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DIE STAHLFRONT-AKTEN: Ein avantgardistischer Schelmen-Roman
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eBook238 Seiten2 Stunden

DIE STAHLFRONT-AKTEN: Ein avantgardistischer Schelmen-Roman

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Über dieses E-Book

2020: Nobbi Flick, Skiffi-Fan, Ex-Gumminasiast, Träger eines multikultig gefärbten Irokesenkamms und Nasenrings, zieht in die weite Welt hinaus, von der er annimmt, dass sie so toll ist, wie seine Eltern sie ihm versprochen haben. Sein größter Wunsch: ein politisch korrekter Schriftsteller zu werden! Seine Inspiration holt er sich aus der bekannten Raketenheftchenserie Percy Rotten, die im Poebel Verlag erscheint.

Es verschlägt den jungen aus einem gutmenschlich orientierten evangelikan-islamophilen Elternhaus stammenden Mann an das Institut für Temporalforschung, wo er als Reinigungskraft im Labor des mysteriösen Dr. Gernsback tätig wird.

Unbeabsichtigt klaut er dort einen Zeitreisegürtel, der ihn unversehens in eine Pension des Jahres 1934 trägt, in der ein gewisser Ernst wegen seiner sexuellen Orientierung gerade gering geschätzt wird. Und in dieser Pension im schönen Bad Wiessee wird ein mittelgroßer Herr mit Nickelbrille, den alle „Reichsführer“ nennen, auf unseren Helden aufmerksam. Zunächst aber muss der zukünftige Sturmmann Flick in der Zeitebene Adolf Hitzlers die erste große Bewährungsprobe seines Lebens bestehen, als der Reichsführer ihn fragt: „Warum hat es einen Nasenring wie ein Rindviech?“

Dieser avantgardistische Roman erzählt von den tapferen Taten eines wackeren und dreisten Demokraten unter lauter Rechtspopulisten.

Ein Roman, wie nur Ronald M. Hahn ihn schreiben kann.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum16. Aug. 2017
ISBN9783739645568
DIE STAHLFRONT-AKTEN: Ein avantgardistischer Schelmen-Roman

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    Buchvorschau

    DIE STAHLFRONT-AKTEN - Ronald M. Hahn

    Ronald M. Hahn

    DIE STAHLFRONT-AKTEN

    Ein avantgardistischer Schelmen-Roman

    Apex-Verlag

    Das Buch

    2020: Nobbi Flick, Skiffi-Fan, Ex-Gumminasiast, Träger eines multikultig gefärbten Irokesenkamms und Nasenrings, zieht in die weite Welt hinaus, von der er annimmt, dass sie so toll ist, wie seine Eltern sie ihm versprochen haben. Sein größter Wunsch: ein politisch korrekter Schriftsteller zu werden! Seine Inspiration holt er sich aus der bekannten Raketenheftchenserie Percy Rotten, die im Poebel Verlag erscheint.

    Es verschlägt den jungen aus einem gutmenschlich orientierten evangelikan-islamophilen Elternhaus stammenden Mann an das Institut für Temporalforschung, wo er als Reinigungskraft im Labor des mysteriösen Dr. Gernsback tätig wird.

    Unbeabsichtigt klaut er dort einen Zeitreisegürtel, der ihn unversehens in eine Pension des Jahres 1934 trägt, in der ein gewisser Ernst wegen seiner sexuellen Orientierung gerade gering geschätzt wird. Und in dieser Pension im schönen Bad Wiessee wird ein mittelgroßer Herr mit Nickelbrille, den alle „Reichsführer nennen, auf unseren Helden aufmerksam. Zunächst aber muss der zukünftige Sturmmann Flick in der Zeitebene Adolf Hitzlers die erste große Bewährungsprobe seines Lebens bestehen, als der Reichsführer ihn fragt: „Warum hat es einen Nasenring wie ein Rindviech?

    Dieser avantgardistische Roman erzählt von den tapferen Taten eines wackeren und dreisten Demokraten unter lauter Rechtspopulisten.

    Ein Roman, wie nur Ronald M. Hahn ihn schreiben kann.

    Der Autor

    Ronald M. Hahn, Jahrgang 1948.

    Schriftsteller, Übersetzer, Literaturagent, Journalist, Herausgeber, Lektor, Redakteur von Zeitschriften.

    Bekannt ist Ronald M. Hahn für die Herausgabe der SF-Magazine Science Fiction-Times (1972) und Nova (2002, mit Michael K. Iwoleit) sowie als Autor von Romanen/Kurzgeschichten/Erzählungen in den Bereichen Science Fiction, Krimi und Abenteuer.

