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Die nicht dazugehören: und andere Erzählungen
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eBook136 Seiten1 Stunde

Die nicht dazugehören: und andere Erzählungen

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Über dieses E-Book

Drei homosexuelle Studenten führen eine harmonische Dreiecksbeziehung, bis das mit den Briefen anfängt...

Ein neuer Nachbar benimmt sich unheimlich. 
Jugendliche erleben einen einzigartigen Moment in einem Kornfeld.
Eine neue Schülerin wird von einem unheimlichen Hausmeister verfolgt.
Eine junge Frau erlebt mit ihrer Kollegin eine schreckliche Sommerparty.
Zwei Männer überfahren einen Hund und versuchen ihn loszuwerden.
Freunde erleben auf einer Hütte das pure Grauen.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum28. Mai 2014
ISBN9783736814615
Die nicht dazugehören: und andere Erzählungen

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    Buchvorschau

    Die nicht dazugehören - Stefanie von Rossek

    Briefe einer Dreiecksbeziehung

    Wer mich gesehen hätte, wie ich in der Vorlesung saß und mit aufmerksamem Gesicht nach vorne blickte, der hätte nichts anderes gesehen, als einen blonden Jungen, der ein weißes, langweiliges Hemd trug und so wirkte, als wäre er soeben allein mit seinen Gedanken beschäftigt.

    Jeder, der mich sah, sah die Wahrheit.

    Aber wenn man einen Blick auf Albert warf, dann wusste man gar nichts. Er gehörte zu der Sorte Mensch, die von dunkler Hautfarbe waren und prinzipiell diese unnahbare Lässigkeit ausstrahlten, dieses „Ich steh über dem ganzen Mist, also sprich mich nicht darauf an".

    Albert war im Moment damit beschäftigt, etwas auf ein kleines Papier zu schreiben und dies war natürlich eine Handlung, die mein Herz heftiger zum Schlagen brachte, weil ich darauf wartete, wieder Teil eines geheimen Prozesses zu werden, von dem niemand außer mir Bescheid wusste. Briefschreiber standen in keinem guten Ruf. Sie waren furchtbar altmodisch und – was noch schlimmer war – hoffnungslos romantisch. Kein Mensch schrieb heutzutage noch Briefe, stattdessen schickte man seinen Freunden eine sms, dem Professor eine Email, oder man kommunizierte ohnehin oral. Und es war völlig eindeutig, dass niemand sich Albert ansehen würde und ihn verdächtigen würde, Briefe zu schreiben. So weit ich wusste, tat er das ja auch nicht. Nur bei mir, ich hatte etwas bewirkt, das in ihm diesen altmodischen und – wie ich hoffte – romantischen Drang ausgelöst hatte, ich hatte damit etwas bewirkt, das nicht einmal Vincent von sich behaupten konnte.

    Obwohl diese Vorlesung die einzige war, die wir im Prinzip alle drei besuchten, war der feingliedrige Asiat heute nicht anwesend. Ich bedauerte dies selten, da seine Anwesenheit für gewöhnlich dafür sorgte, Albert keine Briefe schreiben zu lassen.

    In diesem Augenblick schob mir jener den Zettel zu und zwar mit einem so gleichgültigen Gesichtsausdruck, dass niemand ihn für den Briefschreiber gehalten hätte, auch wenn man ihn bei der Tat selbst ertappt hätte.

    Oh Mann, hast du ihm zugehört? Die Signifikanz der Seele kann damit mit einem Wisch davongetragen werden. Ich schätze, das kann niemand. Nur du hast meine Seele gefressen.

    Ich war ein bisschen irritiert, dass es sich nur um zwei Zeilen handelte und dass er dem Anschein nach der Vorlesung tatsächlich aufmerksam gefolgt war, während ich nur so tat. Trotzdem war es immerhin etwas und ich schob den Zettel in meine Hosentasche, ohne ihn zu beantworten.

    Albert arbeitete im PC-Raum und ließ sich freiwillig immer am frühen Morgen einteilen, was zur Folge hatte, dass er jeden Tag vor Vincent und mir auf den Beinen war und wir ihn stets frühestens mittags sahen.

    Es hatte etwas Erhebendes an sich, im Bett zu liegen und darauf zu warten, wann endlich die Tür ins Schloss fallen würde, damit man aufstehen durfte und nach etwas Ausschau halten konnte, das jemand anderes nicht finden durfte.

