Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Lust und Leid: in Hikkaduwa
Lust und Leid: in Hikkaduwa
Lust und Leid: in Hikkaduwa
eBook237 Seiten3 Stunden

Lust und Leid: in Hikkaduwa

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Sie suchten und fanden ein wunderschönes Plätzchen am Rand eines Palmenhaines und legten ihre Badetücher dort aus. Hennes rief:

„Los! Wer kommt mit ins Wasser?“

Schon sprintete er los und stürzte sich ins Meer. Hier gab es kein Riff und trotzdem waren die Wellen an diesem Strandbereich heute nicht sehr hoch. Kurz die Brandung überwinden, und dann: Kopfüber in die nächste Welle! Helmut folgte ihm. Die beiden Mädchen blieben bei ihren Badetüchern und breiteten sie aus.

„Na, was hältst du von den beiden?“ fragte Claudia, als die beiden weg waren, „die sind doch ganz nett, oder?“

„Ja, schon. Aber sind die nicht ein bisschen zu alt für uns?“

„Ach was! Und wenn schon! Wir müssen sie ja nicht heiraten, wir wollen doch nur ein bisschen Spaß haben. Wir haben Urlaub und die Sonne brennt und das sind doch ganz sportliche Typen. Ich finde sie ganz amüsant! Und verknöchert sie die doch auch noch nicht. Wie der eine, der Hennes, uns angemacht hat! Den bring ich noch auf Touren!“

„Lass mir den,“ bat Daliah, „ich glaube, auf den habe ich richtig Eindruck gemacht. Wie der Süßholz geraspelt hat...“

„Okay, Helmut ist ja auch ganz amüsant. Aber der scheint etwas ruhiger und zurückhaltender zu sein und das ist mir auch ganz recht.“

Sie legten sich bäuchlings auf ihre Badetücher, beide öffneten ihre Bikini-Oberteile, ohne sie jedoch abzunehmen, so verhinderten sie lediglich die Streifenbildung auf dem Rücken, wenn die Sonne sie bräunte. Sie verschränkten ihre Arme, legten ihre Gesichter darauf und sahen den Männern zu, die jetzt langsam zurück kamen, langsam, damit die Sonne und der sanfte warme Wind ihre Haut trocknen konnten.

„Das Wasser ist herrlich! Phantastisch! Es ist lauwarm, wie in einer Badewanne.“ Helmut kniete sich auf sein Badetuch. Hennes war etwas draufgängerischer:

„Ihr müsst euch eincremen“, rief er, „die Sonne ist hier extrem intensiv! Ich war vor fünf Jahren schon einmal hier, damals mit meiner Frau, ich weiß, wovon ich rede!“

„Wieso bist du mit deinem Freund hier und nicht mit deiner Frau?“ fragte Daliah erneut, „habt ihr euch getrennt oder was ist los?“

„Nein, nein. Meine Ehe ist okay, meine Frau und ich, wir verstehen uns bestens. Diesen Urlaub hatten wir auch gemeinsam geplant, meine Frau wollte auch mit, doch dann…“, Hennes zögerte, wie sollte er möglichst kurz die dramatische Familiensituation zu Hause schildern, ohne dass er wie ein Flüchtling dastand, der seine Frau in einer schrecklichen Situation allein gelassen hat?

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum12. Dez. 2016
ISBN9783736834170
Lust und Leid: in Hikkaduwa

Mehr von Franz Hermann Romberg lesen

Ähnlich wie Lust und Leid

Ähnliche E-Books

Allgemeine Belletristik für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Lust und Leid

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Lust und Leid - Franz Hermann Romberg

    Hikkaduwa

    Im Januar 2000 flogen sie nach Sri Lanka in den Urlaub. Dieses Mal hatte Hennes seine Brille nicht vergessen wie vor ein paar Jahren, als sie nach Jamaika geflogen waren. Damals war er kurz vor der Landung ziemlich aufgeschmissen gewesen. Im Flieger mussten sie kurz vor der Landung in Montego-Bay ein Einreiseformular ausfüllen, welches in englischer Sprache war. Leider hatte Hennes seine Lesebrille zu Hause vergessen und seine Frau Lisa Marie sprach kein Englisch. Deshalb versuchten sie nun gemeinsam, das Ding auszufüllen. Lisa Marie las ihm vor, was da in englischer Sprache stand; sie las es natürlich so, wie es da stand, buchstabengetreu. Anschließend versuchte Hennes jeweils Schritt für Schritt, das Formular auszufüllen; oder er buchstabierte und Lisa Marie schrieb.

