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Kiss me - Vielleicht für immer
Kiss me - Vielleicht für immer
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eBook307 Seiten4 Stunden

Kiss me - Vielleicht für immer

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Über dieses E-Book

Julys Welt gerät völlig aus den Fugen, als sie kurz vor ihrer Hochzeit erfährt, dass der Mann, den sie für ihren Vater gehalten hat, gar nicht ihr Vater ist.

Sie muss ihre Vergangenheit ins Reine bringen, um ihrer Zukunft positiv entgegenblicken zu können. So sagt sie ihre Hochzeit kurzerhand ab, um ihren Erzeuger aufzusuchen.

Doch an der angegebenen Adresse trifft sie auf einen ganz anderen Mann: Cale Hardin, Eishockeystar und Kanadas Sexiest Man Alive.

 

Cale kann es nicht fassen. Da steht tatsächlich mitten in der Nacht eine wildfremde Frau vor seinem Wohnzimmerfenster und beobachtet ihn dabei, wie er sich mit einem One-Night-Stand vergnügt.

Obwohl er die Fremde augenblicklich aus seinem Leben verbannen will, hilft er ihr doch schließlich bei ihrer Suche nach ihrem Erzeuger.

Das Schicksal hat jedoch viel mehr mit den beiden vor, als sie zunächst denken ...

 

Der Roman ist in sich abgeschlossen. Fans von "Kiss me, Devil" können sich auf ein Wiedersehen mit liebgewonnenen Charakteren freuen

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum25. Juni 2019
ISBN9783743844759
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    Buchvorschau

    Kiss me - Vielleicht für immer - Dana Summer

    Prolog

    Hier stehe ich nun, als Opfer meiner eigenen Entscheidung, und sosehr ich es mir auch wünsche, kann ich es nicht rückgängig machen. Kann kein gesagtes Wort mehr ungeschehen machen. Keine Empfindung, die von meiner Seele Besitz ergriffen hat, noch länger ignorieren. Wie auch?! Das Gefühl ist stärker als alles, was ich eigentlich jetzt, genau in diesem Moment, verspüren sollte. Stärker als jede Vernunft. Stärker als die Liebe, die ich für den Mann empfinde, der mir direkt gegenübersteht. In Nasons warmen, dunkelbraunen Augen spiegelt sich die Demütigung, die Verletzung.

    „Es tut mir leid", murmle ich, wische mir eine Träne fort, die an meiner Wange hinabläuft, und ziehe meine Hand, die noch immer in seiner liegt, langsam weg. Ich trete einen Schritt zurück, höre das Rascheln meines Kleides. Am liebsten würde ich mir augenblicklich den schweren Stoff, der droht, mir jeglichen Sauerstoff aus den Lungen zu quetschen, vom Leib zerren.

    „Es tut dir leid?!", murmelt er mehr zu sich selbst als zu mir.

    Stumm nicke ich, weiche einen weiteren Schritt von ihm.

    „Mehr hast du mir nicht zu sagen, außer dass es dir leidtut?" Unaufhörlich starrt er mich an. Eine Hand um die Krawatte an seinem Hals gelegt.

    „Seit wann hast du diese Zweifel und warum hast du sie nicht schon viel früher geäußert?", will er mit belegter Stimme wissen.

    Auch wenn ich wollte, ich kann ihm seine Fragen nicht beantworten. Wie auch, wenn ich selbst nicht einmal die Antwort kenne. Das Einzige, was ich weiß, ist, dass diese Nachricht, die meine Mutter mir vor drei Tagen mitgeteilt hat, alles verändert hat. Wirklich alles. Es fühlt sich an, als ob ich einmal komplett auf den Kopf gestellt, kräftig geschüttelt worden und alles, was mich als Person ausmacht, aus mir herausgepurzelt wäre. Bis nur noch eine leere Hülle von mir übrig geblieben ist. Genau diese innere Leere, vermischt mit dem Gefühl, dass etwas ganz Entscheidendes in meinem Leben fehlt, hat mich dazu verleitet, die Notbremse zu ziehen. Mir, um es hart auszudrücken, die Augen geöffnet. Ich kann Nason nicht heiraten. Es fühlt sich einfach falsch an.