    Jeden Morgen lag ich unter meiner Decke und lauschte auf die zahlreichen Geräusche von Albert.

    Ich konnte hören, wie er ins Badezimmer lief und die Klospülung betätigte, wie er anschließend wieder in die Küche lief, um etwas zu suchen, das sich im Schrank bei den Töpfen befand. Natürlich wusste ich nicht, ob er etwas suchte, aber man verfiel leicht auf den Gedanken, bei diesem andauernden scheppernden Geräuschpegel. Albert war in dieser Hinsicht nicht im Mindesten rücksichtsvoll. Obwohl ihm durchaus bewusst sein musste, dass Vincent und ich noch schliefen, war er so laut, dass ich zu meiner Freude immer aufwachte, bevor er ging. Wenn es mich nicht gefreut hätte, da ich ja vor Vincent aufstehen musste, hätte ich mich natürlich bei Albert beschwert.

    Aber wie gesagt, sobald die Tür ins Schloss fiel, stieg ich erwartungsvoll aus meinem Bett und suchte in der dämmernden Küche nach einem Stück Papier, das mich selig in den Tag schicken würde.

    Manchmal hatte ich Glück und er hatte mir folgende Nachricht hinterlassen.

    Guten Morgen, mein hübscher Engel. Ich habe gerade noch geträumt, dass ich in einem Wald spaziert bin, der zwar aus Bäumen bestand, aber sonst nicht allzu viel mit einem Wald, wie wir ihn verstehen, zu tun hatte. Er ist geschwommen in einem Meer aus Sonnenlicht, flüssiges Gold und fließendes Rot haben sich auf ihn gelegt, wie eine bezaubernde Schleimspur. Natürlich war ich allein dort, so wie ich immer allein in meinen Träumen bin, und deshalb entsprechen diese ganzen Träume vielmehr Alpträumen, denn es kann kein Traum von mir sein, in dem du nicht vorkommst. Ich hoffe, wir sehen uns später im Uni-Cafe, und egal ob du kommst oder nicht. Ich werde auf jeden Fall auf dich warten. Ich küsse dich. Du weißt schon wo.

    Dieser Albert war ein ganz anderer Albert, als den, welchen alle kannten. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass er das geschrieben hätte…

    Oft verhielt es sich so, dass ich nach einer solchen Nachricht extrem romantisch gestimmt war. Ich blieb fast immer so lange in der Küche sitzen, bis Vincent müde und angeödet hereinschlurfte, um nach dem ersten Kaffeebecher Ausschau zu halten, der noch nicht zu oft benutzt worden war. In solchen Momenten schien meistens bereits die Sonne und hüllte den mädchenhaften Asiaten in weiches Licht ein, das seine Sanftheit besser zur Geltung brachte. Ich begann in Alberts Worten zu schweben, Vincent wurde für mich der hübsche Engel, die Küche wurde für mich zum Wald, das Verlangen ihn zu sehen, war vor allem das Verlangen, ihn nackt zu sehen und ihn zu küssen. Und zwar überall, nicht nur auf einer Stelle.

    Für gewöhnlich trat ich dann hinter Vincent, während er immer noch erfolglos nach einer sauberen Tasse suchte, und presste meine Lippen auf dessen Nacken. Es war sein Lieblingsspiel, zuerst so zu tun, als würde er das überhaupt nicht bemerken, um sich schließlich umzudrehen und meinen Kopf mit seinen Händen heftig zu sich zu ziehen, um mich leidenschaftlich auf den Mund zu küssen. Wir standen eng umschlungen in der Küche und gaben uns ganz und gar diesem Liebesspiel hin, noch bevor wir gefrühstückt hatten und noch bevor wir wirklich wach waren. Ich fand es ungeheuer herrlich, mich mit Vincent auf dem Küchenboden herumzuwälzen. Manchmal legte er sich auch auf den Tisch, mit diesem erwartungsvollen Blick, dem ich immer nur zu gerne folgte.

    Aber es konnte auch passieren, dass Albert mir nur so eine Nachricht hinterlassen hatte.

    Kannst du mir vielleicht sagen, wo mein Autoschlüssel ist? Scheiße Mann, jetzt muss ich die Bahn nehmen!