    Es war eine umständliche Prozedur und es hatte lange gedauert, aber schließlich doch einigermaßen geklappt. Und dass er seine Brille vergaß, das passierte Hennes nie wieder.

    Jetzt, im Januar 2000, am Abreisetag für ihren Sri Lanka-Urlaub, fuhren sie viel zu früh los. Sie fuhren mit Lisa Maries elf Jahre alten und schon ziemlich klapperigen Ford-Fiesta, denn sie hatten einen Stellplatz weit außerhalb des Flughafengeländes in Düsseldorf gebucht, den ein Kollege von Hennes ihnen empfohlen hatte. Seinen Mercedes wollte Hennes nicht gerne so weit außerhalb eines Parkhauses abstellen. Dieser Platz, den sie gemietet haben, war wesentlich billiger, als ein Platz in einem Parkhaus und beide mussten schon einigermaßen die Pfennige zusammen halten, denn vor ein paar Jahren hatten sie gebaut und – damit ist ja wohl immer zu rechnen – natürlich hatten sie viel zu teuer gebaut; jedenfalls zu teuer für ihre Verhältnisse und so war eine beachtliche Nachfinanzierung erforderlich geworden, die die monatliche Belastung außerplanmäßig erhöhte und so ziemlich die Grenze des gerade noch Möglichen ankratzte.

    Sie fuhren schon sehr früh los, weil es zu schneien begonnen hatte und wer weiß, wie die Straßenverhältnisse unterwegs sind! Festgefahrener Schnee? Straßenglätte? Wer weiß, ob schon Räum- oder Streufahrzeuge unterwegs sind; außerdem wehte ein steifer, böiger und eiskalter Wind und deshalb musste man, wenn es länger schneit, auch mit Schneeverwehungen rechnen.

    Schon gegen fünfzehn Uhr waren sie in Düsseldorf am Check-In-Schalter. Trotz des Schneetreibens hatten sie für die Fahrt keine Stunde gebraucht, denn die Autobahnen waren noch frei, frei vom Schnee und frei auch noch vom Feierabend-Verkehr. Den Parkplatz fanden sie schnell und auch den weiten Weg vom Parkplatz zum Flughafen schafften sie mit ihren Koffern ziemlich zügig. Die Schlange am Check-In-Schalter war noch recht übersichtlich und so wurden sie ihre Koffer schnell los.

    Jetzt blieben ihnen noch beinahe zwei Stunden Zeit bis zum Abflug.

    „Lass uns lieber eine Stunde zu früh losfahren, als eine Minute zu spät", hatte Lisa Marie morgens gesagt, und so hatten sie es dann auch gemacht. Jetzt liefen sie ein wenig umher, innerhalb des Flughafengebäudes, sahen sich einige Last-Minute-Reiseangebote an, vertrieben sich die Zeit und unterhielten sich voller Vorfreude auf Sri Lanka über den gerade beginnenden Urlaub.

    „Weißt du was, Lisa Marie?, fragte Hennes, als sie auf das Boarding warteten, „ich gönne mir jetzt einen Cognac. Zur Einstimmung auf den Urlaub. Was ist mit dir? Trinkst du einen mit?

    „Du spinnst doch wohl, rief Lisa Marie etwas entrüstet, „schon nachmittags Schnaps trinken!

    „Ich besauf mich ja nicht. Aber ein Schnaps beruhigt die Nerven."

    „Bist du denn nervös? Ich glaub es ja nicht!"

    „Nein, nervös bin ich nicht, aber schon etwas angespannt. Außerdem: Jetzt geht der Urlaub richtig los, da kann man sich ruhig mal einen Cognac gönnen."

    Dann verging die Zeit recht flott und Hennes konnte gerade seinen Cognac austrinken, als sie auch schon aufgerufen wurden, an Bord zu gehen. In der Maschine gab es das übliche Gerangel, bis jeder Reisende seinen Platz gefunden und sein Handgepäck verstaut hatte. Dann hieß es: Warten! Worauf warten? Warum ging es denn nicht los? Dann kam die Durchsage, dass der Flieger vor dem Start enteist werden muss und dass das Enteisen immer erst ganz kurz vor dem Start erfolgen kann, damit die Maschine nicht schon vor dem Start wieder erneut vereist. Hennes hatte etwas Angst; was passiert, wenn der Flieger oder Teile des Fliegers in der Luft vereisen? Stürzt das Ding dann ab? Doch der eine Cognac vor dem Abflug hatte ihn etwas beruhigt, etwas gleichgültig gemacht.