    „Nason, es, … ich will dir nicht wehtun …"

    „Aber genau das machst du gerade. Himmel, July, wir sind seit fast zehn Jahren ein Paar. Ich weiß alles von dir … oder dachte es zumindest. Und jetzt kommst du mit so einer Hammernachricht", sagt er mit lauter Stimme, zerrt sich die Krawatte vom Hals und schmeißt sie zu Boden. Seine Wut kann ich sehr gut nachvollziehen, denn mir geht es wie ihm. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass die Person, für die ich so empfinde, nicht vor mir steht.

    Für ein paar Sekunden verharren wir schweigend, ich sehe den Schmerz in seinen Augen, den Ausdruck von tiefer Enttäuschung auf seinem Gesicht, und zu wissen, dass ich dafür verantwortlich bin, bricht mir das Herz. Doch egal, was ich auch sage, tue, es macht die Situation nicht besser. Ich habe einen Entschluss gefasst. Ich muss einfach wissen, ob diese Neuigkeit der Auslöser für meine jahrelangen Ahnungen ist. Ob diese Lücke tief in mir, die ich all die Jahre ignoriert habe und die erst jetzt mit einer solchen Wucht wieder zum Vorschein tritt, endlich gefüllt werden kann. Ob dieses Gefühl endlich verschwindet, das mir sagt, etwas ganz Wesentliches würde in meinem Leben fehlen.

    Kapitel 1

    Zwei Wochen später

    July

    Mit jeder Minute, die ich länger in diesem Taxi sitze, frage ich mich, ob der Fahrer überhaupt einen blassen Schimmer davon hat, wo er hinmuss. Obwohl wir uns auf dem Highway befinden, ist der Verkehr schon beinahe beängstigend ruhig.

    „Und Sie sind sich wirklich sicher, dass wir hier richtig sind?, frage ich den kleinen, untersetzten Mann hinter dem Steuer, der in den ganzen dreißig Minuten, während ich nun schon auf der Rückbank sitze, kaum einen Satz herausgebracht hat. All meine Konversationsversuche hat er mit einem müden Lächeln quittiert, mir hin und wieder eine knappe Antwort gegeben. Bevor ich in das Taxi gestiegen war, sah sein Gesicht noch freundlich aus, doch als ich auf der Rückbank Platz genommen hatte und ihm die Adresse nannte, änderte sich das. Er brummte lediglich: „Sie wissen aber schon, dass die Fahrt ziemlich teuer wird?

    Klar weiß ich das. Schließlich habe ich mich sehr genau über den Ort, den ich besuchen will, erkundigt. Dabei ist mir auch nicht entgangen, dass die Busverbindungen unterirdisch schlecht sind. Erst recht an einem Sonntagabend. Aber leider ist das nun mal der einzige Flug, den ich bekommen habe.

    „Hm, oft fahre ich nicht in diese Gegend, aber wenn das Navi, er deutet mit einem seiner schwulstigen Finger auf das an der Frontscheibe angebrachte Gerät, „uns diesen Weg anzeigt, wird es schon richtig sein.

    Na hoffentlich, denke ich mir und traue mich gar nicht mehr, auf den Taxameter zu schauen. Der Anblick lässt den Inhalt meines Portemonnaies gehörig schrumpfen. Und nicht nur das. Mein Trip hat mein Bankkonto bis aufs Äußerste strapaziert.

    „Aber Sie waren schon mal da?", hake ich nach, nur um meine Ungewissheit, ob wir auf dem richtigen Weg sind, zu beschwichtigen.

    „Nö."

    „Aber eben sagten Sie doch, dass Sie nicht oft in diese Gegend fahren. Was ja bedeutet, dass -"

    Mit einem Seufzer unterbricht er mich: „Ich war ein paarmal mit meiner Familie im Nationalpark zum Wandern. Aber von diesem Jeroma Hill habe ich noch nie etwas gehört."

    „Oh, okay", gebe ich mich zwangsläufig damit zufrieden.

