Treck der verlorenen Seelen: Missouri - Band 3
Von Frank Callahan
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Buchvorschau
Treck der verlorenen Seelen - Frank Callahan
Titel
Treck der verlorenen Seelen
Frank Callahan
Impressum
Copyright: Novo-Books im vss-verlag
Jahr: 2023
Lektorat/ Korrektorat: Franz Groß
Covergestaltung: Hermann Schladt
Verlagsportal: www.novobooks.de
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig
I
Ein Ruck ging durch die Overland-Postkutsche, als der Driver das Sechsergespann abbremste. Achsen quietschten gequält. Das grelle Wiehern der Pferde riss mich aus meinem Halbschlummer.
Außerdem war ich durch das ruckartige Abbremsen nach vorn gerutscht und beinahe auf dem Schoß einer reizenden Lady gelandet, die mir gegenübersaß. Mit uns saßen noch vier weitere Passagiere in der Stage Coach der Wells Fargo Company.
»Entschuldigung, Ma'am«, sagte ich und lehnte mich wieder zurück.
Die rothaarige junge Frau schenkte mir ein reizendes Lächeln. Dabei straffte sich ihr schlanker Körper, der wie eine einzige Herausforderung wirkte. Dass die Lady eine tadellose Figur besaß, war mir schon aufgefallen, als sie in Tombstone die Kutsche bestiegen hatte.
Die vier anderen Mitreisenden starrten mit entsetzten Gesichtern aus den Fenstern. Und erst jetzt sah auch ich die Reiter, die links und rechts die Postkutsche flankierten.
Das Gefährt wurde langsamer und blieb dann abrupt stehen.
Ich tastete zum Revolver, als ich die Colts und Gewehre in den Fäusten der Reiter sah. Dann zog ich die Hand aber rasch wieder zurück.
Es mussten mehr als fünf Männer sein, denen es gelungen war, die Postkutsche anzuhalten. Und sie würden die Stage Coach in ein Sieb verwandeln, sobald wir uns zur Wehr setzten.
Die rothaarige Lady starrte mich entsetzt aus ihren grünen Katzenaugen an. Ihre sonst so lockenden Lippen öffneten sich zu einem lautlosen Schrei.
»Ein Überfall«, ächzte ein dicker Mann, über dessen Glatze plötzlich große Schweißperlen rannen.
Der Dicke griff an sein Herz. Ich vermutete aber, dass er mehr nach seiner Brieftasche tastete, um deren Inhalt er sich sorgte.
Die drei übrigen Männer, es mussten Cowboys oder Goldgräber sein, sanken auf ihre Plätze zurück. Sie sahen alle nicht danach aus, als würden sie große Dollarbeträge mit sich herumschleppen.
Die beiden Drivers auf dem Kutschbock fluchten. Auch sie hatten nicht zu den Waffen gegriffen. Daher vermutete ich, dass es weit mehr Outlaws waren, als wir von hier drinnen sehen konnten.
»Aussteigen, Ladies und Gentlemen«, rief eine heisere Stimme. »Verhalten Sie sich ruhig, dann wird keinem etwas geschehen. Wir wollen, dass alles sehr friedlich über die Bühne geht!«
Ich lächelte hart. Sprüche dieser Art kannte ich. Es war nicht das erste Mal, dass ich in einer Postkutsche saß, die von verdammten Hundesöhnen angehalten wurde.
Meist hatte ich mich wie ein Tiger gewehrt. Doch diesmal verhielt ich mich ruhig.
Warum sollte ich mein Leben riskieren, wo ich höchstens noch fünf Dollar besaß?
Die rothaarige Lady senkte den Kopf. Ihr vorher so rosiges Gesicht war fahl geworden.
Jetzt sah sie mich an - hilfesuchend, flehend. Ihr Blick ging mir durch und durch.
Heiliger Rauch - ich konnte wenigstens im Moment nichts tun, sonst würde ich so viel Blei schlucken, dass es mir wieder zu den Ohren herauslief.
Die vier anderen Mitreisenden verließen die Kutsche und blieben mit erhobenen Händen vor dem Gefährt stehen.
»Nach Ihnen, schönes Kind«, sagte ich und lächelte beruhigend. »Wird schon nicht so schlimm werden. Diese Halunken haben es nur auf harte Greenbacks abgesehen. In ein paar Minuten geht für uns alle die Reise weiter.«
Die rassige Schöne schüttelte stumm den Kopf.
»Verdammt noch mal!« polterte die heisere Stimme. »Wenn ihr .nicht gleich rauskommt, lasse ich euch holen. Gleich ist es mit meiner Geduld vorbei. Wir können auch ein Preisschießen veranstalten, wenn's euch lieber ist!«
»Vorwärts, Lady«, sagte ich nickend. »Diese Typen spassen nicht. Wir dürfen sie nicht reizen, sonst drehen diese Höllenhunde durch.«
Meine reizende Begleiterin schluckte mehrmals. Ein dicker Kloß schien in ihrer Kehle zu stecken.
