Radiorecorder mit den abnehmbaren Lautsprechern etwas außer Rauschen zu empfangen? Wahrscheinlich gab es noch Länder, in denen analoges Fernsehen gesendet wurde, das der uralte hier stehende Fernseher empfangen konnte. Doch entweder war er kaputt, oder es existierten hier ausschließlich digitale oder überhaupt keine Signale. Momentan hatte ich keine Lust mehr, wieder das Rauschmuster zu suchen, das fast nach regelmäßigen Streifen aussah.

    Ich kroch unter die Decke und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Was in den Stunden vor meinem Aufwachen in diesem Haus passiert war, wusste ich sowieso nicht. Das letzte Ereignis, an das ich mich erinnern konnte, lag ebenfalls im Dunkeln. Es war nicht wie eine Vollnarkose, aus der jemand aufwachte und sich genau daran erinnern konnte, sondern ganz anders. Es war viel mehr durcheinander und verwischter. War ich entführt und hierher gebracht worden? Wäre in dem Fall nicht ein bewaffneter Typ vor der Tür gestanden?

    Egal, die grünen Hügel und kleinen Wolken auf blauem Himmel schoben sich vor die komplizierten Gedanken und setzten sich in meinen Träumen fort.

    Ich wachte auf, die Sonne schien kräftig durchs Fenster, und ich überlegte einige Sekunden lang. Ja, ich war allein in diesem Haus. Noch einige Male drehte ich mich um, wälzte mich hin und her, um dann im Gedanken bereits in der Küche zu sein. Alles war da, sogar Müsli und Flaschen mit Fruchtsäften, die sich anscheinend ewig hielten. Wie lange würde ich damit auskommen?

    Am Vormittag sah ich mich genauer in der näheren Umgebung um. Auf der anderen Seite des Gartens, nicht weit von dieser angebauten Dusche entfernt, bildete hohes Gras und Gebüsch die Grundstücksgrenze. Das leise Plätschern war ein kleiner Bach, eher ein Wassergraben, der dazwischen verborgen war und sich irgendwo in Richtung der Felder fortsetzte. Die Seitenwand eines kleinen Verschlages aus verwittertem Holz ließ sich leicht zur Seite schieben. Darunter verbarg sich eine Art kleines Mühlrad aus Blech. Das daneben musste ein Generator oder ein zweckentfremdeter Elektromotor sein, der nun Strom erzeugte. Wenn der Bach ständig gleichmäßig floss, sollte die elektrische Spannung theoretisch ziemlich konstant sein. Aber viel Leistung konnte da nicht herauskommen. Ein Rohr, ungefähr mit dem Durchmesser einer Dachrinne, fing einen halben Meter darunter Wasser ein. Es musste in Richtung Haus fließen.

    Der mit Schilf bewachsene Tümpel, am anderen Ende des Gartens, stellte offenbar eine biologische Kläranlage dar. Auch die schwarzen, in vielen Schlangen verlegten Rohre auf dem Dach fielen mir auf. Sie sorgten wohl für warmes Wasser, wenn es sonnig genug war, wie auch immer der Druck ausreichte, damit es dort hinaufgelangte.

    Mein Telefon war tatsächlich voll aufgeladen. Ich riss das Kabel heraus, hetzte die Treppe nach oben, tastete nach der Luke, die auf das Dach führte, drehte mich in alle Richtungen – keinerlei Empfang. Das einengende Gefühl zwischen Bauch und Hals wurde weniger, nicht stärker. Von dort oben war die Aussicht noch besser. Ich konnte sogar einen Teil des anderen Hauses hinter dem Hügel sehen.

    War dort gerade jemand gewesen, für einen kleinen, kurzen Moment, ein menschliches Wesen und keine Krähe oder ein Fasan oder Feldhase? Konnten 24 Stunden völlige Einsamkeit schon geistig verwirren? Was wäre, wenn dort wirklich jemand wohnte, womöglich bewaffnet oder gewalttätig oder der Grund, warum ich hier war? Sollte ich lieber alles zusammenpacken, das ich finden und tragen konnte und in die andere Richtung gehen, so weit weg, wie es ging? Oder sollte ich hier nach der Lösung suchen, die sehr nahe liegen könnte?

    Angst kam in meinem Bauch auf, aber die Neugier siegte.

    Wieder ging ich zu der Bergkuppe, legte mich an einer Stelle mit hohem Gras und Buschwerk auf den Boden – und wartete und überlegte. Ich wartete und verfolgte, wie sich das Gras dem leichten Wind beugte. Manchmal hörte ich die Krähen in der Luft und sonst nicht viel – bis ich sah, wie jemand um die Ecke kam und vor dem Haus auf und ab ging. Ich war nicht allein hier.