    Herausragend sind das (mit Hans-Joachim Alpers, Werner Fuchs und Wolfgang Jeschke verfasste) Lexikon der Science Fiction-Literatur (1980/1987), die Standard-Werke Lexikon des Science Fiction-Films (1984/1998, mit Volker Jansen), Lexikon des Horror-Films (1985, mit Volker Jansen) und das Lexikon des Fantasy-Films (1986, mit Volker Jansen und Norbert Stresau).

    Für das Lexikon der Fantasy-Literatur (2005, mit Hans-Joachim Alpers und Werner Fuchs) wurde er im Jahr 2005 mit dem Deutschen Fantasy-Preis ausgezeichnet. Insgesamt sechsmal erhielt Hahn darüber hinaus den Kurd-Laßwitz-Preis – dem renommiertesten deutschen SF-Preis - , u.a. für die beste Kurzgeschichte (Auf dem großen Strom, 1981) und als bester Übersetzer (für John Clute: Science Fiction – Eine illustrierte Enzyklopädie, 1997).

    Weitere Werke sind u.a. die Kurzgeschichten-Sammlungen Ein Dutzend H-Bomben (1983), Inmitten der großen Leere (1984) und Auf dem großen Strom (1986) sowie – als Übersetzer – der Dune-Zyklus von Frank Herbert.

    Ronald M. Hahn lebt und arbeitet in Wuppertal.

    Kurzes Vorwort für alle, die keine Vorworte lesen

    von Christian Dörge

    »Barbara Bach macht gerade KREISCH!

    in DIE HEILIGE BESTIE DER KUMAS (1979) von Sergio Martino.«

    - Ronald M. Hahn, Lexikon des Horror-Films

    Liebe Lesende,

      ich bin nicht witzig. Glaubt mir Leute, ich hab’s versucht – ohne nennenswerten Effekt. Selbst die Überschrift dieses Vorworts – und die finde ich wirklich zum Totlachen – habe ich geklaut, Wort für Wort, und zwar aus dem Lexikon des Science Fiction-Films aus der Feder von – Sie ahnen es bereits – Ronald M. Hahn und Volker Jansen.

      Mangelhafter Eigen-Witz bedeutet freilich nicht die Abwesenheit von Humor. Ganz ehrlich: Ich bin ohne Frage ein humoriges Kerlchen! Beispiele gefällig? Nun, bis Mitte der 80er Jahre konnte ich auf das Vortrefflichste über den Humor von Otto Waalkes lachen. Kein Witz! Zudem bin ich absolut in der Lage, mich über Dieter Hallervordens performance als Kongo-Otto schlapp zu lachen. Und wenn Terence Hill als Nobody dem zu Pferde einherreitenden Henry Fonda zwei soeben gefischte Fische präsentiert und strahlend »Er hier? Oder jönner?« fragt – brechen bei mir sämtliche Dämme. Ja, und von Nobody ist’s kein langer Weg zu Lord Brett Sinclair und Danny Wilde aka Die Zwei.

      Es sei also ausdrücklich versichert: Ich bin kein Gaudi-Abstinenzler.

      Allein: Humor resp. die Aufnahme desselben (mit anschließender Umsetzung in wieherndes Gelächter) verändert sich mit den Jahren: Gern unterscheidet man mit zunehmendem Alter zwischen Humor und Klamauk.

      Witzig geblieben ist bis dato Das Leben des Brian. Witzig geblieben sind überdies Murtaugh und Riggs (denn niemand außer diesen beiden Unerschrockenen nennt Donald Ducks vierten Neffen derart beiläufig beim Namen) und der Typ, der im Film Return To Horror High zuverlässig das Blut fortfeudelt, nachdem der nervöse Töter wieder zugeschlagen hat.

    Kongo-Otto, klar, Otti als Heino, gewiss, die Ghostbusters (»Zielt auf ihre Bürste!«) sowieso – immer wieder Garanten für einen erfrischendes Sich-Ausschütten vor Lachen.

      Aber dann – dann wird’s langsam echt eng.

      Warum ich Ihnen davon erzähle?

      Vermutlich, weil es in diesem Vorwort um Humor (nicht Klamauk!) zu gehen hat, dessen Verfallsdatum bis ins Jahr 802.701 (Dave Filby, weghör’n!) reichen dürfte. Um Humor also, der den schwatzhaften Chronisten von der Adoleszenz bis ins – nun ja – gemäßigte Alter begleitet hat.