    Dann ging es los.

    Der Flug dauerte rund elf Stunden, aber die Zeit kam ihnen gar nicht so lang vor, denn es wurde schon bald dunkel. Sie bekamen ihr Essen, sie bekamen Getränke, Cola und Bier, dann sahen sie sich einen Film an und später machten sie es sich bequem, jedenfalls so bequem, wie es die enge Sitzreihe zuließ, und schliefen ein wenig oder schlummerten und dösten zumindest.

    Wegen der Flugzeit und der Zeitverschiebung von fünf Stunden erreichten sie gegen neun Uhr am nächsten Morgen Sri Lanka. Beim Anflug auf den Bandaranaike International Airport in Colombo blickte Hennes aus dem kleinen Fenster des Fliegers, wie er es auf jedem Flug machte, wenn er einen Fensterplatz hatte. Weit unter sich sah er tiefblaues Meer; Wellen sah er nicht, Schaumkronen nicht, dafür war es wohl noch zu hoch. Dann kam die Küste in sein Blickfeld und er konnte den herrlichen breiten Sandstrand sehen, der von unzähligen dunklen Palmen gesäumt war. Der gesamte Ufersaum wirkte von hier oben satt grün.

    Die Landung verlief problemlos. Die Maschine verlassen, auf die Koffer warten, durch die Kontrolle gehen – asiatische Schnelligkeit beziehungsweise Langsamkeit, Gemächlichkeit, jedenfalls keine europäische Hektik. Das war aber kein Problem für sie. Schließlich hatten sie Urlaubslaune, schließlich waren sie in Urlaubsstimmung. Mit ihren beiden Koffern gingen sie hinaus und draußen traf die tropische Hitze sie mit einer immensen Wucht. Es waren sicherlich fünfunddreißig Grad im Schatten, wenn nicht mehr, aber Schatten sahen sie nicht mehr, seit sie das Flughafengebäude verlassen hatten. Es wehte kein Wind, der ein wenig Kühlung hätte bringen können und die Sonne brannte aus einem fast wolkenlosen blauen Himmel, nur ganz vereinzelt waren wenige weiße Wolken zu sehen, die wie am Himmel festgeklebt wirkten.

    Sie wunderten sich darüber, wie viel Militär unterwegs war. Schon im Flughafengebäude waren ihnen viele Soldaten aufgefallen und draußen, auf dem Flughafengelände und später auch auf den Straßen, noch viel mehr.

    „Ob das etwas mit dem Bürgerkrieg zu tun hat? Schließlich kämpfen die Tamilen seit vielen Jahren um ihre Unabhängigkeit," sagte Hennes, „hier und im Süden Indiens. Aber ich dachte immer, in Sri Lanka sei nur der Norden oder vielleicht noch der Osten vom Bürgerkrieg betroffen oder eigentlich sogar nur der Nordosten.

    Weißt du eigentlich, fragte er dann seine Frau, „dass man Sri Lanka auch ,die Träne Indiens’ nennt?

    „Nein, wieso das denn? Ist Sri Lanka etwa trostloser, noch ärmer oder noch unterentwickelter als Indien? Ist Sri Lanka so sehr zum Heulen oder zum Weinen? Auf was haben wir uns denn da bloß eingelassen?"

    Lisa Marie war auch schon vor dem Beginn dieses Urlaubs skeptisch gewesen und sie war noch immer sehr misstrauisch. Eigentlich hatte sie gar keine Fernreise gewollt. Asien! Fernost! Wenn das mal gutgeht!

    „Nein, nein, das hat damit nichts zu tun, protestierte Hennes, „es ist, weil Sri Lanka ungefähr die Form eines Tropfens hat, der etwas östlich versetzt an der Südspitze Indiens hängt. Sri Lanka und Indien sind ja nur durch einen schmalen Kanal im Indischen Ozean voneinander getrennt.

