Lilith
Von Ralph Kluge
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Über dieses E-Book
Ralph Kluge
Ich schreibe schon, seit ich 15 Jahre alt war, jedoch waren es damals hauptsächlich Lieder und Gedichte. Für den Frieden, für die Welt und für die Liebe. Irgendwann beschloss ich dann, so wie es meine knapp bemessene Freizeit erlaubte, Kurzgeschichten zu schreiben und auch Bücher zu verfassen.
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Buchvorschau
Lilith - Ralph Kluge
Prolog
Es war nicht der Tag, der zuerst da war,
sondern die Nacht, genauso,
wie nicht das Leben zuerst da war,
sondern der Tod.
Manchmal geschehen Dinge, die man zuerst nicht abschätzen kann, die einen aber völlig aus der Bahn werfen können. Es sind dies oft die Dinge, denen man gar keine so grosse Bedeutung zukommen lässt. Und doch sind sie die Weggabelungen der Schicksalswege.
Oft schon habe ich mich gefragt, was wohl passiert wäre, wenn ich an jenem Sonntag einfach im Bett geblieben wäre, hätte gegen Mittag gefrühstückt und den ganzen Tag ferngesehen oder ein Buch gelesen oder was auch immer. Auf jeden Fall etwas anderes unternommen als diesen Spaziergang, der mein Leben so veränderte.
Hätte ich es vorher gewusst, ich wäre nicht mehr vor die Tür gegangen. Warum musste gerade mir das passieren?! Es gibt Leute, die leben glücklich und zufrieden, bar jeder Sorgen, verdienen genug Geld, haben für alles eine Lösung, werden von allen gemocht und sterben in hohem Alter in diesem Zustand, also genauso glücklich und zufrieden wie immer. Warum konnte ich keiner von diesen sein? Nicht, dass ich es mir bisher gewünscht hätte, es ging mir auch so ganz gut, aber nach allem, was geschehen ist, hätte ich dieses Leben doch vorgezogen. Mit Freuden wäre ich sogar sonntags zur Kirche gegangen und hätte den eindringlichen Worten eines von der Kanzel wetternden Pastors zugehört und wäre nach der Messe in Demut nach Hause gegangen, frohen Herzens, dass wir alle in Gottes Hand sind und ER unser Leben lenkt. Diese Art von Leben wäre ja so einfach gewesen, nichts kann einen erschüttern, denn Gott fängt dich auf, solltest du einmal straucheln.
Warum aber hat ER mich nicht aufgefangen, als ich im Begriff war zu straucheln?!
Wo war ER an jenem Sonntag beim Spaziergang?! ER war nicht da! Ich war ganz allein, als ich im milden Sonnenschein durch die Flussauen schlenderte und den warmen Wind genoss.
Ich war auch allein, als ich mich am Flussufer ins Gras setzte und der Strömung zusah, und das Schicksal nahm seinen Lauf ...
Die Maschine
Wer komponiert wohl den Vögeln ihre Lieder?
Dieses oder ähnliche Probleme mögen mich in diesem Augenblick bewegt haben, als ich vor mir im Fluss die kleine grüne Flasche entdeckte. Normalerweise wäre mir dieser Umstand gar nicht aufgefallen, heutzutage treibt allerhand Müll in den Flüssen, aber aus irgendeinem Grund zog diese Flasche meine Blicke auf sich.
Ich fragte mich, wer sie wohl in den Fluss geworfen hatte, vor allen Dingen, was hatte sie einmal enthalten?
Hatte?!
Erst jetzt sah ich, dass ein Gegenstand in der Flasche war. Ich suchte mir einen langen Ast, der irgendwo in der Nähe lag und versuchte damit, sie ans Ufer zu treiben.
Es gelang mir, sie in die Hand zu bekommen und da sah ich auch, dass der Gegenstand darin ein kleiner, zusammengefalteter Zettel war, der sogleich meine Neugier anzog.
Ich zog den verwitterten Korken aus dem Flaschenhals, zum Glück stand er ein wenig hervor, und versuchte, den Zettel herauszuschütteln.
Es gelang mir nicht.
Ich musste die Flasche an einem Stein zerschlagen, um an das Papier heranzukommen. Aus den Scherben hob ich es auf und entfaltete es.
Auf vergilbtem Papier konnte ich geradeso noch eine Zeichnung erkennen, die mit einem altertümlichen Zeichengerät, einer Feder oder ähnlichem, geschaffen worden sein musste. Ich konnte eine Art Uhrwerk erkennen, das mit allerlei Zugaben versehen worden war. Die Beschriftung der Zeichnung war aber erstaunlich gut zu lesen.