Dann aber kletterte sie zur Stage Coach hinaus.
Ich folgte ihr.
Und jetzt war ich richtig froh, dass ich mich nicht gewehrt hatte. Es waren acht hartgesottene Outlaws, die lässig in den Sätteln hockten und mit ihren Waffen auf uns zielten.
Einige der Kerle grinsten spöttisch.
Als sie meinen tiefgeschnallten Revolver sahen, verwischte ihr Lächeln. Sie sahen mich aus schmalen Augen an, ahnten wohl, dass ich meinen Colt nicht nur zur Zierde trug. So war es auch.
Ich konnte mit meinem Eisen die Hölle loslassen. Das hatte ich schon oft bewiesen.
Ich hatte als Marshal mehr als eine wilde Stadt gezähmt und auch als Kopfgeldjäger so manchen Halunken hinter Gitter gebracht.
Dann verloren die Banditen plötzlich das Interesse an mir. Sie starrten die rothaarige Schöne an. Und ich ahnte plötzlich, dass der Überfall allein der jungen Frau galt, die hilflos neben mir stand und sich wohl am liebsten in ein Mauseloch verkrochen hätte.
Einer der Outlaws hielt ein gesatteltes Pferd an den Zügeln. Und das verstärkte meinen Verdacht.
Die beiden Stage-Coach-Fahrer saßen mit erhobenen Händen und verbiesterten Gesichtern auf dem Kutschbock. Sie drohten an ihrem Grimm zu ersticken. Ihre Schrotflinten lagen nach wie vor neben ihnen.
»He, Miss«, sagte ein bulliger Mann um die Vierzig, anscheinend der Anführer dieser rauen Horde. »Sie sollten ganz schnell in den Sattel des Braunen klettern, damit wir verschwinden können. Vorwärts, sonst helfe ich nach! Es wäre bestimmt reizvoll, Sie in den Sattel zu heben.«
Der bullige Mistkerl lachte dreckig. Sicherlich malte er sich in Gedanken aus, wie es sein würde, die reizvolle Lady auf die Arme zu nehmen.
»In Ordnung, Mister«, sagte die Frau gepresst. Sie ließ die Schultern sinken und ging auf den hochbeinigen Braunen zu. Schon wie sie in den Sattel stieg, sagte mir, dass sie eine erfahrene Reiterin war.
»So ist es richtig, Rotschopf«, sagte der Anführer der Outlaws. Dann wandte er sich mir und meinen vier Mitreisenden zu. »Das wär's gewesen, Leute. An euren Dollars sind wir nicht interessiert. Ihr solltet jetzt einsteigen und eure Reise fortsetzen. Und wenn ihr klug seid, dann vergesst diesen kleinen Zwischenfall.«
Der Schurke sah uns hart an.
Besonders mich fixierte er etwas länger als meine Begleiter. Ich verzog keine Miene.
»Ihr solltet wissen, dass die Lady ihrem Mann ausgerissen ist. Wir bringen sie nur zu ihm zurück. Das ist alles - eine Familienangelegenheit. So, nun ab mit euch in die Kutsche!«
Mein Blick kreuzte sich mit dem der schönen Frau. Und sie schüttelte plötzlich kaum merkbar den Kopf, als wolle sie die Worte des bulligen Kerls als Lüge abtun.
Ich reagierte nicht, sondern stieg in die Kutsche. Die vier Männer folgten mir. Besonders dem dicken Reisenden stand die Erleichterung ins Gesicht geschrieben.
Der Kutscher trieb sein Gespann lautstark an und geizte auch nicht mit saftigen Flüchen. Die Peitsche knallte, während die Stage Coach anruckte und Staub aufwirbelte.
Ich hielt meinen Kopf zum Fenster hinaus und blickte zurück. Die acht Outlaws starrten uns hinterher. Und die rothaarige Schöne wirkte sehr verloren zwischen diesen rauen Burschen.
Verdammt - sie tat mir leid.
Wenn ich mir vorstellte, wie diese Dreckskerle über die Frau herfielen, dann begann mein Blut zu kochen.
Fahrtwind kühlte mein Gesicht. Meine dunkelblonden Haare flatterten. Ich setzte mich wieder.
»Das ist verdammt knapp gewesen«, brummte der dicke Begleiter. Ich hielt ihn für einen Viehhändler oder Minenboss »Jetzt brauche ich aber 'nen kräftigen Schluck, um den Schock zu verdauen.«
Der fette Mann zog einen Flachmann aus irgendeiner Tasche, öffnete den Verschluss und setzte die Flasche an die wulstigen Lippen. Gurgelnd rann der scharfe Alkohol in seine Kehle.
»Na, na, lassen Sie ruhig noch was übrig«, sagte einer der Cowboys grinsend. »Auch uns steckt der Schreck gehörig in den Knochen, Mister. Sie wollen uns doch