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Dornenherz
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eBook122 Seiten1 Stunde

Dornenherz

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Über dieses E-Book

Rose will keinen Schmerz und kein Leid empfinden. Aus diesem Grund hat sie ihr Herz vor der Welt verschlossen. Jeder, der sich ihr nähert, bekommt ihre Dornen zu spüren. Als der Homunculus Kjell in ihr Leben stolpert, beginnt eine unerklärliche Verbindung, die Roses Mauer ins Wanken bringt. Auf der Suche nach seiner eigenen Menschlichkeit spürt Kjell eine Verbindung zu Rose, wie er sie zuvor noch nie empfunden hatte.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum21. März 2024
ISBN9783949880070
Dornenherz

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    Buchvorschau

    Dornenherz - Stefanie Mühlsteph

    Impressum

    Alle Rechte an den abgedruckten Geschichten liegen beim

    Art Skript Phantastik Verlag und den Autor*innen.

    Copyright © 2024 Art Skript Phantastik Verlag

    1. Auflage 2024

    Art Skript Phantastik Verlag | Salach

    Lektorat » Melanie Vogltanz | www.lektoratvogltanz.wordpress.com

    Komplette Gestaltung » Grit Richter | Art Skript Phantastik Verlag

    ISBN » 978-3-949880-07-0

    Der Verlag im Internet » www.artskriptphantastik.de

    Alle Privatpersonen und Handlungen sind frei erfunden.

    Ähnlichkeiten mit realen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Kapitel 1

    Mit einem lauten Knall ließ ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen. Eine Böe riss an meinen Haaren und fuhr eisig in die viel zu dünne Jacke.

    »Rose!«

    Ich hörte Violas Stimme hinter mir, während ich stur auf die Straße zusteuerte, über den kniehohen Gartenzaun sprang und – hoffentlich – endlich aus ihrem Blickfeld verschwand.

    »Rose, komm zurück! So hatte ich das nicht gemeint.«

    Sie schrie mir nach und ich versenkte meine zu Fäusten geballten Hände in die Jackentaschen. Viola rannte mir nicht nach, das hatte sie zum Glück mittlerweile aufgegeben. Es reichte schon, dass sie jeden Morgen diese Scharade an Normalität aufrechtzuerhalten versuchte. Sie zeigte nie, was sie in Wahrheit dachte oder fühlte und ihre Worte waren viel zu freundlich gewählt.

    Wieder spürte ich die scharfen Nägel des Herbsts auf meiner Haut kratzen. Ich zog die Jacke etwas enger um meinen Oberkörper und wünschte mir, dass ich meine Entscheidung nicht bereuen würde, wieder einmal getürmt zu sein.

    Aber ich hielt sie einfach nicht aus.

    Sie alle mit ihren Blicken voller Sorge und den gut gemeinten Worten. Ich wollte ihr Mitleid nicht – und noch weniger Violas Zuneigung.

    Sie konnten sich ihre Falschheit sonst wohin stecken.

    »Schwester.« Ich stieß ihr Wort aus, dass mein Atem in der kalten Herbstluft zu einer kleinen Wolke kondensierte. »Wie absurd.« Viola und ich waren keine Schwestern und würden nie welche werden, auch wenn ihre Mutter meinen Vater irgendwann heiraten würde.

    Es gab nichts, was uns verband.

    Die Äste der Alleebäume raschelten im Wind und warfen ihr buntes Laub ab. Das kaminrote Blatt eines Ahorns wurde von den Böen durchgewirbelt und vollführte einen wilden Tanz. Ich verlangsamte meine Schritte und beobachtete das Schauspiel. Die gelben Blätter umschwirrten das Rote, als sei es ihre Königin – für einen Atemzug des Herbstes ihre wunderschön gekleidete Gebieterin. Es war pure Vergänglichkeit.

    Meine Schultern sackten runter. Ich bemerkte erst jetzt, dass ich sie angespannt hatte. Der Herbst machte mich wütend, traurig und müde. Es war die Jahreszeit, in der Mama gestorben war – vor nicht ganz drei Jahren.

    Papa hatte das Recht glücklich zu sein, das wusste mein rationaler Verstand. Er konnte nicht den Rest seines Lebens allein bleiben. Irgendwann würde ich ausziehen und mein Leben weiterleben – so fern mir das in diesem Augenblick auch erscheinen mochte.

    Wieso verfluchte ich sein Glück nur so sehr?

    Wohl, weil es Cataleya war, die Papa so glücklich machte. Ich war froh, dass ich sie heute Morgen auf dem Weg zum Laden verpasst hatte. Viel zu oft hatte Papa mich gebeten, sie zu begleiten. Und viel zu oft hatte ich nachgegeben.

    »Wenn Sie stehen bleiben, dann gehen Sie wenigstens aus dem Weg.« Eine ruppige Stimme unterbrach meine Gedanken. Ich drehte mich um und sah einem älteren Mann in die strengen Augen. Mit seinem Gehstock tippte er immer wieder auf den Gehweg, als gehöre er ihm allein. Der Alte besaß eine Hakennase und ähnelte einem Geier.

    Bedacht trat ich beiseite.

    »Geht doch.« Er marschierte in zackigen Schritten und kopfschüttelnd an mir vorbei, als hätte ich sein Leben um wichtige Minuten verkürzt.