    „Wussten Sie, dass der Ort nur an die 800 Einwohner hat? Es gibt wohl nur einen Coffee Shop, ein Gemeindehaus und einen Lebensmittelladen, erzähle ich dem unwissenden Mann weiter. „Ach, und natürlich noch ein Steakhaus.

    „Woher auch? Ich habe Ihnen ja eben schon gesagt, dass ich noch nie etwas von dem Ort gehört habe!", brummt er gelangweilt.

    „Und wussten Sie, dass es dort -, will ich weitere Einzelheiten verraten, werde aber von einem „Lady, ich muss mich auf die Straße konzentrieren! unterbrochen. Dann schaltet er das Radio noch lauter, um jeglichen Versuch meinerseits, ihn in ein Gespräch zu verwickeln, im Keim zu ersticken.

    Gut, ich gebe ja zu, dass ich manchmal in schwierigen Situationen dazu neige, meine Nervosität mit Gesprächen zu überspielen. Und die Gegebenheit, in der ich mich gerade befinde, ist wirklich und in jedweder Hinsicht außergewöhnlich. Aber davon weiß der Fahrer ja nichts und ich glaube, er hat auch keinerlei Interesse, davon zu erfahren. Ich werfe einen schnellen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett. Laut meinen Recherchen müssten wir in weniger als zwanzig Minuten das Ziel erreicht haben. Allein diese Tatsache führt dazu, dass ich wie bereits beim Verlassen des Flughafens erneut in eine Art Panik verfalle. Diese Ungewissheit, was mich erwartet, lässt mich unruhig auf der Rückbank herumrutschen. Aber hey, genauso wollte ich es doch. Niemand hat mich zu dem Entschluss gezwungen. Weder dazu, Nason Hals über Kopf zu verlassen, noch, das Jobangebot auszuschlagen oder meine Familie zurückzulassen. Nein, das alles habe ich aus freien Stücken getan. Aber was, wenn das, was vor mir liegt, mich vielleicht enttäuscht? Was, wenn das Gefühl, welches ich seit ein paar Wochen verspüre, sich auch nicht einstellen will, sobald ich mehr über meine Vergangenheit weiß? Was, wenn ich weiterhin den Eindruck habe, dass etwas in meinem Leben fehlt? Was, wenn sich meine spontane Entscheidung, mein Leben komplett über den Haufen zu werfen, als falsch herausstellt?

    Am Rande bekomme ich mit, wie das Taxi vom Highway abbiegt, wie die Bergkette, die ich bis eben nur seitlich habe sehen können, inzwischen den Anschein erweckt, als ob wir direkt darauf zusteuern würden. Doch das ist nicht das Einzige, was sich an der Landschaft ändert. Die Dichte des Waldes nimmt mit jedem Meter zu und ich weiß nicht, ob es an der hereinbrechenden Dunkelheit liegt, die die Gegend schon fast gespenstisch wirken lässt, oder vielmehr daran, dass wir nun überhaupt keinem anderen Auto mehr begegnen. Erneut biegen wir ein paar hundert Meter weiter ab und alleine der Anblick auf die vor uns liegende Straße trägt dazu bei, dass sich das mulmige Gefühl in meinem Magen noch mehr verstärkt. Wo zum Teufel fahren wir hin? Der Weg sieht nicht gerade besonders einladend aus und auch nicht so, als ob er irgendwo hinführen würde. Die Straße ist viel zu eng, die Bäume stehen viel zu dicht am Straßenrand, und ist diese Wegstrecke überhaupt passierbar? Es erweckt den Anschein, als ob sie eher einer Wanderroute entspräche, die zu einem dieser monströs aussehenden Berge hinaufführt.

    Mein wortkarger Taxifahrer flucht leise vor sich hin, bremst ab und drückt ein paar Knöpfe an seinem Navi. Augenblicklich ändert sich das Display und die nette Frauenstimme aus dem Gerät meldet sich zu Wort: „Sie befinden sich auf der richtigen Route."

    „Ernsthaft?, mault der Fahrer mehr zu sich selber, drückt wieder auf dem Bildschirm herum und das Navi meldet sich nochmals zu Wort: „Route wird neu berechnet … Und einen Augenblick später: „Kein Signal!" Auch nachdem der Fahrer das Navi aus- und wieder angeschaltet hat, haben wir noch immer keinen Empfang.