      Um den ewigen Witz, wenn Sie so wollen, liebe Lesende.

      Und das führt uns – Sie und mich – zum Verfasser von Die Stahlfront-Akten.

      Das führt uns zu: Ronald M. Hahn.

      Keine Ahnung, ob diese Überleitung nun ein wenig holperig daher gestolpert kam, jedoch sehen Sie mir das bitte nach; Überleitungen sind ebenso wie Kalauer meine Stärke nicht.

      Zum Punkt:

    Ronald M. Hahn ist witzig. Vertrauen Sie mir, ich weiß es.

      Irgendwie war er wohl schon immer witzig – sogar damals in den schon erwähnten 80ern, als an Witzigkeit nicht wirklich ein Mangel herrschte. Es muss so im Jahr 1984 gewesen sein – Georgie Orwell war der Miesmacher der Stunde, Ronald Reagan gab des US-Präsidenten, die beliebtesten Vornamen im Ländle waren Martin (für Jungs) und Katrin (nicht für Jungs); was Wunder, dass eine möglichst heitere Ausfahrt-vom-Ganzen händeringend gesucht wurde.

    Dr. Best-mäßiges Durchatmen (freilich ohne Tomate) war greifbar, als ich das Lexikon des Science Fiction-Films (ich erwähnte es bereits: aufgeschrieben von Ronald M. Hahn und Volker Jansen) aus dem Bücher-Drehkarussell beim Kaufhaus Pausch zog und sogleich von juveniler Erregung ergriffen wurde: auf dem Buchdeckel (heute würde man sagen: Cover) waren Han Solo und sein flauschiger Side-kick Chewie abgebildet – beide grimmig, beide definitiv ready for Äktschn. Folglich musste ich dieses Buch einfach haben, trotz des stolzen Preises von 12,80 DM.

      Die D-Mark war damals schwer angesagt, liebe Lesende.

      Klar, unverzeihlich war indes, dass Hahn und Jansen die Filme Kampfstern Galactica und Mission Galactica: Angriff der Zylonen sozusagen in Bausch und Bogen zur Hölle wünschten und auch so gar kein Verständnis für den Weltraumschrott von Delta III aufzubringen in der Lage waren.

    Darüber, meine Herren, müssen wir uns gelegentlich mal unterhalten; und die Getränke zahlt Ihr.

      Immerhin: Ronald und seinem Mittäter gelang es, sauber recherchierte Fakten mit einem sehr speziellen, niemals unsympathischen Humor – okay, wer sich über Zylonen lustig macht, geht trotzdem ohne Abendbrot ins Bett! – zu verknüpfen, wodurch der Humor niemals Klamauk-affin sondern ganz im Gegentum: geflügelt wurde. Ein Humor also, der dem Thema verpflichtet blieb und der sich – als effect secondaires – in den Sprachgebrauch hineinmogelte wie der Deibel ins Herz vom alten Faustus selig. 720 Filme wurden in diesem Lexikon besprochen, und dies in Verbindung mit Humor von einer Köstlichkeit, die mir – ich war gerade mal 15 Lenze jung – ziemlich neu war und die mir unglaublich cool erschien.

    Cool zu sein war damals schwer angesagt, liebe Lesende; fragen Sie Pete Venkman!

      Ich war also angefixt. Und Sätzchen wie »Haben wir gelacht!« Und »Glykol in meinem Wein?« gehören seither zum guten Umgangston unter Freunden und solchen, die es gerne wären.

      Neuer Stoff näherte sich in Gestalt des Lexikons des Horror-Films (Hahn/Jansen, 1985) und des Lexikons des Fantasy-Films (Hahn/Jansen/Stresau, 1986); und jetzt geht’s erst richtig los, wie es im (deutschen) Untertitel zu Police Academy 2 hieß.

      Ich sagte ja: Es waren die 80er.

    Geradezu legendär: die Rezension zu Der Irre vom Zombiehof, abgefasst in szenischer Form (mit den Hauptfiguren Sekretär und Produzent) und schlichterding zum Brüllen! Das Raunen und Rauschen sagt: Die Idee zu jener vergnüglichen Rezi sei dem Ronald in der Badewanne gekommen. Irgendwie passend.   

    Noch legendärer: die Bildunterschriften!