Ich packte den Zettel sorgfältig in die Tasche meiner Jacke, ging zum Parkplatz, auf dem mein Auto stand und fuhr damit nach Hause, in meinen Gedanken schon mit der Konstruktion des Gerätes beschäftigt. Verschiedene Worte des Planes liessen darauf schliessen, dass der Urheber der Zeichnung eine Art Zeitmaschine bauen wollte. Ob diese dann auch funktionierte, erfuhr man leider nicht. Allerdings konnte ich mich nicht der Illusion hingeben, dass der Konstrukteur sich in eine andere Zeit versetzt hatte. Das hörte sich zu sehr nach einer Science-Fiction-Geschichte an, die man um die Ecke kaufen konnte. Aber etwas musste dieses Gerät bewirken, das fühlte ich. Und was, das wollte ich herausfinden.
Als ich zu Hause angekommen war, legte ich das Papier zunächst in eine Schublade und vergass es. Erst nach ein paar Tagen fiel es mir zufällig wieder in die Hände und ich beschloss, die Apparatur nachzubauen. Ich besorgte mir nach und nach die dazu notwendigen Teile, was jedoch nicht ganz einfach war, da die Bezeichnung der einzelnen Bauteile auf der Zeichnung nicht den heute gebräuchlichen Namen entsprach.
Als ich die ersten Schwierigkeiten auf mich zukommen sah, wollte ich das Projekt aufgeben, doch der Gedanke an das geheimnisvolle Gerät wollte mich einfach nicht loslassen. Ich musste es einfach nachbauen. Vernunft war nie der Führer grosser Taten. So sagte ich mir jedenfalls.
Ganze Tage verbrachte ich in Bibliotheken und wälzte alte Bücher, mit deren Hilfe ich mir die Teile schliesslich besorgen konnte. Jetzt also konnte der Bau endlich losgehen.
Dem Leser dieser Zeilen mag es seltsam vorkommen, dass es mir jetzt erst an diesem Punkt unheimlich wurde. Aber erst jetzt wurde es mir tatsächlich richtig bewusst, dass ich den ersten Schritt zur Lösung des Geheimnisses getan hatte.
Ich nahm mir eine Woche Urlaub auf meiner Arbeitsstelle und verabschiedete mich von Freunden und Bekannten, denen ich gesagt hatte, dass ich ein paar Tage zur Erholung wegfahren würde. Mit klopfendem Herzen schloss ich mich in meiner Wohnung ein und begann mit der Arbeit.
Schräubchen für Schräubchen setzte ich zusammen und Rädchen für Rädchen. Genauso, wie es in dem Plan stand. Einiges musste gebogen werden, anderes erst zurechtgefeilt. Verschiedene Teile musste ich mir sogar ganz neu anfertigen, da sie so, wie ich sie gekauft hatte, nicht passten. Probleme bereiteten mir auch die elektrischen Bauteile, da ihr Zusammen bau eigentlich besondere Kenntnisse erforderte, die ich nicht besass. Aber nach einigem hin und her gelang mir auch das.
Endlich, nach fünf Tagen, war die Maschine fertig. Sie sah etwas unproportioniert aus und entsprach in ihren Massen nicht genau dem Plan, doch ein Kunstwerk schien sie mir allemal zu sein. Wie es der Zufall wollte, fiel gerade in diesem Moment ein Sonnenstrahl durch das Fenster auf mein Werk und liess es mit seinen polierten Messing- und Silberteilen in einem gespenstischen Glanz erstrahlen. Ich hielt es für ein gutes Omen.
Um die Maschine in Gang zu bringen, musste ich zunächst eine kleine Dampfmaschine, die daran angeschlossen war, zum Laufen bringen. Sie trieb einen kleinen Generator an, der für das Funktionieren der Maschine notwendig war. Als der Generator dann lief, wusste ich, dass es soweit war.
Ich nahm eine kupferne Kugel, die an einem Draht hing, in meine linke Hand und betätigte mit der rechten einen Hebel bis zum Anschlag, voller Erwartung, was nun geschehen würde.
Die ganze Apparatur fing plötzlich an zu rauchen, zu funken und zu zischen. Ein leichtes Kribbeln erfüllte meinen Körper. An das, was dann weiter geschah, kann ich mich nicht mehr erinnern, da ich ganz unerwartet das Bewusstsein verlor.
Ich erwachte erst wieder, als ich auf einer Wiese sass, die offenbar eine grosse Waldlichtung bildete.
Dunkle Wolken türmten sich über mir.
Da zuckte ein Blitz von oben, dem ein furchtbarer Donner folgte. Dicke Wassertropfen fielen vom Himmel, die mich augenblicklich bis auf die Haut durchnässten. Suchend sah ich mich nach einem Unterstand um, konnte aber ausser dem Wald, der die Lichtung umgab, nichts entdecken. In den Wald mochte ich nicht gehen, wusste ich doch, dass Bäume im Gewitter nicht ganz ungefährlich sind. Mir fiel ein, dass man in einem solchen Fall noch am sichersten war, wenn man sich, wie jetzt auf dem freien Feld, flach auf den Boden legte, um den Blitzen keinen Anziehungspunkt zu bieten.
Während das Gewitter über mir tobte, legte ich mich bäuchlings ins Gras und