    Erneut vernehme ich einen Schwall an Flüchen, bevor das Taxi sich abermals in Gang setzt. „Wo liegt dieser Ort? Am Arsch der Welt?"

    Hilflos zucke ich mit den Schultern. Auf den wenigen Bildern, die ich von Jeroma Hill im Internet gefunden habe, hat es eigentlich ganz nett ausgesehen. Gut, ein wenig waldlastig, aber für jemanden wie mich, der in einem verschlafenen Vorort groß geworden ist, kein gravierender Unterschied. Zumindest gehe ich davon aus.

    In holprigem Tempo geht es weiter und ich mag gar nicht daran denken, was passiert, wenn uns jetzt ein Auto entgegenkommt. Etwas Positives hat die Strecke auf alle Fälle. Ich bin so abgelenkt, dass ich das nagende Gefühl der Ungewissheit ganz vergesse. Erst mal muss ich heil an meinem Ziel ankommen, und auch wenn ich es ungern zugebe, aber der Blick aus dem Fenster und der Abgrund, der sich nur wenige Zentimeter neben der Straße auftut, vermitteln mir ein sehr beklemmendes Gefühl der Unsicherheit. Verflucht, geht das weit runter! Ich kann nur hoffen, dass wirklich niemand aus dem Dorf auf die Idee kommt, jetzt in die Stadt zu fahren. Ich räuspere mich, will schon ansetzen, genau das dem wortkargen Taxifahrer zu sagen, als er mir durch den Rückspiegel einen bitterbösen Blick zuwirft, der meinen Mund sofort wieder zuklappen lässt.

    Wie ein Pendel werde ich von links nach rechts geschüttelt, und als wir über ein Schlagloch fahren, zumindest gehe ich davon aus, dass es eines ist, und kein totes Tier, hüpfe ich auf meinem Sitz ein wenig nach oben. Das mulmige Gefühl in meinem Magen, welches ich schon beim Betreten des Fliegers verspürt habe, verstärkt sich nun, durch diese Schleuderfahrt, nur noch mehr. Wenn wir nicht bald diesen Ort erreicht haben, kann ich nicht garantieren, dass mein Mageninhalt dort verbleibt, wo er eigentlich hingehört.

    Und dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, erkenne ich durch die immer lichter werdenden Bäume einen Punkt von Zivilisation, der sich immer weiter vergrößert, bis wir schlussendlich den Wald verlassen. Erleichterung macht sich in mir breit, als ich die ersten Häuser sehe und wir auf einen Untergrund einbiegen, der den Namen Straße wirklich verdient hat. Doch anstatt wie erwartet in das Dorf zu fahren, leitet uns das Navi daran vorbei, erneut in den Wald hinein. Zum Glück ist diese Strecke um Welten besser passierbar und binnen weniger Minuten haben wir das Ziel erreicht. Meine Augen weiten sich mit jedem Meter, den wir näherkommen. Mit viel habe ich gerechnet, aber nicht damit, dass mein Ziel eine imposant aussehende Villa ist, deren Grundstück von einer über vier Meter hohen, akkurat geschnittenen Hecke umrandet ist. Vor einem verschlossenen Eisentor kommt das Taxi zum Stehen.

    „Wir sind da!", kommentiert mein nicht gerade glücklich wirkender Fahrer das Geschehen.

    „Hm … ja", murmle ich und schnalle mich langsam ab. Jetzt, direkt vor meinem Ziel stehend, fühlt es sich plötzlich gar nicht mehr so richtig an. Dabei habe ich mir diesen Moment in den letzten Tagen so oft ausgemalt. Ich weiß nicht genau, ob es an dem gigantischen Gebäude vor mir liegt oder an der Tatsache, dass ich kurz davor bin zu erfahren, wie viel Wahrheit in der Aussage meiner Mom liegt.

    Schneller als mir lieb ist, hat der Taxifahrer auch schon den Kofferraumdeckel geöffnet und mein Gepäck landet schwungvoll auf dem kiesbedeckten Boden.