    Der Mann hatte außer einer knappen kurzen Hose nichts an und war recht gut in Form, soweit ich das von hier beurteilen konnte. Älter als ich konnte er kaum sein. Obwohl dieses Bauchgefühl von vorhin mit jeder Sekunde nachließ, duckte ich mich wieder. Ich versuchte, durch die Grashalme so viel wie möglich zu erkennen. Bewaffnet war er nicht. Eher sah es danach aus, als ob er genau wie ich nach Antworten suchte. Sollte ich mich besser davonschleichen? Oder war der Moment gerade richtig, um zu ihm hinunterzugehen? Lange konnte es sowieso nicht dauern, bis er mein Haus entdecken würde.

    Er blieb stehen und starrte in meine Richtung. War das gerade ein „Hallo" gewesen? Eine halbe Minute später blieb sein Blick noch immer auf mich gerichtet – und er kam auf mich zu. Mein Herz begann erneut zu rasen. Sollte ich in die andere Richtung rennen? Nein, das sollte ich nicht.

    Ich stand auf, spätestens in diesem Moment musste er mich sicher sehen, und machte ein paar Schritte den Berghang hinunter. Weniger als 50 Meter mussten es sein, die uns trennten. Ich glaubte immer noch nicht wirklich an eine Gefahr. Dafür zeichnete sich zunehmend deutlicher jemand ab, für den mir nur zwei Worte in den Sinn kamen – sehr süß. Mir fielen seine kräftigen Bauchmuskeln und Oberarme auf, seine glatten, festen Oberschenkel. Bis auf seine tiefschwarzen Kopfhaare war er fast nicht behaart. Aus Europa konnte er kaum sein, eher aus Asien. Seine Haut war eine Spur dunkler als meine, so dass seine weißen Shorts einen deutlichen Kontrast dazu bildeten.

    „Hallo, ich …", sagte ich am Fuß des Hügels, als wir uns zwei Meter entfernt gegenüberstanden, und streckte meine Hand aus. Er zögerte kurz, um dann zu lächeln und den Händedruck wortlos zu erwidern.

    „Deutsch, English, oder …?", fragte ich.

    „Keine Angst, ich verstehe dich, antwortete er mit einem leichten Akzent, „aber was machst du hier?

    „Ich bin gestern in dem Haus dort drüben aufgewacht und habe keine Ahnung, wo ich bin."

    „Oh!", entgegnete er.

    Ich hätte es anders angehen sollen und versuchen, seinen Körperbau nicht gar so anzustarren. Dass er ein leichtes Kichern verbergen wollte, war für mich nicht schwer zu erkennen. Reflexartig wandte ich meinen Blick von ihm ab.

    „Du auch, oder wie?"

    „Ja", folgte seine Reaktion nach ein paar Sekunden des Zögerns.

    „Und du kannst dich an nichts erinnern?"

    „Nein, es ist seltsam, aber …"

    „Wo könnten wir hier sein?"

    „Keine Ahnung, ich bin ein bisschen herumgewandert, aber da ist nichts."

    „Vielleicht sollten wir … also ich meine … kommst du gut zurecht in dem Haus, ist alles da?"

    „Ja", erwiderte er knapp, und Stille folgte.

    „Treffen wir uns morgen am Vormittag wieder, in der Mitte. Ich möchte hier noch schauen, ob ich was finde – also dein Haus ist da drüben?", meinte er nach Momenten des Herumstehens und deutete in meine Richtung.

    „Könnten wir nicht …? Ja, gut, machen wir das, ich werde dann noch bei mir alles erkunden."

    Fast glaubte ich, er wollte mir auf die Schulter klopfen. Doch ich spürte nur den starken Druck seiner Hand, etwas länger als vorhin. Noch einmal lächelte er mich an und zwinkerte mir für einen kurzen Moment zu, bis er sich umdrehte und zurück zu seinem Haus ging.

    Ich war nicht allein und war es doch wieder. Am liebsten hätte ich ihn umarmt und an mich gedrückt. Aber nur weil jemand freundlich wirkte und praktisch nackt herumlief, musste er nicht unbedingt auf andere Männer stehen. Der Gedanke kam mir abartig vor, jemand umdrehen zu wollen. Was würde ihm jedoch übrigbleiben, wenn wir die einzigen zwei Menschen hier waren? Dass ich ihn ganz hübsch fand, musste er ja mitbekommen haben. Egal, ich versuchte, an die grüne Hügellandschaft zu denken. Alles war da, was ich brauchte, bis auf einen Durchgang von der Dusche ins Wohnzimmer.

    Vielleicht war alles ein Spiel, jemand beobachtete mich und ich konnte nicht einmal sicher sagen, ob es nicht er war. Etwas zu essen und einen sicheren Schlafplatz zu besorgen konnte erst einmal keine Aufgabe sein, wenn ich denn eine zu erledigen hatte. Den riesigen Mast mit den Antennen im Garten könnte ich noch in eine andere Richtung drehen. Dann würde ich sehen, ob diese leicht verschiedenen Muster im Rauschen möglicherweise schwach einfallende Sender waren oder nur Zufall.

