Von Meeren und Rettichen
Von Meerlila Blu
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Buchvorschau
Von Meeren und Rettichen - Meerlila Blu
Von Meeren und Rettichen
Willkommen im Frühling
Die Blumeninsel
Felsige Inseln, schwarzer Sand und Sandälchen
Heimreise
Sehnsucht nach Me(h/e)r
Alle nach Malle
Vierhundertzweiundachtzig Meilen
Kaputte Steine und kleine Treppen
Hurra, Meerrettich
Der Sonne entgegen
Wo ist Gaudi?
Abschiedsparty
Heimreise - 1
Wohin geht die nächste Reise
Quellenverzeichnis
Danke, Danke, Danke
Impressum
Willkommen im Frühling
„Truthahn oder Käse?" fragte die freundliche Stewardess Herbert, der geduldig angeschnallt auf seinem Sitz saß und versuchte, dem bevorstehenden Urlaub nicht allzu skeptisch entgegen zu sehen. Er hatte Helga den Fensterplatz überlassen und seine Frau war ganz in ihre Zeitschrift vertieft. Tochter Jenna und Schwiegersohn Daniel hatten mit Enkel Lukas in der Reihe hinter ihnen Platz genommen, von wo aus Jenna immer mal wieder zwischen den Sitzen hindurch spähte um zu gucken wie gut ihr Vater den Flug verkraftete. Immerhin dauerte die Reise nach Teneriffa mehr als vier Stunden. Herbert schien aber mit mehr Geduld gesegnet zu sein als seine Tochter, denn Jenna konnte schon jetzt kaum mehr still sitzen. Sich wie Helga auf eine Zeitschrift zu konzentrieren, hatte sie längst aufgegeben. Auf dem freien Sitzplatz in der Reihe ihrer Eltern hatte ein äußerst aktiver Junge Platz genommen und Jenna befürchtete, er könnte Herberts Nervosität noch steigern.
Für Herbert und Helga war es die erste Kreuzfahrt und Herbert war erst einmal gar nicht wohl bei dem Gedanken gewesen. Wie sollte er eine Woche auf dem Atlantik verbringen, wo er doch noch nicht einmal schwimmen konnte? Leider hatte seine Familie ihn aber vor vollendete Tatsachen gestellt und so musste er sich jetzt seinem Schicksal fügen.
Jenna reservierte immer lange im Voraus die Sitzplätze im Flugzeug, um nur ja nicht die Zeit neben fremden Mitreisenden absitzen zu müssen. Nur konnte man ja schlecht sechs Plätze reservieren, wenn man nur fünf brauchte und so war der Sitz neben Herbert eben erst einmal frei geblieben.
Eine Familie mit mehreren Kindern hatte sich vorab scheinbar weniger Gedanken gemacht und war dann auch noch in allerletzter Minute zum Einchecken erschienen. Das Ergebnis war, dass die Familie jetzt im gesamten Flugzeug verteilt saß und Herbert das Glück hatte den einen Sprössling an seiner Seite zu haben. Ob das Kind extrem musikalisch oder nur hyperaktiv war, ließ sich nicht feststellen. Es dirigierte aber während des gesamten Fluges, zu der Musik die aus seinen Kopfhörern kam, ein für alle anderen Passagiere unsichtbares Orchester. Dabei rutschte und hüpfte der Junge auf seinem Platz herum, dass man Angst haben musste, er würde bei der nächsten Turbulenz auf Herberts Schoß landen. Herbert jedoch ertrug die Unruhe neben sich mit stoischer Gelassenheit und auch der Flug war bis jetzt zum Glück recht ruhig.
„Geben Sie mal Truthahn bitte beantwortete Herbert die Frage der Stewardess und stieß seine lesende Frau an. „Helga, was möchtest Du essen?
Helga blickte von ihrer Zeitschrift auf und lächelte die Flugbegleiterin an. „Ich nehme Käse bitte. Und einen Kaffee dazu."
Als nächstes sind wir an der Reihe, dachte Jenna. Aber Daniel schlief wie immer, wenn er nicht selbst fahren musste, tief und fest. Wie er das im Sitzen konnte, war für Jenna ein Rätsel. Er zuckte dann auch in regelmäßigen Abständen und trat dabei seinen Sitznachbarn gerne auch mal kräftig gegen das Schienbein. Immerhin hatte er heute den Platz am Gang gewählt und konnte nur seine Frau treten.
In Reisebussen können ja bekanntlich immer nur zwei Personen nebeneinander sitzen. Zumindest sofern man nicht schnell die letzte Reihe im Bus belegt. Oft genug war es vorgekommen, dass Jenna neben Lukas saß und Daniel einen fremden Sitznachbarn bekam. Jenna hatte nicht mitgezählt, wie viele fremde Beine und Füße im Laufe der Jahre Opfer von Daniels Übergriffen geworden waren, sich aber jedes Mal köstlich darüber amüsiert. Wie Daniel neben Fremden im Bus schlafen konnte, und warum sich nie jemand beschwerte war ein weiteres Rätsel.