    Ich bedanke mich, sehe zu, wie er zurück auf seinen Sitz eilt und mir dann knapp den Preis meiner Exkursion nennt.

    „Danke fürs Herbringen", sage ich und reiche ihm die Geldscheine.

    Er murmelt irgendetwas Unverständliches vor sich hin, was sich anhört wie „Und dann bekommt man noch nicht einmal ein vernünftiges Trinkgeld", knallt die Wagentür zu und legt den Rückwärtsgang ein.

    Zugegeben, viel ist es nicht, was ich ihm zusätzlich gegeben habe. Erst recht nicht in Anbetracht der Tatsache, dass es mittlerweile stockdunkel geworden und die Strecke durch den Wald schon fast eine Zumutung gewesen ist. Aber mehr ist nun mal nicht drin.

    Ich sehe zu, wie die Rücklichter des Wagens um die Ecke biegen, seufze laut auf und drehe mich wieder zu dem Tor um, welches ungebetenen Gästen den Zutritt auf das Grundstück versperrt, und ich frage mich, ob ich wohl zu dieser Kategorie gehöre. In gewisser Weise ja, denn ich habe weder eine persönliche Einladung von ihm bekommen, noch habe ich meinen Besuch angekündigt. Er wird also in jeder Hinsicht überrascht sein. Je länger ich diese Absperrung anstarre, umso ungewisser fühle ich mich. Was, wenn er mich gar nicht sehen will, nicht mit mir reden möchte? Was, wenn er mich wegschickt, ohne mir die Möglichkeit zu geben, ihn zu fragen, was damals wirklich passiert ist? Mitten in der Bewegung, die Klingel an der Sprechanlage zu betätigen, halte ich inne. Starre auf meinen ausgestreckten Zeigefinger, der leicht zittert. Vielleicht war der Entschluss, hierherzukommen, doch falsch!

    Nein, selbstbewusst straffe ich die Schultern, drücke den Knopf und warte darauf, dass jemand an die Sprechanlage geht. Die Sekunden verrinnen und nach ein paar Minuten betätige ich den Knopf ein weiteres Mal. Doch noch immer bleibt das Tor verschlossen. Ich trete ein paar Schritte zurück, sehe zu der Villa, in der ganz offensichtlich jemand anwesend zu sein scheint, denn im unteren Stockwerk brennt Licht, und warte. Warum öffnet mir niemand? Irgendwie hat das alles in meinen Vorstellungen einfacher ausgesehen. Ich habe mir ausgemalt, wie er die Tür aufmacht, mit überraschtem Gesichtsausdruck fragt, wer ich sei, und ich ihm dann meinen Namen nenne und all das erzähle, was mir meine Mom vor mehreren Tagen gebeichtet hat. In meiner Vorstellung hat er mich dann ins Haus gebeten, mir etwas zu trinken gebracht und seine Sichtweise erläutert.

    Es sind über vierundzwanzig Jahre vergangen. Vierundzwanzig Jahre, die von Lügen und Ungewissheit geprägt waren. Jetzt ist Schluss! Ich habe nicht halb Kanada überquert, um so kurz vor dem Ziel einen Rückzieher zu machen oder gar von einem Tor aufgehalten zu werden. Ich werde mir einen Weg in das Gebäude verschaffen. Koste es, was es wolle.

    Cale

    Ich kann nicht genau sagen, was mir mehr Übelkeit bereitet – der eindeutig zu viel konsumierte Alkohol in meinen Adern oder der Geruch des süßlichen Parfüms von der Kleinen.

    Was zum Teufel habe ich mir nur dabei gedacht, diese Blondine, die gerade dabei ist, auf meinem Schoß herumzurutschen und mir ihre Möpse ins Gesicht zu strecken, mit zu mir zu nehmen? Normalerweise bin ich kein Typ, der seine One-Night-Stands in die eigenen vier Wände lässt.

    Nein, ich gehöre eher zu den Kerlen, die mit zu ihr kommen und dann, nachdem es zur Sache gegangen ist, wieder verschwinden. Während Blondchen beginnt, an meinem Ohr zu lutschen und mit ihren Fingern meinen Hosenbund zu öffnen, überlege ich, wie ich sie später am schnellsten wieder loswerde.