    »Herr Ober, fünf Kurze!«

    »Herbert Fux in Äktschn.«

    »Ein Darsteller auf der Suche nach den Drehbuchautoren – aber auch der da will’s nicht gewesen sein.«

    »Little Joe auf Hasenjagd.«

    »Die Blicke des filmischen Wahnsinns.«

    »Marty Feldman und Peter Boyle bitten den lieben Gott um einige Gags.«

    Sie finden das nicht witzig, liebe Lesende? Nun – kaufen Sie die Bücher, und vor allem: lesen Sie die Bücher und ich versichere Ihnen, Sie werden es witzig finden.

    Aus den 80ern wurden die 90er, und weil’s damals noch kein Internet gab, blieben mir nur das Heyne SF-Magazin sowie später das Heyne Science Fiction-Jahr, um schließlich den Groschen fallen zu hören: `zefix!, dieser Hahn schreibt ja auch Romane. Und Kurzgeschichten. Großartiges fiel mir in die Hände:

    Inmitten der großen Leere.

    Auf dem großen Strom.

    Die Roboter und wir.

    Doch wie schon der Lexikon-Ronald war auch der Prosa-Ronald niemals nur eindeutig. Die Texte waren ernst, manchmal lustig, stets: vielfältig belesen. Ronald M. Hahn war schon ein weiser Mann, bevor ich erstmals versuchte, witzig zu sein.

    Ja, und all das, was an seinem Werk stets zu Heiterkeitsausbrüchen der angenehmeren Art verleitete, ist auch heute noch unverändert witzig. Warum das so ist? Ich habe keine Ahnung. Humor erklärt sich nicht, wie ich vermute. Oder aber diesen speziellen Jux versteht nur, wer Nena ebenso überlebt hat wie Marusha.

    Und genau hier liegt er,  der Hase im Pfeffer: Jene Balance, sowohl das Amüsante als auch das Ernsthafte (im Sinne von: das Nicht-Lustige) zu Papier bringen zu können, ist es, die aus einem Schriftsteller einen außergewöhnlichen Schriftsteller macht.

    Ronald M. Hahn ist ein außergewöhnlicher Schriftsteller. Sein Werk ist eine prosperierende Konstante. Daran werden auch die ausgeflippten Sex-Spiele der Vampire nicht rütteln können.

    Womit wir wieder zum Anfang dieses kleinen Exkurses zurückkehren.

    Wie gesagt – leider, leider bin ich nicht witzig. Aber – wer weiß? - , vielleicht besteht nach der Lektüre von Die Stahlfront-Akten auch für mich ein Funke Hoffnung.

    Christian Dörge.

    München, im März 2016.

    Je länger das Dritte Reich tot ist,

    desto beliebter wird der Widerstand dagegen.

    Henryk M. Broder

    OBACHT!

    Dieser Roman enthält 50 Fußnoten. Der Leser erkennt sie daran, dass sie in eckigen Klammern stehen und unterstrichen sind: [23].

    Lesegeräte verfügen über eine Funktion, die es ermöglichen, Fußnoten anzusteuern, zu lesen und zum normalen Text zurückzukehren.

    Wie dies im Einzelnen funktioniert, muss der Leser allein herausfinden, da dies von Lesegerät zu Lesegerät anders ablaufen kann.

    Überspringen Sie die Fußnoten bitte nicht: Ihnen würden mindestens 86 Chancen entgehen, sich auf dem Boden zu wälzen.

    Ronald M. Hahn

    DIE STAHLFRONT-AKTEN

    Ein avantgardistischer Schelmen-Roman

    1. Kapitel

    MIT DEM ENDE DER PUBERTÄT FÄNGT DAT LEBEN AN, ALTER!

    Dass Nobbi Flick seinen Sozialpädagogik-Studienplatz nach Einführung des Migrantenquotenförderungsgesetzes an Hadschi Özelközel aus Duisburg-Marxloh verlor, juckte ihn wenig.

    Eigentlich hatte er sich nur aus einem Grund um den Platz beworben: In humanistisch gebildeten Elternhäusern wie dem seinen war es nicht nur üblich, ein Instrument zu lernen und das Abitur zu machen. Man musste auch ein progressives Fach studieren und nach Möglichkeit auch promovieren.

    Nach diesem Plan hatte die Familie Flick im Laufe von acht Generationen zahllose Hundertschaften von Theologen, Sozialpädagogen, Sprach- und Kunstlehrerinnen sowie Kirchenmusiker hervorgebracht.

    Doch Nobbi war ein wenig aus der Art geschlagen. Er war nicht nur im örtlichen Skiffi-Klub „Galaktische Migranten" aktiv, sondern plante auch seit dem elften Lebensjahr, eines Tages ein berühmter Autor zu sein. Wenn er erst mal berühmt war, würde man ihn ganz sicher ins Autorenkollektiv der größten Raketenheftchenserie der Welt berufen: Perry Rotten, König des Kosmos.