Langsam aber sicher näherten sie sich der Insel Teneriffa und die Maschine befand sich im Sinkflug. Leider war unter der dicken Dunstglocke die über der Insel lag nicht viel zu erkennen. So sehr sich auch alle fünf anstrengten, irgendwo das Schiff auszumachen, der Blick vom Himmel auf das Pooldeck blieb ihnen heute verwehrt. Die „Vivaldi Sönnchen" sollte für eine Woche ihre Heimat sein und Helga konnte es kaum erwarten, das Schiff das sie bisher nur von Fotos kannte, zum ersten Mal in voller Größe zu sehen.
Die Landung verlief problemlos und so konnte die Familie das Flugzeug endlich verlassen. Zu Hause waren sie bei Regen gestartet. Hier war der Himmel zwar auch bewölkt, aber mit den siebenundzwanzig Grad auf Teneriffa konnte die Heimat im Oktober nicht mithalten.
Es war bereits später Nachmittag, von der Insel würden sie heute nicht mehr viel sehen, bevor das Schiff am späten Abend ablegen würde. In der Ankunftshalle herrschte reger Betrieb. Die Menschen drängelten sich um die Transportbänder auf denen die Koffer und andere Gepäckstücke langsam heran rollten. Jeder wollte natürlich der Erste sein, der seinen Koffer in Empfang nahm und in Richtung Ausgang gehen konnte. Während Daniel nach dem viereinhalb stündigen Flug in Erwartung einer Zigarette ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat, machte Herbert ein eher besorgtes Gesicht. Was wenn nun ein Koffer fehlte. Während einer früheren Reise mit Helga hatte er schon einmal die ersten Urlaubstage in geliehener Kleidung verbringen müssen, weil der Angestellte am Düsseldorfer Flughafen seinen Koffer ohne Kennzeichnung auf den Weg geschickt hatte. Zwar war der Koffer mit einigen Tagen Verspätung doch noch angekommen, aber nun, auf einem Schiff das jeden Tag in einem anderen Hafen lag, dürfte das einigermaßen schwierig werden. Helga hatte aber aus ihrem Fehler gelernt und vorsichtshalber die Utensilien von ihnen beiden auf die zwei mitgenommenen Koffer verteilt. Trotzdem wäre es nicht unbedingt schön, wenn ein Teil der Garderobe den falschen Flieger genommen hätte. Zum Glück erwies sich Herberts Sorge als unbegründet. Nachdem neben etlichen Koffern und Reisetaschen auch einige Kinderwagen und Pakete mit undefinierbarem Inhalt an ihnen vorbei gefahren waren, erschien auch der letzte noch fehlende blaue Koffer auf dem Gepäckband. Herbert wuchtete ihn herunter und alle fünf steuerten den Ausgang an.
Die ersten Mitarbeiter der Kreuzfahrtgesellschaft waren vor dem Flughafengebäude schnell gefunden, und sie bekamen die erforderlichen fünf Tickets für den Bus zum Hafen. Der Bus, dem sie zugeteilt wurden war auch schon gut gefüllt und somit fast abfahrbereit. Mit Argusaugen überwachten Herbert und Jenna ob der Busfahrer auch ja alle fünf Koffer einlud bevor sie selbst in den Bus einstiegen. „Hast Du Deine Handtasche?" fragte Herbert an Helga gewandt, die grinsend die Augen verdrehte. Daniel und Lukas hatten bereits Platz genommen. Auch gut, dachte Jenna, dann tritt er heute auch keine fremden Passagiere falls er einschläft, und nahm selbst in der gegenüberliegenden Reihe Platz. So weit würde die Fahrt zum Hafen schon nicht sein. Wie sehr sie sich da irrte, erfuhr sie erst von der Reiseleiterin, die kurz darauf in den Bus stieg und zum Mikrofon griff. Nachdem sie die Gäste herzlich begrüßt hatte, teilte sie mit, dass die Fahrt zum Schiff ungefähr eine Stunde dauern würde.
Nach dem Flug war das nicht gerade das was Jenna hören wollte, gesessen hatte sie langsam wirklich genug. Außerdem machte sich ganz allmählich ihr Magen bemerkbar und die Einschiffungsformalitäten wollten ja auch noch erledigt werden. Die Sorge um das Gepäck waren sie immerhin schon mal los. Für das Entladen des Busses und den Transport zu den Kabinen war jetzt die Besatzung zuständig. Nur die Passagiere mussten selbst laufen.
Jenna hoffte, dass sie von den Formalitäten nicht allzu lange aufgehalten würden. Nicht, das ihren Eltern die Lust an einer Kreuzfahrt schon vergehen würde bevor sie überhaupt einen Fuß auf das Schiff gesetzt hatten. Immerhin konnten sie das Schiff bereits in voller Größe bestaunen, als der Bus den Hafenterminal erreichte. Zunächst allerdings leider nur von außen.
Ihr Bus war nicht der einzige, der reiselustige Seefahrer ausgespuckt hatte, und so wartete vor ihnen bereits eine lange Schlange auf ihre Bordkarten. Herbert trug die Wartezeit mit Fassung. So lange er hier in der Schlange stand musste er auch noch nicht aufs Schiff. So