    Ich presste die Kiefer aufeinander. Egal, in welchem Alter, Menschen konnten schreckliche Wesen sein, völlig unempathisch gegenüber anderen. Wieder richtete ich meinen Blick auf die Stelle, wo das Blatt getanzt hatte, doch es war davon geschwebt.

    Dieser Mann hatte mir meinen Augenblick des Friedens gestohlen.

    Ich schloss die Lider, atmete tief ein und aus und versuchte mich an den Sommer zu erinnern. Die warmen Strahlen auf meiner Haut und die Luft voller Melodien. Sie waren nur noch Erinnerungen und so weit entfernt wie der Mond.

    Womöglich war ich auch bloß fremd auf diesem Planeten.

    Langsam setzte ich meinen Weg fort. Die Sonne blinzelte über den Horizont und tauchte die vorbeiziehenden Wolken in sanfte orangene und lila Töne. Es lag eine Frische in der Luft, die nur der Herbst besaß, auch wenn jeder Tag dunkler und kälter wurde. Bis der Winter ein weißes Tuch über Florealis und ihre Schönheit legte. Mit ihm kehrte jedoch keine Stille ein. Denn diese Stadt schlief nie, ruhte sich nicht aus. In jeder Jahreszeit schien sie sich zu feiern – gleich, wie hässlich die Monate auch zu ihr waren, die Blumen austrockneten oder sie mit Matsch und Regen bedeckten.

    Da gab es den Weihnachtsmarkt mit seinen kleinen hölzernen Buden und wunderbar hellen Fackeln. Der süße Duft von mit Schokolade übergossenen Baumstriezeln hing dann in der klaren und kalten Luft.

    Selbst in meinem verhassten Herbst gab es das Laternenfest. In jener Nacht wurden hunderte von Wunschlaternen in den Himmel entlassen, um uns der Verstorbenen zu erinnern und ihren Seelen den Weg zu leuchten.

    Und im dritten Jahr in Folge würde ich Mama eine Laterne senden, damit sie wusste, dass ich sie nicht vergessen hatte. Nie vergessen würde.

    ***

    Viel zu schnell war ich von der kleinen Häusersiedlung im inneren Teil der Stadt in das belebtere Einkaufsviertel geraten. Autos rollten rauschend auf den Straßen, Bremsen quietschten, Keilriemen schrien und Gespräche schwirrten und brummten wie Bienen in der Luft.

    Eine Dame mit hoch erhobenem Kopf und winzigen spitzen Öhrchen stöckelte an mir vorbei. Ihren buschigen Schwanz hatte sie leger um ihre Hüfte gelegt. Das war in den Kreisen der Fuchsgeister der neuste Schrei, hatte ich gelesen. Genau wie Flechtfrisuren für Undinen, die garantiert nicht dem Wasser zum Opfer fielen. Ich las diese Zeitschriften, wenn mich die Langweile überkam. Aber nichts davon interessierte mich wirklich. Ich schlug damit bloß Zeit tot. Der Inhalt der Destiny Daily war mir genauso fern wie die meisten Menschen und Wesen, die ich kannte.

    Endlich! Als ich in die nächste Straße einbog, sah ich ihn: Den Blumenladen Birds ’n Bees. Es war ein kleiner, alter Laden mit einer Tür aus dunklem Kirschholz und einem eisernen Schild in Form einer Biene über dem Eingang. Im Schaufenster rankten Blumen ineinander. Violette Blüten schmiegten sich an weiße. Flammenblumen mit ihren wuchtigen und bunten Blättern standen neben Sträußen voller kräftiger Ballonblumen. Es war ein Meer aus Farben und wenn man den Laden betrat, schwebte man auf einem süßlichen Duft.

    Mama hatte diesen, ihren, Laden geliebt.

    Ich stieß sanft die Tür auf und das leise Klingeln eines Glöckchens durchbrach die Stille.

    »Rose, gut, dass du kommst!« Die schwarzhaarige Frau mit den Grübchen und dem sanften Lächeln im Gesicht vertrieb die Wärme der Erinnerungen aus meinem Herzen. Cataleya wischte ihre Hände an einem Tuch ab, das neben der altmodischen Kasse stand. »Viola bringt dir heute Mittag das Essen. Ich muss gleich weg zu einem Lieferanten. Du kommst ohne mich zurecht?« Sie nickte mir zu. »Ja?«

    Ich erwiderte die Geste schwerfällig. »Natürlich.« Große und kleine Vasen in Regalen voll mit Rosen, Goldruten, Dahlien und Berg-Aster säumten meinen Weg zur Kasse. Ein kleiner Tisch daneben war voll mit Schleifen, Drähten und anderem Gebinde.

    Auch wenn ich nicht zurechtgekommen wäre, hätte ich das Cataleya niemals auf die Nase gebunden. Als Mama noch gelebt hatte, war sie hier Angestellte gewesen. Nun führte Cataleya Mamas Laden – und wohnte mit ihrer Tochter Viola bei meinem Vater und mir. Sie hatte sich einfach in mein Leben gedrängt. Oder versuchte mich und die Erinnerung an Mama zu verdrängen – wer konnte schon so genau sagen, was sie hinter ihrem Lächeln verbarg.

    »Das ist aber zuvorkommend!« Sie lächelte mich an. Cataleya lächelte ständig, wie Viola. Und ich hasste es. Sie zog die Schleife ihrer Schürze auf und drückte sie mir in die Hand.

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