    Sie sahen sich nach Hinweisen um, wo sie ihren Transferbus finden könnten, und sie sahen sich nach Mitarbeitern ihres Reiseunternehmens um und schon, bevor sie etwas entdecken konnten, nahm ihnen ein Einheimischer ohne lange zu fragen oder lange zu fackeln ihre Koffer ab. Er fragte nur kurz und knapp:

    „Hikkaduwa?"

    „Ja. Hikkaduwa, yes, Hikkaduwa, " bestätigte Hennes.

    Lisa Marie und Hennes Keller folgten ihrem Kofferträger zu einem Transferbus und schon machte ihnen die Hitze zu schaffen. Der Temperaturunterschied zwischen Düsseldorf und Colombo betrug wahrscheinlich mehr als vierzig Grad. Ihre dicken Winterjacken, die im deutschen Winter noch notwendig gewesen waren, hatten sie zwar noch vor dem Einchecken auf dem Flughafen Düsseldorf in ihre Koffer gestopft, dennoch waren sie beide für Sri Lanka viel zu warm gekleidet. Aber die Vorfreude auf einen Sommerurlaub mit echten Sommertemperaturen im Januar war riesig, besonders bei Hennes, und sie wussten, sie würden sich schon schnell an die Hitze gewöhnen.

    Lisa Marie trug eine hellblaue enge Jeans, die ihre schlanke Figur vorteilhaft zur Geltung brachte, eine weiße Bluse und einen dünnen blauen Sommerpullover, der gut zu ihren hellblonden Haaren und zu ihren eisblauen Augen passte. Allerdings war es hier viel zu warm für einen Pulli. Hennes trug ebenfalls eine helle Blue Jeans, ein buntes Hemd mit kurzen Ärmeln und auch er hatte einen unifarbenen dünnen Pulli übergezogen, den er sich jetzt aber schnell über den Kopf zog.

    Sie fühlten sich jung und unbeschwert, obwohl sie beide schon vierzig Jahre alt waren. Es war nicht das erste Mal, dass sie ohne ihre Kinder Urlaub machen konnten, aber es war das erste Mal, dass sie ihre Kinder ohne Aufsicht zu Hause gelassen hatten. Ihre Tochter Ines würde in wenigen Wochen sechzehn Jahre alt werden und ihr Sohn Paul war gerade vierzehn Jahre alt geworden. So waren die beiden in einem Alter, in dem man sie mal für vierzehn Tage alleine lassen konnte. Zwei Wochen lang müssten sie sich eben mal allein versorgen und alleine klar kommen; mit Lebensmitteln und mit Geld waren sie für diese Zeit ausreichend ausgestattet. Lisa Marie und Hennes wussten, dass sie sich auf ihre Kinder verlassen konnten.

    Hinter der Frontscheibe eines der Transferbusse sahen sie ein Schild mit der Aufschrift: Hikkaduwa. Hier, direkt neben den Bus, stellte ihr Kofferträger die Koffer ab und hielt seine Hand auf. Hennes zog sein Portemonnaie hervor. Doch noch bevor er sich schlüssig werden konnte, was er dem Mann geben sollte, hatte dieser – schnell wie der Blitz – zugegriffen und eine Fünf-US-Dollar-Note herausgezogen und sich ebenso schnell verabschiedet.

    Fitsch – hatte er die Banknote und war weg!

    „Der war bestimmt nicht bei einem Touristik-Unternehmen angestellt, knurrte Hennes, „der arbeitet bestimmt auf eigene Rechnung. Hast du das gesehen, wie schnell und wie kacken-dreist der in mein Portemonnaie gegriffen hat? Hast du das gesehen? Ich konnte es gar nicht verhindern!

    Hennes amüsierte sich nicht, er war eher schon etwas sauer, etwas angepinkelt. Dass jemand in sein Portemonnaie greift, dass ihm das passiert, ihm, dem Banker, dass er das nicht verhindern konnte, das gibt es doch nicht!

    „Lass ihn doch, riet Lisa Marie, „vielleicht ist der ja arbeitslos und verdient sich hier ein paar Dollar, um seine Familie mit sechs oder acht Kindern durchzubringen. Die Hauptsache ist doch, dass wir unseren Bus schon haben und nicht mehr suchen müssen.