    Sein auf akutem Sammlerwahn fußender Ehrgeiz, sämtliche Flohmärkte zwischen Burg a.d. Wupper und Karlsruhe-Durlach abzugrasen, hatte dazu geführt, dass er inzwischen 2222 der insgesamt 2758 erschienenen Hefte der Serie aufzutreiben. Dass es ihm gelungen war, dem zurückgezogen lebenden Skiffi-Altmeister Ulli Anton ein Autogramm abzuschwatzen, hatte ihn bei seinen Klubfreunden in den Adelsstand erhoben. Seitdem sprachen sie ihn nicht mehr mit dem Kindernamen Nobbi an, sondern nannten ihn nur noch „Captain". Als Captain Flick wurde er im Wuppertaler Multikulti-Gumminasium und seinem Heimatdorf Schöller zur Legende.

    Als die Schulzeit mit dem zweiundzwanzigsten Lebensjahr zu Ende ging und der Ernst des Lebens begann, zog es die Mitglieder des Skiffi-Klubs in verschiedene deutsche Universitätsstädte, denn natürlich wollten ein jeder und eine jede, die ein Reifezeugnis hatten, ein Studium beginnen. So kam es, dass die Aktivitäten des Skiffi-Klubs einstweilen ruhten, da seine Mitglieder im ganzen Lande untertauchten und nur Captain Flick zurückblieb, der nun wieder Nobbi hieß. Was ihm wenig gefiel.

    Da Nobbi nicht genau wusste, wie sehr es seine Eltern betrüben würde, wenn nicht er demnächst in einem Hörsaal saß, sondern ein aufgrund seiner Herkunft benachteiligter Mensch aus dem Gelsenkirchener Orient, spielte er mit dem Gedanken, ein Auslandsstudium ins Auge zu fassen. Dann aber wurde ihm bewusst, dass er keinen Grund hatte, sich seines Pechs zu schämen: Dass Hadschi Özelközel in Deutschland auch in der vierten Generation noch diskriminiert wurde, war ja inzwischen dank des aufklärerischen Fernsehens überall bekannt. Deswegen, fand Captain Nobbi es gut, wenn er als privilegierter Autochthoner einem Talent aus dem Morgenlande Platz machte!

    In seinem Elternhaus kam Nobbi mit dieser Einstellung ganz ganz gut an: Mama und sein Papa waren nämlich Anhänger der Philosophie der Permanenten Selbstkasteiung, weil die Deutschen früher gemein zu allen anderen Menschen gewesen waren. Um Buße zu tun, predigte Nobbis Vater, ein Pastor der evangelisch-islamsympathisantischen Kirche täglich (sonntags ganz ganz besonders) gegen die vielen hundert Nazis im Land, weil die sich seit Kriegsende alle vier Jahre erneut anschickten, bei den nächsten Wahlen die Macht zu übernehmen.

    Dass Hadschi Özelközels Urgroßeltern nach dem Krieg kräftig geholfen hatten, Deutschland wieder aufzubauen, hatte Captain Flick schon im Kindergarten gelernt. Wer es nicht glaubte, brauchte sich nur alte Wochenschauen im Fernsehen anzuschauen: Da sah man die Kopftuch tragenden zugereisten Frauen aus Maghrebinien, die deutsche Straßen von Trümmerbergen befreiten. Dass ihre Urenkel die Früchte dieser Tätigkeit auch irgendwann genießen durften, war ja wohl eine Selbstverständlichkeit.

    „Pah, so ein Studium ist schließlich nicht alles, sagte Mama zu Nobbi. „Nun ja, ich hätte dich schon ganz gern eines Tages als Leiter einer EUdSSR-Gesamtschule gesehen, an der alle Kinder bis zum Hauptschulabschluss vierzehn Jahre zusammen lernen können, aber wie ich sehr wohl weiß, kann auch ein Schriftsteller an der Verbesserung der Welt mitwirken. Sie lächelte freundlich vor sich hin, wie es ihre Art war. „Er kann ja Bücher schreiben, die den Menschen sagen, dass wir alle vom gleichen Gott erschaffen wurden und alles schön und gerecht wird, wenn wir alles schön gerecht verteilen und alle Probleme der Welt in einer Atmosphäre des Vertrauens bei einer guten Tasse Tee diskutieren."

    „In einer Atmosphäre der Brüderlichkeit, sagte Papa bekräftigend. „Und Nächstenliebe.

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