    „Cale, Baby, was ist los mit dir?", säuselt sie und lässt ihre Zunge in meine Ohrmuschel gleiten.

    Baby? Ich glaube, Scheiße, wie hieß sie noch mal? Egal, Blondchen weiß anscheinend nicht, mit wem sie es hier zu tun hat. Ich trage viele Spitznamen, aber Baby gehört eindeutig nicht dazu.

    „Lass das!, brumme ich sie an. „Ich will keinen von diesen Scheißkosenamen.

    „Wie soll ich dich denn dann nennen?", flötet sie, bewegt ihren Hintern auf meinem Schritt auf und ab und wartet auf eine Reaktion meinerseits.

    Vor einem guten halben Jahr trug ich noch den Spitznamen Crash-Cale, weil ich einer der gefürchtetsten Spieler meines Teams war. Groß, muskulös und bekannt dafür, keine Gnade zu kennen. Mit meinem äußeren Erscheinungsbild hatte das allerdings nichts zu tun.

    „Wäre dir Tiger lieber?", will sie wissen, öffnet meine Gürtelschnalle und lässt ein paar Finger in meine Hose gleiten.

    Blondchen ist eindeutig schwer von Begriff. Was versteht sie an der Ansage „keine Kosenamen" nicht? Ich greife nach ihrem Handgelenk und reiße es ruckartig von meinen Weichteilen weg.

    „Autsch!, jault sie auf und entzieht mir ihre Hand mit einem bitterbösen Blick. „Was ist los mit dir?

    Gute Frage. Bis vor ein paar Minuten dachte ich noch, es wäre eine gute Idee, mit der Tussi, die ich in dieser seltsamen Bar kennengelernt habe, eine Nummer zu schieben, aber jetzt bin ich mir da auf einmal gar nicht mehr so sicher. Irgendetwas stört mich plötzlich an ihr, was mir vorhin in der dunklen Spelunke noch gar nichts ausgemacht zu haben schien. Ich lasse meinen Blick an ihr hinabgleiten. An ihrem äußeren Erscheinungsbild liegt meine plötzliche Zurückhaltung sicher nicht. Nein, meine Begleiterin sieht gut aus. Langes, welliges blondes Haar, große blaue Augen und eine Figur wie die eines Models. Ihr zartrosafarbenes Sommerkleid ist bis über die Hüften hochgeschoben und zeigt ihr weißes Spitzenhöschen.

    „Nichts", murmle ich, greife in ihr langes Haar und ziehe ihren Mund zu meinem. Nur aus einem einzigen Grund habe ich sie mitgenommen, also sollte ich diesen jetzt auch fortführen. Ich befürchte schon, dass sie nach meiner schroffen Art das Weite sucht, doch nein, augenblicklich geht es genau dort weiter, wo wir eben aufgehört haben. Geschickt streife ich die Träger ihres Kleides herunter, um an den Verschluss ihres BHs zu gelangen.

    „Oh, Cale, stöhnt sie zwischen zwei Küssen. „Wollen wir nicht lieber in dein Schlafzimmer gehen?

    „Auf keinen Fall!, erwidere ich und füge schnell hinzu, als sie beginnt, sich bei meinem Satz zu versteifen, „hier ist es doch sehr gemütlich.

    „Na ja, ich weiß nicht genau. Ein Bett wäre mir doch lieber", säuselt sie und beginnt erneut damit, mein Ohr mit ihrer feuchten Zunge zu bearbeiten. Keine Ahnung, wer ihr hat weismachen wollen, dass Männer darauf stehen, aber ich kann mir wirklich was Angenehmeres vorstellen, als meinen Gehörgang mit ihrer Zunge geputzt zu bekommen.

    Ich ignoriere ihren Kommentar und versuche auch, sie ein wenig von meinem Ohr wegzudrücken. Was mir nur teilweise gelingt. Zwar ist ihre Zunge jetzt an meinem Hals, doch ihre nächste Frage kommt beinahe sofort: „Was ist jetzt mit deinem Schlafzimmer?"

    Himmel, ist die Tussi nervig.