    Im Bus wurden sie von einem jungen singhalesischen Reisebegleiter in einem sehr holprigen Deutsch und mit sehr viel Lachen begrüßt, mit einem geradezu meckernden Lachen. Er versuchte wohl, seine mangelhaften Deutsch-Kenntnisse durch eine übertrieben gute Laune wettzumachen:

    „Hallo, Leute! Guten Morgen und herzlich willkommen in Sri Lanka! Ich heiße…" er nannte einen Namen, den keiner verstand und den sich auch keiner merken konnte.

    „Ihr jetzt Urlaub, haha hahaha, ihr nix mehr in Deutschland, hahahaha, ihr nix mehr eilig, eilig, schnell, schnell, ihr jetzt viel Zeit, ihr jetzt ganz viel Zeit, ihr jetzt in Sri Lanka, hahaha haha. Sri Lanka heißt: Strahlendes Land, weil so schön, ihr könnt sehen, hahaha; man kann auch sagen, gesegnetes Land. Aber: Bus ist kaputt, hahahahaha, er lachte wie über einen tollen Witz und konnte sich kaum wieder einkriegen, „aber macht nix, macht nix, hahahaha, macht gar nix, kommt neuer Bus, bald, bringt euch nach Hikkaduwa, hahahaha!

    Der Bus fuhr los. Hennes fiel nichts auf, was an dem Bus nicht in Ordnung sein sollte. Der Bus fuhr knapp eine Viertelstunde lang weiter und dann hielt er auf einem Parkplatz an, auf dem bereits ein anderer Bus wartete. Die Passagiere des defekten Busses stiegen nun alle um in den zweiten Bus und dieser fuhr los. Aber schon nach wenigen Kilometern meldete sich der Singhalese plötzlich wieder:

    „Leute, hört zu, dieses Bus ist auch kaputt, hahahaha, hahahaha, aber ist nix schlimm, hahahaha, ihr habt Urlaub, hahaha, die Sonne scheint, hahaha, bald kommt neuer Bus. Ihr etwas warten, nicht lange, dann geht es weiter." Er war noch immer lustig und fidel. Er verließ den Bus und ging hinaus.

    Suchte er eine Möglichkeit zu telefonieren?

    Alle Fahrgäste stiegen ebenfalls aus. Es dauerte über eine halbe Stunde, die sie wartend draußen in sengender Sonne und brütender Hitze verbrachten, denn ihr Bus, der zweite kaputte Bus, fuhr ohne sie weiter. Dann konnten sie endlich erneut einsteigen in einen weiteren Bus und weiter ging die Fahrt.

    Nachdem der Bus Colombo verlassen hatte, wurden die Straßen schmaler. Der Bus raste, vielleicht wollte der Fahrer verlorene Zeit aufholen. Linksverkehr, Gehupe, überholen, überholt werden, Raserei, alle Autos schienen viel zu schnell zu fahren, klar, das sagten sie in jedem Urlaub im Süden, aber das, was sie hier erlebten, übertraf alles Bisherige. Es war ein extrem dichter Verkehr, Pkw, Lkw, Busse, Tuk-Tuks, Zweiräder, motorisiert oder auch nicht, und alles schien durcheinander zu rasen. Es erschien Lisa Marie und Hennes wie ein totales Chaos – und sie wurden beide etwas ängstlich, das heißt, Lisa Marie wurde es nicht erst, sie hatte ja sowieso schon lange Sorge, dass dieser Urlaub für sie gefährlich werden könnte.

    Sie befanden sich auf der Galle Road, der Haupt-Straßenverbindung von der Hauptstadt Colombo zu der im Süden Sri Lankas liegenden alten Hafenstadt Galle. Unterwegs erzählte der Singhalese von Zeit zu Zeit holprig, aber immer gut gelaunt und fröhlich, von Sri Lanka und rühmte heftig und temperamentvoll Sri Lankas strahlende Schönheit und seine Sehenswürdigkeiten. Trotz seines Gestammels und Gelächters gelang es ihm, sich den Touristen verständlich zu machen und nie verlor er seine Fröhlichkeit und seine gute Laune, die sich langsam aber sicher auch auf die Urlauber im Bus übertrug.

    Plötzlich stieß Lisa Marie keuchend hervor:

    „Hennes, ich muss kotzen!"

    „Ey! Was ist los?"

    Lisa Marie würgte: „Mir wird schlecht! Ich muss raus! Schnell!"