    Das Rohr, das in der Erde steckte, Betonsockel konnte ich keinen erkennen, musste an die fünf Meter hoch sein. Zwei Kabel führten herunter und verschwanden in der Erde. Ganz unscheinbar neben diesem Blumen- oder Gemüsebeet kamen sie hinaus und führten ins Haus. Auf dem Mast waren drei verschiedene und ziemlich große Antennen, und sie zeigten alle in eine Richtung. Durch eine kleine Lücke in der Hecke konnte ich einen größeren Hügel oder Berg erkennen. Wenn es wirklich einen Sender gab, musste er bei dieser Gebirgskette sein, die mindestens zehn Kilometer entfernt lag.

    Ich hatte den wackelig aussehenden und mit dem Fernseher verbundenen Stecker auseinandergeschraubt und soweit ich mich auskannte besser zusammengebaut. Nun zeichneten sich die senkrechten Balken in unterschiedlichen Graustufen zu deutlich vom Rauschen ab, um Zufall sein zu können. Mehrere Sekunden lang starrte ich den Bildschirm an, um dann nochmals in den Garten zu rennen. Ohne Werkzeug und mit bloßen Händen gelang es mir, den Mast zu verdrehen, wenn auch nur irgendwie und ohne dass die Ausrichtung danach merklich anders wirkte. Dafür brannten und schmerzten meine Hände und waren rot, also ließ ich es sein.

    Es war später Nachmittag geworden und das Sonnenlicht etwas sanfter, als ich mich auf den Boden setzte. Die beinahe schon leicht brennende Luft des Frühsommertages wurde langsam kühler und fühlte sich gut auf meiner Haut an. Ich wusste nicht mehr genau, wie meine Hände unter meine Shorts gekommen waren. Aber sie waren es – und ich sah ihn in meinen Gedanken neben mir stehen. Er musste bereits anstrengendere Sachen gemacht haben, als ein in der Erde vergrabenes Stahlrohr zu drehen. Ob er nachher mit ein bisschen Schweiß auf der Haut neben mir hier sitzen würde?

    Meine Gedanken hatten Folgen, und ich streifte die Hose mit beiden Händen ab und ließ ihnen Luft. Sollte ich … oder nicht? Denken durfte ich wohl, woran ich wollte. Noch einmal sah ich hektisch nach links und rechts, um dann seinen Anblick und sein Lächeln nicht mehr auf dem Kopf zu bekommen, bis mich der Höhepunkt erfasste.

    Erneut begrüßte mich ein sonniger Tag, als ich am nächsten Morgen aufwachte. Zum Glück war es am Abend bei einem Glas Wein geblieben. Nach dem Anklemmen meines Telefons an diesen Radiorecorder und dem Durchsuchen meiner Musiksammlung war mir danach gewesen. Sogar lösliches Kaffeepulver hatte ich noch entdeckt, das zusammen mit dem Wasser aus der Solaranlage ganz passabel schmeckte. Sollte ich wirklich einen Durchgang von der Dusche ins Wohnzimmer bauen, so dass ein richtiges Badezimmer daraus wurde? Eine elektrische Stichsäge und alle möglichen Baumaterialien waren ja vorhanden. Nein, ich wollte lieber ihn treffen.

    Bei der Bergkuppe begegnete ich niemand, auch nicht vor dem Haus. Ich ging herum – und sah ihn auf der anderen Seite. Entnervt aussehend schien er nach etwas zu suchen. Diesmal trug er ein T-Shirt mit einem verblassten Aufdruck.

    „Hallo!", begrüßte ich ihn.

    „Oh, hallo", sprach er mich genauso an, wie er aussah.

    „Was gibt es denn?"

    „Kaltes Wasser."

    „Und gestern war es noch warm? Hast du auch eine Solaranlage auf dem Dach, oder funktioniert das mit Holz oder sonst was?"

    „Ja, war es … keine Ahnung."

    Er setzte sich auf ein großes Brett, das auf zwei Steinblöcken am Rande des Gartens lag und eine Bank bildete. Zumindest war es eine Art Garten, hinter uns stand eine Reihe aus einigen Bäumchen als Hecke.

    „Ich könnte mir das einmal ansehen, aber versprechen kann ich nichts", meinte ich und setzte mich neben ihn.

    „Und du hast warmes Wasser?"

    „Ja, sogar ein richtiges Bad mit Dusche."

    Ich stützte mich mit beiden Händen ab und traf die Finger seiner Hand, die den Rand des Holzbrettes umklammerten.

    „Oh, tut mir leid!"

    „Kein Problem", erwiderte er und strich mit seinen Fingern über meine. Kurz hielt er inne, und wir sahen uns knapp gegenüber in die Augen.

    „Was ist?", fragte ich.

    „Ach, gar nichts."

    Sein Lächeln war wieder

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