    Blitzschnell greife ich an ihre Hüften, drehe sie um, sodass sie mit ihrem Oberkörper an die Sofalehne gedrückt wird.

    „Oh, stöhnt sie auf. „Ich mag es, wenn du so wild bist. Sie presst ihren Hintern enger an meinen Schritt, lässt die Hüften kreisen und öffnet ihren BH.

    Und ich mag es, wenn du endlich dein Mundwerk hältst, denke ich im Stillen und lege meine Hände auf ihren Bauch. Mit jeder Sekunde, die ich mit ihr verbringe, spüre ich, wie meine Lust auf sie schwindet. Ich angle nach der Fernbedienung für die Stereoanlage und betätige ein paar Knöpfe. Keine zehn Sekunden später wird der Raum von lauter Musik beschallt, was wenigstens ein Problem löst. Blondchen nicht mehr hören zu müssen. Erneut lasse ich meine Hand auf die Vorderseite der Frau vor mir gleiten, schließe die Augen und frage mich, warum ich das Gefühl habe, etwas Falsches zu tun. Warum beim Anblick der Frau, meiner Hände auf ihren Brüsten, keinerlei sexuelle Lust in mir aufsteigt. Dabei gibt es genau zwei Dinge, in denen ich wirklich gut bin. Eishockey und Sex. Doch keins von beidem kann mich auch nur annähernd zufriedenstellen. Zumindest nicht mehr. Bis vor ein paar Wochen war das noch komplett anders. Immer und immer wieder frage ich mich, was passiert ist. Warum ich seit Tagen, Wochen weder auf das eine noch auf das andere Lust habe. Sosehr ich mich auch bemühe, ja, schon beinahe zwinge, keiner dieser zwei elementar wichtigen Bestandteile meines Lebens schafft es mehr, mich auch nur annähernd zu erfüllen. Fuck. Ich bin kurz davor, meine Hände von der Frau wegzunehmen und zu Fäusten zu ballen. Was ist nur los mit mir? Was stimmt nicht mehr? Jetzt, auf dem Höhepunkt meiner Karriere ist sämtliche Euphorie verschwunden, hat einer Leere in mir Platz gemacht, die mich beinahe durchdrehen lässt.

    „Ja, Cale, das ist gut", unterbricht Blondchens Stöhnen meine trüben Gedanken. Was auch immer mit mir los ist, ich muss es in den Griff bekommen. Und zwar schleunigst.

    Kapitel 2

    July

    „Ich bin verrückt, völlig irre", wispere ich in die Dunkelheit, schleiche weiter an der akkurat geschnittenen Hecke entlang und halte nach einem Schlupfloch Ausschau. Eindeutig, ich verliere den Verstand. Keine halbwegs vernünftige Person würde alleine, irgendwo in der Pampa, von dunklen Bäumen umgeben, durch die Nacht gehen, um ihren Willen durchzusetzen. Keine! Doch wie so oft in den letzten Tagen ist mein Verstand außer Gefecht gesetzt. Meine Augen gewöhnen sich langsam an das schwache Licht meiner Handytaschenlampe, suchen jeden noch so kleinen Winkel ab. Irgendwo zwischen diesem verdammten Gestrüpp muss es doch die Möglichkeit geben, auf die andere Seite zu kommen. Doch der Gärtner oder wer auch immer hat wirklich ganze Arbeit mit diesem Grünzeug geleistet. Ein frustriertes Stöhnen entweicht mir. Lässt mich in meinem Tun innehalten. Es ist dunkel, mir ist kalt und irgendwie sieht der Wald, der sich nun keine hundert Meter vor mir neben dem eingegrenzten Grundstück auftut, nicht einladend aus. Eilig drehe ich mich um und marschiere durch das knöchelhohe Gras wieder zurück zum Tor. Vielleicht habe ich auf der anderen Seite neben der Einfahrt ja mehr Glück. Mit dem schwachen Licht meines Handys leuchte ich mir den Weg, will schon enttäuscht aufgeben, als ich etwas entdecke, was meine Laune ein wenig hebt. Ein Baum, dessen Äste geradewegs auf das Grundstück ragen. Zwar ist es schon eine halbe Ewigkeit her, dass ich auf irgendwelchen

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