Indiana Jane und das tanzende Krokodil
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Über dieses E-Book
Begleiten Sie unsere Heldin auf einer spannenden Reise mit Liebe, Hass und schwarzer Magie.
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Buchvorschau
Indiana Jane und das tanzende Krokodil - Sabine Gräfin von Rothenfels
Kapitel 1 - Erste Begegnungen
Das Unheil kam näher. Serena konnte den Pest-Atem des Todes im Nacken spüren. Sie lief. Sie rannte. Ihre Beine wurden schwer. Serena schrie aus Leibeskräften um Hilfe. Doch da war niemand. Schon griff eine dunkle Hand nach ihr. Sie fuhr herum.
Schweißgebadet erwachte sie. Atemlos setzte sie sich auf. Das schmale Holzbett knarrte überlaut in der Stille der Nacht. Sie presste eine Hand auf ihr wild hämmerndes Herz; mit der anderen tastete sie nach der Wasserflasche. Sie stellte immer etwas von der geweihten Flüssigkeit neben ihr Bett. Für Fälle wie diese. Wenn die Alpträume kamen.
„Olodumare, hilf", flüsterte sie in die Dunkelheit. Endlich hatte sie die Flasche in der Hand und den Schraubverschluss entfernt. Langsam, um nichts zu verschütten, trank sie einen großen Schluck. Die Wirkung trat sofort ein.
Ihr Herz schlug wieder normal. Der Atem beruhigte sich. Sie nahm noch einen Schluck. Dann verschloss sie die Weihwasserflasche sorgfältig. Die Muskeln hörten auf zu zittern. Vor Erleichterung aufseufzend, ließ Serena sich zurück in die Kissen sinken. Der Allmächtige würde ihr schon beistehen!
Der Flug war lang. Es war anstrengend auch nur dazusitzen und die permanente Gegenwart der vielen Menschen zu ertragen. Die Sitzreihen waren viel zu nahe beieinander. Der Gang zu schmal. Der Flieger war beinahe voll besetzt.
Auch wenn man am Gang saß, konnte man die Beine nicht nach außen strecken. Entweder wollten die Flugbegleiter mit ihren Servicewägelchen durch, oder einer der Mitreisenden musste aufs Klo oder ging einfach den Gang auf und ab. Bewegung sollte ja Thrombose verhindern. Das Angebot für Abwechslung war eher mittelmäßig. Zwar hatte jeder Sitz seinen eigenen Monitor mit Filmen und Musikprogramm. Aber nach drei alten Filmen und bei einem eher konservativen Musikangebot, war Jane eher erschöpft, als unterhalten.
Immer noch waren es über zwei Stunden, bis zur voraussichtlichen Landung. An Schlaf war nicht zu denken, bei den beengten Verhältnissen. Trotzdem wickelte sich Jane in ihre Schlafdecke und schloss die Augen. Ihre Gedanken schweiften in die Vergangenheit. Weshalb sie so war, wie sie war. Warum sie diesen anstrengenden Flug auf sich genommen hatte. Beim nächsten Fernflug würde sie sich die 1. Klasse gönnen. Das Versprechen gab sich Jane selbst. Sie dämmerte still vor sich hin.
Jane Maria Lopez Appelby war die Tochter eines englischen Lords und einer argentinischen Kellnerin. Eine Mischung ebenso ungewöhnlich wie einzigartig. Ihre Eltern hatten sich Ende der Siebziger Jahre in München kennengelernt. Da Mutter und Vater auch lange dort gelebt hatten, war Jane in Deutschland geboren und aufgewachsen.
Sie sprach fließend Spanisch, Englisch und natürlich Deutsch. Eine Tatsache, die Jane allein dadurch bereits von der Münchner Masse abhob. Ihr Name war überaus ungewöhnlich und undeutsch. Aber auch sonst war Jane schwer zu übersehen.
Das Äußere hatte Jane von ihrer Mutter geerbt. Maria war eine hochgewachsene schlanke Person, mit langem schwarzem Haar und feurigen dunklen Augen. Eine rassige Frau, nach der man sich auf der Straße umdrehte.
Maria Christina Lopez hatte die meiste Zeit ihres Lebens in München gelebt. Trotzdem sprach sie fast ausschließlich Spanisch, besonders mit ihrer Tochter. Nur wenn sie einkaufen ging oder es sich sonst absolut nicht vermeiden ließ, sprach Maria ein charmant bayrisch gefärbtes Deutsch. Sie untermalte die fremde Sprache jedoch immer wieder mit argentinischen Ausdrücken. Manchmal hatte sie Heimweh, da half es, wenigstens die Muttersprache zu hören.
Maria war nach einem schweren Schicksalsschlag in München gestrandet. Zu Hause, das war ein Vorort von Buenos Aires, hatte ihre Familie es nicht leicht gehabt. Der Vater war schon in jungen Jahren verstorben. Lungenkrebs. Maria konnte sich kaum noch an ihn erinnern. Er war nur noch ein blasses Gesicht in einem ausgezehrten Körper. Sie hatte ihrer Tochter Jane nicht viel vom Großvater berichten können. Die Bilder von Marias Mutter und ihren zwei Brüdern Angelo und Antonio dagegen, wurden oft und farbenfroh für Jane gezeichnet.
Die Geschichte von dem Autounfall, der ihr die drei auf ewig entrissen hatte, erzählte Maria nur einmal. Zu schmerzhaft war diese letzte Erinnerung.