    Hennes flitzte nach vorne zum Busfahrer oder zum singhalesischen Reiseleiter und rief schon durch den halben Bus:

    „Anhalten! Meiner Frau wird schlecht! Wir müssen sofort anhalten, sonst kotzt die uns den Bus voll!"

    Sofort meldeten sich auch andere Fahrgäste, als hätten sie nur auf ein Signal gewartet, und forderten lautstark eine Pause. Wenige Minuten später, während Lisa Marie würgend und gequält nach Luft japste, hielt der Bus vor einem Lokal am Straßenrand, in dem sie eine Pause machten und in dem sie etwas trinken konnten. Es war doch wohl alles ein bisschen zu viel gewesen: Erst der lange Flug, dann zweimal den Bus wechseln, das „macht nix, macht nix, hahaha, das Rumpeln in dem rasenden Bus, der nicht klimatisiert war und draußen herrschte eine Hitze von mehr als dreißig Grad im Schatten, und es war eine feuchte Hitze, die Luftfeuchtigkeit war extrem hoch. Dann der starke Verkehr in Colombo auf der „falschen Straßenseite, das alles ging über Lisa Maries Kräfte. Nach einem elfstündigen Flug und dem Aufenthalt im Flughafen von Colombo, über zwei Stunden zu früh in Düsseldorf, fünf Stunden Zeitverschiebung und dann noch der rasende und rumpelnde Bus – das war einfach zu viel, da spielten ihre Nerven nicht mehr mit – und ihr Magen auch nicht.

    Die Pause tat allen gut, sie tat auch Lisa Marie gut, und so konnte die Fahrt problemlos fortgesetzt werden. Sechs Stunden, nachdem sie gelandet sind und hundert Kilometer weiter erreichten sie Hikkaduwa und ihr Hotel. Etwas steifbeinig nach dieser langen Anreise verließen sie den Bus. Der erste Eindruck, den ihr Hotel machte, haute sie nicht gerade vom Hocker. Es war ein sehr altes zweistöckiges Gebäude, welches direkt an der Hauptverkehrsstraße lag. Direkt vor dem Hotel stand ein großer Würfel, ein Bauwerk, einem Container nicht unähnlich. Es handelte sich um eine Trafostation, wie sie später erfuhren, und später sollte nachts das Brummen des Transformators schon ein wenig ihren Schlaf stören.

    Das Einchecken im Hotel ging reibungslos über die Bühne, wenn auch nicht mit europäischer Schnelligkeit. Ein Boy nahm ihnen ihre Koffer ab und ein sehr gut deutsch sprechender Hotelmanager nahm sie gleich in Beschlag, so dass sie zunächst gar nicht dazu kamen, sich im Hotel etwas umzusehen. Er stellte sich vor, aber auch seinen Namen konnten sie sich nicht merken.

    „Lasst eure Koffer hier," forderte er sie auf, „und kommt erst mal mit. Ihr müsst hungrig sein.

    Sie folgten ihm durch den hinteren Ausgang des Hotels, obwohl sie gar nicht hungrig, aber sehr erschöpft waren, und gingen mit ihm durch die Außenanlagen am Pool vorbei zu einer Art überdachter, ansonsten aber offenen Halle. Hier war ein großes Buffet aufgebaut mit exotischen Speisen. Es waren aber wahrscheinlich die Reste des Mittagessens. Hennes fragte den Hotelmanager:

    „Wo haben Sie so gut Deutsch gelernt? Sie sprechen ja ein fast akzentfreies Deutsch."

    „Ich war lange in Deutschland. Ich habe die Hotelfachschule in Düsseldorf besucht."

    Der Manager ging zum Buffet und suchte für sie beide etwas zu essen zusammen. Sie aßen ein wenig, obwohl die angebotenen Speisen sie nicht gerade begeisterten, und unterhielten sich mit dem Manager. Später kam ein Hotel-Boy, der sie in ihr Zimmer im ersten Stock führte. Das Hotel war ein Drei-Sterne-Hotel, Landeskategorie Sri Lanka, natürlich. Das Zimmer war schön, das Zimmer und das ganze Gebäude hatten den Charme des neunzehnten Jahrhunderts und so war auch ihr Zimmer eingerichtet. Auf den weißen Kopfkissen ihrer verschnörkelten schwarzen Betten, die vermutlich auch uralt waren, lagen zur Begrüßung rosafarbene Blütenblätter, ansprechend und schön drapiert, und da lagen kleine Schokoladen und

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1