    In diesem Fall ließ ich mich enttäuscht auf den Stuhl sinken, horchte eine Weile, ob Vincent schon wach wäre und holte mir schließlich ein Blatt Papier, um Albert zu antworten.

    Ich wünsche dir auch einen schönen Morgen! Weißt du eigentlich, wie blöd ich das von dir finde, mir immer für alles die Schuld zu geben! Weder ich, noch Vincent können dir sagen, wo dein  Autoschlüssel ist, weil du ihn uns ja nie gibst! Schon vergessen?

    Wie auch immer, ich fahr jetzt dann selber in die Uni, aber nicht mit deinem Auto, falls du das glaubst, sondern mit der U-Bahn. Und übrigens: Ich komm heute Abend später heim, ich geh nämlich noch weg. Gruß, Max

    Meistens endete der Tag damit, dass ich spät abends nach Hause schlurfte und einen resignierten Blick in Alberts Zimmer warf, der natürlich nicht alleine in seinem Bett lag, sondern mit Vincent, und es war immer einer dieser Augenblicke, in denen man sich nicht gerade sehr beliebt fühlt. Manchmal hatte ich das Gefühl, ich lebte nur noch dafür, um auf Alberts Briefe zu warten. In einer gewissen Hinsicht waren sie das einzig Zauberhafte in meinem Leben, sie hatten eine solche Macht auf meine Laune und oft ertappte ich mich dabei, dass ich minutenlang an nichts anderes dachte.

    Hat er mir geschrieben, wird er mir schreiben, was hat er geschrieben…?

    Im Großen und Ganzen waren es nicht einmal Briefe, sondern vielmehr hunderte von kleinen Zetteln, die ich alle ordentlich und mit liebevoller Sorgsamkeit in ein Buch klebte. Sogar diejenigen, die mir nicht gefielen. Das Buch war ein klobiges, dunkelgrünes Ding, nur seine Bedeutung ließ es in Schönheit erstrahlen, denn für alle anderen musste es etwas sein, das man nicht unbedingt in die Hand nehmen wollte. Trotzdem versteckte ich es vorsichtshalber noch unter meinem Kopfkissen. Man konnte ja nie wissen, wer einen plötzlich besuchen würde und kein hohes Maß an höflicher Zurückhaltung an den Tag legte. Natürlich wusste jeder, dass ich schwul war, aber niemand wusste, dass ich besessen von Alberts Zetteln war und es war allgemein von niemandem ein hohes Anliegen, jemandem seine größte Schwäche zu offenbaren.

    Es geschah an einem sonnigen Nachmittag, der mir in keiner Weise auf irgendeine Art angedeutet hätte, dass sich nun plötzlich etwas ändern würde. Ich schob mit meiner Schulter die Haustür auf, während ich in der anderen Hand einen Brief von Albert hielt, den ich aufmerksam las.

    Weißt du was, mein Schöner? Du musst mal darüber nachdenken, wie blendend es uns geht. Ich weiß, das hört man nicht oft von mir, aber ich konnte letzte Nacht lange nicht einschlafen und ihr wart beide nicht da – nebenbei gemerkt: ist dir schon einmal aufgefallen, dass ihr erstaunlich oft nicht da seid? Aber egal, Mann, darum geht’s ja jetzt nicht. Was ich sagen wollte, mir war sterbenslangweilig.

    Und dann lag ich so im Bett und dachte mir, hey, was soll das? Wir leben jetzt schon seit fast zwei Jahren zusammen und hatten noch nie ernsthafte Probleme und so was kommt echt nicht oft vor, nicht wahr?

    Schau dir mal die ganzen kranken, kaputten Familien an und dann schau uns an. Sind wir krank? Okay, vielleicht ein bisschen. Aber es geht uns gut dabei, nicht wahr? Also falls wir uns heute nicht mehr sehen, hab ich dir das geschrieben, du weißt ja, so ein Moment verfliegt. Spätestens, wenn ich erfahre, dass niemand eingekauft hat. Kuss.

    Ich schlenderte mit Gewissensbissen in die Küche, um zu überprüfen, ob tatsächlich niemand eingekauft hatte, wobei ich  genau wusste, dass ich mit diesem niemand gemeint war. Da ich gerade allein zu Hause war, fühlte ich mich recht friedlich gestimmt. Alles, was momentan nicht stimmte –

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