Sie war siebzehn Jahre alt gewesen, jobbte in einem der Tangosäle. Ihre Mutter und die beiden jüngeren Brüder waren in die Stadt gekommen, um Einkäufe zu machen und sie abzuholen. Der klapprige alte Wagen quälte sich nur mit Mühe überhaupt noch vorwärts. Aber für einen neuen war einfach kein Geld da. Sie kamen gerade mal so über die Runden.
Maria kam gerade aus dem Lokal. Der dunkelblaue Ford tuckerte heran. Sie winkte. Ihre Brüder, neun und elf Jahre alt, winkten zurück. Dann hatte der Wagen mal wieder einen seiner Aussetzer. Das Lächeln ihrer Mutter erlosch. Sie versuchte das Gefährt wieder in Gang zu bringen. Der Motor blieb stumm. Ein lautes Quietschen. Ein Signalhorn. Der Ruf von Angelo. Maria kam es vor wie Stunden, doch es waren nur Sekunden. Ein ohrenbetäubendes Krachen, Metallteile wirbelten durch die Luft. Menschen schrien. Sie hatte den Blick nicht abwenden können von dem unförmigen Klumpen, der einmal das Auto gewesen war, und ihre Familie. Niemand war schuld. Der Lokführer hatte noch versucht zu bremsen. Marias Mutter hatte nicht bemerkt, dass sie genau auf den Schienen stand, dass der Güterzug gerade in diesem Moment auf sie zuraste.
Nach der Beerdigung war sie allein. Die Nachbarn und Freunde waren gegangen. Sie saß allein in der Küche. Es gab keine anderen Verwandten. Nur einen. Ihr Onkel lebte schon Jahre im Ausland. In Europa. Gerade als sie an den älteren Bruder ihrer Mutter dachte, klingelte das Telefon. Es war ihr Onkel Ramos! Er war so weit weg. Die Verbindung war schlecht. Es dauerte eine Weile bis sie begriff, dass ihr Onkel versuchte, sie zu sich zu nehmen. Dass er ihr ein Flugticket gebucht hatte. Sie hatte nicht lange überlegt. Zu sehr schmerzte der Verlust der geliebten Mutter, der Raub der Brüder. Sie ertrug es nicht, in dem leeren Haus zu sein.
Also ging sie nach München, um zukünftig im Restaurant ihres Onkels zu arbeiten. Dort hatte sie wenig später dann Janes Vater kennengelernt.
Charles Appelby hatte sich mit seiner Familie überworfen. Er hatte, einmal zu oft, wilde Partys gefeiert. War einmal zu oft mit der Polizei aneinandergeraten. Als er wegen Drogenbesitz verurteilt worden war, zog er es vor, das Land zu verlassen.
Er hatte Freunde in München. Keine guten. Aber es war die einzige Alternative.
Von ihrem Vater hatte Jane eher das britische Temperament geerbt. Ihre Gesten waren manchmal so steif, dass man sie auf den ersten Blick für arrogant hielt. Gleichzeitig wirkte sie aber auch durchaus vornehm.
Jane benahm sich wie eine echte englische Lady. War immer höflich, aber kühl und beherrscht. Ohne die großen lebhaften Gebärden ihrer Mutter.
So war Jane also die exotische, kühle Schönheit mit multikulturellem Hintergrund, die in München lebte.
Jane atmete tief durch, als sie den Flughafen von Havanna hinter sich ließ. Sie hatte gerade elf Stunden Flug und sechs Stunden Zeitverschiebung hinter sich. Auf Kuba war es drückend heiß. An die Luftfeuchtigkeit musste sie sich erst mal gewöhnen. Deutschland war sehr kühl gewesen, hier herrschte karibisches Klima.
Das historische Taxi, das sie ins Hotel brachte, hatte natürlich keine Klimaanlage. Dafür hatte der dunkelhäutige Fahrer alle Fenster heruntergekurbelt und brachte so eine stürmische Brise in den Fahrgastraum. Der starke Wind ruinierte die Reste von Janes Frisur endgültig.
graphics1 Gerade versank die Sonne mit einem spektakulären Farbenspiel im Meer. Untermalt von den Salsaklängen, die in voller Lautstärke aus dem alten Radio dröhnten.
Der Fahrer plapperte munter vor sich hin. Er war wohl in der Annahme, dass Jane, wie die meisten Touristen, nur wenig bis gar kein Spanisch verstanden.
Als sie sich wortreich und in fließendem Spanisch am Hotel von ihm verabschiedete, blieb dem Mann vor Staunen der Mund offen.
Der Taxifahrer starrte ihr immer noch fassungslos hinterher, als sie bereits zielstrebig auf die Rezeption des Hotels „Velasco" zusteuerte.
Das Hotel war sicher nicht das komfortabelste. Aber es lag mitten im alten Stadtkern von Havanna und war mit nur siebzehn Zimmern überschaubarer und gemütlicher, als die modernen Hotelanlagen am Stadtrand. Jane konnte die alte Festung sehen, die über der Altstadt thronte. Irgendwann, in den nächsten Tagen, würde sie die Burg sicher besuchen.
Das Hotel war über hundert Jahre alt und, wie sie nachlesen konnte, im neoklassizistischen Stil errichtet. Jane fand es vom ersten Augenblick an einfach großartig. Sie